Spruch:
Für die von Szanko L***** in der Zeit vom 30.Dezember 1993, 23,05 Uhr bis zum 3.Mai 1994, 16,15 Uhr, erlittene strafgerichtliche Anhaltung im Verfahren AZ 11 Vr 1394/93 des Landesgerichtes Eisenstadt liegen die Voraussetzungen eines Ersatzanspruches nach § 2 Abs 1 lit a und Abs 3 StEG nicht vor.
Zur Entscheidung über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 25.November 1994, GZ 11 Vr 1394/93-79 (mit welchem die Voraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b StEG verneint wurden) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.
Text
Gründe:
Szanko L***** wurde mit Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Eisenstadt vom 3.Mai 1994 vom Vorwurf, das Verbrechen des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB dadurch begangen zu haben, daß er am 30.Dezember 1993 in Heiligenkreuz einen Vorrat von Waffen (Schießbedarf) oder anderen Kampfmitteln, nämlich 1,56 kg Sprengstoff "Nitropenta" mit einem 10 %igen Plastifizierungsmittelanteil, sieben Sprengkapseln und drei elektrische Zünder bereithielten, indem er diese nach Österreich transportierte, wobei der Vorrat nach Art und Umfang geeignet war, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, gemäß § 366 StPO (im Urteil unrichtig § 259 Z 3 StPO) freigesprochen, nachdem die Geschworenen die (allein) an sie gerichtete Hauptfrage 1 mit 2 : 6 Stimmen verneint hatten.
Szanko L***** wurde unmittelbar nach der Tat fest- und am 31.Dezember 1993 aus den Haftgründen der Flucht-, Verabredungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1, 2, 3 lit a StPO in Untersuchungshaft genommen. Zuletzt gab das Oberlandesgericht Wien am 6. April 1994 zu AZ 27 Bs 123/94 (ON 48) der Haftbeschwerde des Genannten nicht Folge und verfügte die Fortsetzung seiner Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr.
Nachdem Szanko L***** im Anschluß an seinen Freispruch am 3.Mai 1994 enthaftet worden war, stellte sein Verteidiger mit Eingabe vom 5.Mai 1994 (ON 58) den "Antrag auf Zuerkennung einer Haftentschädigung gemäß StEG" und führte dazu aus, der Freigesprochene begehre "gemäß § 2 StEG durch Beschluß festzustellen, daß die Anspruchsvoraussetzungen für eine Entschädigung gemäß dem zitierten StEG gegeben" seien. Im Rahmen seiner Anhörung vom 31.Oktober 1994 (ON 78) präzisierte er das Vorbringen lediglich dahingehend, seinen Anspruch sowohl auf lit a, als auch lit b des § 2 Abs 1 StEG zu stützen (S 525).
Das Landesgericht Eisenstadt verneinte mit Beschluß vom 25.November 1994 (ON 79) die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b StEG; das Oberlandesgericht Wien legte die Akten vor der Entscheidung über die dagegen erhobene Beschwerde (ON 81) dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit a StEG vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 lit a StEG besteht (ua) ein Entschädigungsanspruch, wenn die Anhaltung des Geschädigten von einem inländischen Gericht gesetzwidrig angeordnet oder verlängert worden ist. Hiebei steht gemäß § 2 Abs 3 StEG der strafgerichtlichen Anhaltung durch ein inländisches Gericht eine vorläufige Verwahrung durch eine inländische Verwaltungsbehörde oder durch eines ihrer Organe im Dienste der Strafjustiz gleich, sofern diese einer gerichtlichen Verwahrung oder einer Untersuchungshaft vorangegangen ist. Gemäß § 6 Abs 1 erster Satz StEG hat der Gerichtshof, der dem Gericht, das die Anhaltung angeordnet oder verlängert .... hat ...., übergeordnet ist, auf Antrag des Angehaltenen (oder des Staatsanwaltes) durch Beschluß festzustellen, ob die in § 2 Abs 1 lit a und Abs 3 leg cit bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.
Mit dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 6.April 1994 (ON 48) wurde die strafgerichtliche Anhaltung im Sinn des § 2 Abs 1 lit a StEG "verlängert". Das nicht näher präzisierte Antragsvorbringen impliziert jedenfalls auch die Behauptung der Gesetzwidrigkeit dieser Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz. Gemäß § 6 Abs 1 erster Satz StEG hat darüber der Oberste Gerichtshof in erster (und letzter) Instanz zu erkennen, wobei sich die Entscheidungskompetenz - lege non distinguente sowie im Hinblick auf die offensichtliche ratio legis (vgl 11 Os 112/86) - auf die gesamte Dauer der strafgerichtlichen Anhaltung bezieht.
Der Antrag ist indes nicht berechtigt.
Entgegen dem in Richtung § 2 Abs 1 lit a StEG unsubstantiierten und nicht näher begründeten Antrag war Szanko L***** zur Zeit seiner Festnahme sowie der Verhängung und der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft einer bestimmten Straftat (im Sinn des § 177 Abs 1 StPO) hinreichend und (im Sinn des § 180 Abs 1 StPO) dringend verdächtig und lagen damals auch aus der Sicht gesetzlicher Haftgründe entscheidende Tatsachen vor. Wie das Oberlandesgericht zutreffend darlegte, ergab sich der dringende Verdacht des in Rede stehenden Vergehens aus der Auffindung einer für die Herstellung von 10 Sprengsätzen (SV Dipl.Ing.D*****) genügenden Sprengstoffmenge in einer vom Freigesprochenen - seinen eigenen Angaben zufolge ohne Kenntnis des Inhaltes - im ehemaligen Jugoslawien übernommenen, in seinem von ihm allein zur Einreise nach Österreich benutzten Reisebus aufbewahrten Tasche. Auf Grund seiner Kontakte als Reiseunternehmer, welche in Verbindung mit den Kriegswirren in Jugoslawien eine Flucht erheblich begünstigten, des Fehlens eines inländischen Wohnsitzes und der geschäftlichen Schwierigkeiten des serbischen Staatsangehörigen, welcher die Reisebusse auf Kredit gekauft und einen schlechten Geschäftsgang zu beklagten hatte (S 15, 17), war im Zeitpunkt der Haftentscheidungen auch zu befürchten, er würde auf freiem Fuß flüchten (§ 180 Abs 2 Z 1 StPO).
Im Hinblick auf das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr, dessen dargelegte Intensität einer Substituierung der Haft durch gelindere Mittel entgegenstand, ist die Prüfung weiterer Haftgründe entbehrlich.
Mithin war festzustellen, daß die Voraussetzung eines Ersatzanspruches gemäß § 2 Abs 1 lit a und Abs 3 StEG nicht vorliegen.
Die Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Erstgerichtes über die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b StEG fällt in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 6 Abs 1 und Abs 5 StEG).
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