OGH 1Ob510/95

OGH1Ob510/9517.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard H***** jun. (geboren *****), ***** vertreten durch Dr.Gerhard Hackenberger und Dr.Sonja Hackenberger-Krutzler, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Eduard H*****, verstorben am *****, vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin Elisabeth H*****, diese vertreten durch Dr.Norbert Nagele, Dr.Klaus Haslinger, Dr.Christoph Szep, Mag.Thomas Kurz und Mag.Wilhelm Bergthaler, Rechtsanwälte in Linz, wegen Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Streitwert S 300.000,- -), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 5.Oktober 1994, GZ 2 R 176/94-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7.Juli 1992, GZ 9 Cg 302/91-10, aufgehoben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluß wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 68.397,60 (darin S 9.399,60 Umsatzsteuer und S 12.000,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Gesellschaftsvertrag vom 21.11.1984 gründeten der Kläger und sein 1990 verstorbener Vater die H***** Beteiligungsgesellschaft mbH, die zu HRB ***** im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragen ist. Ihr Stammkapital beträgt 2,5 Mill.S. Der Kläger ist an der genannten Gesellschaft mit 20 % beteiligt, sein Vater hielt 80 % der Geschäftsanteile. Das Verlassenschaftsverfahren nach diesem ist beim Bezirksgericht Linz zu AZ ***** anhängig. Elisabeth H*****, die Mutter des Klägers, wurde dort zur Verlassenschaftskuratorin bestellt. Der Verstorbene setzte mit letztwilliger Verfügung vom 11.4.1989 seine drei Töchter und den Kläger zu gleichen Teilen als Erben ein. Alle vier Kinder gaben unbedingte Erbserklärungen ab.

Der Gesellschaftsvertrag aus dem Jahre 1984 enthielt folgende wesentliche Bestimmungen:

"17. Teilung eines Geschäftsanteiles unter die Rechtsnachfolger eines verstorbenen Gesellschafters.

Im Falle des Todes eines Gesellschafters kann die Generalversammlung beschließen, die Gesellschaft mit den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern des verstorbenen Gesellschafters von Todes wegen nicht fortzusetzen; ein derartiger Beschluß muß spätestens drei Monate nach Einantwortung des Nachlasses des verstorbenen Gesellschafters gefaßt werden. In diesem Fall sind die Erben (Rechtsnachfolger) des verstorbenen Gesellschafters verpflichtet, den ihnen zugefallenen Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters um die in Punkt 19. festgelegte Gegenleistung an die von der Generalversammlung als Übernehmer bezeichnete Person abzutreten.

19. Berechnung des Wertes des abzutretenden Geschäftsanteiles.

Wenn ein Gesellschafter verpflichtet ist, seinen Geschäftsanteil abzutreten, ist die ihm hiefür gebührende Entschädigung gleich dem nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes 1955 in der am Tage der Errichtung dieser Gesellschaft geltenden Fassung berechneten anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens der Gesellschaft zuzüglich aufschiebend bedingter Rechte und abzüglich aufschiebend bedingter Verbindlichkeiten, mindestens jedoch der Nennwert der Stammeinlage des Gesellschafters. ..."

Das im Punkt 17 des Gesellschaftsvertrages festgelegte Aufgriffsrecht wurde mit Beschluß der Generalversammlung vom 30.4.1986 wie folgt abgeändert:

"17. ... Im Falle des Todes eines Gesellschafters kann (können) der verbleibende (die verbleibenden) Gesellschafter beschließen, die Gesellschaft mit den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern des verstorbenen Gesellschafters von Todes wegen nicht fortzusetzen; ein derartiger Beschluß muß spätestens drei Monate nach Einantwortung des Nachlasses des verstorbenen Gesellschafters gefaßt und innerhalb eines weiteren Monates den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern von Todes wegen schriftlich mitgeteilt werden. In diesem Fall sind die Erben (Rechtsnachfolger) des verstorbenen Gesellschafters verpflichtet, über Verlangen des (der) übrigen Gesellschafter(s) den ihnen zugefallenen Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters um die in Punkt 19. festgelegte Gegenleistung an die von dem (den) übrigen Gesellschafter(n) als Übernehmer bezeichnete Person abzutreten."

Das Testament des Vaters des Klägers enthielt in bezug auf dessen Beteiligungen an der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH unter anderem folgende Bestimmungen:

"II.

....

4. ... bestimme ich, daß sie (die Beteiligungen) meinen vier Kindern zu gleichen Teilen, also zu je einem Viertel, zufallen; dies ohne Rücksicht darauf, ob einzelne meiner Kinder an der einen oder anderen Gesellschaft bereits beteiligt sind; diese schon bestehenden Beteiligungen bleiben bei der Aufteilung außer Ansatz.

...

Ich halte jedoch fest, daß mein Sohn Eduard ***** H***** im Zuge der Aufteilung des Vermögens meines verstorbenen Vaters, des Herrn Eduard ***** H*****, die seinerseits bestandene Beteiligung an der A***** Gesellschaft mbH, die in der Folge auf die H***** Beteiligungsgesellschaft mbH übergegangen ist, durch entsprechende Verzichte meinerseits gegenüber meinem verstorbenen Vater zu seinen Gunsten wirtschaftlich ohne Entgelt erhalten hat. Zum Ausgleich hiefür lege ich ihm hiemit die Verpflichtung auf, ohne Verzug spätestens nach der Einantwortung meines Nachlasses einer Änderung des Gesellschaftsvertrages der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH ... dahingehend zuzustimmen, daß das Stimmrecht der einzelnen Gesellschafter so geändert wird, daß meinem Sohn ungeachtet seiner größeren Vermögensbeteiligung nicht mehr Stimmen zustehen, als jeder der anderen drei Gesellschafterinnen; es muß demnach das Stimmrecht aller Gesellschafter dieser Gesellschaft gleich groß sein. Jede der übrigen Gesellschafterinnen ist sowohl im eigenen Namen als auch im Namen ihrer Mitgesellschafterinnen berechtigt, von meinem Sohn die beglaubigte Unterfertigung eines schriftlichen Gesellschafterbeschlusses (§ 34 Abs.2 GmbHG) zu fordern, der diese Änderung der beiden Gesellschaftsverträge zum Gegenstand hat und die Durchführung der entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse im Handelsregister durch entsprechende Weisungen an die Geschäftsführer zu veranlassen; die diesbezüglichen Kosten trägt die H***** Beteiligungsgesellschaft mbH.

...

VIII.

Ferner bestimme ich, daß einer meiner Erben, der etwa dieses Testament oder eine einzelne seiner Anordnungen gerichtlich bekämpfen sollte, alle Ansprüche aus diesem Testament verliert; er erhält in einem solchen Fall lediglich seinen Pflichtteil.

..."

Am 31.7.1990 wurde die Verlassenschaftskuratorin in einer außerordentlichen Generalversammlung bei Stimmenthaltung des Klägers zur Alleingeschäftsführerin der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH bestellt. In einer außerordentlichen Generalversammlung am 4.6.1991 wurden - gegen die Stimme des Klägers - die Punkte 11 und 17 des Gesellschaftsvertrages wie folgt neu gefaßt bzw. abgeändert:

"11. Durchführung der Generalversammlung:

Die Generalversammlung faßt, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt, ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Je S 1.000,-- (eintausend) einer Stammeinlage gewähren grundsätzlich eine Stimme;

das Stimmrecht von an der Gesellschaft beteiligten Nachkommen des Herrn KR Konsul Eduard H*****, geboren *****, ist insoferne beschränkt, als ein Nachkomme nicht mehr als 500 (fünfhundert) Stimmen auf sich vereinigen kann.

...

17. Voraufgriffsrecht:

Vor Einholung der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter ist der Geschäftsanteil, soferne er an andere Personen als Frau Dr.Andrea R*****, Herrn Eduard H*****, geboren *****, Frau Dr.Martina S***** oder Frau Mag.Georgia M***** oder leiblichen ehelichen Nachkommen dieser (zusammen "Übernahmsberechtigte") übertragen werden soll, diesen (im Falle des Vorsterbens den jeweiligen leiblichen, ehelichen Nachkommen) zu Erwerb anzubieten.

Die Übernahmsberechtigten können die angebotene Beteiligung im Verhältnis von 20 % für Frau Dr.Andrea R*****, 40 % für Herrn Eduard H*****, geboren *****, 20 % für Frau Dr.Martina S***** und 20 % für Frau Mag.Georgia M***** übernehmen.

Soweit einzelne Übernahmeberechtigte von dem ihnen hiemit eingeräumten Übernahmerecht nicht fristgerecht Gebrauch machen, wächst es den anderen Übernahmeberechtigten im oben angeführten Verhältnis zu.

Zur Übernahme der angebotenen Beteiligung durch die Übernahmeberechtigten läuft eine Frist von 90 Tagen. Beginn des Laufes der Frist ist der Tag, an dem der verkaufswillige Gesellschafter sämtlichen Übernahmsberechtigten erstmals nachweislich von seiner Veräußerungsabsicht Kenntnis gegeben hat.

...

Wird jedoch innerhalb der oben angeführten Frist von 90 Tagen kein Übernahmebegehren gestellt, so ist der übertragungswillige Gesellschafter berechtigt, die Übertragung an einen außenstehenden Dritten vorzunehmen, soferne die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter vorliegt."

Gegen diese Änderung des Gesellschaftsvertrags wendete sich der Kläger bereits in der Generalversammlung, schließlich begehrte er vergeblich im Verfahren AZ 9 Cg 270/91 des Landesgerichtes Linz die Nichtigerklärung des Beschlusses vom 4.6.1991.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm ihre Geschäftsanteile an der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH, die einer voll einbezahlten Stammeinlage von 2 Mio S entsprechen, das ist ein Geschäftsanteil von 80 % an der gesamten Stammeinlage, zu übertragen. Er brachte dazu im wesentlichen vor, er habe den Miterben bereits kurz nach dem Ableben seines Vaters klargemacht, daß er die von ihnen im Erbwege zu erwerbenden Anteile an der Gesellschaft erwerben wolle, er sei dabei auf strikte Ablehnung gestoßen. Mit Schreiben vom 13.3.1991 habe er der Verlassenschaftskuratorin mitgeteilt, daß er von dem ihm im Gesellschaftsvertrag zugestandenen Aufgriffsrecht Gebrauch machen werde.

Die beklagte Partei wendete ein, der Kläger habe testamentarisch die Anordnung erhalten, unverzüglich einer Änderung des Gesellschaftsvertrages dahin zuzustimmen, daß das Stimmrecht der vier Erben gleich groß sei. Die in der Generalversammlung vom 4.6.1991 vorgenommenen Änderungen des Gesellschaftsvertrages seien im Sinne der testamentarischen Anordnung erfolgt. Die Führung der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH allein durch den Kläger bedeutete für diese Gesellschaft eine eminente Gefahr. Das habe für den Erblasser bei der Verfassung des Testaments eine erhebliche Rolle gespielt, weil er den Zusammenbruch eines vom Kläger errichteten Unternehmens habe miterleben müssen. Ein Aufgriffsrecht des Klägers in Ansehung der Geschäftsanteile des Erblassers an der Gesellschaft bestehe nicht. Selbst für den Fall des Bestehens eines Aufgriffsrechtes sei dieses nicht bzw. nicht wirksam ausgeübt worden. Der Kläger habe weder der beklagten Partei noch seinen Miterben mitgeteilt, vom Aufgriffsrecht Gebrauch zu machen. Es sei kein Beschluß dahin gefaßt worden, die Gesellschaft mit den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern des Verstorbenen von Todes wegen nicht fortzusetzen. Keinesfalls sei ein derartiger Beschluß den Erben innerhalb eines Monats schriftlich mitgeteilt worden. Aus dem Wortlaut des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich, daß eine Abtretungsverpflichtung erst nach der Einantwortung wirksam werden könne. Die Verlassenschaft nach Eduard H***** sei demnach zur Abtretung des Geschäftsanteils nicht verpflichtet. Die testamentarischen Bestimmungen seien so zu verstehen, daß das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Aufgriffsrecht nicht zur Anwendung kommen solle. Der Erblasser habe dem Kläger auch ein Legat dahin auferlegt, daß er das ihm aufgrund des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrages zustehende Aufgriffsrecht nicht geltend machen dürfe. Das Aufgriffsrecht habe wegen Änderung der Verhältnisse gemäß § 936 ABGB jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden können. Die Verhältnisse hätten sich nämlich insoweit geändert, als der Kläger als Unternehmer gescheitert sei. Mit der Neufassung des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrages sei den Anordnungen des verstorbenen Gesellschafters Rechnung getragen worden. Das Aufgriffsrecht, auf das sich der Kläger berufe, sei ferner mangels Einhaltung der für die Vereinbarung von Aufgriffsrechten an Geschäftsanteilen erforderlichen Notariatsaktform unwirksam. Die Klausel, auf die der Kläger sein Aufgriffsrecht stütze, sei nämlich lediglich in Form eines notariellen Protokolls im Rahmen der Generalversammlung vom 30.4.1986 beschlossen worden. Punkt 17 Abs.2 des Gesellschaftsvertrages idF des Generalversammlungsbeschlusses vom 30.4.1986 enthalte eine unwirksame Abfindungsbeschränkung, weshalb diese Bestimmung sittenwidrig sei. Der tatsächliche Wert des Geschäftsanteils sei nämlich unverhältnismäßig höher als der aufgrund der Regelung des Punktes 19 des Gesellschaftsvertrages maßgebliche Wert.

Dem hielt der Kläger entgegen, daß durch den Generalversammlungsbeschluß vom 30.4.1986 keine neue Abtretungsverpflichtung begründet worden sei; es habe sich nur der modus für die bereits bestehende Abtretungsverpflichtung geringfügig geändert. Der Einwand der Ungültigkeit der Buchwertklausel gemäß Punkt 19 des Gesellschaftsvertrages sei unbeachtlich, weil die beiden einzigen Gesellschafter in einem nahen Verwandtschaftsverhältnis gestanden seien. Selbst bei Sittenwidrigkeit von Punkt 19 des Gesellschaftsvertrages bliebe aber die Wirksamkeit des Aufgriffsrechts nach dessen Punkt 17 unberührt; der beklagten Partei stehe allenfalls ein höheres Entgelt zu. Die Fälligstellung des Aufgriffsanspruchs und damit die Ausübung des Aufgriffsrechtes sei spätestens mit Klagszustellung erfolgt. Im Sinne von Punkt 17 des Gesellschaftsvertrags habe der Kläger beschlossen, die Gesellschaft mit dem ruhenden Nachlaß bzw. seinen Miterbinnen nicht fortzusetzen; dieser Beschluß sei den genannten Personen schriftlich mitgeteilt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, gegenüber den Erben eine Beschlußfassung im Sinne des Punktes 17 Abs.2 des zum Zeitpunkt des Ablebens seines Vaters bestehenden Gesellschaftsvertrags bekanntgegeben zu haben, sondern nur eine solche Beschlußfassung gegenüber der Verlassenschaftskuratorin in Aussicht gestellt. Es wäre aber auch die Verständigung lediglich der beklagten Partei bzw. der Verlassenschaftskuratorin von einer solchen Beschlußfassung im Sinne der genannten gesellschaftsvertraglichen Bestimmung nicht ausreichend. Aus deren Formulierung sei vielmehr abzuleiten, daß unter den dort angeführten sonstigen Rechtsnachfolgern des verstorbenen Gesellschafters nicht auch dessen Verlassenschaft zu verstehen sei. Abgesehen vom fehlenden Nachweis einer schriftlichen Verständigung der Erben von einer Beschlußfassung des Klägers im Sinne des Punktes 17 Abs.2 des Gesellschaftsvertrages könne der Kläger die Übertragung der Geschäftsanteile seines verstorbenen Vaters nicht bereits von der beklagten Partei verlangen. Daß Punkt 17 Abs.2 des Gesellschaftsvertrags vom 30.4.1986 sittenwidrig sei, sei allerdings selbst im Falle des Zutreffens einer unwirksamen Abfindungsbeschränkung im Punkt 19 des Gesellschaftsvertrages nicht ohne weiteres anzunehmen. Ebenso sei der Einwand der beklagten Partei nicht berechtigt, das Aufgriffsrecht des Klägers sei mangels Einhaltung der für die Vereinbarung von Aufgriffsrechten an GmbH-Anteilen erforderlichen Notariatsaktsform unwirksam.

Das Berufungsgericht hob das Urteil der ersten Instanz auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an diese zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Es führte aus, es sei zu prüfen, ob der Kläger bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 4.6.1991 das im Punkt 17 Abs.2 des Gesellschaftsvertrags beschriebene Aufgriffsrecht wirksam geltend gemacht habe. Punkt 17 Abs.2 des Gesellschaftsvertrags sei nicht unwirksam, weil das Aufgriffsrecht bereits im Gesellschaftsvertrag vom 21.11.1984 verankert gewesen und der betreffende Punkt durch die Änderung des Vertrags vom 30.4.1986 nur unwesentlich (das Wort Generalversammlung sei durch den Passus "der verbleibende (die verbleibenden) Gesellschafter" ersetzt worden) geändert worden sei. Für diese Änderung sei kein Notariatsakt notwendig gewesen. Die Aufgriffsregelung des Punktes 17 sei auch nicht sittenwidrig, allenfalls könnte die im Punkt 19 des Gesellschaftsvertrags festgelegte Abfindungsbeschränkung unwirksam sein. Dies habe aber auf die Gültigkeit des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrags keinen Einfluß. Der Wortlaut der zuletzt genannten Bestimmung des Gesellschaftsvertrags deute darauf hin, daß der Kläger seinen Aufgriffsanspruch gegenüber den Erben geltend zu machen und auch von diesen die Abtretung der Gesellschaftsanteile nach der Einantwortung zu fordern habe. Das sei aber nicht zwingend. Grundsätzlich käme die Geltendmachung des Aufgriffsrechts auch gegenüber der beklagten Partei in Betracht, sodaß sich die Frage erhebe, ob der Gesellschaftsvertrag idF vom 30.4.1986 in diesem Sinne auszulegen sei. Dazu habe das Gericht erster Instanz keine Feststellungen getroffen und auch keine Beweise aufgenommen, obwohl zu diesem Beweisthema ein Beweisanbot erfolgt sei. Es sei durch Aufnahme der beantragten Beweise klarzustellen, ob die beklagte Partei passiv klagslegitimiert sei.

Der Rekurs der beklagten Partei gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger steht auf dem Standpunkt, er habe das ihm seiner Meinung nach zustehende Aufgriffsrecht bereits vor dem 4.6.1991 schriftlich sowohl der beklagten Partei wie auch seinen Miterbinnen gegenüber geltend gemacht; dieses Aufgriffsrecht sei im Punkt 17 des Gesellschaftsvertrags idF vom 30.4.1986 statuiert. Infolge Unwirksamkeit des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrags idF vom 30.4.1986 steht dem Kläger das geltend gemachte Aufgriffsrecht überhaupt nicht zu, sodaß es gleichgültig ist, ob und wem gegenüber er eine entsprechende Erklärung hinsichtlich der Ausübung des vermeintlichen Aufgriffsrechtes abgegeben hat.

Gemäß § 76 Abs.2 zweiter Satz GmbHG bedürfen Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteiles eines Notariatsaktes. Diese Bestimmung bezieht sich auf alle obligatorischen Geschäfte, die auf eine künftige Abtretung von Geschäftsanteilen gerichtet sind, gleichviel, ob sich eine Person, die bereits Gesellschafter ist, oder ein Nichtgesellschafter für den Fall, daß er künftig Gesellschafter werde, zur Abtretung des zu erwerbenden Geschäftsanteils im voraus verpflichtet (SZ 53/60; HS IV/19; SZ 8/204 ua; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 626; P.Bydlinski in NZ 1986, 241 ff; Gellis/Feil, Kommentar zum GmbHG3 Rz 7 zu § 76). Die Mißachtung dieses Formzwangs bei der Übertragung von Geschäftsanteilen oder bei der Übernahme der Verpflichtung zur künftigen Übertragung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat die Unwirksamkeit der Übertragung bzw der Verpflichtung zur Folge. Auf die Einhaltung dieser Formvorschrift ist streng zu achten (WBl 1992, 374; JBl 1990, 715; NZ 1986, 37; HS 2247 ua; Reich-Rohrwig aaO; vgl auch Bartl/Henkes/Schlarb, GmbH-Recht3 Rz 255; Winter in Scholz, Kommentar zum GmbHG8, Rz 51 f zu § 15). Die erforderliche Notariatsaktsform kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht abbedungen werden (NZ 1990, 279).

Die ursprüngliche Vereinbarung eines Aufgriffsrechts - namentlich eines solchen wie hier, bei dessen Ausübung die übrigen Gesellschafter zur Abtretung ihrer Geschäftsanteile an den Aufgriffsberechtigten verpflichtet sind, - im Gesellschaftsvertrag ist doppelt notariatsaktspflichtig, und zwar einerseits gemäß § 4 Abs.3, weil es sich um eine Satzungsbestimmung handelt, und andererseits wegen des Formgebots nach § 76 Abs 2 GmbHG. Gelangt das Aufgriffsrecht erst infolge eines bloß notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses in den Gesellschaftsvertrag, wurde dabei aber (noch) kein Notariatsakt errichtet und die Notariatsaktsform somit noch nicht erfüllt, ist die Abtretungsverpflichtung formgebunden. Bedürfen schon schlichte Ergänzungen der Abtretungsverpflichtung der Notariatsaktsform und dürfen selbst solche Vorkehrungen deshalb nicht etwa nur in der Form einer notariellen Beurkundung vorgenommen werden (JBl 1958, 153), muß die strenge Einhaltung des im § 76 Abs 2 GmbHG statuierten Formzwangs umsomehr bei der Einfügung des Aufgriffsrechts in den Gesellschaftsvertrag bzw bei dessen wesentlicher Abänderung gefordert werden. Die notarielle Beurkundung reicht in diesen Fällen zur Formwirksamkeit nicht aus (Gellis/Feil aaO mwN; Lux aaO 17f; vgl dazu auch Bartl/Henkes/Schlarb aaO Rz 255), was übrigens auch der Kläger selbst nicht bezweifelt.

Wohl enthielt schon der Gesellschaftsvertrag in seiner Stammfassung eine an die Ausübung des Aufgriffsrechts gebundene Verpflichtung der Erben bzw sonstigen Rechtsnachfolger eines verstorbenen Gesellschafters, der Kläger beruft sich indes zur Stützung seines Begehrens auf das ihm erst durch den - bloß das im § 49 Abs 1 GmbHG verankerte Formgebot (der notariellen Beurkundung) wahrenden - Beschluß der Generalversammlung vom 30.4.1986. Die ursprüngliche gesellschaftsvertragliche und daher formwirksame Vereinbarung eines Aufgriffsrechts mit entsprechender Abtretungsverpflichtung vom 21.11.1984 erfuhr durch den Generalversammlungsbeschluß vom 30.4.1986, der zwar notariell beurkundet wurde, aber bei dem nicht auch das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG gewahrt worden ist, eine ganz wesentliche inhaltliche Änderung: War ursprünglich der Beschluß, bei Ableben eines Gesellschafters die Gesellschaft nicht forzusetzen, und die Befugnis, den Übernehmer des Geschäftsanteils des verstorbenen Gesellschafters zu bestimmen, der Generalversammlung vorbehalten, wurden diese Rechte nach dem Inhalt der geänderten gesellschaftsvertraglichen Bestimmung (Punkt 17) nunmehr auf den überlebenden Gesellschafter übertragen. Damit sollte die Entscheidung über die Ausübung des Aufgriffsrechts und damit die Abtretung der Geschäftsanteile der übrigen Rechtsnachfolger für den Fall des - eher zu erwartenden - früheren Ablebens des Mehrheitsgesellschafters nun dem Gutdünken des Klägers anheimgestellt sein, obwohl er in der Generalversammlung als Minderheitsgesellschafter nicht einmal gesellschaftsvertragsändernde Beschlüsse (§ 50 Abs 1 GmbHG) verhindern konnte. Daß damit die mit der Ausübung des Aufgriffsrechts verknüpfte Verpflichtung der Miterbinnen zur Abtretung ihrer Geschäftsanteile an den berechtigten Gesellschafter (oder die von diesem bezeichnete Person) ganz massiv modifiziert wurde, kann somit nicht zweifelhaft sein. Eine solche - wesentliche - Änderung einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmunng (hier: der Abtretungsverpflichtung) bedurfte zu deren Formwirksamkeit jedenfalls eines Notariatsakts im Sinne des § 76 Abs 2 zweiter Satz GmbHG. Von einer bloßen Klarstellung (redaktionellen Änderung), die die deutsche Lehre und Rechtsprechung (Scholz/Winter aaO § 15 Rz 69 mwN; Hachenburg/Zutt, GmbHG8 § 15 Rz 50; Baumbach Hueck, GmbHG15 § 15 Rz 29) vom Formzwang ausnehmen will, kann nach dem vorher Gesagten keine Rede sein.

Damit hätte die Neufassung des Aufgriffsrechts und der korrespondierenden Abtretungsverpflichtungen im Punkt 17 des Gesellschaftsvertrags durch den Generalversammlungsbeschluß vom 30.4.1986 zu ihrer Formwirksamkeit jedenfalls eines Notariatsakts bedurft; sie ist deshalb formunwirksam, sodaß der Kläger sein Begehren auf Abtretung des Geschäftsanteils auf diese Bestimmung auch nicht mit Erfolg stützen kann.

Daß die Generalversammlung einen Beschluß, die Gesellschaft nicht fortzusetzen und den Kläger als Übernehmer der Geschäftsanteile der Miterbinnen zu bezeichnen, im Sinne des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrags in der Stammfassung gefaßt hätte, hat der Kläger gar nicht behauptet. Jedenfalls ist die Verlassenschaft, die - bis zur Einantwortung - Subjekt der mit dessen Tod nicht untergegangenen Rechte und Pflichten des Erblassers (Welser in Rummel, ABGB2 § 547 Rz 2 bis 4) und damit auch der aus dem Geschäftsanteil des Erblassers, der von § 76 Abs 1 GmbHG ausdrücklich als vererblich erklärt ist, erfließenden Gesellschafterrechte ist, nach ihm - bis zur Einantwortung (Koziol/Welser, Grundriß I10 63) - Inhaber des Geschäftsanteils, wird dabei von den Erben, soweit ihnen die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt wurde, oder - wie hier - von einem Nachlaßkurator vertreten und übt auch die Gesellschafterrechte und damit auch das Stimmrecht in der Generalversammlung aus (vgl Reich-Rohrwig aaO 127). Verfehlt ist die Auffassung des Klägers, die Verlassenschaft wäre auch bei der Frage der Ausübung des Aufgriffsrechts nicht stimmberechtigt gewesen, zumal hier weder ein Stimmrechtsausschluß gemäß § 39 GmbHG vorliegt, noch das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung - bei Interessenkollisionen - ein generelles Stimmverbot kennt (Reich-Rohrwig aaO 349).

Da schon die Formunwirksamkeit des Punktes 17 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung des Generalversammlungsbeschlusses vom 30.4.1986, auf den der Kläger sein Begehren stützt (und auch nur stützen könnte), zur Abweisung des Klagebegehrens führen muß, ist auf die übrigen Rechtsmittelausführungen nicht weiter einzugehen.

Das Urteil des Erstgerichts ist somit - in Stattgebung des Rekurses der beklagten Partei - gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Für die "Vorlage von oberstgerichtlichen Entscheidungen" mit Schriftsatz vom 22.9.1994 (ON 25) gebühren keine Kosten, weil dieser Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht nötig war. Der erkennende Senat sieht auch keinen Grund, die Entlohnung des für die beklagte Partei tätig gewesenen Rechtsanwalts gemäß § 21 RATG (unrichtig: AHR) unabhängig vom Tarif festzusetzen und einen 100 %igen Zuschlag zur tariflichen Entlohnung zuzuerkennen.

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