OGH 13Os163/96 (13Os164/96)

OGH13Os163/96 (13Os164/96)6.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Birol S***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Juli 1996, GZ 4 b Vr 3566/96-49, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs und des Verteidigers Dr. Bernhauser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Birol S***** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Er hat in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider

A./ Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er in der Zeit von Dezember 1995/Jänner 1996 bis ca Mitte März 1996 rund 20 g Heroin an Markus H***** und Daniela H***** verkaufte;

B./ außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG von ca September 1995 bis Anfang April 1996 wiederholt Heroin erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich gegen den Schuldspruch nach § 12 Abs 1 SGG richtet.

In seiner Mängelrüge (Z 5), die der Sache nach jedoch den Nichtigkeitsgrund der Z 10 geltend macht, geht der Angeklagte zunächst von der Rechtsansicht aus, eine "große Menge" im Sinn des § 12 Abs 1 SGG liege bei Heroin erst ab 5 g Reinsubstanz vor. Er negiert dabei die herrschende Judikatur (Mayerhofer/Rieder NG3 E 10 zu § 12 SGG) wonach dafür bereits 1,5 g genügt.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind die Feststellungen für die Annahme einer großen Menge auch ausreichend, weil (s US 5, 11, 12) das gegenständliche Suchtgift "durchschnittlicher Straßenqualität" aus einem Gemisch von einem Teil Heroin und zwei Teilen Streckmitteln bestand. Daraus ergibt sich bei der festgestellten Gesamtmenge von ca 20 g, das die Reinsubstanz um ein Vielfaches die Quantität einer "großen Menge" im Sinn des § 12 Abs 1 SGG überschritten hat.

Soweit der Angeklagte sich gegen die erstgerichtliche Annahme seines (bedingten) Vorsatzes in Ansehung der Eignung der Weitergabe dieser Suchtgiftmenge, eine große Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (US 5 unten u vso) wendet (Z 10), übersieht er (wie auch das Schöffengericht, US 5), daß die Herbeiführung einer Gemeingefahr und der entsprechende Gefährdungsvorsatz (seit der SGG-Novelle 1985) nicht mehr Tatbestandsvoraussetzungen (vgl 13 Os 152/95) sind. Die erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite aber hat das Erstgericht ohnehin getroffen; dies (insbesondere) auch in Ansehung des mit der kontinuierlichen Tatbegehung verbundenen Additionseffektes (s US 6).

Die abschließenden Ausführungen zur Subsumtionsrüge, die Übergage des Suchtgiftes an die Zeugen H***** und H***** zum sofortigen Verbrauch sei nicht als Inverkehrsetzen anzusehen, trifft gleichfalls nicht zu. Denn diese Handlung ist Tathandlung, weil dadurch die Verfügungsgewalt über das Suchtgift (jedenfalls tatsächlich) auf andere übertragen wurde (vgl 13 Os 114/89 uva); auf die weitere Verwendung des Suchtgiftes kommt es nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28 Abs 1 StGB, § 12 Abs 1 SGG zu drei Jahren Freiheitsstrafe und wertete dabei als erschwerend einschlägige Vorstrafen, raschen Rückfall, mehrfache Tatbegehung, einen längeren Deliktszeitraum sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen ein Teilgeständnis.

Die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung des Angeklagten strebt Strafherabsetzung an. Sie ist nicht im Recht.

Seine Drogenabhängigkeit wirkt nicht mildernd. Einerseits ist sie als einen besonderen Strafsatz begründender Umstand nur bei Begehung des Verbrechens nach § 12 Abs 2 SGG normiert, andererseits hat seine deliktische Tätigkeit das Maß der bloßen Beschaffungskriminalität bei weitem überschritten. Der Rückfall schon weniger als ein halbes Jahr nach dem Vollzug von Freiheitsstrafen wegen einschlägiger Straftaten läßt ein ernstliches, dauerhaftes Bemühen um Drogenfreiheit nicht annehmen, fortgesetzter Drogenhandel bei eigener Drogenfreiheit könnte weiters aber keineswegs als mildernd zu Buche schlagen.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig erfaßt und ihrem Gewicht nach richtig gewertet, in Anbetracht des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 39 StGB ist die von ihm gefundene Strafe keinesfalls überhöht.

Aus den bereits zur Berufung angeführten Gründen konnte auch der (nach Urteilsverkündung erhobenen, jedoch weiter nicht ausgeführten) Beschwerde gegen den gemäß § 494 a StPO gefaßten Beschluß kein Erfolg beschieden sein (mehrfacher spezifischer Rückfall).

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