Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der mit "ergänzenden Ausführungen samt Urkundenvorlage" bezeichnete Schriftsatz der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin begehrte auf Grund des Pfandvertrages vom 9.12.1994/3.3.1995 ob der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft die Einverleibung des Pfandrechtes für eine Forderung von S 2,200.000,- sowie die Anmerkung der Löschungsverpflichtung gemäß § 469 a ABGB bei einem vorausgehenden Pfandrecht.
Das Erstgericht wies dieses Grundbuchsgesuch mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe weder einen der in § 32 Abs 1 TirGVG genannten Bescheide noch eine von der Grundverkehrsbehörde bestätigte Erklärung nach § 10 Abs 2 TirGVG vorgelegt.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Gemäß § 1 Abs 1 lit c TirGVG 1993 gelte dieses Gesetz für den Erwerb von Rechten an Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer sei. Ausländer seien nach § 2 Abs 5 lit b TirGVG juristische Personen, die ihren Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftskapital oder Anteile an Vermögen mindestens zur Hälfte Ausländern gehörten.
§ 12 Abs 1 lit b TirGVG normiere, daß der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde Rechtsgeschäfte bedürften, welche die Begründung von Pfandrechten an Baugrundstücken zugunsten von ausländischen Personen, denen Nutzungsrechte an solchen Grundstücken zustünden, zum Gegenstand hätten.
Nach § 32 Abs 1 TirGVG dürfe ein Recht an einem Grundstück nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch der rechtskräftige Bescheid über die Feststellung, daß eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erforderlich sei, oder über die Erteilung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung des Rechtserwerbers oder die von der Grundverkehrsbehörde bestätigte Erklärung nach § 10 Abs 2 TirGVG oder im Falle des § 20 Abs 2 zweiter Satz TirGVG die Bieterbewilligung oder die Bestätigung nach § 20 Abs 3 letzter Satz beigeschlossen sei. Diese Bestimmung gelte nach § 32 Abs 2 TirGVG nur dann nicht, wenn der Rechtserwerb nach § 1 Abs 2 TirGVG nicht diesem Gesetz unterliege oder wenn die Verbücherung unter bestimmten Umständen im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens oder eines Verlassenschaftsverfahrens erfolge. § 1 Abs 2 TirGVG betreffe jedoch nur den Erwerb von Rechten an Grundstücken, die im Eisenbahnbuch oder im Bergbuch eingetragen worden seien, oder den Erwerb von Rechten im Rahmen einer Enteignung. Die Ausnahmetatbestände des § 32 Abs 2 TirGVG kämen daher nicht zum Tragen.
Auch aus § 12 Abs 1 lit b TirGVG lasse sich für den Standpunkt der Antragstellerin nichts gewinnen, weil das Erstgericht nur auf Grund der vorliegenden Urkunden in Verbindung mit dem Grundbuchsstand den entscheidungswesentlichen Sachverhalt prüfen könne, daraus sich aber nicht zwingend ergebe, daß der Antragstellerin nicht entgegen den Vertragswortlaut doch - eventuell außerbücherliche - Nutzungsrechte zustünden.
Da es sich bei der Antragstellerin unbestrittenermaßen um eine ausländische juristische Person handle und ein Benützungsrecht derselben an der Liegenschaft nicht vorweg ausgeschlossen werden könne, sei es dem Grundbuchsgericht verwehrt, darüber abzusprechen, ob der Gegenstand des Rechtserwerbes der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfe oder nicht. Darüber habe ausnahmslos die Grundverkehrsbehörde, welche - anders als das Erstgericht im Grundbuchsverfahren - die Möglichkeit zur Prüfung habe, ob der Antragstellerin an der gegenständlichen Liegenschaft tatsächlich keine Nutzungsrechte im Sinne des § 12 Abs 1 lit b TirGVG zustehen, zu entscheiden (RZ 1989, 170/83 ua).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 32 TirGVG bestünden nicht, weil dessen Wortlaut durch Art 3 Abs 1 der zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15 a B-VG abgeschlossenen Vereinbarung (BGBl 1993/260) vorgegeben sei.
Da es sich bei den §§ 12 und 32 TirGVG um Rechtsvorschriften betreffend die Verhinderung von Zweitwohnsitzen im Sinne des Artikels 70 des Beitrittsvertrages zur Europäischen Union handle stünden diese Bestimmungen auch nicht dem Artikel 73 b Abs 1 des EG-Vertrages betreffend den Kapitalverkehr - zumindest bis zum Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist - entgegen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob zur Einverleibung eines Pfandrechtes für einen Ausländer die Vorlage eines Bescheides oder einer Erklärung gemäß § 32 Abs 1 TirGVG notwendig sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Eintragungsbegehren vollständig stattgegeben werde.
In einem - nach Ablauf der dreißigtägigen (§ 123 Abs 1 GBG) Rechtsmittelfrist - eingebrachten Schriftsatz machte die Antragstellerin ergänzende Ausführungen und legte ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck betreffend ein Ansuchen der Antragstellerin um Erlassung eines Bescheides gemäß § 32 TirGVG vor.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Der ergänzende Schriftsatz zum Revisionsrekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Ergänzung des Revisionsrekurses:
Auch in Grundbuchssachen steht jeder Partei gegen die Entscheidung nur ein Rechtsmittel zu. Weitere Rechtsmittel derselben Partei gegen dieselbe Entscheidung sind (sogar dann, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht würden), unzulässig (MGA Grundbuchsrecht4 122 GBG/E 2). Das gilt auch für die Ergänzung eines Rechtsmittels (MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG/E 3.
Der die Ergänzung des Revisionsrekurses betreffende Schriftsatz der Antragstellerin war daher als unzulässig zurückzuweisen.
b) Zum Bewertungsausspruch:
Da laut Auskunft des Finanzamts Innsbruck für diese Liegenschaft als solche kein Einheitswert festgesetzt wurde, ist von der vom Rekursgericht unabhängig von einem Einheitswert vorgenommenen Bewertung des Entscheidungsgegenstandes auszugehen.
c) Zur Sachentscheidung:
Vorweg wird darauf hingewiesen, daß der Oberste Gerichtshof die für die Beurteilung dieser Rechtssache wesentlichen Teile der Begründung des Rekursgerichtes für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen hingegen für nicht stichhältig erachtet, sodaß sich der Oberste Gerichtshof mit folgender kurzen und zusammenfassenden Begründung seiner Beurteilung begnügen kann (§ 126 Abs 3 GBG iVm § 16 Abs 3 AußStrG und § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO):
§ 1 TirGVG regelt ganz allgemein seinen Geltungsbereich und sieht vor, daß es für den Erwerb von Rechten an Grundstücken gilt, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist (§ 1 Abs 1 lit c TirGVG). Eine der in § 1 Abs 2 TirGVG normierten Ausnahmen vom allgemeinen Geltungsbereich (Erwerb von Rechten an Grundstücken, die im Eisenbahnbuch oder im Bergbuch eingetragen sind; Erwerb von Rechten an Grundstücken im Wege der Enteignung) ist hier zweifellos nicht gegeben. Daraus folgt, daß der Pfandrechtserwerb durch die Antragsstellerin vom allgemeinen Geltungsbereich des Tiroler Grundverkehrsgesetzes erfaßt wird.
Im übrigen enthält das Tiroler Grundverkehrsgesetz sowohl Vorschriften, die von der Grundverkehrsbehörde zu vollziehen sind, als auch solche Vorschriften, deren Normadressat unmittelbar das Grundbuchsgericht ist. Zur letztgenannten Gruppe gehört die Bestimmung des § 32 TirGVG über die Zulässigkeit von Grundbuchseintragungen. Demnach darf ein Recht an einem Grundstück - also auch das antragsgegenständliche Pfandrecht zugunsten der Antragstellerin - im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch der rechtskräftige Bescheid über die Feststellung, daß eine grundverkehrsrechtliche Genehmigung nicht erforderlich ist, oder über die Erteilung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung des Rechtserwerbers oder andere, in dieser Gesetzesstelle genannte - hier nicht relevante - Bestätigungen oder Bewilligungen dem Grundbuchsantrag beigeschlossen sind. Durch diese Gesetzesbestimmung wird sichergestellt, daß alle mit der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbes zusammenhängenden Fragen allein durch die hiezu berufene Grundverkehrsbehörde auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes beurteilt werden (vgl RZ 1989, 170/63; 5 Ob 60/94; 5 Ob 131/94). Systemgerecht sieht §§ 32 Abs 2 TirGVG eine Ausnahme von den Anordnungen des § 32 Abs 1 TirGVG nur für den Fall vor, daß das Grundverkehrsgesetz schon nach der allgemeinen Ausnahmebestimmung seines § 1 Abs 2 nicht anzuwenden ist oder daß es sich um die Verbücherung bestimmter Ergebnisse eines Exekutions- oder Verlassenschaftsverfahrens handelt.
Aus dem bisher Gesagten folgt, daß auch die Beurteilung, ob und in welchem Umfang durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union Ausnahmen von der materiellen Genehmigungspflicht eines sonst dem Tiroler Grundverkehrsgesetz unterliegenden Rechtserwerbes gegeben sind, von der Grundverkehrsbehörde und nicht vom Grundbuchsgericht zu beurteilen ist. Daraus folgt weiters, daß die Verfassungskonformität dieser von der Grundverkehrsbehörde anzuwendenden Bestimmungen vom Obersten Gerichtshof nicht zu beurteilen ist. Die Bestimmung des § 32 TirGVG, die allein der erkennende Senat bei Beurteilung dieser Rechtssache anzuwenden hat, erscheint verfassungsrechtlich unbedenklich, weil durch diese Gesetzesbestimmung lediglich klar gestellt wird, daß - bezogen auf die hier gegebene Fallgestaltung - die materiellrechtlichen Bestimmungen über den Erwerb an Rechten von Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist, ausschließlich durch die Grundverkehrsbehörde und nicht auch - möglicherweise abweichend - vom Grundbuchsgericht beurteilt werden. Gerade deswegen sieht § 32 Abs 1 TirGVG die Beibringung eines rechtskräftigen Bescheides über die Feststellung vor, daß eine grundverkehrsrechtliche Genehmigung nicht erforderlich ist. Durch diese Gesetzesbestimmung wird dem Grundbuchsgericht jedwede über die Auslegung des § 1 TirGVG hinausgehende Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtserwerbes entzogen. Nur dann, wenn sich das Tiroler Grundverkehrsgesetz kraft der Bestimmungen seines § 1 auf bestimmte Vorgänge nicht bezieht, wäre auch die die Zulässigkeit von Grundbuchseintragungen regelnde Bestimmung des § 32 TirGVG nicht anzuwenden. Handelt es sich hingegen um Vorgänge, die grundsätzlich vom Geltungsbereich des Tiroler Grundverkehrsgesetzes erfaßt sind, so stellt § 32 TirGVG diejenige zivilrechtliche Bestimmung dar, durch die sichergestellt werden soll, daß der Vollzug des Tiroler Grundverkehrsgesetzes selbst im Bereich der Landesverwaltung bleibt. Entgegen der Meinung der Antragstellerin vermag darin der Oberste Gerichtshof eine Verfassungswidrigkeit nicht zu erkennen.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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