OGH 9ObA105/95

OGH9ObA105/9515.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Rupert Dollinger und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Jürgen L*****, Gärtner, ***** vertreten durch Dr.Andreas Löw und Dr.Ingo Riß, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Gustav H*****, Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Alfred Mohr, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 92.958,30 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.März 1995, GZ 31 Ra 189/94-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29.August 1994, GZ 8 Cga 68/94s-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Arbeitsrechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt aus dem vom 17.3.1986 bis 26.12.1993 bestandenen Arbeitsverhältnis als Gärtner infolge einer Dienstgeberkündigung aufgrund erforderlichen Personalabbaues die ihm zustehende Abfertigung in Höhe von S 92.958,30 brutto. Auf die Abfertigung habe er niemals verzichtet.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebehrens, weil die Auflösung des Dienstverhältnisses einvernehmlich erfolgt sei, dem Kläger Wiedereinstellung per 14.3.1994 zugesagt worden sei und der Kläger auf die Auszahlung der Abfertigung verzichtet habe. Er habe den Dienst zum vereinbarten Termin nicht antreten wollen, damit den endgültigen Auflösungswillen zum Ausdruck gebracht und daher keinen Anspruch auf Abfertigung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Kläger begann sein Dienstverhältnis etwa im Jahr 1983. Nach rund zweijähriger Dauer wurde er im Winter 1985/86 "ausgesetzt". Es wurde vereinbart, daß er drei Monate "Stempeln gehen" solle. Am 17.3.1986 nahm er sein "Dienstverhältnis" wieder auf. Abfertigung erhielt er nicht. Im Winter 1993/94 bestand infolge der nicht entsprechenden Auftragslage über die Wintermonate keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger. Der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers regte im November 1993 an, daß der Kläger seinen Urlaub konsumieren und in weiterer Folge "Stempeln gehen" solle. Wenn Arbeit vorhanden wäre, würde der Kläger weiterbeschäftigt. Der Kläger trat am 15.11.1993 seinen Urlaub an, hatte am 16.11.1993 ein Vorstellungsgespräch bei einem anderen Unternehmen und vereinbarte den Beginn des neuen Dienstverhältnisses mit 1.3.1994. Trotz dieser verbindlichen Zusage über das mit 1.3.1994 beginnende Dienstverhältnis kontaktierte der Kläger mehrmals den Geschäftsführer der Beklagten. Der Kläger war an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses zur Beklagten bemüht, er war mit der Arbeitsstelle sehr zufrieden und drang aus diesem Grunde auf eine Wieder- und Weiterbeschäftigung. Der Geschäftsführer war jedoch kurz angebunden und erklärte ihm lediglich, daß, wenn wieder Arbeit vorhanden wäre, der Kläger beginnen könne. Der Geschäftsführer und der Vorgesetzte des Klägers verstanden darunter keine Bedingung mit fraglichem Eintritt, sondern den temporären Zeitpunkt, an dem der Kläger wieder seine Arbeit aufnehmen könne. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß der Kläger beginnen könne, "sobald wieder Arbeit da ist". Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß dem Kläger in diesem Zusammenhang gesagt wurde, "daß es im Frühjahr weitergehe". Die Frage der Abfertigung wurde in den persönlichen Gesprächen nicht angeschnitten. Die Absicht des Geschäftsführers war, den Kläger über die auftragsmäßig schlechten Wintermonate "auszusetzen". Eine tatsächliche Beendigung des Dienstverhältnisses wurde nicht angestrebt. Der Kläger wurde mit 26.12.1993 von der Wiener Gebietskrankenkasse abgemeldet und als Beendigungsgrund "Dienstgeberkündigung" angegeben. Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 23.12.1993 die Abrechnung für Dezember 1993, die Arbeitsbescheinigung für die Arbeitslosenversicherung sowie die Lohnsteuerkarte.

Mit Schreiben vom 2.1.1994 urgierte der Kläger die Bezahlung der Abfertigung. Daraufhin wurde dem Kläger mitgeteilt, daß die Wiederaufnahme seines Dienstverhältnisses für Saisonbeginn (März/April 1994) vorgesehen ist. Wörtlich ist festgehalten: "Aus diesem Grund wurde keine Abfertigung bezahlt, da der Anspruch darauf erhalten bleibt". Daraufhin teilte der Kläger mit, daß er die "Kündigung durch den Dienstgeber" für endgültig gehalten habe und ihm eine Wiederaufnahme nicht zugesagt worden sei. Inzwischen sei er vom Arbeitsamt vermittelt worden und könne daher das Dienstverhältnis nicht wieder aufnehmen. Ohne auf den Inhalt dieses Schreibens einzugehen, legte die Beklagte den Beginn des Dienstverhältnisses mit 14.3.1994 fest. Der Kläger ging ein Arbeitsverhältnis vom 3.1. bis 5.1.1994 bei einem anderen Unternehmen ein, das aber nicht seinen Vorstellungen entsprach. Im Jänner/Februar 1994 gab es Gespräche zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger. Es wurde erörtert, ob dem Kläger die arbeitsrechtliche Situation klar sei. Der Kläger fragte, ob die Beklagte für ihn genug Arbeit hätte. Der Geschäftsführer erwähnte, daß ein Auftrag zu beenden sei, dann würde man weiter sehen. Der Kläger war durch dieses Gespräch eher beunruhigt, weil der Geschäftsführer damit nur ein Arbeitsprojekt angekündigt hatte. Der Kläger hegte die Befürchtung, daß er, wenn weiter keine Arbeit vorhanden wäre, in der Saison gekündigt werden könnte und dann keinen Arbeitsplatz mehr bekomme. Am 1.3.1994 nahm der Kläger die Arbeit bei dem anderen Unternehmen auf. Mit Schreiben vom 7.3.1994 wurde der Kläger von der Beklagten aufgefordert, sein Arbeitsverhältnis am 14.3.1994 um 7.00 Uhr wieder aufzunehmen. Der Kläger kam am 14.3.1994 nicht zur Arbeit bei der Beklagten. Abfertigung wurde dem Kläger nicht ausbezahlt.

Rechtlich kam das Erstgericht zur Ansicht, daß ein echter Aussetzungsvertrag (= Karenzierung) zustandegekommen sei. Mangels eines Beendigungswillens des Arbeitgebers sei kein Fall vorgelegen, in dem die Abfertigung zur Auszahlung zu bringen gewesen wäre. Das Nichterscheinen des Klägers zum Zeitpunkt der vorgesehenen Wiederaufnahme der Arbeit sei als vorzeitiger Austritt zu werten, der den Abfertigungsanspruch vernichtete.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes über das Vorliegen einer echten Aussetzungsvereinbarung und einer Wiedereinstellungszusage. Das Nichterscheinen zum Wiederantrittstermin in Verletzung der Wiedereinstellungsvereinbarung habe den Verlust des Abfertigungsanspruches herbeigeführt, wobei es nicht darauf ankomme, ob ein unberechtigter vorzeitiger Austritt oder eine Dienstnehmerkündigung angenommen werde.

Gegen dieses Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei stellt den Antrag, die Revision wegen Verspätung zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die rechtzeitige Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt eine bloße Karenzierung (= Aussetzung) des Arbeitsverhältnisses unter vorübergehender Sistierung seiner Hauptpflichten, nämlich der Arbeits- und der Entgeltpflicht, keine Beendigung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses (SZ 62/46 mwN, Arb 10.738, 10.772, 10.943, 11.074, 9 Ob A 27/95 ua).

Im vorliegenden Fall gingen die Vorinstanzen von einer solchen echten Aussetzungsvereinbarung aus, deren Vorliegen der Kläger in seinem Rechtsmittel bestreitet.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 9 ObA 27/95 = WBl 1995, 461 = ecolex

1995, 658 = ZAS 1996/9 [Runggaldier]; 8 ObA 300, 301/95 und 8 ObA

306/95 die Ansicht vertreten, daß § 9 Abs 6 und 7 AlVG in der Fassung BGBl 1991/682 für alle Fälle von saisonalen Unterbrechungen von Arbeitsverhältnissen, sei es in Form einer echten oder unechten Unterbrechung (= Aussetzungsvereinbarung = Karenzierung), unabhängig ihrer Bezeichnung durch die Parteien anwendbar ist, weil der Gesetzgeber diese Fälle undifferenziert als arbeitsvertragsrechtliche Unterbrechung ansieht, die insgesamt saisonale Beschäftigungslosigkeit zur Folge habe. Nur damit sei im Sinne des Gleichheitssatzes eine Gleichbehandlung aller bei saisonalen Schwankungen mit Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmer gewährleistet, weil es bei gleicher Ausgangslage nicht vom Formulierungs- geschick der Arbeitsvertragspartner abhängig sein könne, eine Karenzierung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses mit den damit verbundenen unterschiedlichen Rechtsfolgen bei grundsätzlich verschiedenartig gestaltbaren Rechtsverhältnissen anzunehmen.

Mit beachtlichen von den genannten Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshofes nicht berücksichtigten Argumenten haben Runggaldier (ZAS 1996/9) und Brodil (Aussetzungsvereinbarungen aus arbeits- und sozialrechtlicher Sicht, ZAS 1996, 37) aber auch, wenn auch teilweise zustimmend Pfeil (DRdA 1996/10) Bedenken gegen diese Entscheidung angemeldet. Vor allem wird eingewendet, daß die Auslegung dieser Spezialvorschriften durch den Obersten Gerichtshof im Rahmen der Arbeitslosenversicherung nicht nur dem Wortlaut des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG, sondern auch dem Zweck und der Systematik der gesetzlichen Regelung widerspricht. Auch im Bestreben, eine gewisse Einheit der Rechtsordnung im Rahmen der Rechtsanwendung zu verwirklichen, darf nicht übersehen werden, daß § 9 Abs 5 bis 7 AlVG die Antwort des Gesetzgebers darauf war, daß die Kosten saisonaler Schwankungen durch geschicktes Vorgehen der Arbeitsvertragsparteien, deren Vereinbarungen regelmäßig im Hinblick auf die Erlangung von Arbeitslosengeld getroffen wurden (Pfeil aaO 138), zunehmend auf die Arbeitsmarktverwaltung überwälzt wurden. Bei Etikettierung der Freisetzungsvereinbarung als Unterbrechung ("Beendigung durch Arbeitgeberkündigung") und der gleichzeitigen Vereinbarung der Wiedereinstellung konnte eine Vermittlung mangels Zumutbarkeit einer anderweitigen Stellenannahme nicht mehr erfolgen (VwSlg 10.520 = DRdA 1982, 221). Derart freigesetzte Arbeitnehmer waren somit aus Sicht des Arbeitgebers und der Abwälzung seines Kostenrisikos "bis auf Abruf sicher im Schoße der Arbeitslosenversicherung" verwahrt. Dies war der sozialversicherungsrechtliche Hintergrund für die Schaffung des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG. Die drückende Finanzierungslast der Kosten saisonaler Schwankungen, die sonst zum typischen Risikobereich des Arbeitgebers zählen (Csebrenyak/Geppert/Maßl/Rabofsky, ABGB und Arbeitsvertragsrecht, 222; Arb 10.244) sollte durch uneingeschränkte Vermittelbarkeit auch solcher Arbeitnehmer durch das Arbeitsmarktservice, die eine Wiedereinstellungsvereinbarung oder -zusage haben, gelindert werden (Brodil aaO 40). Zweck der gesetzlichen nicht ganz systemkonformen Regelung ist somit die Schaffung von Spezialnormen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung, wobei arbeitsvertraglich unerwünschte Konsequenzen in den Absätzen 6 und 7 leg cit vermieden werden sollten (Brodil aaO 42, 43). Demgemäß wurden wohl arbeitsrechtliche Normen geschaffen, die aber nicht losgelöst vom sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund gesehen werden dürfen. Der Arbeitnehmer sollte von Schadenersatzfolgen aus der Nichtzuhaltung einer Wiedereinstellungszusage als verbindliche Vereinbarung zwischen dem früheren Arbeitgeber und dem Arbeitslosen, auf Grund derer dieser verpflichtet ist, seine Beschäftigung zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder aufzunehmen (ZfVB 1994/1370) oder einer Wiedereinstellungsvereinbarung ausgenommen werden. Seine Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis sollten dennoch gewahrt bleiben, dies aber nur vor dem Hintergrund des eindeutigen Zusammenhanges mit der Arbeitslosenversicherung, weil der Arbeitnehmer im Rahmen der "Beendigung" des Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung gestellt hat. Solche Ansprüche stehen aber mit dem Regelungszweck des § 12 AlVG und dem Grundkonzept des Gesetzes im Zusammenhang, wonach nur jene Einkommensverluste ausgeglichen werden sollen, die auf den Verlust des Arbeitsplatzes (im Sinne einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses) zurückzuführen sind. Die Versicherungspflicht ist nämlich eine Funktion des Vorliegens eines abhängigen Arbeitsverhältnisses (VwSlg 11.600[A]; JBl 1993, 470 [Mayer-Maly], VwGH vom 21.3.1995, 93/08/0126). Der Verlust des Arbeitsplatzes ist aber mit einer Beendigung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses verbunden. Nur dadurch ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das erste Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs 1 AlVG erfüllt (JBl 1993, 470). Bei bloßer Aussetzung - also Karenzierung - ohne echte Beendigung ist der Tatbestand der Arbeitslosigkeit nicht erfüllt, weil der Arbeitnehmer der Arbeitsmarktverwaltung nicht wirklich zur Verfügung steht. In diesem Fall fehlt auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Runggaldier aaO 68; Brodil aaO 42; RdW 1993, 112). Aus den Formulierungen "Wiedereinstellungszusage" bzw "Wiedereinstellungsvereinbarung", "früherer Arbeitgeber", "Arbeitsloser", "Beendigung", "beendetes Arbeitsverhältnis" im Wortlaut der Bestimmung des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG ergibt sich, daß mit all diesen Begriffen der Karenzierung, die ein aufrechtes Arbeitsverhältnis zwingend voraussetzt, unvereinbar ist (Runggaldier aaO 67; Brodil aaO 42; Pfeil aaO, 138). Nur der Antritt einer neuen vermittelten Beschäftigung bei Bestehen einer Wiedereinstellungsvereinbarung oder einer Wiedereinstellungszusage wird als gerechtfertigter anspruchswahrender Rücktrittsgrund angesehen, wird aber nicht auch als Austrittsgrund angeführt (Andexlinger, Arbeitsrechtliches im AlVG, RdW 1992, 117). Bei Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG auch auf Aussetzungsvereinbarungen mit dem dabei aufrechten Arbeitsverhältnis hätte jedoch auch diese Frage geregelt werden müssen, weil der Antritt einer neuen Beschäftigung in diesem Fall sonst als nicht gerechtfertigter Austritt zu werten ist.

Ob die Parteien eine Unterbrechung oder Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, wird zwar auch vom Formulierungsgeschick der Vertragsparteien abhängen, aber in erster Linie aus dem nach § 914 ff ABGB unter Erforschung der wahren Parteienabsicht zu ermittelnden Inhalt einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien abgeschlossenen Vereinbarung zu beurteilen sein (WBl 1995, 461; VwGH 92/08/047; 93/08/0126).

Entscheidend wird sein, ob auf Grund einer Gesamtbeurteilung die Elemente, die für das Vorliegen einer Wiedereinstellungsvereinbarung sprechen, gegenüber den Elementen, die auf das Vorliegen einer Aussetzungsvereinbarung hindeuten, überwiegen. Insbesondere die Nichtauszahlung einer Abfertigung wird nicht immer für eine Karenzierung sprechen, da gerade bei saisonalen Arbeitsverhältnissen wegen der regelmäßigen Unterbrechungen ein Abfertigungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Nichterreichung der Dreijahresfrist des § 23 Abs 1 AngG häufig gar nicht bestehen dürfte (Runggaldier aaO 67). Die getroffene Abrede könnte sogar sittenwidrig sein, wenn im Falle einer bloßen Sistierung sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer dadurch gröblichst benachteiligt würde, wenn insbesondere die Wiederaufnahme der Arbeit von einem aufschiebenden unangemessen langen ungewissen allenfalls sogar im Belieben des Arbeitgebers stehenden Ereignis abhängen würde (Floretta/Spielbüchler/ Strasser, ArbR3 I, 103; Mayer-Maly/ Marhold, Österr.Arbeitsrecht I, 67; VwGH 92/08/0047). Ergibt die Erforschung des Parteiwillens keinen eindeutigen Sinn, so wird die Absicht, den Arbeitnehmer mit dessen Einverständnis "stempeln" zu schicken, in Verbindung mit der Bestätigung einer Dienstgeberkündigung wohl nach der Übung des redlichen Verkehrs auf eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses hindeuten, weil die durch das "Stempelngehen" geäußerte Absicht der Inspruchnahme von Arbeitslosengeld die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt und nicht anzunehmen ist, daß die Arbeitsvertragsparteien sich wegen Errichtung oder Verwendung einer "Lugurkunde" im Sinne des § 293 StGB strafbar und gemäß § 25 AlVG regreßpflichtig machen wollten. Die Herstellung einer echten Urkunde wie der Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse mit falschem unwahrem Inhalt, nämlich die Angabe einer Arbeitgeberkündigung bei Vereinbarung einer Karenzierung, könnte die Fälschung eines Beweismittels darstellen (EvBl 1995/21; Brodil, Anmerkungen zum Mutterschutz und "Lugurkunde" ecolex 1995, 821).

Nach der Systematik und dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung sind daher diese Bestimmungen des § 9 Abs 6 und 7 AlVG nicht auf alle Fälle saisonal bedingter (vorübergehender) Beendigungen der Tätigkeit des Arbeitnehmers anzuwenden, sondern nur auf die, die auch mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden sind.

Da aber der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen den arbeitswilligen Arbeitnehmer vor Ansprüchen des ehemaligen Arbeitgebers aus der Nichterfüllung von Wiedereinstellungszusagen oder -Vereinbarungen erkennbar schützen und seine Ansprüche aus dem früheren Arbeitsverhältnis erhalten wollte, ist zu schließen, daß Unklarheiten hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der seinerzeitigen Beendigung der Tätigkeit, die in der Regel über Initiative des Arbeitgebers herbeigeführt wird, um saisonale Engpässe zu überwinden, sich nicht nachteilig auf den Arbeitnehmer auswirken dürfen. Im Falle der nicht eindeutigen Klärung des Parteiwillens bei Abschluß der die vorübergehende Beendigung der Tätigkeit des Arbeitnehmers betreffenden Vereinbarung sind daher dann auch die zwischen dem Arbeitslosen und seinem bisherigen Arbeitgeber angeordneten Rechtsfolgen anzuwenden (Pfeil aaO 139), sodaß dann auch die Beendigung der Tätigkeit in Verbindung mit einer Wiedereinstellungszusage oder Vereinbarung ausreicht.

Im vorliegenden Fall fällt auf, daß sich keine der Parteien auf die von den Vorinstanzen angenommene Karenzierung berufen hat; der Kläger behauptet eine Dienstgeberkündigung, die beklagte Partei eine einvernehmliche Auflösung mit Wiedereinstellungszusage (vgl 9 ObA 85/91 - Verstoß gegen § 405 ZPO). Die nicht widerspruchsfreien Feststellungen erlauben keine eindeutige Zuordnung des Parteienverhaltens als Karenzierung, da viele Aspekte für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprechen: "Soll Urlaub konsumieren und dann stempeln gehen"; "daß es im Frühjahr weitergehen werde"; die Zusage, "daß der Kläger weiterbeschäftigt wird, wenn Arbeit vorhanden wäre"; "kann nicht festgestellt werden, daß der Vorgesetzte dem Kläger ankündigte, daß es im Frühjahr weitergehen werde"; "der Kläger trat am 15.11.1993 Urlaub an"; "am 16.11.1993 hatte er bereits ein Vorstellungsgespräch bei einem neuen Arbeitgeber (Arbeitsverhältnis ab 1.3.1994) vereinbart"; "der Vorgesetzte des Klägers äußerte Bedenken wegen der Weiterführung des Unternehmens"; "der Kläger drängte auf Wieder- und Weiterbeschäftigung"; "es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Geschäftsführer dem Kläger sagte, daß es im Frühjahr weitergehe"; "Intention" des Geschäftsführer der Beklagten war, den Kläger über die auftragsmäßig schlechten Wintermonate "auszusetzen"; "eine tatsächliche Beendigung des Dienstverhältnisses wurde vom Geschäftsführer der Beklagten nicht angestrebt"; "der Geschäftsführer meldete den Kläger mit 26.12.1993 von der Gebietskrankenkasse ab ("Dienstgeberkündigung") und übersandte dem Kläger am 23.12.1993 die Abrechnung, die Arbeitsbescheinigung für Arbeitslosenversicherung und Lohnsteuerkarte"; "mit Schreiben vom 2.1.1994 urgierte der Kläger die Zahlung der Abfertigung".

Das Berufungsgericht spricht undifferenziert von "Wiedereinstellung" bzw "Wiedereinstellungsvereinbarung", was aber eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzen würde. Die Vorinstanzen argumentieren sohin nicht nur widersprüchlich, soweit sie eine echte Karenzierung unterstellen, sondern gehen auch noch über den Rahmen des Parteienvorbringens hinaus.

Im fortzusetzenden Verfahren werden daher vor dem Hintergrund der Rechtsfolgen einer "Lugurkunde" und der Regreßpflicht eindeutige Feststellungen über die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung zu treffen sein. Im Falle einer Karenzierung und dem damit aufrechten Arbeitsverhältnis wäre der Antritt eines neuen Dienstpostens auch über Vermittlung des Arbeitsamtes mit der Weigerung der Wiederaufnahme der Arbeit bei der beklagten Partei nachzukommen, als unberechtigter Austritt zu werten. Lag hingegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden mit einen Wiedereinstellungsvereinbarung oder einer Wiedereinstellungszusage vor, würde durch die Bestimmung des § 9 Abs 6 oder 7 AlVG der Anspruch des Klägers auf Abfertigung gesichert sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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