OGH 2Ob573/95

OGH2Ob573/953.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Dr.Wilhelm G*****, vertreten durch Dr.Rudolf Gürtler, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dr.Rudolf G*****, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr.Walter Lattermayer u.a. Rechtsanwälte in Wien, und des Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei Dr.Edwin M*****, wegen Aufkündigung, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 12. April 1995, GZ 40 R 269/95-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.Jänner 1995, GZ 48 C 485/93t-12, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß behoben und in der Sache dahingehend selbst erkannt, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 10.798,20 (darin enthalten S 1.799,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 28.154 (darin enthalten S 13.250 Barauslagen und S 2.484 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Eigentümer der Liegenschaft Wien 1, W*****. Mit Mietvertrag vom 3.Jänner 1985 vermieteten sie an die beklagte Partei die in diesem Haus gelegenen Geschäftsräumlichkeiten top Nr 1 bis 10 zu Geschäftszwecken, und zwar zur ausschließlichen Ausübung des Gast- und Schankgewerbes einschließlich Restaurant-, Cafe- und Barbetrieb auf unbestimmte Zeit. Der monatliche Mietzins betrug S 14.500 zuzüglich Betriebskosten und öffentliche Abgaben. Nach Punkt VII des Mietvertrages wurde vereinbart, daß eine Änderung der Raumeinteilung oder -nutzung, nicht jedoch des Geschäftszweckes (Ausübung des Gast- und Schankgewerbes) keinen Widerspruch gegen Investitionen des Mieters und keine Mietzinsanhebung nach sich ziehen dürfe.

Punkt VIII des Mietvertrages lautet wie folgt:

Festgehalten wird, daß die Geschäftsanteile der Mieterin derzeit zu je 25 % durch die Herren Badih S*****, Herbert K*****, Abdul Hadi A***** und Zouheir W***** gehalten werden. Der in Punkt III des Vertrags vereinbarte Mietzins bleibt solange unverändert, als mindestens 40 % der Geschäftsanteile von derzeitigen Gesellschaftern gehalten werden. Falls somit mehr als 60 % der Geschäftsanteile an Personen abgetreten werden, welche der Gesellschaft derzeit nicht angehören, sind die Vermieter berechtigt, die Anhebung des Mietzinses auf den angemessenen Mietzins (§ 12 Abs 3 MRG), höchstens jedoch um 10 % des zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Punkte III und IV dieses Vertrages zu bezahlenden Mietzinses zu begehren. Dies gilt auch für den Fall der Unternehmensveräußerung durch die Mieterin. Mit einmaliger Abtretung von mehr als 60 % der Geschäftsanteile bzw Unternehmensveräußerung ist diese Beschränkung der Vermieter konsumiert, so daß künftighin ebenfalls der angemessene Mietzins begehrt werden kann.

Während die Untervermietung untersagt ist, ist die Verpachtung unter der Bedingung zulässig, daß der Pächter oder dessen Organe nicht in § 30 Abs 2 Z 3 MRG angeführte Verstöße setzen.

Die Kläger kündigten diesen Bestandvertrag aus den Kündigungsgründen nach § 30 Abs 2 Z 4 erster und zweiter Fall MRG auf, weil die beklagte Partei das Bestandobjekt zur Gänze weitergegeben und durch Überlassung an Dritte zu einer im Vergleich zu dem von ihr entrichteten Mietzins unverhältnismäßig hohen Gegenleistung verwerte. Die beklagte Partei habe das einheitlich vermietete Bestandobjekt ohne Zustimmung des Vermieters in drei Teile geteilt und einen Teil mit "Kaufvertrag" an die D***** GesmbH, einen Teil mit Untermietvertrag an die genannte Gesellschaft und einen Teil an die A***** Gastronomiegesellschaft weitergegeben.

Die beklagte Partei erhob Einwendungen, weil weder eine Untervermietung noch eine gesetzwidrige Weitergabe an Dritte vorliege. Die beklagte Partei habe kostspielige Adaptierungs- und Umbauarbeiten vorgenommen, die Leistungen der D***** GesmbH seien Zahlungen aufgrund eines Unternehmenskaufes; die Leistungen seien im übrigen nicht erbracht worden. Auch die A***** sei mit ihren Zahlungen im Rückstand.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam.

Es ging neben den eingangs wiedergegebenen Feststellungen von weiteren nachstehenden Festtsellungen aus:

Die Beklagte suchte über eineinhalb Jahre einen Käufer für das gegenständliche Geschäftslokal. Sie schloß am 21.4.1988 einen als "Kaufvertrag" bezeichneten Vertrag mit der D***** GesmbH, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

"Punkt I Vertragsgegenstand:

1) Die Veräußerin betreibt im Standort W***** 1010 Wien, ein Restaurant, eine Diskothek und eine Bar. Das Restaurant ist ein selbständiges Unternehmen, welches unter anderem aus

a) der Geschäftseinrichtung,

b) dem Kundenstock (Goodwill) und

c) den Mietrechten an den Räumlichkeiten, in denen es betrieben wird,

besteht. Dieses Restaurant bildet den Gegenstand dieses Vertrages

.......

Punkt II Rechtsgeschäft:

1) Die Verkäuferin verkauft und übergibt den vorbezeichneten Vertragsgegenstand an die Erwerberin und diese kauft und übernimmt diesen mit allen Rechten und Pflichten, mit denen die Veräußerin diesen bisher besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war, um den einvernehmlich festgesetzten Kaufpreis von S 1,450.000.

Die Erwerberin verpflichtet sich, diesen Kaufpreis wie folgt zu bezahlen:

a) S 350.000 (in Worten: Schilling dreihundertfünfzigtausend) wurden am 31.3.1988 durch Scheck bezahlt, die Verkäuferin quittiert den Erhalt dieses Betrages.

b) Der Restkaufpreis, sohin S 1,100.000 (in Worten: Schilling Einemillionhunderttausend) ist in monatlichen Raten zu je S 10.000 (in Worten: Schilling zehntausend), die erste Rate fällig am 1.6.1988, jede weitere Rate fällig am Ersten eines jeden Folgemonates bei 5-tägigem Respiro an die Veräußerin zu bezahlen.

Die Erwerberin hat das Recht, den Restkaufpreis vorzeitig zurückzuzahlen.

Punkt V Übergabstag:

1) Stichtag für die Übergabe ist der Tag der Vertragsunterfertigung. Die Übergabe erfolgt symbolisch durch Aushändigung der Schlüssel; die Erwerberin bestätigt den Erhalt der Schlüssel.

2) Sämtliche bis dahin entstandenen Verbindlichkeiten aller Art.... hat ausschließlich die Veräußerin zu tragen......

Punkt VII Bestandrechte:

1) Die Übertragung der Bestandrechte (Hauptmietrechte) auf die Erwerberin erfolgt nach dem Willen der Parteien erst mit vollständiger Erfüllung aller die Erwerberin aufgrund dieses Vertrages gegenüber der Veräußerin treffenden Verbindlichkeiten, soweit diese bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufschillings fällig werden. Sollte der Kaufschilling vorzeitig vollständig bezahlt werden, so ist die Veräußerin, ebenso wie nach termingemäßer Tilgung der Kaufpreisraten, verpflichtet, den Übergang der Mietrechte, betreffend den Vertragsgegenstand, auf die Erwerberin zu bewirken.

2) Bis dahin sind beide Vertragsteile verpflichtet, alles vorzukehren, was notwendig ist, um die Bestandrechte für das Unternehmen zu erhalten.

3) Die Erwerberin ist insbesondere verpflichtet, den Mietzins zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer zu seinen Fälligkeitsterminen pünktlich zu bezahlen.

Der von der Erwerberin der Veräußerin derzeit zu ersetzende Mietzins beträgt S 7.000 (in Worten: Schilling siebentausend) einschließlich Betriebskostsen zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe. Bei Erhöhung des von der Veräußerin zu leistenden Mietzinses zufolge Wirksamwerden der Indexvereinbarung erhöht sich der von der Erwerberin zu ersetzende Mietzins entsprechend....

5) Die Vertragsparteien haben einander sofort alle Umstände und Tatsachen bekanntzugeben, die den Bestand der Mietrechte auch nur gefährden könnten.

6) Die Miete ist an die Veräußerin zu bezahlen, welche der Erwerberin auf Wunsch die Weiterleitung der Miete an die Hausinhabung nachweisen wird.

7) Sollte nach Eintritt der in Abs 1 bezeichneten Bedingung (auf Bezahlung des Kaufschillings) die Übertragung der Bestandrechte auf Schwierigkeiten stoßen, vereinbaren die Vertragspartner eine gemeinsame Vorgangsweise, insbesondere übernimmt es über Wunsch der Veräußerin die Erwerberin, einen Rechtsstreit anzustrengen. Sollte nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten ein Bestandvertrag zugunsten der Erwerberin nicht möglich sein, verpflichtet sich die Veräußerin zur Rückerstattung des Kaufschillings.

.......

Punkt XI. ...

2) Der Erwerberin ist bekannt, daß der Vertragsgegenstand einige Zeit

geschlossen war, so daß die Wiedereröffnung für Gas-, Wasser- und

Stromzufuhr mit Kosten verbunden ist.

.....

Punkt XVIII Schlußbestimmungen......

4) (Die Parteien) wissen auch, daß, falls § 12 MRG aus irgendeinem Grund nicht zur Anwendung kommen sollte, der Abschluß eines Mietvertrages hinsichtlich des Bestandgegenstandes vom Wohlwollen der Hausinhabung abhängig ist, sowie daß es zu einer Mietzinserhöhung kommen kann."

In dem vom Bestandvertrag umfaßten Teil wurde ursprünglich ein Restaurant geführt. Nach Übernahme durch die D***** GesmbH wurde eine für ein China-Restaurant typische Dekoration angebracht. Die Türen, Tische und Sessel wurden von der beklagten Partei zur Verfügung gestellt.

Am 1.9.1992 schloß die beklagte Partei mit der D***** GesmbH einen auf vier Jahre befristeten Untermietvertrag über weitere Lagerräume. Diese Lagerräume stellen flächenmäßig höchstens ein Achtel der an die beklagte Partei vermieteten Räumlichkeiten dar. Dafür wurde ein Untermietzins von S 5.500 zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. In diesen Räumlichkeiten wurden durch die D***** GesmbH weitere kleine Räume geschaffen.

Die beklagte Partei hat gegen die D***** GesmbH eine Räumungsklage eingebracht.

Die beklagte Partei schloß im Jahre 1990 hinsichtlich der Diskothek und des Cafes mit der A***** GesmbH einen Vertrag, der nach demselben Schema wie der vorerwähnte Vertrag errichtet wurde. Der Kaufpreis betrug S 4,2 Mio. Davon wurden S 1,000.000 bar bezahlt, der restliche Betrag sollte in monatlichen Raten von S 50.000 bezahlt werden. Die an die beklagte Partei zu zahlende Miete der A***** ***** betrug S

15.180. In dem Bestandobjekt sollte weiterhin eine Diskothek oder ein Cafe betrieben werden.

Zwischen der beklagten Partei und den beiden vertragsschließenden Parteien wurde weiters vereinbart, daß nach Bezahlung des gesamten Kaufpreises die Miete nicht mehr weiter zu bezahlen sei und sich die Vertragspartner an den Hausherrn wenden sollten, um von diesem einen Mietvertrag zu erhalten. Die beklagte Partei zahlt an die klagenden Parteien einen Hauptmietzins von S 17.131,75 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten.

Der Zweitkläger erfuhr erstmals im März 1993 durch eine Vorsprache von Frau L*****, daß das im Objekt betriebene Restaurant offenbar weitergegeben wurde.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die beklagte Partei Lager- und Magazinräumlichkeiten, die einem Achtel der Gesamtfläche des Bestandobjektes entsprächen, gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt untervermietet habe. Sie habe die übrigen Räumlichkeiten geteilt und der D***** GesmbH bzw der A***** GesmbH durch Verkauf unter Eigentumsvorbehalt weitergegeben. Die Bestandrechte seien jedoch an die Käufer nicht übergegangen, weil die Kaufpreise von den Erwerbern noch nicht vollständig entrichtet worden seien. Durch die vollständige Weitergabe des Bestandobjektes und auch die Untervermietung eines Teiles zu einem übermäßig hohen Entgelt seien die Kündigungsgründe verwirklicht.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung Folge und hob das Urteil zur neuerlichen Verhandlung und Verfahrensergänzung auf.

Es erörterte rechtlich, daß ein im Zuge der Unternehmensveräußerung vereinbarter Eigentumsvorbehalt allein den Mietrechtsübergang im Sinn des § 12 Abs 3 MRG nicht hindere, weil dessen Rechtsfolge bereits mit dem vereinbarten Übergabstermin auch dann eintrete, wenn zwischen den Vertragsparteien ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei, soferne ein auf die endgültige Änderung der sachenrechtlichen Zuständigkeit am Unternehmen gerichtetes Rechtsgeschäft vorliege.

Ein Mietrechtsübergang im Sinne der genannten Gesetzesstelle liege dennoch nicht vor, weil das ursprünglich an den Räumlichkeiten einheitlich begründete Mietrecht durch Veräußerung zweier wirtschaftlich getrennt zu betrachtender Unternehmen ohne Mitwirkung des Vermieters nicht aufgespalten werden könne. Die Gebrauchsüberlassung an den Räumlichkeiten im Zusammenhang mit den über die darin betriebenen Unternehmen abgeschlossenen Geschäften sei aber nicht als eine verpönte Weitergabe im Sinn des § 30 Abs 2 Z 4 MRG anzusehen. Bei unveränderter Unternehmensfortführung des Erwerbers in den Bestandräumlichkeiten entstehe dort, wo § 12 Abs 3 MRG nicht zur Anwendung komme, ein gespaltenes Schuldverhältnis. Die Kündigungstatbestände des § 30 Abs 2 Z 4 MRG lägen daher dann nicht vor, wenn im Geschäftslokal das Unternehmen des Mieters von dessen Erwerber oder Pächter weiterbetrieben werde. Die Kläger hätten gar nicht behauptet, daß bei der vorliegenden Veräußerung kein lebendes Unternehmen überlassen worden sei. Gegen die Weitergabe eines lebenden Unternehmens spreche auch nicht, daß das Unternehmen im Zusammenhang mit seiner Veräußerung eine Zeitlang nicht betrieben worden sei.

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall liege daher nicht vor.

Ob der zweite in dieser Gesetzesstelle genannte Kündigungsgrund verwirklicht worden sei, könne nicht abschließend beurteilt werden, weil hinsichtlich der in Unterbestand gegebenen Räumlichkeiten (Lager und Magazinräume) Feststellungen über die zu bezahlenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben fehlten. Diese seien bei Beurteilung über die Unverhältnismäßigkeit des entrichteten Entgeltes zu berücksichtigen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag, sie zu beheben und in der Sache selbst das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die beklagte Partei und der auf seiten der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenient beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes kommt es auf die ergänzende Feststellung, ob die in Unterbestand gegebenen Räumlichkeiten (Lager und Magazinräume) gegen unverhältnismäßiges Entgelt weitergegeben wurden, nicht an, weil nach Ansicht des erkennenden Senates der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 1 Z 4 erster Fall MRG verwirklicht wurde.

Auf die Frage der Relevanz des von den Vertragsparteien mit der beklagten Partei vereinbarten Eigentumsvorbehaltes muß zwar nicht eingegangen werden, weil ein den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 1 Z 4 ausschließender Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG nach den nachfolgend darzustellenden Erwägungen nicht vorliegt.

Dennoch ist zu erwähnen, daß die vom Erstgericht angeführte Entscheidung 7 Ob 565, 566/88 (WoBl 1989/57), in welcher in einem durch Eigentumsvorbehalt bedingt abgeschlossenen Verfügungsgeschäft beim Kauf eines Unternehmens ein Hindernis für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 MRG gesehen wurde, in der Folge nicht mehr aufrechterhalten wurde. Schon die Entscheidung 7 Ob 521/89 (RdW 1989, 222 = WoBl 1989/58 mit zustimmender Anmerkung von Würth) vertrat die Auffassung, daß im Fall eines Unternehmenserwerbes durch Leibrentenvertrag mit Eigentumsvorbehalt des Übergebers an einzelnen Sachen der Erwerber bereits mit dem vereinbarten Übergabstermin in den Bestandvertrag eintrete, weil dies dem Regelungszweck des § 12 Abs 3 MRG, der das Entstehen so genannter gespaltener Schuldverhältnisse und die damit verbundenen Unsicherheiten verhindern sollte, widerspreche (vgl Dirnbacher, Mietrechtsübergang trotz Eigentumsvorbehaltes am veräußerten Unternehmen ImmZ 1989, 231). Letzterer Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof gefolgt (SZ 64/127, 2 Ob 563/94). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes trifft daher in diesem Punkt zu.

Aber auch der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Veräußerung zweier wirtschaftlich getrennt anzusehender Unternehmen könne die Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 MRG nicht herbeiführen, ist zu folgen.

Auszugehen ist davon, daß zwischen den Streitteilen ein einheitlicher Bestandvertrag über bestimmte Räumlichkeiten abgeschlossen wurde. Gegen die räumliche Aufteilung des Bestandobjektes hatten die Vermieter nichts einzuwenden (VII Abs 3 des Bestandvertrages). Aus diesem Grund konnten auch in den Räumlichkeiten mehrere als wirtschaftlich getrennt anzusehende Unternehmen wie etwa der Restaurantbetrieb bzw der Bar- und Cafe-Betrieb geführt werden. Eine selbständige Veräußerung dieser eigenständigen Unternehmen kann aber die Rechtsfolge des § 12 Abs 3 MRG nicht herbeiführen. Nach Würth (in Rummel2 Rz 7a zu § 12 MRG führt die Veräußerung von einem von mehreren in einheitlichen Mieträumen geführten selbständigen Betrieb zu einer Zerlegung der Mietrechte. Eine solche "Zerlegung der Mietrechte" sei ohne Mitwirkung des Vermieters nicht möglich.

Auch der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsansicht an, weil dies dem Regelungszweck des § 12 Abs 3 MRG zuwiderlaufen würde und der Vermieter unter einer - wie im vorliegenden Fall - Mehrheit von Erwerbern einer unsicheren Rechtslage ausgesetzt wäre.

Aus diesem Grund ist daher der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes entgegenzutreten, durch die Weitergabe verschiedener selbständiger Unternehmen sei es zu mehreren gespaltenen Schuldverhältnissen gekommen. Nach dem Regelungszweck des § 12 Abs 3 MRG soll gerade das Entstehen dieser gespaltenen Schuldverhältnisse und die damit verbundenen Unsicherheiten verhindert werden. Hat aber ein Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG nicht stattgefunden, weil mehrere als wirtschaftlich selbständig zu betrachtende Unternehmen in einem einheitlichen Mietverhältnis weitergegeben wurden, muß auf die weitere Frage, ob überhaupt ein lebendes Unternehmen weitergegeben wurde, weil es über längere Zeit nicht betrieben wurde, nicht mehr eingegangen werden.

Zusammenfassend kommt der erkennende Senat zum Ergebnis, daß bei den von der beklagten Partei abgeschlossenen Übergabsverträgen vor allem die selbständige Verwertung der Mietrechte im Vordergrund stand. Darauf weisen unter anderem die ausführlichen Regelungen über die Sicherung der Bestandrechte in den Verträgen (vgl Punkt VII, Punkt XVIII Abs 4 des Vertrages vom 21.4.1988) hin. Verfolgte aber die Veräußerung den Zweck, dem Erwerber die Ausnützung der Bestandrechte zu ermöglichen, wird nach ständiger Rechtsprechung der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG verwirklicht (RdW 1991/176).

Dem Rekurs war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO.

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