OGH 8Ob2007/96x

OGH8Ob2007/96x18.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rene C*****, geboren am 7.Dezember 1978, infolge Revisionsrekurses des Kindes, vertreten durch die Mutter Maria O*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Jänner 1996, GZ 43 R 1078/95p-122, womit infolge Rekurses des Kindes der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. November 1995, GZ 2 P 135/83-119, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zunächst ist auf die in dieser Pflegschaftssache ergangene Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29.Juni 1995, GZ 8 Ob 516/95, zu verweisen, mit der der Unterhaltsbeitrag ab 1.September 1994 von monatlich 5.600 S auf monatlich 4.500 S herabgesetzt wurde. Dieser Unterhaltsbemessung lag ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Vaters von 29.400 S und seine Sorgepflicht für seinen Sohn Nico, geboren am 6.März 1994, und für seine Ehefrau zugrunde, die ab 16.Juni 1994 Karenzgeld von monatlich 6.426 S bezog. Weiters wurde berücksichtigt, daß der Minderjährige seit 1.September 1994 eine Lehre als Zahntechniker absolviert und eine Lehrlingsentschädigung von durchschnittlich 2.100 S monatlich bezog, aus der er ausbildungsbedingte Aufwendungen von ca 100 S monatlich bestritt.

Mit Schriftsatz vom 20.September 1995 begehrte der Minderjährige, den Unterhaltsbeitrag ab 1.März 1995 bis einschließlich 31.August 1995 auf 5.100 S monatlich zu erhöhen, da die Gattin des unterhaltspflichtigen Vaters ab März 1995 wieder berufstätig sei und sich infolge Wegfalles dieser Sorgepflicht die Verhältnisse geändert hätten.

Der unterhaltspflichtige Vater sprach sich gegen diesen Antrag aus und wies darauf hin, daß er vom 6.März 1995 bis 6.März 1996 das zweite Karenzjahr in Anspruch nehme und sein durchschnittliches Einkommen 6.000 S nicht übersteige; im Hinblick auf die Erhöhung der Lehrlingsentschädigung des Unterhaltsberechtigten im zweiten Lehrjahr begehre er ab 1.September 1995 die Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages auf 4.000 S monatlich.

Das Erstgericht erhöhte für den Zeitraum 1.März 1995 bis 31.August 1995 den Unterhaltsbeitrag auf 5.100 S monatlich (Punkt 1) und setzte ihn ab 1.Dezember 1995 auf 4.000 S monatlich herab (Punkt 2). Es ging davon aus, daß der Unterhaltspflichtige seit März 1995 Karenzgeld bezieht und noch für den mj. Nico, geboren am 6.März 1994, sorgepflichtig ist; der Unterhaltsberechtigte bezieht im zweiten Lehrjahr eine monatliche Lehrlingsentschädigung von durchschnittlich 3.024 S, der lehrbedingte Aufwand beträgt 100 S. Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß sich die Verhältnisse durch Wegfall der Sorgepflicht für die Ehegattin des Unterhaltspflichtigen geändert hätten; der Umstand, daß der Unterhaltspflichtige das zweite Karenzjahr in Anspruch nehme, könne den Unterhaltsanspruch seines Sohnes nicht schmälern. Das Gericht gehe daher vom zuletzt zugrundegelegten Einkommen des Unterhaltspflichtigen von 29.400 S monatlich aus. Für den Zeitraum ab 1.September 1995 sei hingegen die Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um rund 1.000 S monatlich zu berücksichtigen.

Das Rekursgericht bestätige infolge Rekurses des Kindes Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses erwuchs in Rechtskraft. Das Rekursgericht führte aus, der Wert der Betreuungsleistung der Mutter errechne sich mit 4.785 S, das Verhältnis von Geldunterhalt (5.100 S) zum Wert der Betreuungsleistung betrage etwa 52 : 48. Gehe man daher nach Abzug eines berufsbedingten Mehraufwandes von 100 S monatlich von einem Eigeneinkommen des Minderjährigen von rund 2.900 S aus, sei daraus ein Betrag von rund 1.500 S auf die Geldleistung des Vaters anzurechnen. Gegen die Festlegung der monatlichen Unterhaltsleistung des Vaters ab 1.September 1995 mit 4.000 S monatlich bestünden daher aufgrund der erhöhten Leistungsfähigkeit des Kindes keine Bedenken.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Kindes mit dem erkennbaren Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Antrag des Vaters auf Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages unter den Betrag von 4.500 S monatlich abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen bei Bemessung des Unterhaltes davon ausgegangen sind, daß die Inanspruchnahme des Karenzurlaubsgeldes nur durch den unterhaltspflichtigen Vater zu einer Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit wegen Wegfalls der Sorgepflicht für seine nun wieder berufstätige Ehefrau geführt habe, so daß dem Minderjährigen - ohne Berücksichtigung der Erhöhung seiner Lehrlingsentschädigung - ein monatlicher Unterhalt von 5.100 S gebührt hätte; damit sind sie aber von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Der Rekurs ist allerdings im Ergebnis nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen ÖA 1992, 21; RZ 1992/24 und 3 Ob 569/94 ausgesprochen hat, darf das nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebende Kind wegen Inanspruchnahme des Karenzurlaubes nach den EKUG durch den unterhaltspflichtigen Vater nicht benachteiligt werden; wenn der Vater den Karenzurlaub auch aufgrund eines ihm zustehenden Rechtes in Anspruch nimmt, wird dadurch seine gemäß § 140 ABGB bestehende Verpflichtung, zur Deckung der Bedürfnisse auch des nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes "nach Kräften" beizutragen, nicht gemindert. Der nicht durch berücksichtigungswürdige Umstände erzwungene Verzicht auf Erzielung eines höheren Einkommens darf daher nicht zu Lasten dieses unterhaltsberechtigten Kindes gehen. Es hat daher Anspruch auf Unterhalt aufgrund der fiktiven Bemessungsgrundlage des vom Vater erzielbaren Einkommens. Geht man aber von einer fiktiven Bemessungsgrundlage aus, dann müssen auch die damit verbundenen Folgen berücksichtigt werden. Während des dafür zur Verfügung stehenden Zeitraumes nach der Geburt des mj.Nico hat jeweils einer der Ehegatten den Karenzurlaub in Anspruch genommen. Hätte ihn aber die nunmehr voll berufstätige Ehefrau des unterhaltspflichtigen Vaters in Anspruch genommen, hätte sie gegenüber ihrem Ehegatten Anspruch auf Unterhalt gemäß § 94 Abs 2 ABGB, wobei ihre eigenen Einkünfte (hier Karenzurlaubsgeld) angemessen zu berücksichtigen wären. Es ist daher verfehlt, bei Anspannung des Karenzurlaub in Anspruch nehmenden unterhaltspflichtigen Vaters auf sein bisheriges Einkommen auch noch von einer Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit wegen Wegfalles der Sorgepflicht für seine nunmehr berufstätige Ehegattin auszugehen. Die Anspannung des unterhaltspflichtigen Vaters auf seine bisherigen Einkünfte führte daher im vorliegenden Fall zu keiner Erhöhung seiner (fiktiven) Leistungsfähigkeit gegenüber jenem Zeitraum, in dem seine Ehefrau Karenzurlaub in Anspruch genommen hatte, so daß auch für den Zeitraum ab dem 1.März 1995 Unterhalt in der bisherigen Höhe von 4.500 S monatlich gebührt hätte. Der Umstand, daß der Vater die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung von 4.500 S auf 5.100 S für den Zeitraum vom 1.März 1995 bis 31.August 1995 nicht bekämpfte, führt im übrigen nicht dazu, ungerechtfertigterweise eine Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit durch Wegfall der Sorgepflicht für seine Ehefrau auch noch für den von der Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung nicht erfaßten Zeitraum ab 1.September 1995 anzunehmen.

Geht man aber von einer der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und dem Einkommen des Unterhaltsberechtigten angemessenen Unterhaltsleistung von 4.500 S vor Erhöhung der Lehrlingsentschädigung im 2.Lehrjahr aus, dann kann sich der Unterhaltsberechtigte durch die wegen der Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um rund 900 S von den Vorinstanzen vorgenommene Herabsetzung des vom Vater zu leistenden Geldunterhaltes um 500 S auf 4.000 S monatlich jedenfalls nicht mit Recht beschwert erachten.

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Kindes war daher ein Erfolg zu versagen.

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