Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Auf Grund des zu 14 C 492/92p ergangenen rechtskräftigen Urteiles des Erstgerichtes vom 19.1.1993 ist der Kläger verpflichtet, den Beklagten das an deren Anschrift befindliche Geschäftslokal samt Nebenräumen geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben.
Das Erstgericht bewilligte den Beklagten mit Beschluß vom 4.11.1993 die beantragte Räumungsexekution und beraumte den Räumungstermin für den 17.12.1993 an. Am 16.12.1993 brachte der Kläger beim Erstgericht zu 14 C 875/93p eine Klage nach § 36 EO ein, die zur Absetzung des Räumungstermines und sodann zur Aufschiebung der Räumungsexekution führte, jedoch in der Sache erfolglos blieb. Auf Antrag der Beklagten (betreibenden Parteien) vom 14.11.1994 setzte das Erstgericht mit Beschluß vom 17.1.1995 den Räumungstermin für den 3.3.1995 an. Am 2.3.1995 erhob der Kläger gegen die Beklagten zu 14 C 146/95k des Erstgerichtes eine Wiederaufnahmsklage mit dem Begehren, die Wiederaufnahme des Kündigungsverfahrens 14 C 492/92p des Bezirksgerichtes Klagenfurt zu bewilligen, die in diesem Verfahren ergangenen Urteile der ersten und zweiten Instanz zu beseitigen und in der Sache auszusprechen, daß die Kündigung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 20.7.1993 rechtsunwirksam sei. Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO zurück, der Rekurs des Klägers blieb erfolglos (Zustellung der Rekursentscheidungen am 16.8.1995).
Die Beklagten (betreibenden Parteien) beantragten sodann am 8.11.1995 die Fortsetzung der Räumungsexekution. Das Erstgericht entsprach diesem Antrag und setzte mit Beschluß vom 30.11.1995 den Räumungstermin für den 26.1.1996 an. Dieser Beschluß wurde, da sich der Kläger (Verpflichtete) nach Auskunft seiner Gattin auf Urlaub befand (Postvermerk vom 4.12.1995) am 5.12.1995 beim Zustellpostamt hinterlegt. Eine weitere Zustellung konnte am 22.12.1995 nicht bewirkt werden (Postvermerk "verzogen - Empfänger im Ausland"); eine am 10.1.1996 vom Gerichtsvollzieher versuchte Zustellung scheiterte; ein neuerlicher Zustellversuch durch den Gerichtsvollzieher am 18. bzw 19.1.1996 scheiterte ebenfalls, wobei "die Gattin des Klägers den Räumungstermin (26.1.1996) nicht zur Kenntnis nahm und angab, daß der Empfänger (= der Kläger = Verpflichtete = ihr Gatte) bis Ende Feber 1996 im Ausland" weile. Mit Beschluß vom 1.2.1996 wurde ein neuer Räumungstermin für den 16.2.1996 festgesetzt; die Zustellung dieses Beschlusses konnte nicht durchgeführt werden, der Brief wurde mit dem Postvermerk "Empfänger im Ausland" dem Erstgericht zurückgesandt. Mit Beschluß vom 20.2.1996 setzte das Erstgericht den neuerlichen Räumungstermin für den 8.3.1996 an; dieser Beschluß, der allerdings nicht an die tatsächliche Anschrift des Klägers "S*****gasse 9, ***** E*****", sondern unter der Anschrift "S*****gasse 9, ***** K*****" abgesandt wurde, konnte dem Kläger nicht zugestellt werden (Postvermerk "unbekannt"). Die Räumung wurde sodann am 8.3.1996 von 8.00 Uhr bis 10.25 Uhr vollzogen.
Mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage vom 15.4.1996 begehrt der Kläger die Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Beschlusses vom 20.2.1996, weil dieser Beschluß (wie auch einige vorhergehende erstinstanzliche Beschlüsse und Verfügungen im Räumungsexekutionsverfahren) ihm nicht gehörig (an seiner aktenkundigen Anschrift) zugestellt worden sei, sodaß er keine Möglichkeit gehabt habe, gegen die Exekutionsbewilligung (gemeint wohl: Bewilligung der Fortsetzung der Räumungsexekution) mit der Begründung Rekurs zu erheben, der dem Exekutionsantrag zugrundeliegende Exekutionstitel sei bereits gemäß § 575 ZPO außer Kraft getreten und die Beklagten (betreibenden Parteien) hätten das Mietverhältnis mit ihm konkludent fortgesetzt. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt habe er am 21.3.1996 festgestellt, daß das Türschloß zum Geschäftslokal ausgetauscht und die Räumung offenbar durchgeführt worden war.
Das Erstgericht wies die Nichtigkeitsklage gemäß § 538 ZPO zurück, weil Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse im Exekutionsverfahren generell unzulässig seien und der konkreten Nichtigkeitsklage - selbst im Falle ihrer Zulässigkeit - voraussichtlich kein Erfolg beschieden wäre.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei umstritten, ob Nichtigkeits-(oder Wiederaufnahms-)klagen im Exekutionsverfahren zulässig seien. Die Rechtsprechung lehne solche weitgehend ab. So habe der Oberste Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage gegen Beschlüsse im Exekutionsverfahren zuletzt in der Entscheidung GH 1933, 182 für unzulässig gehalten; das Rekursgericht schließe sich dieser Entscheidung an, zumal der Gesetzgeber es anläßlich diverser EO-Novellen der jüngeren Zeit in der Hand gehabt hätte, die Bestimmung des § 78 EO durch einen Verweis auf die §§ 529 ff ZPO zu ergänzen. Die vergleichbare Frage, ob gegen die Sache erledigende Entscheidungen im Sicherungsverfahren (nach §§ 378 ff EO) Wiederaufnahmsklagen zulässig seien, sei vom Obersten Gerichtshof zuletzt divergierend entschieden worden (dafür: der 8. Senat in EvBl 1994/60 in einem Verfahren über einstweiligen Unterhalt im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren, dagegen der 4. Senat in JBl1996,327).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Klägers erweist sich indes mangels Relevanz der seine Zulassung begründenden Rechtsfrage (der Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage in reinen Exekutionsverfahren) aus folgenden Gründen als unzulässig: Nach ständiger Rechtsprechung (siehe hiezu die Nachweise bei Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 529) kann eine Nichtigkeitsklage nur gegen eine rechtskräftige Entscheidung (durch welche die Sache erledigt ist) erhoben werden. Voraussetzung ist daher der Eintritt der formellen Rechtskraft, worunter nicht die "Scheinrechtskraft" zu verstehen ist (Kodek aaO). Die Nichtigkeitsklage kann daher nicht darauf gestützt werden, daß die Zustellung der betreffenden Entscheidung nicht ordnungsgemäß erfolgte (SpR 29 = SZ 24/100). Mangels ordnungsgemäßer Zustellung hätte die Partei einen Antrag auf neuerliche Zustellung der Entscheidung zu stellen, um sodann (oder auch bereits vorher) das ordentliche Rechtsmittel zu ergreifen. Der Kläger stützt seine Nichtigkeitsklage auf die ungesetzliche - weil an einer anderen als seiner dem Gericht bekannten Anschrift erfolgte bzw versuchte - Zustellung des betroffenen Beschlusses, nach den obigen Ausführungen daher nicht auf einen tauglichen gesetzlichen Anfechtungsgrund im Sinne des § 529 Abs 1 ZPO, sodaß seine Klage vom Erstgericht im Ergebnis zutreffend gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurückgewiesen wurde. Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht entspricht es ständiger Lehre und Rechtsprechung, daß im Vorprüfungsverfahren nach § 538 ZPO sehr wohl eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen ist (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 538 mwN; Rechberger/Simotta, Erkenntnisverfahren4Rz 894). Eine andere Ansicht wurde auch in den vom Erstgericht zitierten Entscheidungen EvBl 1957/224 und EvBl 1947/366 nicht vertreten. Die weiteren Fragen, ob überhaupt eine Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluß im Exekutionsverfahren zulässig ist bzw ob der bekämpfte Beschluß eine "die Sache erledigende Entscheidung" oder bloß eine nicht weiter bekämpfbare verfahrensleitende Verfügung war, sind daher im vorliegenden Verfahren nicht zu lösen.
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