OGH 3Ob562/94(3Ob1623/94)

OGH3Ob562/94(3Ob1623/94)29.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Angst, Dr.Redl, Dr.Graf und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 27.7.1985 verstorbenen Wolfgang Josef B*****, ***** infolge ordentlichen Revisionsrekurses der Mutter des Erblassers Franziska B*****, ***** und des außerordentlichen Revisionsrekurses 1. der Mutter und der Geschwister des Erblassers, 2. Josef B*****,***** 3. Johann B*****, ***** und 4. Alois B*****, ***** sowie 5. Franziska K*****,***** alle vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Grosch & Partner in Kitzbühel, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8. Juli 1994, GZ 54 R 2,3/94-232, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 22.März 1994, GZ A 1187/92b-219, und vom 14.April 1994, GZ A 1187/92b-225, bestätigt und Rekurse gegen die Beschlüsse zurückgewiesen wurden, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem ordentlichen Revisionsrekurs der Mutter des Erblassers wird nicht Folge gegeben.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter und der Geschwister des Erblassers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Nachlaß des am 27.7.1985 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen, nicht verehelicht gewesenen Erblassers gaben zunächst seine Mutter, seine drei Brüder und seine Schwester bedingte Erbserklärungen ab. Diese Erbserklärungen wurden vom Erstgericht als Verlassenschaftsgericht mit einem rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 17.11.1988 angenommen. Nachdem der Erblasser durch ein gerichtliches Urteil rechtskräftig als Vater einer unehelichen Tochter festgestellt worden war, gab auch diese zu seinem Nachlaß die bedingte Erbserklärung ab, die mit dem ebenfalls rechtskräftig gewordenen Beschluß des Erstgerichtes vom 10.4.1989 angenommen wurde. Mit Beschluß vom 14.7.1992 übertrug das Erstgericht unter Berufung auf § 810 ABGB und § 145 AußStrG einem der Brüder die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft. Mit Beschluß vom 27.1.1993 verwies es die Mutter und die Geschwister des Erblassers mit ihren Erbansprüchen auf den Rechtsweg und trug ihnen auf, innerhalb von drei Monaten gegen die Tochter des Erblassers die Klage einzubringen, widrigenfalls mit der Verlassenschaftsabhandlung ohne Berücksichtigung ihrer Erbansprüche vorgegangen werden würde. Alle diese Beschlüsse wurden rechtskräftig. Die Klage wurde nicht eingebracht, obwohl die hiefür gesetzte Frist bereits abgelaufen ist. Mit dem auch andere, hier nicht bedeutsame Verfügungen enthaltenden Beschluß vom 22.3.1994 entschied schließlich das Erstgericht, daß die Einantwortungsurkunde antragsgemäß erlassen wird, daß der Bruder des Erblassers "als Verlassenschaftskurator" mit der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde enthoben und daß die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt wird. Zugleich erließ es die Einantwortungsurkunde, in der der Nachlaß der Tochter des Erblassers eingeantwortet wurde.

Die Mutter und die Geschwister des Erblassers, die der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Beschluß, mit dem sie mit ihren Erbansprüchen auf den Rechtsweg verwiesen worden waren, nicht mehr beigezogen wurden, stellten nach Erlassung des angeführten Beschlusses des Erstgerichtes und der Einantwortungsurkunde den Antrag auf Ausfertigung eines Ediktes zur Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger und erhoben gegen den Endbeschluß des Erstgerichtes vom 22.3.1994 Rekurs.

Mit Beschluß vom 14.4.1994 wies das Erstgericht den Antrag auf Ausfertigung eines Ediktes im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Antragsteller nicht mehr als Erben anzusehen seien und nach der Einantwortung des Nachlasses, deren Wirkungen schon mit der Zustellung und nicht erst mit der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde einträten, die Einberufung nicht mehr möglich sei, weshalb der Antrag auch nicht berechtigt sei, soweit er vom "Verlassenschaftskurator" gestellt werde.

Der zuletzt angeführte Beschluß wurde von der Mutter und den Geschwistern des Erblassers mit Rekurs bekämpft.

Das Rekursgericht entschied über den gegen den Endbeschluß des Erstgerichtes eingebrachten Rekurs, daß ihm nicht Folge gegeben wird, soweit er vom Bruder des Erblassers als Nachlaßverwalter gegen seine Enthebung erhoben wurde, und daß im übrigen sein Rekurs und der Rekurs der anderen Rekurswerber zurückgewiesen wird. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, soweit damit der von der Mutter des Erblassers als Fruchtgenußberechtigte erhobene Rekurs zurückgewiesen wurde, und daß dieses Rechtsmittel im übrigen aber nicht zulässig sei. Die Rekurswerber seien zuletzt der Verlassenschaftsabhandlung zu Recht nicht beigezogen worden, weil sie dem Auftrag zur Einbringung der Klage nicht fristgerecht nachgekommen seien. Es komme ihnen deshalb keine Beteiligtenstellung und auch kein Rekursrecht zu, zumal die Mutter des Erblassers auch kein Pflichtteilsrecht habe und die Rekurswerber auch als Nachlaßgläubiger zum Rekurs nicht berechtigt seien. Da einem Fruchtgenußberechtigten nur gegen jene Beschlüsse das Rekursrecht eingeräumt werden könne, durch die in seine Rechte eingegriffen werde, und da dies bei dem bekämpften Endbeschluß und der Einantwortung nicht der Fall sei, sei die Mutter des Erblassers auch in ihrer Eigenschaft als Fruchtgenußberechtigte zum Rekurs nicht berechtigt. Der als Nachlaßverwalter eingesetzte Bruder des Erblassers habe ein Rekursrecht nur gegen seine Enthebung. Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, daß seiner Tätigkeit mit der Einantwortung der Boden entzogen worden sei.

Über den Rekurs, der gegen die Abweisung des Antrags auf Ausfertigung eines Edikts zur Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger eingebracht wurde, entschied das Rekursgericht, daß dem Rekurs nicht Folge gegeben wird, soweit er von dem zum Nachlaßverwalter bestellten Bruder eingebracht wurde, und daß der Rekurs der übrigen Rekurswerber zurückgewiesen wird. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zulässig sei nur der Rekurs des zum "Verlassenschaftskurator" bestellten Bruders des Erblassers; soweit er von den übrigen Rekurswerbern erhoben werde, sei er hingegen aus den zum Rekurs gegen den Endbeschluß angeführten Gründen unzulässig. Der zulässige Rekurs sei nicht berechtigt, weil infolge der Beendigung der Verlassenschaft und der Einantwortung des Nachlasses die Ausfertigung eines Ediktes zur Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger gemäß § 133 AußStrG nicht mehr in Betracht komme.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Mutter des Erblassers gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene ordentliche Revisionsrekurs ist nicht berechtigt, der von ihr und den Geschwistern des Erblassers erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Zum ordentlichen Revisionsrekurs der Mutter des Erblassers:

Im Abhandlungsverfahren steht das Rekursrecht gemäß § 9 AußStrG nur demjenigen zu, der durch eine Verfügung beschwert ist (NZ 1987, 130; EF 37.182; SZ 23/5 ua). Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß der Fruchtgenußberechtigte durch den Beschluß, mit dem die Verlassenschaft eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt wird, und durch die Ausfertigung der Einantwortungsurkunde selbst nicht beschwert ist, weil hiedurch seine Rechtsstellung in keiner Weise berührt wird. Sein Fruchtgenußrecht bleibt an der zum Nachlaß gehörenden Liegenschaft haften und ist vom Erben zu beachten. Nicht zu erkennen ist, warum, wie die Mutter des Erblassers in ihrem Revisionsrekurs meint, das Inventar für ihre Rechtsstellung von Bedeutung sein könnte. Für die Erfüllung der Rechte des Fruchtgenußberechtigten haftet unabhängig von der Art der vom Erben abgegebenen Erbserklärung die Liegenschaft, weshalb das errichtete Inventar hierauf keinen Einfluß hat. Aus den vom Rekursgericht erwähnten Ausführungen von Feil (Das Verfahren außer Streitsachen 454), wonach dem Fruchtgenußberechtigten eine Ausfertigung der Einantwortungsurkunde zuzustellen ist, ergibt sich unmittelbar nichts Gegenteiliges und sie werden überdies durch die zitierte Entscheidung SZ 34/157 = RPflA 3828 nicht gestützt, weil diese Entscheidung Nacherben betraf.

Das Rekursgericht hat somit den Rekurs der Mutter des Erblassers, der auch, wie noch auszuführen sein wird, als erbserklärter Erbin kein Rekursrecht zukommt, mit Recht zurückgewiesen.

Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter und der Geschwister des Erblassers:

Soweit im Revisionsrekurs geltend gemacht wird, daß die von der Tochter des Erblassers abgegebene Erbserklärung nicht rechtsgültig abgegeben worden sei, wird übersehen, daß ein allfälliger Mangel durch die Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Erbserklärung angenommen wurde, geheilt worden ist. Die Argumente, welche die Revisionsrekurswerber daraus ableiten, daß die erste Erbserklärung der Tochter des Erblassers nicht rechtsgültig gewesen sei, sind daher nicht zielführend.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt Erben, welche die ihnen zur Einbringung der Klage gesetzte Frist versäumt haben, im anschließenden Verlassenschaftsverfahren keine Parteistellung zu (EF 7538) und es ist dieses Verfahren ohne Berücksichtigung ihrer Erbansprüche weiterzuführen (§ 125 AußStrG; 4 Ob 544/75; 7 Ob 181,182/72). Ebenso ist es einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß solche Erben im anschließenden Verlassenschaftsverfahren keine Rekurslegitimation mehr haben (NZ 1989, 37; 1 Ob 596-599/84; 5 Ob 745/82).

Der Bruder des Erblassers wurde nicht zum Verlassenschaftskurator bestellt, sondern es wurde ihm als Erbe gemäß § 810 ABGB und § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen. Aus der Entscheidung SZ 24/6 ergibt sich, daß eine solche Überlassung zu widerrufen ist, wenn die Erbeneigenschaft weggefallen ist. Dies ist aber nach dem Gesagten der Fall, wenn der Erbe die ihm zur Einbringung der Erbrechtsklage gesetzte Frist versäumt hat. Auf die im Revisionsrekurs bezeichnete Frage, ob ein Verlassenschaftskurator erst nach Zustellung der Einantwortungsurkunde enthoben werden darf, kommt es hier nicht an. Ebensowenig kann die Rekurslegitimation des Bruders des Erblassers damit begründet werden, daß ihm die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft übertragen wurde. Aus dem Gesagten folgt aber auch, daß säumige Erben nicht mehr berechtigt sind, gemäß § 813 ABGB die Ausfertigung eines Edikts zur Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger zu beantragen, weil ihnen im Verlassenschaftsverfahren keine Erbenrechte mehr zustehen.

Insgesamt entspricht somit die Entscheidung des Rekursgerichtes in jenen Teilen, in denen es den ordentlichen Revisionsrekurs als nicht zulässig angesehen hat, der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, gegen die im Revisionsrekurs nichts vorgebracht wird. Es ist daher das Rekursgericht von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen und es sind auch aus anderen Gründen Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs nicht nach dieser allein in Betracht kommenden Bestimmung zulässig ist.

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