OGH 3Ob2147/96y

OGH3Ob2147/96y12.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K***** GmbH Nfg KG, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in Graz, wider die verpflichtete Partei Otwin F*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Tögl und Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 21. Dezember 1995, GZ 8 Ra 120, 130,131/95-30, womit die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. Juli 1995, GZ 35 Ca 100/95-13, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird im Punkt A 2 dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß in dessen Punkt 3

1. es im Absatz 2 statt "wird gepfändet" wird mit den Beschränkungen gepfändet, die sich aus den Tabellen der jeweils geltenden Existenzminimumverordnung ergeben," zu lauten hat;

2. nach dem zweiten Absatz folgende Sätze eingefügt werden:

"Dem Drittschuldner wird verboten, den gepfändeten Bezug an den Verpflichteten auszuzahlen. Diesem wird jede Verfügung über den gepfändeten Bezug und besonders seine gänzliche oder teilweise Einziehung untersagt und es wird ihm aufgetragen, unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unerhaltspflichten und der Einkommen der Unterhaltspflichtigen bekanntzugeben. Mit der Zustellung dieses Zahlungsverbots an den Drittschuldner ist die bewilligte Pfändung als bewirkt anzusehen und zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei ein Pfandrecht erworben."

Der Verpflichtete hat die Kosten seines Rekurses ON 20 selbst zu tragen.

Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs werden mit S 21.375 (darin S 3.562,50 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Dem Verpflichteten wurde mit der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes vom 30.5.1995 aufgetragen, längstens bis 31.3.1996 im Bereich Handel mit Qualitätsstählen das Betreiben eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens und den Abschluß von Geschäften für eigene oder fremde Rechnung, insbesondere für Rechnung eines näher bezeichneten Unternehmens mit dem Sitz in Graz, zu unterlassen.

Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung beantragte die betreibende Partei, ihr zur Erwirkung der Unterlassung aller Handlungen, durch die der Verpflichtete der einstweiligen Verfügung zuwiderhandeln würde, die Exekution zu bewilligen und über den Verpflichteten eine Geldstrafe von S 50.000 zu verhängen. Ferner beantragte sie, ihr zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Forderung des Verpflichteten auf Bezahlung von Arbeitseinkommen und die Fahrnisexekution zu bewilligen. Sie brachte dazu vor, daß der Verpflichtete am 4.7.1995 einem Arbeitnehmer eines Unternehmens mit dem Sitz in der Steiermark ein Anbot auf Lieferung von Qualitätsstahl unterbreitet habe.

Das Erstgericht bewilligte die beantragten Exekutionen, wobei es die Kosten des Exekutionsantrags mit S 10.729,14 bestimmte und die Entscheidung über die Verhängung der Geldstrafe dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz als Exekutionsgericht vorbehielt.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Verpflichteten den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß "der Antrag auf Bewilligung der Exekution" abgewiesen wird. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und, ohne dies näher zu begründen, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch die einstweilige Verfügung sei dem Verpflichteten bloß der Abschluß von Geschäften beim Handel mit Qualitätsstahl verboten. Die betreibende Partei habe im Exekutionsantrag jedoch nur vorgebracht, daß der Verpflichtete ein Anbot auf Lieferung von Qualitätsstahl gestellt habe, und damit eine Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verfügung nicht behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist zulässig. Wenngleich die Beurteilung des Parteienvorbringens im allgemeinen wegen der über den Anlaßfall nicht hinausgehenden Bedeutung keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO bildet (vgl RZ 1994/45 ua), ist hier die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Interesse der Rechtssicherheit geboten. Der Zulässigkeit des Revisionsrekurses steht auch nicht entgegen, daß die Zeit, während der der Verpflichtete das verbotene Verhalten zu unterlassen hat, bereits abgelaufen ist und daher eine Beugung seines Willens für die Zukunft nicht mehr in Betracht kommt. Wie der erkennende Senat schon mehrfach ausgesprochen hat (SZ 66/74; 3 Ob 8/94; 3 Ob 168/94; 3 Ob 13/95), ist im Zuge der Exekution zur Erwirkung einer Unterlassung der Vollzug (und somit auch die Verhängung) einer Strafe nämlich nicht nur notwendig, um den Willen des Verpflichteten für einen dem Vollzug oder der Verhängung folgenden Zeitraum zu beugen, sondern auch, um der gesetzlichen Strafdrohung in rückschauender Betrachtung Gewicht zu verschaffen und damit für den vor der Verhängung der Strafe liegenden Zeitraum ein Zuwiderhandeln gegen das Unterlassungsgebot zu verhindern; insofern kommt einer solchen Strafe auch ein repressiver Charakter zu. Die betreibende Partei ist daher durch die Abweisung des Exekutionsantrages noch beschwert, weshalb ihr Rechtsschutzinteresse nicht deshalb weggefallen ist, weil der Verpflichtete nunmehr der einstweiligen Verfügung nicht mehr zuwiderhandeln kann.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die betreibende Partei macht im Revisionsrekurs mit Recht geltend, daß das Verbot, einen Vertrag abzuschließen, das Verbot einschließt, ein Angebot zum Abschluß des Vertrages zu stellen. Gemäß § 861 ABGB kommt nämlich ein zweiseitiges Rechtsgeschäft dadurch zustande, daß ein Teil etwas anbietet und der andere das Angebot annimmt. Für den anbietenden Teil besteht die zum Abschluß des Vertrages führende Handlung nur in der Erklärung des Angebots; diese Erklärung bildet also die Abschlußhandlung. Würde man der Ansicht des Rekursgerichtes folgen, so würde der Abschluß von Verträgen in Form von Angebot und Annahme des Angebots nicht unter das in der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verbot fallen. Dies wäre aber nicht sachgerecht, zumal, worauf die betreibende Partei im Revisionsrekurs zutreffend hinweist, der Anbietende gemäß § 862 ABGB bis zum Ablauf der Annahmefrist an das Angebot gebunden ist und auf dessen Annahme keinen Einfluß mehr hat. Keine Bedeutung hat es für die Bewilligung der Exekution, daß nach dem Vorbringen im Exekutionsantrag das vom Verpflichteten angebotene Geschäft nicht zustandekam, weil die betreibende Partei nach Herabsetzung der Preise das Geschäft abschließen konnte. Da dies nicht dem Verpflichteten zuzurechnen ist, ändert es an der Verbotswidrigkeit seines Verhaltens nichts.

Die betreibende Partei hat demnach im Exekutionsantrag schlüssig ein Zuwiderhandeln gegen die den Exekutionstitel bildende einstweilige Verfügung behauptet, die sich nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung ereignet hat. Dies rechtfertigt aber die Bewilligung der beantragten Exekution zur Erwirkung der in der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung, weshalb der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen war. Soweit damit die Forderungsexekution bewilligt wurde, hat dieser Beschluß allerdings nicht den nach § 294 Abs 1 und 2 EO erforderlichen Inhalt, weil er kein Zahlungsverbot an den Drittschuldner und auch kein Verfügungsverbot an den Verpflichteten und auch nicht die Mitteilung über den Erwerb des Pfandes durch die betreibende Partei und dem Auftrag der Bekanntgabe der Unterhaltspflichtigen enthielt. Da diese Aussprüche von der betreibenden Partei beantragt wurden und überdies von Amts wegen in den Bewilligungsbeschluß aufzunehmen sind (vgl JUS Z 1996/1991), war der Beschluß des Erstgerichtes über die Bewilligung der Forderungsexekution entsprechend zu ergänzen. Überdies war in der im § 292 f letzter Satz EO vorgesehenen Form darauf Bedacht zu nehmen, daß die den Gegenstand der Exekution bildende Forderung gemäß § 290 a EO nur beschränkt pfändbar ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses des Verpflichteten beruht auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO, jener über die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei auf § 74 EO. Eine Verbindungsgebühr steht für den Revisionsrekurs nicht zu, weil sie in der - hier zufolge Art VIII Abs 4 EONov 1995 noch anzuwendenden - Anmerkung 1 zu TP 3 RAT nur für Exekutionsanträge und nicht auch für Rechtsmittel vorgesehen ist.

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