OGH 10ObS2446/96w

OGH10ObS2446/96w28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj. Kurt S*****, geboren am 13.11.1985, ***** vertreten durch die Kollisionskuratorin Mag.Petra W*****, diese vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.März 1996, GZ 7 Rs 52/96p-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 28.September 1995, GZ 21 Cgs 156/95d-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.

Die Kosten der Rekursbeantwortung des Klägers sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der am 13.11.1985 geborene und damit derzeit im 12. Lebensjahr stehende minderjährige Kläger wohnt seit seiner Geburt im Haushalt seiner Großmutter G***** B*****, die ihm gegenüber auch obsorgeberechtigt ist. Der Kläger ist vermögenslos und erhält neben seiner (Halb-)Waisenpension die Kinderbeihilfe in Höhe von S 1.900,--, beide Beträge zu Handen der Großmutter (Außerstreitstellung der Parteien in der Tagsatzung vom 28.9.1995, ON 5). Diese Waisenpension bezieht er nach seinem am 6.11.1985 verstorbenen Vater K***** S*****; sie beläuft sich seit 1.7.1994 auf S 668,90, seit 1.1.1995 auf S 687,60. Waisenpension und Kinderbeihilfe werden zur Gänze für den Unterhalt des Klägers verbraucht (unbekämpfte Feststellungen des Erstgerichtes in Urteil ON 6).

Mit Bescheid vom 7.4.1995 sprach die beklagte Partei aus, daß dem Kläger ab 1.7.1994 keine Ausgleichszulage gebührt, da seine Großmutter zur Unterhaltsleistung verpflichtet und deren Unterhaltsleistung unabhängig vom tatsächlich erbrachten Unterhalt pauschal anzurechnen sei.

In seiner pflegschaftsgerichtlich genehmigten Klage stellte der Kläger das Begehren, die beklagte Partei zu verpflichten, ihm ab 1.7.1994 eine Ausgleichszulage in der gesetzlichen Höhe zu bezahlen und bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von S 2.086,80 zu erbringen. Zur Begründung brachte er vor, daß eine Pauschalanrechnung einer Unterhaltsleistung seiner Großmutter unzulässig sei, da eine solche nur bei dem im § 294 ASVG aufgezählten Personenkreis (Ehegatten, Eltern) möglich sei. Außerdem sei die Unterhaltsleistung seiner Großmutter nur subsidiärer Natur und komme im Hinblick auf die von ihm bezogene Waisenpension als "Kostgeld" nicht zum Tragen. Selbst wenn aber ein Unterhalt anzurechnen wäre, verbliebe der vermeintlich unterhaltspflichtigen Großmutter nach Berücksichtigung des angerechneten Unterhalts nur ein Nettoeinkommen, welches den Richtsatz gemäß § 293 Abs 1 lit b ASVG unterschreite.

Die beklagte Partei konzedierte bloß, daß die Anrechnung eines pauschalen Unterhaltsbetrages gemäß § 294 Abs 1 ASVG eine unzutreffende Bescheidbegründung sei; eine solche Pauschalanrechnung sei jedoch ohnedies nicht erfolgt, sondern vielmehr eine Anrechnung des tatsächlich erbrachten Unterhaltes als Einkommen gemäß § 292 Abs 3 iVm Abs 4 lit e ASVG. Da die Mutter des Klägers aufgrund ihrer Sorgepflicht für vier weitere minderjährige Kinder zur Unterhaltsleistung für diesen nicht imstande sei, bestehe ein solcher gegenüber der keine weiteren Sorgepflichten aufweisenden Großmutter; dieser Unterhalt in Form der sog. "vollen freien Station" (Kost und Unterkunft) sei gemäß § 292 Abs 3 ASVG als Sachbezug mit S 2.720,-- (1994) bzw S 2.796,-- (1995) zu bewerten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Den einleitend wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahingehend, daß gemäß § 292 Abs 3 ASVG für die Berechnung der Ausgleichszulage auch die dem Kläger von seiner Großmutter gewährte volle freie Station zu berücksichtigen sei, welche Beträge seiner monatlichen Pension hinzuzählen seien. Da die Summe des so errechneten Nettoeinkommens über dem in § 293 ASVG festgesetzten Richtsatz liege, habe er keinen Anspruch auf Ausgleichszulage.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen "Behandlung" (gemeint: Verhandlung) und Urteilsfällung zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde zugelassen. Das Berufungsgericht erachtete es für erforderlich, nach Erörterung mit den Parteien erhebliche Mängel der Beweisstoffsammlung zu beheben, und zwar über den Unterhaltsanspruch des Klägers gegen seine leibliche Mutter (dies auch unter Berücksichtigung deren Unterhaltsverpflichtung gegenüber allfälligen weiteren Kindern); sollte danach feststehen, daß die subjektive Unterhaltspflicht der Großmutter (oder möglicherweise weiterer Großelternteile) in Frage komme, seien auch deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse festzustellen, um beurteilen zu können, ob ihr eine Unterhaltsleistung insoweit überhaupt zumutbar sei, daß ihr eigener angemessener Unterhalt nicht gefährdet erscheine.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, in der Sache selbst in Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Klagsabweisung zu entscheiden (also das Ersturteil zu bestätigen); hilfsweise wird auch ein (im Hinblick auf die bereits erfolgte Aufhebung überflüssiger) neuerlicher Aufhebungsantrag samt Zurückverweisung an das Erstgericht gestellt.

Die klagende Partei erstattete eine zulässige (§ 521 a Abs 1 Z 2 ZPO) Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Die Rekurswerberin vertritt in ihrem Rechtsmittel weiterhin den Standpunkt, daß der vom Kläger bei seiner Großmutter subsidiär (mangels Leistungsfähigkeit seiner Mutter) empfangene Unterhalt in Form der sog. "vollen freien Station" gemäß § 292 Abs 3 ASVG als Sachbezug zu bewerten sei, wobei hiezu auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 10 Ob S 137/93 analog anzuwenden sei.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

1.) Voranzustellen ist, daß der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 30.7.1996, 10 ObS 2168/96p, das für den minderjährigen Kläger zuständige Pflegschaftsgericht ersuchte, für diesen eine von der Mutter und der Großmutter des Genannten verschiedene Person als in diesem zivilgerichtlichen Verfahren auftretenden Vertreter gemäß § 154a Abs 1 ABGB zu bestimmen. Mit dieser Funktion wurde mit Beschluß des Pflegschaftsgerichtes Bezirksgericht Knittelfeld, 8 P 1716/95i-20, Mag.Petra W*****, p.A. der Arbeiterkammer Leoben, bestellt. Die Genannte hat mit Schreiben vom 14.11.1996 mitgeteilt, daß die gesamte bisherige Prozeßführung genehmigt wird. Zu den Erwägungen des Senates, die diesen zur Annahme einer Kollision sowohl zur Mutter als auch zur Großmutter des Klägers veranlaßten, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf den zitierten und den Parteien bekannten Rückleitungsbeschluß verwiesen werden.

2.) Vorauszuschicken ist weiters, daß die von der Rechtsmittelwerberin für maßgeblich erachtete Entscheidung des Senates vom 7.9.1993, 10 Ob S 137/93 - welche inzwischen auch mehrfach veröffentlicht wurde (SSV-NF 7/80 = SZ 66/105 = DRdA 1994/42 [Kalb]), einen gänzlich anderen Sachverhalt betraf, nämlich den einer Ordensfrau einer katholischen Ordensgemeinschaft aufgrund der Kirchen- und Ordensrechtslage zustehenden Anspruch auf Unterhalt und Versorgung einerseits sowie die Berücksichtigung der ihr solcherart gewährten "freien Station" in der Ordensgemeinschaft bei Berechnung der Ausgleichszulage als Einkommen im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG andererseits.

3.) Nach § 260 ASVG haben nach dem Tod des (der) Versicherten die Kinder im Sinne des § 252 Abs 1 Z 1-4 und Abs 2 ASVG Anspruch auf Waisenpension. Obwohl es sich bei den Hinterbliebenenpensionen, zu denen die Waisenpension gehört, um keine nur bei sozialer Bedürftigkeit der Witwen (Witwer) oder Waisen zustehenden Sozialleistungen handelt, sondern um aus dem Versicherungsfall des Todes zu gewährende Leistungen der Pensionsversicherung (SSV-NF 1/39), wird die Waisenpension doch in der Regel einen Ersatz für die Unterhaltsleistungen des verstorbenen Elternteiles bieten (SSV-NF 7/28 zum inhaltsgleichen § 129 BSVG). Die vom Berufungsgericht dargestellten Überlegungen zur (gesetzlichen) Unterhaltspflicht der Mutter des Klägers einerseits und seiner (obsorgeberechtigten) Großmutter, in deren Haushalt sich der Genannte seit Geburt an befindet, andererseits sind daher jedenfalls entscheidungserheblich. Daß der Kläger ein für die Waisenpension anspruchsberechtigtes Kind nach § 252 Abs 1 Z 1 ASVG ist, ist ebensowenig strittig wie der Umstand, daß er das 18. Lebensjahr noch nicht überschritten hat, für welchen Fall die Waisenpension nach § 260 zweiter Satz ASVG nur auf besonderen Antrag zu gewähren wäre.

4.) Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage sind im Abschnitt V des ASVG (§§ 292 ff) im einzelnen geregelt. Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293 ASVG), so hat der Pensionsberechtigte, solange er sich im Inland aufhält, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension. Für die Bewertung von Sachbezügen (als welche das Erstgericht die "volle freie Station" bei der Großmutter qualifizierte) normiert § 292 Abs 3 zweiter Satz ASVG, daß hiefür, soweit nicht Abs 8 leg cit anzuwenden ist (welche Bestimmung besondere Regeln im Zusammenhang mit Einkommen aus land- oder fortwirtschaftlichen Betrieben vorsieht und daher hier ausscheidet), die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe gilt, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von S 2.654,-- heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1.1.1994, der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs 9 ASVG mit dem Anpassungsfaktor (§ 108 f) vervielfachte Betrag (ds unstrittig S 2.720,-- für 1994 und S 2.796,-- für 1995). Die vom Kläger bezogene "Kinderbeihilfe" (richtig: Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 idgF) hat hiebei nach § 292 Abs 4 lit b ASVG außer Betracht zu bleiben (diese ist nur bei der subsidären Leistungspflicht der Großmutter mitzuberücksichtigen: SZ 54/52, 4 Ob 505/95). Für Pensionsberechtigte auf Waisenpension beträgt der Richtsatz nach § 293 Abs 1 lit c sublit aa ASVG bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres S 2.801,--, falls (wie hier) nur ein Elternteil verstorben ist, mit der in Abs 2 leg cit vorgesehenen Valorisierung. Nach § 294 ASVG schließlich sind Unterhaltsansprüche des Pensionsberechtigten gegen die in den lit a bis c im einzelnen aufgezählten Personen (ds der nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatte, der geschiedene Ehegatte und die im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern), gleichviel ob und in welcher Höhe die Unterhaltsleistung tatsächlich erbracht wird, nach den im einzelnen (sowie in Abs 2) angegebenen Pauschalprozentwerten zu berücksichtigen. Da Unterhaltsansprüche eines Pensionsberechtigten auch gegenüber seinen Großeltern (oder einem einzelnen Großelternteil) in der Aufzählung des § 294 Abs 1 ASVG nicht erwähnt sind, ist eine Pauschalanrechnung von Unterhaltsleistungen solcher Personen nach dieser Gesetzesstelle jedenfalls nicht möglich. Daß insoweit die Bescheidbegründung der beklagten Partei verfehlt war, hat diese bereits in ihrer Klagebeantwortung ausdrücklich zugestanden, sodaß hierauf nicht weiter eingegangen zu werden braucht. Die Ausgleichszulage, bei der es sich um keine Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge(Sozialhilfe)charakter handelt, soll jedenfalls zusammen mit der Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtenden Beträge das sozialversicherungsrechtliche Existenzminimum sichern (SSV-NF 1/62 mwN, SSV-NF 7/28).

5.) Nach der Definition des § 292 Abs 3 ASVG gelten Unterhaltsansprüche jeglicher Art als Einkünfte, die dem Nettoeinkommen zuzurechnen sind. Nur soweit solche Ansprüche nach § 294 ASVG berücksichtigt werden (was nach dem Vorgesagten auf den Kläger dieses Verfahrens nicht zutrifft), bleiben sie gemäß § 292 Abs 4 lit e ASVG bei Anwendung der Abs 1 bis 3 des § 292 ASVG außer Betracht, um eine doppelte Berücksichtigung auszuschließen (Teschner/Widlar, MGA ASVG, 1426 Anm 10 zu § 292). Andere als im § 294 Abs 1 lit a bis c ASVG genannte Unterhaltsansprüche, daher auch subsidiäre Unterhaltsansprüche, sind hingegen mit der vollen (tatsächlichen) Höhe zu berücksichtigen (Teschner/Widlar, aaO 1447 Anm 1 zu § 294 mwN). Schon allein aus dieser Erwägung ist es daher entscheidungswesentlich, ob und wenn ja in welcher Höhe dem mj. Kläger nach § 141 ABGB ein solcher subsidiärer Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Großmutter, in deren Haushalt er seit Geburt betreut und versorgt wird, zukommt oder nicht. Daß er sich dort (rein faktisch) seither aufhält, verköstigt und untergebracht wird, wäre für sich allein freilich zu wenig.

6.) Nach dem Wortlaut des § 141 erster Satz ABGB führt nur gänzliche oder teilweise Leistungsunfähigkeit der Eltern subsidiär zur Unterhaltspflicht der Großeltern (Pichler in Rummel, ABGB I2 Rz 1 zu § 141; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 60; Schwimann, Unterhaltsrecht 90, jeweils mwN). Im Falle teilweiser Leistungsunfähigkeit der Eltern tritt die sekundäre Unterhaltspflicht der Großeltern neben die primäre. Bloße Schwierigkeiten, sei es bei der Unterhaltsbemessung oder bei der Unterhaltshereinbringung, rechtfertigen die Inanspruchnahme der Großeltern nicht (EFSlg 48.268, 1 Ob 531/95). Solange über die Unterhaltspflicht der primär Unterhaltspflichtigen nicht entschieden ist, kann noch nicht über die subsidiäre Unterhaltspflicht der Großeltern abgesprochen werden. Vor Heranziehung der Großeltern sind die Eltern erforderlichenfalls anzuspannen (Purtscheller/Salzmann, aaO; Schwimann aaO). Darüber hinaus ist die Leistungspflicht der Großeltern noch in einer weiteren Weise beschränkt: Einerseits ist nämlich die Unterhaltspflicht der Großeltern der Höhe nach auf die Lebensverhältnisse der (primär unterhaltspflichtigen) Eltern abgestimmt, auch wenn der von den Eltern zu erwartende Unterhalt möglicherweise gering ist; andererseits steht den Großeltern der Vorbehalt des eigenen angemessenen Unterhalts zu, weshalb die finanzielle Leistungskraft der Großeltern nicht bis zur möglichen Höchstgrenze auszuschöpfen ist (Purtscheller/Salzmann, aaO Rz 61; Schwimann, aaO 92; Pichler, aaO Rz 5). Allerdings ist auf die Unterhaltsverpflichtung von Großeltern auch der Anspannungsgrundsatz grundsätzlich voll anwendbar (6 Ob 522/95).

7.) Kindesunterhalt ist grundsätzlich in natura, lediglich bei Haushaltstrennung oder nach Unterhaltsverletzung zur Gänze in Geld zu leisten (Pichler, aaO Rz 13 zu § 140; Purtscheller/Salzmann, aaO Rz 272). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist der "Unterhalt" der Großmutter an den Kläger ausschließlich ein solcher aufgrund erbrachter Naturalleistungen, wobei auch nach der Aktenlage zwanglos von einer Zustimmung der (pimär erziehungsberechtigten) Mutter ausgegangen werden kann. Ob und wenn ja mit welchem Erfolg vom Minderjährigen (durch seine Großmutter oder einen allenfalls bestellten Unterhaltssachwalter) je versucht worden ist, von der Mutter nach § 140 Abs 1 ABGB Geldunterhalt zu verlangen bzw einbringlich zu machen, ist unerhoben und steht demnach derzeit nicht fest, ist jedoch für die Frage des tatsächlichen Empfanges sowie der Anrechenbarkeit andererseits jedenfalls von Maßgeblichkeit.

Sowohl Unterhaltsansprüche des Klägers gegenüber seiner (unstrittig nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebenden und damit auch nicht von § 294 Abs 1 lit c ASVG erfaßten) Mutter als auch (neben oder anstelle der Mutter subsidiär eintretenden) Großmutter haben aber für einen allfälligen Ausgleichszulagenanspruch des Klägers Berücksichtigung zu finden, und zwar gegenüber beiden gemäß § 292 Abs 3 ASVG in ihrer jeweils vollen und tatsächlichen Höhe. Wenngleich es zwischen den abstammungsgemäß jedenfalls vier Großelternteilen eines Unterhaltsberechtigten keine Rangfolge gibt, sie vielmehr untereinander anteilig zum subsidiären Unterhalt eines Enkelkindes beizutragen haben (MGA ABGB34 E 4 zu § 141; EFSlg 71.640), ist doch jedenfalls für den vorliegenden Fall davon auszugehen (und nach der Außerstreitstellung der Parteien unstrittig zu unterstellen), daß diejenige Großmutter, bei sich der minderjährige Kläger in Pflege und Erziehung (Obsorge) befindet, - sollte eine Unterhaltspflicht überhaupt zu bejahen sein - bereits hiedurch ihren Beitrag leistet; darüber hinaus hätte sie zum Unterhalt nur beizutragen, soweit die anderen Großelternteile zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande sind oder mehr leisten müßten, als ihren eigenen Leistungsverhältnissen angemessen wäre (E 5 aaO). Der Beitrag jedes einzelnen Großelternteils (wobei nicht einmal feststeht, ob und welche Großelternteile außer der mit der Erziehung betrauten Großmutter leben) ist im Verhältnis der Leistungsfähigkeit sämtlicher subsidiär unterhaltspflichtigen Großeltern zu bestimmen (6 Ob 506/93). Auch hiezu wird das erstinstanzliche Verfahren zu ergänzen sein.

Daraus folgt, daß es auch - im Sinne der Auffassung der Berufungsinstanz - tatsächlich erforderlich sein wird, Feststellungen darüber zu treffen, ob ihr die derzeit (im übrigen schon seit über 10 Jahren) erbrachte Unterhaltsleistung (der Naturalversorgung) "insoweit überhaupt zumutbar ist, daß ihr eigener angemessener Unterhalt nicht gefährdet erscheint". Sind die Eltern gänzlich erwerbsunfähig (wie dies hier für die Mutter des Klägers behauptet wird) oder nicht mehr am Leben (wie dies hier für den Vater des Klägers zutrifft), so tritt die Unterhaltspflicht der Großeltern grundsätzlich im vollen Umfang ein (SZ 51/110 = EvBl 1979/111 = ÖA 1978, 137 unter Hinweis auf die Materialien AB 587 BlgNR 14, GP., 6). Daß die vorberufenen unterhaltspflichtigen Eltern unfähig sind, ihrer Unterhaltspflicht nachzugehen, ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn die erwerbsfähigen Eltern nur faktisch ihrer Unterhaltspflicht nicht entsprechen (SZ 51/110).

8.) Allfällige Unterhaltsansprüche von Halbwaisen gegen den noch lebenden Elternteil (oder sonstige unterhaltspflichtige Angehörige) mindern nicht den im § 260 ASVG niedergelegten Anspruch auf Waisenpension, wohl aber unter Umständen die Höhe der Ausgleichszulage, weil sie eben nach den §§ 292 Abs 3, 294 ASVG bei der Feststellung des Anspruches auf diese Pensionszulage zu berücksichtigen sind. Daß diese unterschiedliche Behandlung von Waisenpensionen mit bzw ohne Unterhaltsansprüchen durchaus sachlich gerechtfertigt ist und damit auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt, hat der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung SSV-NF 7/28 (dort im Zusammenhang mit den Parallelbestimmungen des BSVG) ebenfalls ausgesprochen.

9.) Alle diese tatsächlichen Lebens- und Versorgungsverhältnisse des Klägers sind bisher weder erörtert noch erhoben, geschweige denn festgestellt worden. Im Ersturteil wurden keine Feststellungen dazu getroffen, daß bzw ob die Mutter des Klägers einkommens- und/oder vermögenslos ist sowie aus welchen Gründen sie wirtschaftlich nicht in der Lage ist, ihrem Kind Unterhalt zu leisten. Dies war schon durch die Einwendungen der Beklagten in ihrer Klagebeantwortung releviert worden, hatte aber zu keiner Außerstreitstellung geführt. Es kann daher derzeit nicht einmal dem Grunde nach beurteilt werden, ob die Großmutter des Klägers zumindest grundsätzlich verpflichtet ist, ihrem Enkel Unterhalt zu leisten, geschweige denn in welcher Höhe. Das Erstgericht wird somit zu prüfen und zu beurteilen haben, mit welchem tatsächlichen Wert für den Fall der Bejahung einer subsidiären rechtlichen (nicht bloß faktisch erfüllten) Unterhaltspflicht der Großmutter ein solcher allfälliger Unterhaltsanspruch (für die Bestimmung der Ausgleichszulagenberechtigung) anzurechnen ist. Die Ausgleichszulage soll ja - wie bereits weiter oben betont wurde - jenen Betrag sicherstellen, der über die Bezüge an Pension, Unterhalt und sonstigem Einkommen hinaus für die Lebensführung unbedingt notwendig ist (JBl 1979, 163).

Das Berufungsgericht hat daher das Urteil des Erstgerichtes zutreffend zur Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinne aufgehoben, sodaß dem Rechtsmittel der beklagten Partei ein Erfolg zu versagen war. Nur wenn das Erstgericht zum Ergebnis gelangen sollte, daß dem Kläger aufgrund gesetzlicher Unterhaltsalimentierung bei und von seiner Großmutter die "volle freie Station" gewährt wird, wäre sodann der in § 292 Abs 3 ASVG hiefür für maßgeblich erklärte Bewertungssatz in Anschlag zu bringen.

10.) Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 89 Abs 2 ASVG im derzeitigen Verfahrensstadium war die Zuerkennung einer vorläufigen Zahlung im Sinne des zweiten Teiles des klägerischen Urteilsbegehrens vorerst nicht möglich.

11.) Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

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