OGH 4Ob20/95

OGH4Ob20/957.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne G*****, vertreten durch Dr.Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Eferding, wider die beklagte Partei B *****gesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Rumpl, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 18. November 1994, GZ 3 R 164/94-27, womit der Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Handelsgericht vom 14.Juni 1994, GZ 23 Cg 88/94p-17, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des Revisionsrekurses wird die angefochtene Entscheidung als nichtig aufgehoben und der Rekurs der Klägerin als verspätet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses und ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin und die Beklagte vereinbarten am 13.12.1993, gemeinsam eine Zeitschrift mit dem Titel "C***** D***** A*****" herauszugeben. Im Vertrag wurde festgelegt, daß bei Kündigung durch einen Vertragsteil der andere Vertragspartner berechtigt sein solle, die ihm laut Vertrag gestellten Aufgaben zu übernehmen und die Zeitschrift allein oder mit einem anderen Partner seiner Wahl weiterzuführen. Mit Schreiben vom 21.2.1994 kündigte die Beklagte die Vereinbarung auf. Sie teilte der Klägerin mit, daß es ihr freistehe, die Zeitschrift "C***** D***** A*****" in Zukunft allein weiterzuführen. Allerdings dürfe sie die Zeitschrift nicht "C***** D***** A*****" nennen und auch das bisher verwendete Layout nicht benützen.

Nach Aufkündigung der Vereinbarung vom 13.12.1993 gab die Beklagte

eine Zeitschrift mit dem Titel "C***** D*****" heraus; die Klägerin

eine Zeitschrift mit dem Titel "C***** A***** D*****". Beide Zeitschriften sind ähnlich aufgemacht; die Klägerin verwendet für die von ihr herausgegebene Zeitschrift "C***** A***** D*****" jenes Layout, welches für "C***** D***** A*****" benützt worden war.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, eine periodische Druckschrift mit dem Titel "C***** D*****" oder C***** D***** A*****" zu drucken, herauszugeben oder zu verbreiten. In eventu beantragt die Klägerin, sämtliche Exemplare der Zeitschrift einzuziehen.

Die Herausgabe der Zeitschrift "C***** D*****" durch die Beklagte verstoße gegen die zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung. Der Zeitungstitel "C***** D***** A*****" sei für die Klägerin geschützt. Verkehrsgeltung sei nicht erforderlich, weil der Titel unterscheidungskräftig sei.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Klägerin hätte nur dann einen Unterlassungsanspruch, wenn sie für "C***** D***** A*****" Verkehrsgeltung erlangt hätte. Sie habe kein Rechtsschutzinteresse. Ihr stünden keine Rechte am Layout zu, so daß sie das bisher verwendete Layout nicht benützen dürfe. Die Klägerin habe keine Gefahrenbescheinigung erbracht.

Mit Beschluß vom 26.4.1994 wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab (ON 10). Das Layout der Zeitschrift sei von Gilbert B***** entworfen worden. Dieser habe der Beklagten ein Werknutzungsrecht eingeräumt. Das Verhalten der Beklagten sei nicht vertragswidrig; die Klägerin sei hingegen nicht berechtigt, das bisher verwendete Layout weiterhin zu benützen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin gegen diesen Beschluß nicht Folge. Der Beschluß der zweiten Instanz ist rechtskräftig.

Am 19.5.1994 stellte die Klägerin einen weiteren Sicherungsantrag (ON 13).

Das Erstgericht habe aufgrund falscher Aussagen festgestellt, daß die Klägerin nicht berechtigt sei, das Layout zu verwenden. Das Layout sei von Harald G***** entworfen worden. Die Klägerin habe am 14.3.1994 die Marke "C***** D*****" angemeldet.

Die Beklagte beantragt, diesen Sicherungsantrag zurückzuweisen, in eventu ihn abzuweisen.

Der neuerliche Sicherungsantrag sei wegen entschiedener Streitsache unzulässig. Sämtliche Rechte am Layout stünden Gilbert B***** zu, welcher der Beklagten ein Werknutzungsrecht eingeräumt habe. Würde die einstweilige Verfügung erlassen, so wäre das Urteil vorweggenommen.

Das Erstgericht wies auch diesen Sicherungsantrag ab (ON 17).

Es könne nicht festgestellt werden, wer das Layout entworfen habe. Beide Parteien hätten die Marke "C*****-D*****" beim Österreichischen Patentamt angemeldet. Die Anmeldung der Beklagten sei prioritätsälter. Sollte die Marke zu ihren Gunsten registriert werden, so wäre sie berechtigt, die Klägerin von der Benützung der Marke auszuschließen. Der Anspruch der Klägerin sei daher auch bei Berücksichtigung des neuen Vorbringens nicht begründet.

Der Beschluß des Erstgerichtes wurde der Klägerin am 20.6.1994 zugestellt. Am 6.7.1994, somit nach Ablauf der 14tägigen Rekursfrist des § 402 Abs 3 EO, gab die Klägerin einen Rekurs zur Post. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Das Erstgericht bewilligte die Wiedereinsetzung (ON 20) und legte den Rekurs dem Rekursgericht vor.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung erließ (ON 27). Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Zeitungstitel "C***** D***** A*****" sei nicht unterscheidungskräftig. Das Verhalten der Beklagten sei aber sittenwidrig iS des § 1 UWG. Nach dem Vertrag sei die Klägerin berechtigt, die Zeitschrift "C***** D***** A*****" weiterzuführen. Mit der Herausgabe einer verwechselbar ähnlich bezeichneten und aufgemachten Zeitschrift habe die Beklagte die Leistung der Klägerin ausgebeutet und nachgeahmt.

Aus Anlaß des gegen diese Entscheidung gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten ist die angefochtene Entscheidung als nichtig aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 58 Abs 2 EO findet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens einer Frist oder einer Tagsatzung im Exekutionsverfahren nicht statt. Im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind die Bestimmungen über das Exekutionsverfahren sinngemäß anzuwenden, sofern nicht "in diesem Teil" etwas anderes bestimmt ist (§ 402 Abs 4 EO). Das ist nicht der Fall; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher auch im Provisorialverfahren ausgeschlossen (EvBl 1986/100 = ÖBl 1986, 45 - Kräutertee; 4 Ob 22/90; 4 Ob 35/90; 4 Ob 1076/94; 4 Ob 1142/94 ua).

Eine entgegen § 402 Abs 4, § 58 Abs 2 EO bewilligte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist - ähnlich wie die Bewilligung der Verlängerung einer Notfrist (Fasching II 707) - unwirksam und für die Rechtsmittelinstanz unbeachtlich (Heller/Berger/Stix 636 f; EvBl 1982/119; JBl 1983, 493; EvBl 1986/100 = ÖBl 1986, 45 - Kräutertee; Arb 10.768; 3 Ob 1057/91; 4 Ob 50/94; 4 Ob 1076/94; 4 Ob 1142/94 ua). Die - soweit überblickbar - einzige gegenteilige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 242/53) wird in nunmehr einhelliger Rechtsprechung aus der Erwägung abgelehnt, daß ein dem Gesetz fremder Beschluß keine rechtlichen Wirkungen haben könne (4 Ob 35/90; 4 Ob 1076/94; 4 Ob 1142/94).

Die Entscheidung des Erstgerichtes, mit welcher der Sicherungsantrag abgewiesen wurde, war daher im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes bereits rechtskräftig. Das Rekursgericht hätte den Rekurs als verspätet zurückweisen müssen; seine trotz Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses gefällte Entscheidung ist nichtig. Die Beklagte hat die Nichtigkeit nicht geltend gemacht. Nichtigkeitsgründe sind aber von Amts wegen aufzugreifen (Kodek in Rechberger, ZPO § 477 Rz 2 mwN). Die angefochtene Entscheidung war daher aus Anlaß des Revisionsrekurses als nichtig aufzuheben und der Rekurs zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 51 Abs 1 ZPO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung nicht auf den Nichtigkeitsgrund hingewiesen.

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