OGH 7Ob2099/96v

OGH7Ob2099/96v26.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Klaus T*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma S***** Gesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei Erika E*****, vertreten durch Dr.Dieter Klien, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Rechtsunwirksamkeit eines Vertrages und S 1,742.344,60 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. November 1995, GZ 1 R 1014/95-15, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 15. April 1995, GZ 10 Cg 1/95-8, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagte verkaufte am 21.4.1994 ihre mit Wohnungseigentum verbundenen 815/15.292-Anteile an der Liegenschaft EZ 3925 Grundbuch

92.102 Altenstadt um S 1,7 Mill. an die nunmehrige Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 29.9.1994 der Konkurs eröffnet wurde. Nach dem Inhalt des Kaufvertrages waren die Liegenschaftsanteile mit einem (Simultan-)Pfandrecht zugunsten der Raiffeisenbank F***** im Höchstbetrag von S 9,100.000,-- (als Nebeneinlage) belastet, das per 28.2.1994 mit einem Betrag von S 1,7 Mill. aushaftete. Gemäß Punkt 3. des Kaufvertrages sollte die Gemeinschuldnerin dieses Pfandrecht ohne Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen. Der Kaufpreis sollte durch Kompensation mit einer der Beklagten gegen die Gemeinschuldnerin zustehenden Forderung von S 1,609.556,50 erfolgen; über den Restbetrag sollte die Beklagte eine Gutschrift erhalten.

Der Kläger begehrte 1., daß der zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten am 21.4.1994 geschlossene Kaufvertrag den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam erklärt werde, und 2., daß die Beklagte zur Zahlung von S 1,742.344,60 sA (Kaufpreis, Vertragskosten und Eintragungsgebühr) verpflichtet werde. Der Kaufvertrag unterliege der Anfechtung nach den §§ 27 ff KO. Die Anfechtung sei befriedigungstauglich.

Die beklagte Partei bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht entschied mit Teil- und Zwischenurteil 1., daß der zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten abgeschlossene Kaufvertrag gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam sei, und 2., daß das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe, wobei es das Vorliegen des Anfechtungstatbestandes im Sinn des § 31 Abs.1 Z 1 und 2, jeweils zweiter Fall, KO bejahte.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Berufung.

Der Kläger bekämpfte Punkt 1. des Spruches, und zwar deshalb, weil das Erstgericht zum Ergebnis hätte kommen müssen, daß auch die Anfechtungstatbestände der §§ 28 und 29 KO erfüllt seien.

In der mündlichen Berufungsverhandlung am 7.11.1995 verkündete der Vorsitzende den in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß auf Zurückweisung der Berufung des Klägers als unzulässig. Nach dem daran anschließenden Vortrag der Berufung der Beklagten und der hierzu erstatteten Berufungsbeantwortung des Klägers vereinbarten die Parteien Ruhen des Verfahrens.

Die schriftliche Ausfertigung des in der mündlichen Berufungsverhandlung verkündeten Beschlusses auf Zurückweisung der Berufung des Klägers wurde den Parteien am 21.11.1995 zugestellt. Das Gericht zweiter Instanz sprach darin aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs.1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig sei. Die Entscheidung über die Berufung der Beklagten wurde vorbehalten. Die Zurückweisung der Berufung des Klägers wurde damit begründet, daß das angefochtene Teilurteil Punkt 1. der erstgerichtlichen Entscheidung inhaltsgleich mit dem diesbezüglichen Begehren des Klägers sei; dem Kläger fehle daher die Beschwer.

Der am 5.12.1995 überreichte Rekurs des Klägers gegen den Zurückweisungsbeschluß wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 21.2.1996 zurückgewiesen, weil die Rekursfrist nicht bereits vor dem Eintritt des Ruhens begonnen habe und die Prozeßhandlung daher infolge der Ruhenswirkungen unwirksam sei.

Am 28.2.1996 gab der Kläger einen Antrag auf Fortsetzung des ruhenden Berufungsverfahrens zur Post, der am 1.3.1996 beim Berufungsgericht einlangte.

Am 25.3.1996 wurde den Parteien die zitierte zurückweisende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zugestellt.

Am 26.3.1996 überreichte der Kläger beim Erstgericht (neuerlich) einen Rekurs gegen den seine Berufung zurückweisenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist die Frage der Rechtzeitigkeit dieses - gemäß § 519 Abs.1 Z 1 ZPO grundsätzlich zulässigen - Rekurses zu prüfen.

Die Frist für das Rechtsmittel betrug gemäß § 521 Abs.1 ZPO 14 Tage und nicht, wie im Rekurs behauptet wird, vier Wochen, weil das Rekursverfahren mangels Vorliegens einer der im § 521a ZPO angeführten Fälle nicht zweiseitig ist.

Gemäß § 169 ZPO dauert das Ruhen des Verfahrens solange, bis von einer der Parteien die Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung oder, wenn das Verfahren während des Laufes einer Frist zur Vornahme einer Prozeßhandlung eingestellt wurde, die neuerliche Bestimmung einer Frist für diese Prozeßhandlung beantragt wird.

Im vorliegenden Fall erklärten die Parteien nach der Ruhensvereinbarung, daß sie für den Fall eines Fortsetzungsantrages auf die neuerliche Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichten und daß sie mit der Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung einverstanden seien. Dementsprechend lautete der am 1.3.1996 beim Berufungsgericht eingelangte Fortsetzungsantrag dahin, das ruhende Berufungsverfahren wieder aufzunehmen und über die eingebrachten Berufungen "meritorisch" zu entscheiden.

Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß sinngemäß ein dem § 169 ZPO entsprechender, der im Gesetz nicht vorgesehenen Vorgangsweise des Berufungsgerichtes gerecht werdender Antrag vorlag, der das Ruhen des Verfahrens beendete. Mit dem Einlangen dieses Antrages bei Gericht wurde die der Verfahrensunterbrechung gleichgestellte Wirkung des Ruhens des Verfahrens beseitigt.

Die Rechtsmittelfrist zur Erhebung des Rekurses gegen den zurückweisenden Beschluß des Berufungsgerichtes begann damit aber noch nicht zu laufen. Grundsätzlich sind alle vom Prozeßgericht erst nach Eintritt des Ruhens (bzw. der Unterbrechung) vorgenommenen Gerichtshandlungen unzulässig, es sei denn, sie trügen bloß dem durch die Unterbrechung bzw. durch das Ruhen des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung oder es läge der Ausnahmetatbestand des § 163 Abs.3 ZPO vor. Dies war jedoch hier nicht der Fall. Da der zurückweisende Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz nicht aufgrund der mündlichen Verhandlung, in der Ruhen vereinbart wurde, zu fällen war, sondern bereits vorher in nichtöffentlicher Sitzung gefällt worden war und in dieser Verhandlung nur verkündet wurde, war die Zustellung des zurückweisenden Beschlusses an die Parteien während des ruhenden Verfahrens unzulässig und daher unwirksam. Die Rechtsmittelfrist gegen diesen Beschluß konnte daher mangels wirksamer Zustellung noch nicht abgelaufen sein.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, entspricht Punkt 1. des Spruches des Erstgerichtes vollinhaltlich dem Begehren des Klägers auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Kaufvertrages. Das Erstgericht hat damit über diesen einen der beiden Ansprüche des Klägers abschließend durch Teilurteil (§ 391 ZPO) entschieden.

Nach ständiger Rechtsprechung kann allein aus den Gründen einer Entscheidung eine Beschwer nicht abgeleitet werden (SZ 21/2; JBl 1953, 98 uva; zuletzt etwa 8 Ob 22/94; 4 Ob 550/95). Nur bei Aufhebungsbeschlüssen (JBl 1954, 359 ua) und unter Umständen bei Zwischenurteilen über den Grund des Anspruches (EvBl 1964/229; VR 1990, 95), kann eine Partei nicht nur durch den Spruch, sondern auch durch die Entscheidungsgründe beschwert sein.

Im Gegensatz zu der vom Kläger vertretenen Ansicht entfaltet das über Punkt 1. des Klagebegehrens ergangene Teilurteil keine Bindungswirkung dahin, daß bei der Entscheidung über das Leistungsbegehren zwingend nur vom Vorliegen des Anfechtungstatbestandes des § 31 Abs.1 Z 1 und 2 jeweils zweiter Fall KO und nicht auch vom Vorliegen anderer Anfechtungstatbestände ausgegangen werden müßte. Der Spruch des Teilurteiles trifft ja keine negative Feststellung dahin, daß der eine oder andere Anfechtungstatbestand nicht vorliege.

Da sich die Berufung ausdrücklich nur gegen Punkt 1. des erstgerichtlichen Urteiles, demnach gegen das den diesbezüglichen Anspruch des Klägers abschließend erledigende Teilurteil richtet, wurde sie zutreffend vom Gericht zweiter Instanz mangels Beschwer zurückgewiesen.

Gemäß den §§ 40 und 50 ZPO hat der Kläger die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte