OGH 3Ob137/95

OGH3Ob137/9513.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr.Tobias Reinisch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*****, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Herbert B*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 30.Mai 1995, GZ 41 R 289/95-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 26.Dezember 1994, GZ 6 C 348/94w-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Nebenintervenient hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der klagenden Partei wurde als betreibender Partei mit einem rechtskräftig gewordenen Beschluß gegen den Nebenintervenienten als Verpflichteten zur Hereinbringung der Forderung von S 100.000 s.A. die Exekution durch Pfändung des dem Nebenintervenienten gehörenden Genossenschaftsanteils an der hier beklagten Genossenschaft, mit dem das Nutzungsrecht an einer bestimmten Wohnung verbunden ist, und durch Pfändung des Anspruchs des Nebenintervenienten als Genossenschafter auf dasjenige, was ihm im Fall des Ausscheidens aus der Genossenschaft bei der Auseinandersetzung zukommt, und durch Ermächtigung der klagenden Partei als betreibender Partei, den Anspruch des Nebenintervenienten auf das Auseinandersetzungsguthaben in dessen Namen geltend zu machen, insbesondere auch Kündigungen vorzunehmen, bewilligt.

Die klagende Partei kündigte hierauf den Nutzungsvertrag des Nebenintervenienten beim Erstgericht auf.

Die beklagte Partei erhob gegen die Aufkündigung fristgerecht Einwendungen, beteiligte sich jedoch am weiteren Verfahren nicht.

Der Nebenintervenient brachte in der über die Aufkündigung durchgeführten mündlichen Verhandlung vor, daß die von der Aufkündigung betroffene Wohnung zur Befriedigung seines eigenen dringenden Wohnbedürfnisses und jenes seiner Ehefrau diene. Beiden stünde keine andere Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Die Exekution sei daher gemäß § 42 Abs 4 MRG unzulässig, weshalb er beim Exekutionsgericht deren Einstellung gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO beantragt habe.

Das Erstgericht erklärte ohne Aufnahme von Beweisen die gerichtliche Aufkündigung für wirksam und trug der beklagten Partei die Übernahme der Wohnung auf. § 42 Abs 4 MRG beziehe sich bloß auf das Exekutionsverfahren und führe dort gegebenenfalls zur Abweisung des Exekutionsantrags oder zur Einstellung der Exekution. Im unabhängig davon geführten streitigen Verfahren sei die Bestimmung aber nicht anzuwenden. Da sonst keine Einwendungen gegen die Aufkündigung erhoben worden seien, sei diese als wirksam aufrecht zu erhalten.

Dieses Urteil des Erstgerichtes bekämpfte nur der Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei. Die klagende Partei legte mit der Berufungsbeantwortung die Ablichtung eines an den Nebenintervenienten gerichteten Schreibens einer von der beklagten Partei verschiedenen gemeinnützigen Wohnungsaktiengesellschaft vor, in dem auf den zu entscheidenden Rechtsstreit Bezug genommen wird und in dem es im wesentlichen heißt:

"Nunmehr wurde der von uns betreuten gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft (es folgt der Name der beklagten Partei) das Urteil des BG Hietzing zugestellt, wonach die gerichtliche Aufkündigung des Mietverhältnisses für rechtswirksam erkannt wurde.

Wir halten fest, daß unsererseits gegen das Urteil kein Rechtsmittel erhoben wird, sodaß das Urteil rechtskräftig werden wird."

Die klagende Partei brachte dazu vor, daß ihrem Vertreter eine Kopie dieses Schreibens zur Kenntnisnahme übermittelt worden und daß die darin enthaltene Erklärung der beklagten Partei einem Rechtsmittelverzicht "gleichzuhalten" sei. Daran sei auch der Nebenintervenient gebunden.

Der Nebenintervenient stellte in der Berufung den Antrag, das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und das Verfahren gemäß § 190 ZPO bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den im Exekutionsverfahren gestellten Einstellungsantrag zu unterbrechen. Hilfsweise stellte er den Antrag das Urteil aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Das Berufungsgericht hob infolge der Berufung des Nebenintervenienten die Aufkündigung auf und wies das Übernahmebegehren ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Ein wirksamer Rechtsmittelverzicht liege nicht vor, weil die beklagte Partei ihre Erklärung nicht dem Prozeßgegner, sondern einem Dritten gegenüber abgegeben habe; dies sei bedeutungslos. Da sich der Nebenintervenient auf § 42 Abs 4 MRG berufe und damit geltend mache, daß die aufgekündigte Wohnung nicht in Exekution gezogen werden dürfe, enthalte der Berufungsantrag noch erkennbar den Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn der Aufhebung der Aufkündigung. Die klagende Partei sei durch die Exekutionsbewilligung zwar im Sinn des § 333 Abs 1 EO ermächtigt, die Mitgliedschaft des Nebenintervenienten an der Genossenschaft in dessen Namen zu kündigen; die Ermächtigung erstrecke sich jedoch nicht auf die Ausübung der Nutzungsrechte im Namen des Nebenintervenienten. Die klagende Partei sei somit zur Aufkündigung des Bestandverhältnisses nicht berechtigt, weshalb diese aufzuheben sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat zur Prüfung der Zulässigkeit der Revision den Exekutionsakt beigeschafft. Daraus ergibt sich, daß die Exekution, welche die klagende Partei gegen den Nebenintervenienten führt, gemäß § 39 Abs 1 Z 2 und 8 EO im wesentlichen mit der Begründung eingestellt wurde, daß die hievon betroffene Wohnung gemäß § 20 WGG iVm § 42 Abs 4 MRG der Exekution entzogen sei. Der Einstellungsbeschluß ist am 22.2.1995 rechtskräftig geworden, weil an diesem Tag der Beschluß, mit welchem dem Rekurs, den die klagende Partei gegen den Einstellungsbeschluß erhob, nicht Folge gegeben wurde, den Vertretern der Parteien zugestellt wurde.

Infolge der rechtskräftigen Einstellung der Exekution hat die klagende Partei auch bei Auflösung des Nutzungsvertrages, der zwischen der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten abgeschlossen wurde, keinen Anspruch auf Bezahlung der Beiträge, die dem Nebenintervenienten gemäß § 17 WGG zurückzuzahlen wären. Sie hat daher auch kein Interesse mehr daran, daß die Aufkündigung für wirksam erkannt und der Nutzungsvertrag dadurch aufgelöst wird. Dies bedeutet aber auch, daß ihr das Rechtsschutzinteresse fehlt, was ihr Rechtsmittel unzulässig macht (WBl 1992, 267; ÖBl 1991,38; SZ 61/6 uva).

Da die Revision erst eingebracht wurde, nachdem der Einstellungsbeschluß rechtskräftig war, ist das Rechtsschutzinteresse nicht nachträglich im Sinn des § 50 Abs 2 ZPO weggefallen, weshalb nicht gemäß dieser Gesetzesstelle über die Kosten der Revision entschieden werden mußte.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung kann nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden, weil darin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde (EvBl 1986/128 uva).

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