OGH 2Ob563/94

OGH2Ob563/9411.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maria B*****, Hauseigentümerin, ***** 2.) Lajos H*****, Hauseigentümer, ***** beide vertreten durch Dr.Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Agnes S*****, Gastwirtin, ***** 2.) R***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 28.012,95 sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 2. Februar 1994, GZ 48 R 1117/93-12, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teil- und Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 8.September 1993, GZ 6 C 583/93f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit S 5.601,70 (darin S 933,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG R*****.

Die Erstbeklagte war seit 1.1.1982 Hauptmieterin der im Haus F***** gelegenen Mietobjekte top Nr 1-2 (gassenseitiges Gasthauslokal mit Nebenräumen) und top Nr 9 (Wohnung als Dienstwohnung und zur Eigenbenützung). Mit Vertrag vom 14.September 1992 verkaufte sie das in diesen Räumen von ihr betriebene gastgewerbliche Unternehmen an die in diesem Zeitpunkt in Gründung befindliche zweitbeklagte Partei. Als Kaufpreis wurden S 1,080.000 vereinbart, wovon ein Teilbetrag von S 360.000 bei Vertragsschluß bezahlt wurde und der Nettorestbetrag von S 540.000 in sechzig Monatsraten a S 9.000 beginnend ab 1.11.1992 beglichen werden sollte. Die Bezahlung der Umsatzsteuer von S 180.000 sollte durch Verrechnung der Steuerkonten erfolgen. Die Erstbeklagte behielt sich das Eigentum am Kaufobjekt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vor. Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes sollte per 1.10.1992 erfolgen. Weiters wurde im Vertrag festgehalten, daß die Hauptmietrechte erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung auf die Käuferin übergehen, sowie vereinbart, daß die Käuferin die der Verkäuferin vorgeschriebenen Mietzinse aus eigenem ohne Anspruch auf Rückersatz zu zahlen habe. Eine Erklärung der Erstbeklagten im Sinn des § 12 Abs 3 MRG sollte beim Vertragserrichter (dem Klagevertreter) mit dem unwiderruflichen Auftrag verbleiben, sie an die Käuferin auszufolgen, sobald der Kaufpreis vollständig bezahlt ist.

Die Kläger begehren die Verurteilung der beklagten Parteien zur Zahlung des für die Monate Oktober 1992 bis Februar 1993 aushaftenden angemessenen Mietzinses von S 28.012,95 und gegenüber den beiden beklagten Parteien zur Klarstellung der Mieterposition die Feststellung, daß die zweitbeklagte Partei seit 1.10.1992 Hauptmieterin der Bestandobjekte sei. Ungeachtet des im Kaufvertrag vom 14.9.1992 vereinbarten Eigentumsvorbehalts bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises seien mit dem vereinbarten Übergabstermin 1.10.1992 die Hauptmietrechte gemäß § 12 Abs 3 MRG (in der Fassung vor dem 3.WÄG BGBl 1993/800) auf die GmbH übergegangen.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil mangels vollständiger Zahlung der Kaufpreisraten das Eigentum am Unternehmen noch nicht auf die zweitbeklagte Partei übergegangen und damit auch deren Eintritt in die Hauptmietrechte der erstbeklagten Partei noch nicht erfolgt sei.

Das Erstgericht gab mit Teil- und Zwischenurteil dem Feststellungsbegehren statt, weil der Eintritt der zweitbeklagten Partei in die Hauptmietrechte der Erstbeklagten gemäß § 12 Abs 3 MRG auch im Falle des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes bereits mit dem vereinbarten Übergabstermin 1.10.1992 kraft Gesetzes erfolgt sei (WoBl 1989/58, zust Würth).

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Ersturteil und ließ die ordentliche Revision zu, weil zur anstehenden Rechtsfrage zwei einander widersprechende Entscheidungen des (siebenten Senates des) Obersten Gerichtshofes vorliegen (WoBl 1989/57 und 58). Ausgehend davon, daß die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes an einem veräußerten Unternehmen grundsätzlich zulässig sei, erhebe sich die Frage, wann der Übergang der Hauptmietrechte in einem solchen Fall bewirkt sei. Entgegen der in WoBl 1989/57 vom Obersten Gerichtshof vertretenen Auffassung, daß hiefür der Eigentumsübergang maßgeblich sei, sei der in WoBl 1989/58 vertretenen Auffassung, daß es hiebei auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Übergabe und nicht auf den Eigentumsübergang ankommt, der Vorzug zu geben. Beim Eigentumsvorbehalt sei die tatsächliche Übergabe bereits erfolgt, während nach dem übereinstimmenden Parteiwillen Eigentum erst nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung übergehen solle. Der Übergang der Hauptmietrechte nach § 12 Abs 3 MRG vollziehe sich jedoch unabhängig von einem allenfalls anderslautenden Parteiwillen ex lege. Der Mieter könne sich bei Veräußerung des Unternehmens die Mietrechte daher nicht vorbehalten (MietSlg 39.287), dies auch nicht im Rahmen eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes. Es entstünde nämlich nicht nur eine Situation, die dem gerade durch § 12 Abs 3 MRG zu verhindernden gespalteten Mietverhältnis ähnlich wäre, sondern es wäre überdies dem Unternehmenserwerber in die Hand gegeben, durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts die Anhebung des Hauptmietzinses für die Dauer des Eigentumsvorbehaltes zu verhindern. Daß es noch zu einer Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäftes kommen könne, spreche nicht dagegen. Sie sei auch im Falle eines Leistungsverzuges nach § 918 ABGB oder infolge Anfechtung wegen Willensmängeln und dergleichen nicht auszuschließen. Auch in solchen Fällen sei die Rückübertragung der Mietrechte nicht von der Zustimmung des Vermieters abhängig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Parteien ist nicht gerechtfertigt.

Schon der erste Senat des Obersten Gerichtshofes hat in der Entscheidung vom 18.9.1991, 1 Ob 685/90 (= SZ 64/127 = RdW 1992, 109 = ecolex 1992, 17) die in der zweiten Entscheidung des siebenten Senates (WoBl 1989/58) vertretene Auffassung, daß im Falle des Unternehmenserwerbes mit Eigentumsvorbehalt des Übergebers der Erwerber bereits mit dem vereinbarten Übergabstermin, mangels eines solchen mit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gemäß § 12 Abs 3 MRG in den Bestandvertrag (des Übergebers) eintritt, mit der Begründung übernommen, daß für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 MRG auf das auf endgültige Änderung der sachenrechtlichen Zuständigkeit des Unternehmens gerichtete obligatorische Veräußerungsgeschäft, verbunden mit der Fortführung des Unternehmens, somit den Eintritt des Übernehmers in die Betriebsführung, und nicht auf den Eigentumserwerb an den Unternehmensbestandteilen abzustellen sei. Vom wirtschaftlichen Standpunkt des Erwerbers sei damit der angestrebte Zweck erreicht; dem Eigentumserwerb am Unternehmen selbst komme demgegenüber nur sekundäre Bedeutung zu.

Der erkennende Senat tritt dieser und somit auch der in der Entscheidung WoBl 1989/58 vom siebenten Senat vertretenen Auffassung bei. Für dieses Ergebnis bedeutet auch die mit den Rechts(folge)wirkungen des Eigentumsvorbehalts verbundene Möglichkeit der Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäftes kein Hindernis, weil auch ohne einen solchen Eigentumsvorbehalt eine Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäftes etwa wegen Leistungsverzuges oder infolge Anfechtung wegen Willensmängeln udgl nicht ausgeschlossen werden kann und daher in diesen Fällen der zweimalige Mietrechtsübergang (MietSlg 39.287) vom Vermieter in Kauf genommen werden muß (Würth in WoBl 1989, 118 f). Der Eintritt des Erwerbers in das Bestandverhältnis erfolgt kraft Gesetzes (§ 12 Abs 3 MRG in der anzuwendenden Fassung), sodaß dem im vorliegenden Kaufvertrag enthaltenen Mietrechtsvorbehalt der Erstbeklagten keine - die Kläger als Vermieter belastende - Bedeutung zukommt (WoBl 1989/58).

Aus den dargelegten Erwägungen bleibt die Revision der beklagten Parteien ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

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