Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Das mit Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 28.6.1994 über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers eröffnete Konkursverfahren wurde mit Beschluß vom 17.10.1994 gemäß § 166 Abs 1 KO aufgehoben; dieser Beschluß wurde am 10.11.1994 rechtskräftig.
Das Erstgericht sprach dem Kläger Insolvenzausfallgeld im Ausmaß von S 7.229,-- sA zu und wies ein Mehrbegehren - insoweit rechtskräftig - ab.
Das Berufungsgericht gab der gegen das erstgerichtliche Urteil erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge.
Beide Vorinstanzen vertraten übereinstimmend die Ansicht, daß durch die nachfolgende Aufhebung des Konkurses die Anspruchsvoraussetzung gemäß § 1 Abs 1 IESG nicht (mehr) beseitigt werde. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob durch die Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs 1 KO der Anspruch auf Insolvenzausfallgeld, der im Zeitpunkt der Konkurseröffnung entstanden sei, rückwirkend wieder beseitigt werde.
Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen. Die nachträgliche Aufhebung des Konkurses sei dem Konkurshindernis nach § 72 Abs 1 KO gleichzuhalten, es werde daher der Tatbestand der Konkurseröffnung wiederum beseitigt.
Der Kläger beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die Anknüpfung des Anspruches auf Insolvenzausfallgeld an die Konkurseröffnung gemäß § 1 Abs 1 IESG entfaltet Tatbestandswirkung, dh die beklagte Partei hat bei Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses von der Eröffnung eines Konkurses...... auszugehen und darf nicht aus eigenem prüfen, ob die Voraussetzungen für einen solchen Beschluß vorliegen (Liebeg, IESG 67 f). Die nachfolgende Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs 1 KO ist hinsichtlich des einmal entstandenen Anspruches auf Insolvenzausfallgeld nicht dem Vorliegen eines Konkurshindernisses gemäß § 72 Abs 1 KO gleichzuhalten. Zufolge des Gebotes der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechtes (8 Ob S 37/95) ist gemäß Art 2 Abs 2 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 20.10.1980 idF der Richtlinie 87/164/ EWR vom 2.3.1987, von der in besonderer Weise festgestellten Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auszugehen, ohne daß diese Richtlinie den einmal entstandenen Anspruch des Arbeitnehmers später entfallen ließe. Die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers im Sinne des Art 2 Abs 1 der Richtlinie wird dadurch, daß im Laufe des Konkursverfahrens hervorkommt, daß nur ein Konkursgläubiger am Verfahren teilnimmt, nicht beseitigt.
Der beklagten Partei bleibt es, sollte der Arbeitgeber des Klägers nicht zahlungsunfähig im Sinne des Art 2 Abs 1 der Richtlinie sein, unbenommen, hinsichtlich der auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds gemäß § 11 Abs 1 IESG übergegangenen Ansprüche bei dem Arbeitgeber Rückgriff zu nehmen. Im Falle der nachträglichen Aufhebung hat der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds insoweit - anders als im Falle der Ablehnung der Konkurseröffnung und bei Nichtvorliegen einer der Konkurseröffnung gleichstehenden Voraussetzungen gemäß § 1 Abs 1 IESG - für die gesicherten Arbeitnehmerforderungen "in Vorlage zu treten".
Ist das Konkursverfahren eröffnet, führt die Aufhebung gemäß § 166 Abs 1 KO nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung des Konkurseröffnungsbeschlusses, als wäre der Konkurs gemäß § 72 Abs 1 KO gar nicht eröffnet worden, zumal dem IESG eine Bestimmung über den nachträglichen Fortfall eines entstandenen Anspruches fehlt.
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