OGH 7Ob2314/96m

OGH7Ob2314/96m18.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans R*****, vertreten durch Dr.Josef M.Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei T***** Pensionistenbund eV, vertreten durch den Vereinsobmann Markus S*****, dieser vertreten durch Dr.Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unwirksamkeit eines Vereinsausschlusses (Streitwert S 150.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21.Juni 1996, GZ 4 R 136/96y-31, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.März 1995, GZ 15 Cg 73/95b-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß gegenüber der beklagten Partei festgestellt wird, daß der von dieser in der Vorstandssitzung vom 30.5.1994 ausgesprochene Vereinsausschluß des Klägers diesem gegenüber unwirksam ist.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 95.268,50 (darin S 14.729,75 USt und S 6.890,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 24.550,-- (darin S 2.325,-- USt und S 10.600,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 21.620,-- (darin S 1.395,-- USt und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der beklagte T***** Pensionistenbund ist ein Verein, dessen Funktionäre nach § 5 der Satzung Mitglieder der ÖVP sein müssen. Organe sind die Landeshauptversammlung, die Landesleitung, der Landesvorstand, der Aufsichtsrat und das Schiedsgericht. Dem Vorstand obliegt nach § 8 der Satzung unter anderem der Ausschluß eines Mitgliedes, mit dem jede Funktion in der Organisation endet. Nach § 5 der Satzung kann ein solcher Ausschluß wegen Schädigung der Interessen der beklagten Partei oder aus sonstigen Gründen beschlossen werden. Der Verein gliedert sich in Bezirks-, Regional- und Ortsstellen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die Bezirksleitung gliedert sich in Bezirksobmann, Stellvertreter und Schriftführer. Die ÖVP hat der beklagten Partei die Rechte einer Teilorganisation eingeräumt. Nach § 9 des Landesparteiorganisationsstatutes der ÖVP entscheidet der Landesparteivorstand über einen Ausschluß nach Anhörung jener Teilorganisation, der das Mitglied angehört. Über den Ausschluß eines Mitgliedes einer Teilorganisation, welches nicht der ÖVP angehört, entscheidet die Teilorganisation allein. Nach § 10 der Satzungen des T***** P*****/S*****bundes (SB) ist das Schiedsgericht "zur Regelung von Streitigkeiten aus dem Bundesverhältnis berufen"

... "Das Verfahren wird durch schriftlichen Antrag des Beschwerdeführers eingeleitet." ... Der Kläger ist kein "direktes"

Mitglied der ÖVP, aber Mitglied des ÖAAB. Er war seit 1.6.1966 Mitglied der beklagten Partei, seit 15.1.1986 Obmann der Ortsgruppe V***** und seit 27.11.1989 Bezirksobmann von I*****.

1993 wurde der beklagten Partei vom Land T***** eine Subvention von S 500.000,-- gewährt, wovon S 250.000,-- für die Ortsgruppen und S 250.000,-- für die Verwendung durch die Landesleitung bestimmt waren. Der Kläger berief am 5.4.1994 eine außerordentliche Bezirksversammlung für den 11.4.1994 ein, zu welcher er den Landesobmann und den Landesgeschäftsführer als Ehrengäste, weiters die für die Subvention zuständige Beamtin vom Amt der T***** Landesregierung und einen Journalisten der T***** Tageszeitung einlud. Im Zuge seines Referates erklärte der Kläger, daß der Verbleib jenes Betrages von S 250.000,--, der nicht an die Ortsgruppen gegangen sei, unklar sei, und richtete an die anwesenden Ehrengäste die Frage, was mit diesem Betrag geschehen sei. Diese faßten es als Vorwurf gegen den Vorstand auf, die überwiesenen Subventionsgelder nicht ordnungsgemäß verwendet zu haben (In der Folge wurde jedoch der Betrag von S 250.000,-- von der Landesorganisation ordnungsgemäß abgerechnet). Die folgenden Diskussionen unter den Teilnehmern der Versamlung fanden in einem Artikel in der T***** Tageszeitung mit der Überschrift "Heftiger Streit im T***** S*****bund" ihren Niederschlag. Über Ersuchen eines der Mitglieder der Landesorganisation unterblieb in dieser Tageszeitung jedoch ein Bezug auf die Verwendung des Subventionsbetrages. Der Kläger hatte sich vor der Versammlung nicht über die Verwendung des Geldbetrages von S 250.000,-- beim Vorstand erkundigt. Bei einer vom (Landes-)Obmann der beklagten Partei für den 3.5.1994 einberufenen weiteren Bezirksversammlung gab der Vorstand der beklagten Partei Auskunft über die Verwendung dieses Betrages. Auch nach dieser Aufklärung hat sich der Kläger für seine Äußerung nicht entschuldigt. Bei dieser Versammlung wurde die Neuwahl des Bezirksobmannes zum 30.5.1994 beschlossen. Die entsprechende Bezirksversammlung wurde vom Landesobmann und dem Geschäftsführer einberufen. Am 26.5.1994 richtete der Kläger ein Rundschreiben an die Obleute der beklagten Partei des Bezirkes I***** mit der Mitteilung, daß die "von unberufener Seite" anberaumte Bezirksversammlung nicht stattfinde. Der Landesobmann sei aufgrund der Satzungen nicht zur Einberufung einer Bezirksversammlung berechtigt. Trotz dieses Rundschreibens fand die Bezirksversammlung statt. Noch vor dieser kam es am selben Tag zu einer Vorstandssitzung, bei welcher aufgrund der Äußerungen des Klägers in bezug auf die nicht widmungsgemäße Verwendung der Subvention und aufgrund der eigenmächtigen Anberaumung der Bezirksversammlung der einstimmige Beschluß gefaßt wurde, den Kläger aus der beklagten Partei auszuschließen. Von diesem Vorhaben wurde der Kläger vorher nicht verständigt.

Im August 1994 gründete der Kläger einen Verein unter dem Namen "Seniorenverein V*****" und konnte den größten Teil der Mitglieder der Ortsgruppe V***** zum Austritt aus der beklagten Partei und zum Übertritt in den neuen Verein bewegen. Dieser Verein hat nunmehr 386 Mitglieder. Im November 1994 hat der Kläger mit entsprechender Unterschriftenunterstützung der beklagten Partei ein Schreiben übermittelt, in dem sie aufgefordert wurde, weitere Belästigungen durch Übermittlung von Einladungen zu diversen Veranstaltungen und sonstige mündliche und schriftliche Kontaktaufnahmen zu Vereinszwecken, insbesondere auch Hausbesuche, zu unterlassen.

Der Kläger hat sich im November 1994 an den Landesvorstand der T***** ÖVP mit dem Ersuchen gewandt, seinen Ausschluß vor der Landesparteischiedskommission zu klären. Diese erklärte sich mit Erkenntnis vom 27.3.1995 für unzuständig. Eine Anrufung des nach § 10 des T***** S*****bundes vorgesehene Schiedsgerichts erfolgte nicht.

Der Kläger begehrt gegenüber der beklagten Partei mit der am 5.4.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage die Feststellung, daß sein in der Vorstandssitzung vom 30.5.1994 beschlossener Vereinsausschluß ihm gegenüber unwirksam ist. Er habe keine Handlungen gesetzt, die einen Vereinsausschluß als höchste Vereinsstrafe rechtfertigen würden. Der Ausschluß sei zudem in einem mangelhaften Verfahren beschlossen worden. Da der Kläger Mitglied der ÖVP sei, hätte zumindest der Landesvorstand der ÖVP angehört werden bzw. hätte dieser mitentscheiden müssen. Mit dem Bekenntnis als Teilorganisation der ÖVP habe die beklagte Partei auch die Verbindlichkeit des Landesparteiorganisationsstatutes und des Bundesparteiorganisationsstatutes anerkannt. Darüber hinaus sei dem Kläger keine Möglichkeit der Stellungnahme und keinerlei sonstiges rechtliches Gehör eingeräumt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, der Kläger sei berechtigterweise wegen unleidlichen und vereinsschädigendem Verhaltens ausgeschlossen worden. Er habe fälschlich der Landesleitung Veruntreuung von Geldmitteln vorgeworfen und dies in einer eigenmächtig einberufenen Bezirksversammlung vor geladener Presse und vor eingeladenen vereinsfremden Personen. Er habe weiters eigenmächtig die vom Landesobmann für den 30.5.1994 einberufene Bezirksversammlung, obwohl hiefür gar nicht zuständig, abgesetzt. Er habe die nach den Statuten der beklagten Partei gar nicht zuständige Landesparteischiedskommission der ÖVP als Rechtsbehelf gegen den Ausschluß angerufen, offenbar nur, um die beklagte Partei weiter zu diffamieren. Er habe auch nach dem Ausschluß ein grob vereinsschädigendes Verhalten durch die Gründung eines eigenen (Konkurrenz-)Vereines an den Tag gelegt; dies stelle einen weiteren Ausschlußgrund dar. Dem Kläger fehle daher das Rechtsschutzinteresse, die Klagsführung sei geradezu sittenwidrig. Da der Beklagte gegen den Ausschluß das in den Statuten vorgesehene Schiedsgericht nicht angerufen habe, sei die Klage abzuweisen, sie sei zudem auch nicht innerhalb angemessener Frist eingebracht worden und sei somit verspätet.

Der von der beklagten Partei erhobenen Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes wegen unterlassener Anrufung des Schiedsgerichtes der beklagten Partei durch den Kläger wurde durch die Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht nicht Folge gegeben (ON 11).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Vereinsausschluß des Klägers sei gerechtfertigt gewesen, weil der Kläger es offenkundig darauf angelegt habe, Differenzen mit dem Vorstand der beklagten Partei in der Öffentlichkeit auszutragen, obwohl es ihm leicht möglich gewesen wäre, Erkundigungen über die Verwendung der Restsubvention einzuholen. Die Äußerung des Klägers bei der Bezirksversammlung vom 11.4.1994 habe gegen die Interessen und das Ansehen der beklagten Partei gröblich verstoßen, ebenso die Abberaumung der Bezirksversammlung für den 30.5.1994. Darüber hinaus sei das Klagebegehren auch sittenwidrig, weil die Abwerbung der Mitglieder der beklagten Partei nach erfolgtem Ausschluß und die Unterschriftenaktion gegen die Partei erkennen ließen, daß der Kläger auch in Zukunft nicht die Absicht habe, sich an die Satzung der beklagten Partei zu halten. Eine Mitwirkung der Landespartei beim Ausschlußverfahren gegen den Kläger sei nicht erforderlich gewesen, weil die entsprechenden Bedingungen nur auf eine Beendigung der Parteimitgliedschaft abstellten, hingegen sei der Kläger als Vereinsmitglied ausgeschlossen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für unzulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Ob der Vereinsausschluß als härteste Strafe für die vom Kläger geäußerte Kritik gerechtfertigt gewesen sei, müsse nicht untersucht werden, weil das Verfahren, das zu seinem Ausschluß geführt habe, unter solchen Mängeln leide, daß ein rechtswirksamer Vereinsausschluß nicht habe zustandekommen können. Dem Kläger sei jegliches rechtliches Gehör verwehrt worden. Selbst wenn die Vereinssatzungen keine entsprechende Regelung aufwiesen, habe das zu einem Ausschluß führende Verfahren Mindestverfahrensregeln einzuhalten. Ein Vereinsausschluß unter Verletzung des rechtlichen Gehörs sei auch dann unwirksam, wenn die Statuten keine Äußerungsmöglichkeit des Mitgliedes vorsähen. Dies ergebe sich auch aus der verfassungsrechtlich verankerten Bestimmung des Art.6 Abs.1 MRK. Es lägen keinerlei Verfahrensergebnisse vor, aus denen hervorgehe, daß dem Kläger in irgendeiner Form beim Ausschlußverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre. Aus diesem Verstoß der beklagten Partei sei für den Kläger jedoch nichts gewonnen, weil die Geltendmachung des vorliegenden Rechtsgestaltungsbegehrens, mit der der Kläger wieder Mitglied der beklagten Partei werden wolle, sittenwidrig sei. Der Kläger habe nach erfolgtem Ausschluß, der ihn von allen Verpflichtungen gegenüber der beklagten Partei entbunden habe, eine massive Abwerbung der Mitglieder der beklagten Partei vorgenommen. Mit der Unterschriftenaktion im November 1994 habe er eine geradezu gehässige Abgrenzung des neuen Vereines und seiner Mitglieder gegenüber der beklagten Partei vorgenommen. Der Kläger habe weder behauptet noch bewiesen, was im Falle seines Obsiegens mit dem geschaffenen Konkurrenzverein zu geschehen habe. Aus der Aussage des Klägers, es gehe in dem Prozeß um seine Ehre, ergebe sich, daß der Kläger gar nicht daran denke, seine der beklagten Partei gegenüber feindliche Vereinsgründung wieder rückgängig zu machen. Es gehe ihm offensichtlich nicht um eine zukünftige konstruktive Mitarbeit in der beklagten Partei, sondern nur darum, die Ehrenkränkung, die er im Ausschluß sehe, zu bekämpfen. Das unlautere Motiv seiner Rechtausübung überwiege daher so eindeutig, daß andere Ziele völlig in den Hintergrund träten. Ginge es dem Kläger tatsächlich, wie er behaupte, um die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlußbeschlusses, so hätte er nur auf diese Feststellung, nicht aber auf die tatsächlich gewünschte Rechtsgestaltung zu klagen gehabt.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, daß zur Frage, ob in dem Fall, daß die Satzungen eines Vereines vor dem Ausschluß eines seiner Mitglieder nicht dessen Anhörung vorsehen, dieses trotzdem vor dem Ausschlußbeschluß angehört werden muß, um seine Gegendarstellung abgeben zu können, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes besteht. In der Entscheidung 6 Ob 548/93 = ecolex 1993, 450 wurde aber doch bei einer wenn auch etwas anders gelagerten Satzungslage die generell einzuhaltende Vorgangsweise bei Ausschlußverfahren dahin postuliert, daß dem auszuschließenden Vereinsmitglied vor der entsprechenden Gremialsitzung die ihm vorgeworfenen Ausschließungsgründe konkret mitgeteilt werden und ihm darauf eine sachliche Gegendarstellung ermöglicht wird (vgl. auch Sprung-König in RdW 1984, 226 ff). Der erkennende Senat schließt sich deshalb der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes und der Lehrmeinung Aichers in Rummel ABGB2 § 26 Rz 40 an, daß auch dann, wenn die Satzungen keine vorherige Anhörung des auszuschließenden Mitgliedes vorsehen, diesem Gelegenheit gegeben werden muß, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung JBl 1987, 650 geht in diese Richtung).

Unstrittig ist, daß Entscheidungen von Vereinsorganen über die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern

gerichtlich überprüfbar sind. Einem zu Unrecht aus einem Verein

ausgeschlosenen Vereinsmitglied stehen mit der Klage gemäß § 228 ZPO geltend zu machende Ansprüche auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vereinsausschlusses zu. Richtig ist, daß dem Kläger im Gerichtsverfahren Gelegenheit geboten wurde, seine Gründe gegen den über ihn verhängten Vereinsausschluß geltend zu machen, doch kann dies nicht die ihm verwehrte Verantwortung vor dem ihn ausschließenden Organ ersetzen. Dem Kläger kann auch, wie in der Vorentscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht ausgesprochen wurde, die unterlassene Anrufung des Vereinsschiedsgerichtes nicht zur Last gelegt werden, weil dessen satzungsgemäße Einrichtung und Befugnis nicht den Erfordernissen des § 577 ZPO entspricht. Überhaupt begründet die in § 10 des T***** S*****bundes vorgesehene Schiedsgerichtsbarkeit für "Streitigkeiten aus dem Bundesverhältnis" keinen nachvollziehbar einzuhaltenden Instanzenzug, regelt doch die Satzung sonst nur die Kompetenzen der Landesorganisation und der Bezirksvertretungen. Ein satzungsgemäß vorgesehener Instanzenzug (so zB in allen Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis ...) im Sinne der Entscheidung SZ 51/154 liegt daher nicht vor, weshalb auf die in der Lehre mehrfach vertretene Auffassung, daß unabhängig von einem satzungsgemäß vorgeschriebenen Instanzenzug die gerichtliche Überprüfbarkeit von Ausschlüssen gegeben sei (vgl. Sprung-König aaO, 228), nicht weiter überprüft werden muß.

Geht man von einem rechtswidrigen Ausschluß des Klägers aus der beklagten Partei aus, so erweist sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, der Kläger habe anstelle eines zulässigen Feststellungs- ein Rechtsgestaltungsbegehren erhoben, als verfehlt. Rechtsgestaltungsurteile verfügen in ihrem Spruch eine Änderung der materiellen Rechtslage, die mit dem Zeitpunkt der formellen Rechtskraft eintritt (vgl. Rechberger in Rechberger ZPO vor § 226 Rz 35 mwN). Demgegenüber strebt der Kläger aber die Feststellung an, sein in der Vergangenheit liegender Vereinsausschluß sei unwirksam erfolgt, er sei nach wie vor Mitglied der beklagten Partei. Auch ein Feststellungsbegehren kann allerdings sittenwidrig erhoben werden. Im österreichischen Recht fehlt zwar eine dem sogenannten allgemeinen Schikaneverbot des § 226 BGB (der unter der Überschrift "Schikaneverbot" lautet: "Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen") entsprechende Bestimmung, doch ergibt sich aus der Stellung mißbräuchlicher Rechtsausübung unter die Sanktion der Schadenersatzpflicht (§ 1295 ABGB), aus der rechtlichen Gleichstellung eines gegen die guten Sitten verstoßenden Tatbestandes mit den gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden (§ 879 ABGB) und aus einer Reihe gegen mißbräuchliche Rechtsausübung gerichteter Spezialbestimmungen (§§ 830, 1212 ABGB), die Schlußfolgerung, daß nach österreichischem Recht Schikane nicht nur so weit verboten ist, als Schadenersatzpflicht daran geknüpft ist, sondern daß jeder mißbräuchlichen Rechtsausübung einredeweise entgegengetreten werden kann. Verstößt die Ausübung eines vermeintlichen Rechts gegen die guten Sitten, dann liegt in Wahrheit nur eine Scheinrechtsausübung vor (vgl. MGA ABGB34 § 1295/742 sowie Reischauer in Rummel ABGB2 § 1295 Rz 59 mwN). Beweispflichtig dafür, daß der Rechtsausübende kein anderes Interesse hat, als zu schädigen, oder daß doch der Schädigungszweck und unlautere Motive so augenscheinlich im Vordergrund stehen, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten, ist der die Schikane Behauptende (vgl. MGA aaO, 752). Einen derartigen Beweis hat die beklagte Partei für ihre Behauptung, die Klagsführung des Klägers sei sittenwidrig, nicht erbracht. Das seinem Ausschluß nachfolgende Verhalten des Klägers durch Gründung eines eigenen Vereins und die damit in einem Zusammenhang stehenden Ereignisse kann nicht nur nicht als Rechtfertigung des Ausschlusses dienen (7 Ob 2105/96a), es macht auch seine Klageführung noch nicht schikanös im aufgezeigten Sinn. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, daß der Kläger durch die Feststellung der Fortdauer seiner Mitgliedschaft bei dem beklagten Verein diesem nur oder doch vor allem Schaden zufügen möchte, und um welchen Schaden es sich dabei handeln sollte. Der Umstand, daß der Kläger im Fall seines Obsiegens im gegenständlichen Verfahren den von ihm gegründeten Verein nicht aufzulösen beabsichtigt, dokumentiert noch keine Schädigungsabsicht gegenüber der beklagten Partei, zumal - wie der Kläger unwidersprochen deponiert hat - eine Doppelmitgliedschaft nach den Vereinsstatuten des Seniorenvereins V***** vereinbar ist und es wohl eher Sache der beklagten Partei sein wird, verlorene Mitglieder wiederzugewinnen, als jene des Klägers, diese der beklagten Partei wieder zuzuführen. Sollte auch der Kläger in Zukunft allenfalls an einer aktiven Mitarbeit beim beklagten Verein nicht mehr interessiert sein, könnte doch nicht gesagt werden, daß seiner Klageführung vorwiegend unlautere Motive zugrunde liegen; die vom Kläger angestrebte Wiederherstellung seiner Ehre kann nicht als unlauteres Motiv für die Klageführung angesehen werden.

Dem Feststellungsbegehren des Klägers war daher Folge zu geben, weil sein Vereinsausschluß rechtswidrig erfolgt ist.

Die behauptete Verfristung der Klage liegt nicht vor, zumal der Kläger in dem Zeitraum von knapp einem Jahr versucht hat, zunächst eine Entscheidung des Landesschiedsgerichtes der ÖVP T***** zu erwirken.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Berufungs- und Revisionskosten auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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