OGH 1Ob503/95

OGH1Ob503/9527.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Martin H*****, vertreten durch Dr.Peter Raits, Dr.Alfred Ebner, Dr.Walter Aichinger, Dr.Peter Bleiziffer und Dr.Daniel Bräunlich, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Horst P***** und 2. Beate P*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung der Verbücherung des Eigentumsrechtes (Streitwert S 1,000.000,- -), hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 25.November 1994, GZ 3 R 208/94-25, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 11.August 1994, GZ 7 Cg 224/94-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei die mit S 24.997,50 (darin S 4.166,25 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagende und gefährdete Partei ist weiters schuldig, der am Verfahren beteiligten Partei Dr. Wolfgang Hochsteger, Rechtsanwalt, 5400 Hallein, Ederstraße 1, die mit S 22.725,-- (darin S 3.787,50 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Vertrag vom 19.8.1991 pachtete der Kläger einen Restaurationsbetrieb samt bestimmten als Gastgarten und Parkflächen genutzten Liegenschaftsteilen. In Punkt XI. des Pachtvertrages wurde vereinbart, daß die Liegenschaftseigentümerin dem Pächter für den Betrieb das Vorpachtrecht und die Liegenschaft das Vorkaufsrecht im Sinne der §§ 1072 ff ABGB einräume. Sowohl das Vorpachtrecht als auch das Vorkaufsrecht sollten nicht verbüchert werden.

Mit Kaufvertrag vom 3.2.1994 verkaufte die Eigentümerin den größeren Teil der Liegenschaft, auf der sich der gepachtete Restaurationsbetrieb befindet, an die Beklagten. Ein Teilkaufpreis (der ursprünglich im Vertrag nicht angeführt war) von S 3,000.000,-- wurde der Verkäuferin bezahlt, der restliche Kaufpreis von S 8,750.000,-- sollte auf das Treuhandkonto des von den Beklagten bevollmächtigten Rechtsanwaltes, der den Vertrag verfaßt hatte, überwiesen werden, dieser sollte erst dann über den Betrag zugunsten der Verkäuferin verfügungsberechtigt sein, wenn alle zur lastenfreien vertragskonformen Eigentumsübertragung des Kaufgegenstandes erforderlichen Urkunden dem Vertragsverfasser vorliegen würden und der Rangordnungsbeschluß über die beabsichtigte Veräußerung des Kaufgegenstandes bei ihm eingelangt sein würde. Die Verkäuferin übernahm im Vertrag die Haftung dafür, daß der Kaufgegenstand frei von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten auf die Beklagten übergehe.

Ein Hinweis auf das von der Verkäuferin dem Kläger eingeräumte Vorkaufsrecht ist im Kaufvertrag nicht enthalten. Allerdings wurde unter anderem der den Kläger betreffende Pachtvertrag schon einige Tage vor Vertragsunterfertigung in der Kanzlei des Vertragsverfassers kopiert und dem Erstbeklagten, der für die Zweitbeklagte, seine Ehefrau, handelnd auftrat, zur Verfügung gestellt. Das vertraglich vereinbarte Vorkaufsrecht war ihm daher im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung bekannt.

Mit Schreiben vom 17.2.1994 informierte der damalige Vertreter der Beklagten den Kläger, nunmehr seien die Beklagten Eigentümer des Pachtobjektes und die Zahlung des Bestandzinses habe daher an sie zu erfolgen. Mit Schreiben vom 21.2.1994 verwies der Kläger auf das ihm bereits im Jahre 1991 vertraglich eingeräumte Vorkaufsrecht. Mit Schreiben vom 15.3.1994 unterrichtete der damalige Vertreter der Beklagten den Vertreter der Verkäuferin davon, daß nach Ansicht seiner Mandanten nicht diese, sondern die Verkäuferin die Pflicht treffe, dem Berechtigten die Sache zur Einlösung anzubieten. Da der Kaufpreis im Kaufvertrag unrichtig ausgewiesen worden sei und tatsächlich S 11,750.000,-- betragen habe, seien die Beklagten bereit, die beiliegende Berichtigungsvereinbarung zu unterfertigen, um den tatsächlichen und richtigen Vorkaufsfall herbeizuführen. Nach Ansicht der Beklagten, die sich ohne jegliches Präjudiz verstehe, bestehe nach dem nunmehr zutage gekommenen Sachverhalt die Verpflichtung der Verkäuferin, den tatsächlichen Vorkaufsfall dem Berechtigten zur Einlösung anzubieten. Für den Fall der Einlösung sei die Verkäuferin verpflichtet, den Betrag von S 3 Mill. auf das Treuhandkonto des einschreitenden Rechtsanwaltes zu bezahlen, sodaß der Gesamtkaufpreis dessen Mandanten zur Verfügung stehe. Darüber hinausgehende Ansprüche der Mandantschaft würden ausdrücklich vorbehalten. Mit Schreiben vom 24.3.1994 übersandte der Rechtsvertreter der Verkäuferin dem Klagevertreter den Kaufvertrag unter Bekanntgabe des tatsächlichen Kaufpreises. Fristgerecht erklärte der Kläger, die Liegenschaft in Ausübung des Vorkaufsrechtes nach den Bedingungen des Kaufvertrages mit den Beklagten erwerben zu wollen.

Ein vom Kläger gegen die Verkäuferin der Liegenschaft geführter Rechtsstreit wurde daraufhin auf Kosten eingeschänkt und die Verkäuferin zum Kostenersatz verurteilt. Im Zuge dieses Verfahrens hatte der Kläger die einstweilige Verfügung vom 8.3.1994 erwirkt, mit der der Verkäuferin zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Bekanntgabe des Vorkaufsfalles und der Vorkaufsbedingungen verboten wurde, die Liegenschaft ohne ein Anerbieten an den Kläger zur Einlösung zu verkaufen, insbesondere an die Beklagten, und/oder die unter Umgehung des Vorkaufsrechtes des Klägers verkaufte Liegenschaft an Dritte, insbesondere die Beklagten, zu übergeben und/oder unter Umgehung des Vorkaufsrechtes des Klägers das Eigentumsrecht von Dritten, insbesondere der Beklagten, auf der Liegenschaft insbesondere unter Ausnutzung der angemerkten Rangordnung einverleiben zu lassen, und weiters der Verkäuferin geboten wurde, die einzige Beschlußausfertigung dieser Rangordnung bei Gericht zu hinterlegen, soweit sie sich in ihrem Besitz oder im Besitz einer Person befinde, der gegenüber ihr ein Herausgabeanspruch zustehe; überdies wurde die Anmerkung des Veräußerungsverbotes zugunsten des Klägers auf der Liegenschaft angeordnet.

Mit seiner am 21.6.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, das Eigentumsrecht für die Beklagten auf dem strittigen Grundstück einverleiben zu lassen, insbesondere unter Ausnutzung der angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Er verband mit diesem Antrag den Sicherungsantrag, den Beklagten zu verbieten, das Eigentumsrecht der Beklagten auf der strittigen Liegenschaft insbesondere unter Ausnutzung der angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einverleiben zu lassen und ihnen zu gebieten, die einzige Beschlußausfertigung der angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bei Gericht zu hinterlegen, soweit sich die Beschlußausfertigung in ihrem Besitz oder im Besitz einer Person befindet, gegenüber der sie einen Herausgabeanspruch haben, und bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites hierüber nicht zu verfügen. Weiters möge dem ehemaligen Beklagtenvertreter verboten werden, den in seinen Händen befindlichen Rangordnungsbeschluß für die beabsichtigte Veräußerung zu verwenden, insbesondere die Eintragung des Eigentumsrechtes der Beklagten auf der strittigen Liegenschaft oder Teilen hievon im Range der Rangordnung zu beantragen; sollte das Grundbuchsgesuch zwecks Eigentumseinverleibung für die Beklagten bereits abgesandt, die grundbücherliche Eintragung aber noch nicht erfolgt sein, möge dem Rechtsanwalt geboten werden, unverzüglich das Grundbuchsgesuch zurückzuziehen. Weiters möge ihm geboten werden, die einzige Beschlußausfertigung der angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bei Gericht zu erlegen und bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Rechtsstreites hierüber nicht zu verfügen. Der Kläger berief sich zur Anspruchsbescheinigung im wesentlichen auf den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt, insbesondere auf die von ihm gegen die Verkäuferin erwirkte einstweilige Verfügung. Er brachte vor, die Beklagten hätten bereits vor Vertragsabschluß mit der Verkäuferin vom Vorkaufsrecht des Klägers gewußt. Durch das Schreiben des damaligen Vertreters der Beklagten vom 15.3.1994 hätten diese gegenüber der Verkäuferin auf die Erfüllung des Kaufvertrages verzichtet. Darüber hinaus habe der Erstbeklagte den Kläger bei der Finanzierung für den Liegenschaftskauf unterstützt und die Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch ihn begrüßt. Ohne Erlassung der einstweiligen Verfügung bestehe die Gefahr, daß die Verwirklichung des Anspruches des Klägers vereitelt oder doch erheblich erschwert werde. Nach ständiger Judikatur sei eine Eigentumseinverleibung trotz bücherlichen Veräußerungsverbotes möglich, wenn im Range vor dem Veräußerungsverbot eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung angemerkt sei. Der Erstbeklagte habe mehrfach angekündigt, den Kaufvertrag verbüchern zu wollen, weil er anderenfalls erhebliche Schwierigkeiten mit dem den Kaufpreis finanzierenden Bankinstitut befürchten müsse.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten antragsgemäß. Es nahm die erstmalige Kenntnis der Beklagten vom Vorkaufsrecht des Klägers aufgrund des nach Vertragsabschluß erhaltenen Schreibens vom 21.2.1994 als bescheinigt an. Da das Vorkaufsrecht des Klägers nicht verbüchert sei, bestehe kein unmittelbarer Abforderungsanspruch gemäß § 1079 Satz 2 ABGB, sodaß der Anspruch des Klägers gegenüber den Beklagten wie bei einem Doppelverkauf zu betrachten sei. Danach bestehe eine schadenersatzrechtliche Herausgabepflicht zur Naturalrestitution im Sinne des § 1323 ABGB. Dem Kläger sei zwar nicht der Besitz an der Liegenschaft aufgrund seines Vorkaufsrechtes eingeräumt worden, die Beklagten seien aber dennoch als schlechtgläubig anzusehen, da sie es zumindest fahrlässig verabsäumt haben, sich über die Rechtsverhältnisse an der Liegenschaft ausreichend Kenntnis zu verschaffen, obwohl ihnen dies auch zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung leicht möglich gewesen wäre. Dem verstärkten Forderungsrecht des Ersterwerbers aufgrund des Besitzes sei in dem Falle, in dem noch keine Eigentumsübertragung stattgefunden habe, die Erkennbarkeit des Anspruches des Klägers aus dem Pachtvertrag gleichzuhalten. Darüber hinaus hätten die Beklagten schlüssig auf ihren Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechtes verzichtet, indem sie von der Verkäuferin die dieser geleistete Anzahlung von 3 Mio. S zurückverlangt und somit dem Standpunkt des Klägers Rechnung getragen hätten. Durch die Fassung des Gebotes an den Rechtsanwalt sei gewährleistet, daß nicht in Rechte unbeteiligter Dritter eingegriffen werde.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Sicherungsantrag ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht legte seiner Entscheidung den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde; es nahm insbesondere als glaubhaft an, daß der auch für die Zweitbeklagte handelnde Erstbeklagte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Kenntnis des Vorkaufsrechtes des Klägers gewesen sei. In rechtlicher Beurteilung führte das Rekursgericht aus, es sei nicht bescheinigt worden, daß die Beklagten die Verkäuferin zum Vertragsbruch verleitet hätten. Das Forderungsrecht des Klägers sei auch nicht durch dessen Besitz verstärkt, weil der Kläger als Pächter Rechtsbesitz, nicht jedoch Sachbesitz für sich in Anspruch nehmen könne. Ein derartiger Rechtsbesitz habe aber nicht die Signalwirkung im Sinne der typischen Erkennbarkeit des Forderungsrechtes. Wer wie die Beklagten von der Verpachtung des Kaufobjektes Kenntnis habe, müsse daraus noch keineswegs typischerweise auf ein Recht des Pächters auf Übereignung der Liegenschaft schließen. Es könne auch nicht gesagt werden, daß die Vereinbarung persönlicher Vorkaufsrechte zum typischen Inhalt von Bestandverträgen gehöre. Fehle es aber an der Voraussetzung eines Besitzes der Sache selbst, dann reiche die bloße Kenntnis vom Vorkaufsrecht nicht aus, einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Da im vorliegenden Fall von einem absoluten Recht des Klägers keine Rede sein könne, setze die Berechtigung der Unterlassungsklage, die ebenso wie die Herausgabeklage gegen den schon verbücherten Zweitkäufer aus § 1323 ABGB abzuleiten sei, dasselbe vorwerfbare Verhalten wie die Schadenersatzklage voraus. Aus dem Schreiben des damaligen Beklagtenvertreters vom 15.3.1994 lasse sich auch kein nachträglicher Verzicht der Beklagten auf Zuhaltung ihres Kaufvertrages mit der Verkäuferin erkennen. Der Briefverfasser habe vielmehr in seinem Schreiben ausdrücklich die Ansicht vertreten, daß die Beklagten als Käufer in Ansehung des Vorkaufsrechtes keine Verpflichtung treffe. Aus der Ansicht, die Verkäuferin sei „für den Fall der Einlösung“ verpflichtet, den bereits erhaltenen Teilkaufpreis zurückzuzahlen, könne nicht ohne Zweifel (§ 863 ABGB) auf einen Verzicht auf die sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Rechte geschlossen werden. Das Schreiben sei so vorsichtig formuliert, daß weder die Adressatin noch der Kläger darauf vertrauen hätten können, die Beklagten hätten eine rechtsverbindliche Erklärung abgeben wollen. Auch das Vorbringen, wonach der Erstbeklagte den Kläger bei der Finanzierung des Kaufpreises unterstützt und die Einlösung der Liegenschaft durch ihn begrüßt haben solle, könne die Annahme eines Verzichtes nicht begründen.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Wird das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, entsteht zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem ein Kaufverhältnis, das inhaltlich jenem entspricht, das zum Drittkäufer besteht. Die wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts führt beim Drittkäufer nicht zum Titelverlust, es sei denn, im Drittkauf wäre die Ausübung des Vorkaufsrechtes zur Bedingung gemacht worden (SZ 22/34; JBl 1987, 318; Aicher in Rummel 2 Rdz 9 zu § 1075).

Gemäß § 1079 zweiter Satz ABGB steht nur dem dinglich Vorkaufsberechtigten ein Abforderungsrecht gegenüber dem Dritten zu (Bydlinski in Klang 2 IV/2, 885; Aicher aaO Rz 4). Demjenigen, der sich lediglich auf sein nicht verbüchertes Vorkaufsrecht berufen kann, kann nur unter der Voraussetzung der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadenersatzanspruch gegen den Dritten oder - im Falle, daß das Eigentumsrecht des Dritten noch nicht verbüchert ist - ein Unterlassungsanspruch (SZ 49/75) zugebilligt werden. Schrifttum und Judikatur haben ursprünglich die Frage, ob Schadenersatzansprüche gegen Dritte wegen Eingriffen dieser Dritten durch Mitwirkung bei Vertragsverletzungen des Vertragspartners des Geschädigten erhoben werden können, widersprechend gelöst (vgl. die Hinweise in EvBl 1969/58). Die jüngere Rechtsprechung folgte im wesentlichen der Lehre Koziols, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte (insbesondere 152 ff, 174 ff; zusammengefaßt wiedergegeben in Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 40 ff), daß ein Dritter das Recht des Gläubigers auf obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners als notwendigen Bestandteil eines jeden Forderungsrechtes zu respektieren habe und damit an sich gegenüber Eingriffen Dritter geschützt sei, jedoch angesichts der völlig fehlenden Publizität des Forderungsrechtes nur dann rechtswidrig handle, wenn er diese Rechtsposition wissentlich (Verleitung zum Vertragsbruch) verletze. Eine besondere Schädigungsabsicht gemäß § 1295 Abs.2 ABGB sei nicht erforderlich (EvBl 1969/58; JBl 1969, 213; JBl 1973, 524; SZ 41/45; SZ 49/75; SZ 52/110; EvBl 1981/144; JBl 1987, 318). Die Lehre Koziols fand auch im Schrifttum Zustimmung (Ostheim in ZAS 1969, 35 ff; Rummel in Rummel 2 Rdz 36 zu § 859; Aicher in Rummel 2 Rdz 13 f zu § 1053; Apathy in Schwimann Rdz 10 zu § 859; derselbe in Publizianische Klage 87; Bydlinski in Klang 2 IV/2 115; Spielbüchler in Rummel 2 Rdz 11 zu § 431) und wurde von dieser (Schilcher/Holzer in JBl 1974, 445 ff, 512 ff) dahin weiter entwickelt, daß der Besitz Ausdrucksmittel typischer Erkennbarkeit von Forderungsrechten sei und es zur Durchsetzung des schadenersatzrechtlichen Restitutionsanspruches genüge, wenn der Zweiterwerber infolge dieser Publizitätswirkung die obligatorische Position des Beeinträchtigten kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte. Dieser Position folgte auch die Rechtsprechung (JBl 1977, 257; EvBl 1981/144; EvBl 1981/156; SZ 56/125; SZ 56/140; JBl 1987, 318; SZ 63/186; SZ 63/221).

Daß das bloße Ausnutzen eines Vertragsbruches auch dann rechtswidrig sein soll, wenn das Forderungsrecht nicht durch Besitz verstärkt ist, wurde von Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 49; derselbe, Beeinträchtigung 77 f) mit gewichtigen Argumenten bezweifelt. Gegen die Annahme spreche, daß in den Ausnutzungsfällen der Schuldner schon zum Vertragsbruch entschlossen ist, sodaß eine negative Beeinflussung des schuldnerischen Willens nicht mehr möglich sei. Ferner sei die Kausalität des Ausnutzens für den Eintritt des dem Gläubiger erwachsenen Schadens höchst problematisch: Der zum Vertragsbruch entschlossene Schuldner hätte sonst sicherlich mit einem anderen den Vertrag geschlossen, der ebenso zur Vereitelung der Rechte des Gläubigers geführt hätte.

Zu diesem Problemkreis hat Lindinger, Der Rechtsschutz von Vertriebssystemen gegenüber Außenseitern in JBl 1990, 694 ff Stellung genommen und dabei einen anderen Ausgangspunkt für die Außenwirkung von Forderungen entwickelt. Er führte aus (aaO 698 ff), dem Gläubiger komme es weniger auf die obligationsgemäße Willensausübung des Schuldners, sondern auf die Leistungsbewirkung an. Auf die reale Leistungsbewirkung habe er unabhängig vom schuldnerischen Willen auch ein Recht. Der Dritte beeinträchtige dieses Recht nicht nur, wenn er auf den schuldnerischen Leistungswillen in Richtung Vertragsbruch einwirke, sondern auch, wenn er in Kenntnis des fremden Forderungsrechtes die schlichte Leistungsbewirkung vereitle. Das Recht auf die Leistungsbewirkung entfalte absolute Wirkung. Es sei jedermann zumutbar, fremde Verträge zu respektieren, wenn er sie kenne. Niemand solle sich mit dem Schaden eines anderen bereichern. Wer eine Leistung zu erlangen suche, von der er wisse, daß sie vertraglich einem anderen zustehe, der wisse auch, daß der Entfall der Leistung dem anderen schade, der Zufall der Leistung ihn selbst jedoch bereichere. Darin nichts Unrechtes zu finden hieße, dem rechtlich stärkeren und schnelleren Vorzug gegenüber demjenigen geben, der bei seiner Betätigung im Geschäftsverkehr auf Rechte Dritter so weit achte, als er darauf achten könne, ohne unzumutbaren Nachforschungspflichten nachkommen zu müssen. Auch Koziol (Haftpflichtrecht aaO, 47) führt aus, daß der absolute Schutz der Forderungsrechte jedenfalls dann gerechtfertigt wäre, wenn die fehlende generelle Offenkundigkeit durch die tatsächliche Kenntnis im Einzelfall ersetzt werde (aA. allerdings Fabricius in AcP 160, 292; Schilcher/Holzer aaO 512 f).

Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in RdW 1994, 242 das bewußte Ausnützen des fremden Vertragsbruches (dort: in Kenntnis des der Klägerin gemäß § 97 ABGB zustehenden Rechtes) als Eingriff in ein absolutes Recht gewertet.

Ob und in welchem Umfang die bloße Kenntnis vom Vertragsbruch schadenersatzrechtliche Folgen haben könnte, muß allerdings in diesem Verfahren nicht abschließend geprüft werden. Der für die Beurteilung der schadenersatzrechtlichen Haftung allein maßgebliche Zeitpunkt ist jener des Vertragsabschlusses (JBl 1987, 318; RdW 1994, 242). Nach dem vom Rekursgericht als glaubhaft angenommenen Sachverhalt hat der Erstbeklagte aufgrund der Einsicht in den Pachtvertrag Kenntnis vom Vorkaufsrecht des Klägers gehabt. Damit allein war aber ein möglicher Vertragsbruch der Verkäuferin noch nicht offenkundig, weil die Kenntnis des vertraglich eingeräumten Rechtes nicht zwingend die Kenntnis eines Verstoßes dagegen in sich schließt: Da der Erstbeklagte nicht damit rechnen mußte, die Verkäuferin werde sich durch einen Vertragsbruch der Gefahr folgenschwerer Schadenersatzforderungen aussetzen, durfte er trotz Kenntnis der Vertragsbestimmung davon ausgehen, sie habe sich mit dem Vorkaufsberechtigten über die Nichtausübung von dessen Recht geeinigt. Eine Nachforschungspflicht traf den Erstbeklagten bei dieser Sachlage nicht, weil dem Käufer einer Sache vor Vertragsabschluß die Pflicht zu Erhebungen, die zielführend wohl nur durch Befragung des Berechtigten und des Verpflichteten bewerkstelligt werden könnten, nicht auferlegt werden dürfen: Die Forderung nach Einhaltung derartiger Sorgfaltspflichten würde zu einer unzumutbaren Einschränkung der Bewegungsfreiheit im wirtschaftlichen Verkehr führen (vgl. Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 46; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 117 f).

Dem Gericht zweiter Instanz ist auch darin beizupflichten, daß das obligatorische Vorkaufsrecht des Klägers nicht deshalb für den Erstbeklagten deutlich erkennbar war, weil es durch den Besitz verstärkt worden wäre. Der Rechtsbesitz des Klägers aufgrund des Pachtvertrages stand nämlich schon deshalb in keinem deutlich erkennbaren Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht, weil dieses im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch gar nicht ausgeübt war und daher keinen Titel zum Besitz hätte bilden können.

Das Provisorialverfahren lieferte auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagten auf ihre Rechte aus dem Kaufvertrag verzichtet hätten. Nach ständiger Rechtsprechung sind Verzichtserklärungen einschränkend auszulegen (SZ 27/190; SZ 40/27; JBl 1987, 580); bei Annahme stillschweigenden Verzichts ist überhaupt besondere Vorsicht geboten (EvBl 1987/20; SZ 44/106; SZ 41/68). Die Mitteilung einer unpräjudiziellen Rechtsmeinung durch den Vertreter der Beklagten an den Rechtsfreund der Verkäuferin im Schreiben vom 15.3.1994 kann daher schon vom Inhalt her ebensowenig als Verzicht angesehen werden wie das Verhalten des Erstbeklagten nach Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch den Kläger. Hiezu kommt, daß das Schreiben vom 15.3.1994 an die Verkäuferin gerichtet war. Daß mit dieser ein Aufhebungsvertrag zustandegekommen wäre, ist im Verfahren weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen. Daß sich die Beklagten gegenüber dem Kläger ihres Rechtes, sich auf den Kaufvertrag zu berufen, begeben hätten, kann schon deshalb nicht unterstellt werden, weil das Schreiben nicht an den Kläger gerichtet war. Daß der Erstbeklagte nach dem Vorbringen dem Kläger bei der Finanzierung des Kaufpreises behilflich gewesen sein und sich über die Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch ihn erfreut geäußert haben soll, kann - wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat - verschiedene Gründe haben, führt jedoch nicht mit der von § 863 ABGB geforderten Sicherheit zur Annahme einer auf Verzicht gerichteten Willensäußerung.

Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 402, 78 EO, §§ 50, 41 ZPO.

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