Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der betreibenden Partei wurde gegen den Verpflichteten zum Zweck der Auseinandersetzung die Exekution durch Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft bewilligt. Das Erstgericht ordnete zugleich an, daß die Einleitung des Versteigerungsverfahrens im Grundbuch anzumerken ist. Die Liegenschaft steht zu insgesamt 25/27 im Eigentum der betreibenden Partei und zu 2/27 im Eigentum des Verpflichteten. Zur Zeit der Bewilligung der Exekution war sie nur mit dem auf dem Anteil des Verpflichteten haftenden Pfandrecht für die Forderung von S 210.000 belastet.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellte das Erstgericht die Bedingungen für die Versteigerung der noch immer unverändert belasteten Liegenschaft fest. Der Ausrufspreis wurde aufgrund von einverständlichen Erklärungen der Parteien ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens mit S 3,500.000 festgestellt. Ferner wurde bestimmt, daß die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen vom Ersteher nur insoweit zu übernehmen sind, als sie nach der ihnen zukommenden Rangordnung in der Verteilungsmasse Deckung finden. Im Versteigerungsedikt wurde jedoch gemäß § 277 Abs 2 AußStrG bemerkt, daß die auf der Liegenschaft haftenden dinglichen Rechte und Lasten, insbesondere die Pfandrechte der darauf sichergestellten Gläubiger, ohne Rücksicht auf den Verkaufspreis aufrechterhalten würden.
Im Versteigerungstermin legte die betreibende Partei die Halbschrift eines vier Tage vorher eingebrachten Grundbuchsantrags vor, mit dem sie die Einverleibung der Dienstbarkeit des lebenslänglichen unentgeltlichen Fruchtgenußrechtes zugunsten ihrer Tochter auf den ihr gehörenden Liegenschaftsanteilen beantragte. Dies wurde den erschienenen Bietinteressenten bekanntgegeben.
Das Erstgericht erteilte der betreibenden Partei, die als einzige ein Gebot abgegeben hatte, den Zuschlag zum Ausrufpreis.
Das Rekursgericht hob infolge Rekurses des Verpflichteten den Beschluß über die Zuschlagserteilung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Es sprach aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft seines Beschlusses fortzusetzen (gemeint gemäß § 78 EO iVm § 527 Abs 2 ZPO idF der WGN 1989: daß der Rekurs zulässig) sei. Da ein Fall des § 184 EO nicht vorliege, sei der Verpflichtete zum Widerspruch gegen die Zuschlagserteilung nicht verpflichtet gewesen und es stünde daher § 187 Abs 1 EO der Zulässigkeit seines Rekurses nicht entgegen. Die betreibende Partei sei zwar trotz der Anmerkung der Versteigerung nach § 352 EO berechtigt gewesen, ihre Anteile zu belasten. Da "laut Versteigerungsbedingungen" (richtig: gemäß dem Versteigerungsedikt) die auf der Liegenschaft haftenden dinglichen Rechte und Lasten vom Ersteher ohne Rücksicht auf den Verkaufspreis zu übernehmen seien, sei es verständlich, daß die erschienenen Kaufinteressenten wegen der Belastung vom Bieten abgeschreckt worden seien. Der Gefahr, daß der Verpflichtete bei der gerichtlichen Feilbietung durch die Erzielung eines Meistbots, das wegen der Belastung der Miteigentumsanteile der betreibenden Partei dem Verkehrswert nicht entspreche, geschädigt werden könne, werde durch Bestimmung eines entsprechend hoch angesetzten Ausrufspreises, durch Erteilung eines Depurierungsauftrags an die betreibende Partei oder durch Gewährung eines Wertausgleichs an die verpflichtete Partei zu begegnen sein. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien über die hinzugetretene Belastung der Liegenschaftsanteile der betreibenden Partei zu verhandeln und ihnen Gelegenheit zu geben haben, die Versteigerungsbedingungen abzuändern und den Ausrufspreis entsprechend hoch anzusetzen. Insbesondere müsse dem Verpflichteten Gelegenheit gegeben werden, einen Antrag auf Depurierung zu stellen. Da das Erstgericht dies unterlassen habe, seien Verfahrensvorschriften gemäß § 187 Abs 1 EO verletzt worden, weshalb der Beschluß aufgehoben werden müsse.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Soweit im angefochtenen Beschluß und im Rekurs zur Frage der Zulässigkeit des vom Verpflichteten erhobenen Rekurses auf § 187 EO Bezug genommen wird, ist dem entgegenzuhalten, daß gemäß § 352 EO auf die Vollstreckung des Anspruchs auf gerichtliche Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft zwar, ausgenommen den § 74 EO, die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes, sonst aber die §§ 272 bis 279 AußStrG und nicht die §§ 131 ff EO anzuwenden sind (Miet 38.861;
SZ 52/61, SZ 48/134 ua; Gamerith in Rummel2 Rz 12 zu § 843;
Heller/Berger/Stix III 2537; Hofmeister in Schwimann Rz 38 zu § 843;
Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 385). Die Beschränkungen, die im § 187 EO für den Rekurs gegen den im Zuge einer Zwangsversteigerung erteilten Zuschlag festgelegt werden, gelten daher nicht, sondern der Rekurs gegen die Erteilung des Zuschlages ist im Verfahren zur Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft unter den allgemein in Exekutionssachen geltenden Voraussetzungen zulässig.
Da der Antrag auf Einverleibung des Fruchtgenußrechtes erst nach der zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen durchgeführten mündlichen Verhandlung eingebracht wurde, hat sich hiedurch der Sachverhalt gegenüber jenem, der zur Zeit dieser mündlichen Verhandlung gegeben war und der Entscheidung über die Versteigerungsbedingungen zugrunde lag, in einem wesentlichen Punkt geändert. Die neue Belastung mußte vom Ersteher ohne Rücksicht auf das von ihm abgegebene Meistbot übernommen werden (§ 352 EO iVm § 277 Abs 2 AußStrG; RdW 1994,11 = RPflE 1993/120, RZ 1991/74; EvBl 1973/116 ua). Darauf war in den Versteigerungsbedingungen nicht Bedacht genommen worden. Im Versteigerungstermin konnte nicht verläßlich beurteilt werden, ob der Wert der Belastung den Ausrufspreis übersteigt, weil diesem nicht eine Schätzung zugrunde lag. Unter diesen Umständen kam als Bietinteressent nur mehr die betreibende Partei in Betracht. Ein Miteigentümer hat zwar, wie die betreibende Partei meint, kein Recht darauf, daß Interessenten den in den Versteigerungsbedingungen festgelegten Ausrufspreis überbieten. Er hat aber aufgrund des Exekutionstitels und des § 352 EO ein Recht darauf, daß die Versteigerung nicht in einer Form durchgeführt wird, bei der nur eine der Parteien des Exekutionsverfahrens als Bieter in Betracht kommt, weil dies nicht dem Wesen einer Versteigerung entspricht.
Ändert sich vor der gerichtlichen Versteigerung einer Liegenschaft der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt, so darf die Versteigerung nicht durchgeführt werden, weil dann für den neuen Sachverhalt gültige Versteigerungsbedingungen nicht vorhanden sind. In diesem Fall ist von Amts wegen über die neuen Versteigerungsbedingungen zu verhandeln und zu entscheiden. Die Rechtskraft des über die Versteigerungsbedingungen bereits ergangenen Beschlusses steht dem nicht entgegen, weil sie sich nicht auf den geänderten Sachverhalt bezieht (RZ 1990/44; RZ 1969,135 ua; ausdrücklich zu den Versteigerungsbedingungen SZ 7/313). Für die betreibende Partei ist in diesem Zusammenhang aus der von ihr zitierten Entscheidung EvBl 1971/42 nichts zu gewinnen. Soweit daraus zu entnehmen ist, daß rechtskräftig festgestellte Versteigerungsbedingungen nur über einverständlichen Antrag aller Beteiligten abgeändert werden dürfen, gilt dies nur dann, wenn sich der Sachverhalt nicht geändert hat.
Wie schon das Rekursgericht richtig erkannte, ist der Gefahr, daß die übrigen Miteigentümer bei einer gerichtlichen Versteigerung der Liegenschaft durch die Erzielung eines Meistbots, das wegen der ungleichen Belastung nur eines Anteils dem Verkehrswert ihrer Miteigentumsanteile nicht entspricht, durch die Bestimmung eines entsprechend hoch angesetzten Ausrufspreises, durch Erteilung eines Depurierungsauftrags oder durch Wertausgleich Rechnung zu tragen (RdW 1994, 11 = RPflE 1993/120; EvBl 1990/93). Geht man von den bestehenden Belastungsverhältnissen aus, so kommt allerdings nur eine Änderung des Ausrufpreises in Betracht, weil der Wert des Fruchtgenußrechtes den Wert des Anteils, auf dem es haftet, nicht übersteigen kann. Da das Fruchtgenußrecht vom Ersteher in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist (vgl RZ 1991/74), muß in den neu festzustellenden Versteigerungsbedingungen aber auch der Wert dieses Rechtes angegeben werden. Soweit über die demnach zu ermittelnden Beträge zwischen den Parteien kein Einverständnis besteht, wären sie vom Erstgericht nach Durchführung eines geeigneten Beweisverfahrens festzustellen (vgl RZ 1990/14; SZ 48/41), wobei allerdings ein über ebenso wie ein unter dem Schätzwert liegender Ausrufspreis nur mit Zustimmung beider Parteien bestimmt werden darf (RZ 1990/14; Gamerith aaO Rz 13 zu § 843; Heller/Berger/Stix III 2541; Hofmeister aaO Rz 42 zu § 843).
Das Rekursgericht hat somit zu Recht den der betreibenden Partei erteilten Zuschlag aufgehoben, weil er ohne ausreichende Verfahrensgrundlage getroffen wurde.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses der betreibenden Partei beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
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