Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger wurde am 5.2.1988 als Fußgänger von dem von der Erstbeklagten gelenkten, bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW des Zweitbeklagten schwer verletzt. Die drittbeklagte Partei verzichtete auf den Verjährungseinwand bis zum 30.6.1991. Mit der am 24.4.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Zahlung von S 898.740,-- sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle aus dem Verkehrsunfall in Hinkunft entstehenden Schäden sowie für Pflegekosten in der Höhe von S 34.896,--.
Hievon anerkannten die beklagten Parteien der Höhe nach einen Gesamtbetrag von S 549.310,--, dem Grunde nach anerkannten und zahlten sie unter Geltendmachung eines Eigenverschuldens des Klägers von einem Drittel den Betrag von S 371.136,57,--. Weiters anerkannten sie das Feststellungsbegehren im Umfange von zwei Dritteln. Nach entsprechender Einschränkung dehnte der Kläger sein Leistungsbegehren um den Verdienstentgang für die Jahre 1991 bis 1994 von zusammen S 576.142,30 auf S 1,138.867,30 aus. Das (eingeschränkte) Feststellungsbegehren blieb aufrecht.
Der Kläger brachte vor, das Alleinverschulden an den von ihm erlittenen Unfall treffe den Erstbeklagten.
Die Beklagten wendeten ein, daß der Kläger nicht am Fahrbahnrand gegangen sei; das begehrte Schmerzengeld sei überhöht und ein Verdienstentgang nicht verursacht worden, weil der Kläger bereits vor dem Unfall arbeitsunfähig gewesen sei.
Nach etwa 3-jähriger Verfahrensdauer verstarb der Klagevertreter im Juni 1994. Mit Beschluß vom 23.6.1994 stellte das Erstgericht die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 160 ZPO fest. Dieser Beschluß wurde dem Kläger nicht zugestellt. Mit Schriftsatz vom 27.2.1995 beantragte der Kläger die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens. Daraufhin erhoben die beklagten Parteien den Einwand der Verjährung und brachten vor, die Klage sei nicht gehörig fortgesetzt worden, weil das Verfahren nahezu 8 Monate unterbrochen gewesen sei. Der Kläger replizierte darauf mit der Behauptung, sein nunmehriger Vertreter sei im "Verlaßverfahren" seines vorigen Vertreters als mittlerweiliger Stellvertreter bestellt worden. Im Zuge dieser Bestellung habe er mehr als 400 Akten aufzuarbeiten gehabt, so daß der Kläger vom Unterbrechungsbeschluß erstmals im Jänner 1995 informiert worden sei; er habe, nachdem versicherungsrechtliche Fragen und der Verdienstentgang erörtert wurden, seinen nunmehrigen Vertreter mit der Fortsetzung beauftragt und die Vollmacht erteilt.
Das Erstgericht wies das auf Zahlung gerichtete Begehrung wegen Verjährung ab; von einer gehörigen Fortsetzung der Klage könne im Hinblick auf die etwa 8-monatige Untätigkeit des Klägers nach Unterbrechung des Verfahrens nicht gesprochen werden.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob die Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück; der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt.
Das Berufungsgericht führte zur Frage der Verjährung aus, daß diese durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen werde, daß die Klage gehörig fortgesetzt wird. Eine nichtgehörige Fortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB sei dann anzunehmen, wenn der Kläger eine ungewöhnliche Untätigkeit bekunde und dadurch zum Ausdruck bringe, daß ihm an der Erreichung des Prozeßzieles nichts gelegen sei. Das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als 8 Monaten vom Eintritt der Verfahrensunterbrechung bis zur Verfahrensaufnahme durch den vom Kläger bestellten neuen Vertreter sei an sich geeignet, die Unterbrechungswirkung des § 1497 ABGB zu beseitigen. Allerdings habe der Kläger geltend gemacht, daß er erst nach etwa 7 Monaten vom mittlerweiligen Stellvertreter seines verstorbenen Vertreters "vom Unterbrechungsbeschluß" informiert worden sei. Der mittlerweilige Stellvertreter sei erst Anfang August 1994 bestellt worden und habe mehr als 400 Akten aufzuarbeiten gehabt. Bei Richtigkeit dieser Behauptungen des Klägers könnte von einer erheblichen Säumigkeit nicht mehr gesprochen werden. Im Falle einer durch den Tod des Rechtsanwaltes bewirkten Verfahrensunterbrechung könne nämlich gemäß § 160 Abs 2 ZPO auch der Gegner durch entsprechende Antragstellung die Verfahrensfortsetzung bewirken. Die Verzögerung der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sei daher nicht ausschließlich der Sphäre des Klägers, sondern jener beider Streitteile zuzurechnen. Dem mittlerweiligen Stellvertreter des verstorbenen Vertreters des Klägers könnte ohnehin kein Vorwurf gemacht werden, da im Anfall von 400 offenen Rechtsfällen durchaus ein objektiver Grund für eine Verzögerung des erforderlichen Tätigwerdens erblickt werden könnte. Im übrigen trete er nicht in das durch den Tod des Rechtsanwaltes beendete Bevollmächtigungsverhältnis ein, er sei also nicht Vertreter des Klägers und bedürfte, um als solcher angesehen werden zu können, einer gesonderten Vollmacht durch die Partei. Sein Unterlassen könne daher nicht ohne weiteres der Partei selbst zugerechnet werden. Der Kläger wiederum könnte seine eigene Untätigkeit zureichend begründen, wenn er tatsächlich erst nach Ablauf von 7 Monaten vom Tod seines Rechtsanwaltes und damit vom Erfordernis der Namhaftmachung eines anderen Parteienvertreters erfahren hätte. Es wäre daher im Falle der Richtigkeit der vom Kläger dem Verjährungseinwand der beklagten Parteien entgegengesetzten Tatsachenbehauptungen davon auszugehen, daß eine gehörige Fortsetzung des Verfahrens erfolgt sei. Da über diese Fragen das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen habe, sei dessen Entscheidung aufzuheben. Das Erstgericht werde die vom Kläger beantragten Beweise zur Richtigkeit der seine Untätigkeit begründenden Tatsachenbehauptungen aufzunehmen und darüber Feststellungen zu treffen haben.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der gehörigen Fortsetzung des Verfahrens im Sinne des § 1497 ABGB im Fall der objektiv verzögerten Fortsetzung eines durch den Tod des Rechtsanwaltes des Klägers unterbrochenen Verfahrens nicht vorliege.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß die Berufung des Klägers abgewiesen werde; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die klagende Partei hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.
Der Rekurs der beklagten Parteien ist zulässig aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die beklagten Parteien vertreten in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, den Kläger habe mit dem Ableben seines früheren Vertreters die Verpflichtung zur Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes getroffen und zwar unabhängig davon, ob das Verfahren mit Beschluß unterbrochen wurde oder die Unterbrechung ex lege eintrat. Der Unterbrechungsbeschluß sei der Kanzlei des früheren Vertreters des Klägers am 28.6.1994 zugestellt worden. Es habe daher jedenfalls den von der Rechtsanwaltskammer bestellten einstweiligen Vertreter die Verpflichtung getroffen, die Poststücke an den Klienten weiterzuleiten und diesen vom Ableben seines Rechtsanwaltes zu benachrichtigen. Aus der gesetzlichen Verpflichtung des § 34 Abs 3 Z 1 RAO des mittlerweiligen Stellvertreters gegenüber dem Kläger ergebe sich folgerichtig, daß die Unterlassungen des mittlerweiligen Stellvertreters der Partei zuzurechnen seien. Unrichtig sei auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, wonach die Verzögerung der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens nicht ausschließlich der Sphäre des Klägers zuzurechnen sei. Beachtliche Gründe für seine Untätigkeit habe der Kläger weder behauptet noch bewiesen. Der Unterbrechungsbeschluß oder die Kenntnis des Klägers von diesem sei für die Frage der Untätigkeit des Klägers nicht wesentlich, da die Unterbrechung ex lege und auch ohne Unterbrechungsbeschluß eintrete.
Diese Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat, tritt die Unterbrechungswirkung nach § 1497 ABGB nur dann ein, wenn die Klage gehörig fortgesetzt wird. Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruchs noch hingenommen werden kann oder eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des Falles zu beurteilen (SZ 45/97; SZ 54/177; SZ 58/112 uva). Beruft sich der Beklagte auf die Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung, ist es Sache des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit nachzuweisen (JBl 1980, 98; SZ 52/30). Für die Frage, ob eine ungebührliche Untätigkeit vorliegt, kommt es nicht auf die Dauer, sondern auch auf die Gründe der Untätigkeit an (SZ 52/30; SZ 58/112). Für die Unterlassung der zur Fortsetzung des Verfahrens notwendigen Schritte müssen stichhältige (triftige) Gründe gegeben sein (SZ 43/176; EvBl 1976/180). Vermag der Kläger solche Gründe nicht darzutun, genügt, besonders wenn die Verjährungsfrist - abgesehen vom Verfahren - bereits verstrichen wäre, der Ablauf einer verhältnismäßig kurzen Zeit (SZ 43/176; JBl 1983, 148), so auch bei langer Prozeßdauer das Verstreichen von 7 Monaten (EvBl 1970/248) oder von 4 1/2 Monaten (SZ 43/176).
Nicht nur bei Ruhen des Verfahrens, sondern auch im Falle einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 160 ZPO, kann aus der Unterlassung einer Verfahrensaufnahme seitens des durch den verstorbenen Anwalt vertreten gewesenen Klägers auf die beharrliche Untätigkeit geschlossen werden, an welche der Verlust der Verjährungsunterbrechung geknüpft wird (VR 1989/141; 2 Ob 574/83; 6 Ob 696/82; 8 Ob 10/72 ua).
Da die Verjährungsfrist - abgesehen vom Verfahren - bereits verstrichen wäre, beseitigt eine Untätigkeit von 8 Monaten im Sinne der obigen Ausführungen an sich die Unterbrechungswirkungen der Klage. Der Kläger hat aber - wie das Berufungsgericht dargelegt hat - beachtliche Gründe für die Untätigkeit behauptet, weil ihm, wenn er vom Tod seines Vertreters keine Kenntnis hatte, eine ungebührliche Untätigkeit nicht angelastet werden kann (vgl 6 Ob 696/82). Es kann vom Kläger, der vom Tod seines Vertreters und die dadurch bewirkte Unterbrechung des Verfahrens keine Kenntnis hatte, nicht verlangt werden, daß er innerhalb von 8 Monaten Schritte zur Fortsetzung des Verfahrens unternimmt. Bei Richtigkeit der Behauptung des Klägers über die Unkenntnis vom Tode seines Vertreters wäre ein Verhalten, das auf sein mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung schließen läßt (siehe hiezu Schubert in Rummel2, Rz 10 zu § 1497), nicht gegeben. Auf das Verhalten des mittlerweiligen Stellvertreters ist nicht abzustellen, da dieser nicht Vertreter des Klägers ist.
Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes beruht somit auf einer richtigen rechtlichen Beurteilung, sodaß dem Rekurs der beklagten Parteien keine Folge zu geben war.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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