Spruch:
Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.
Text
Begründung
Die nunmehr klagende Baugesellschaft und der nunmehrige Beklagte als damaliger Eigentümer eines Stadtpalais schlossen am 21.Februar 1985 eine schriftliche Vereinbarung (laut Beilage A) über den geplanten Dachgeschoßausbau und dessen mietweise Verwertung.
Nach dieser Vereinbarung wäre die Erwirkung der Baubewilligung Sache der Bauunternehmung gewesen, wozu allgemein festgehalten war, daß die Vertragsparteien nach besten Kräften dahin zu wirken hätten, daß bei den in Frage kommenden Behörden der von ihnen festgelegte Plan möglichst unverändert genehmigt werde. Dabei sollten Wohngrößen und -typen sowie Ausstattung einschließlich der Größe und Lage der Terrassen als Grundzüge der Planung unter dem Gesichtspunkt einer optimalen Verwertung auf dem Markt von den Vertragsteilen einvernehmlich festgelegt werden.
Mit seinem Schreiben vom 22.Juni 1987 (laut Beilage 6) erklärte der Hauseigentümer der Baugesellschaft, er erachte es aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht als sinnvoll, die in den letzten Jahren erfolglosen Bemühungen, Interessenten für den Dachausbau zu finden, über den 31.Dezember 1987 hinaus fortzusetzen; er fühle sich an die Vereinbarung vom 21.Februar 1985 "noch bis 31.12.1987 gebunden". Im Juli 1988 wiederholte der Hauseigentümer gegenüber der Baugesellschaft im Schriftverkehr mehrmals, seinerseits von einer weiteren Verfolgung der Dachausbauidee Abstand zu nehmen.
Mit ihrer am 3.November 1988 angebrachten Klage begehrte die Baugesellschaft vom Hauseigentümer dessen bauordnungsgemäße Zustimmung zum Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung (im Sinne der von der Klägerin ausgearbeiteten Pläne). Nach dem Prozeßstandpunkt der Klägerin sei der Beklagte zu der begehrten Erklärung im Sinne der nach wie vor als aufrecht angesehenen Vertragsbindungen gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen. Der Beklagte dagegen erachtete sich im Sinne seiner Erklärung vom 22.Juni 1987 seit dem Jahresbeginn 1988 aller Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 21.Februar 1985 ledig.
Im ersten Rechtsgang hatte das Prozeßgericht das auf Unterfertigung eines Bauansuchens gerichtete Klagebegehren aus der Erwägung abgewiesen, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Ausführung der als Werkvertrag gedeuteten Vereinbarung vom 21.Februar 1985 besäße. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der von der erstinstanzlichen Beurteilung abweichenden Begründung, daß das als Gelegenheitsgesellschaft gewertete Vertragsverhältnis der Streitteile mangels erzielter Einigung über die Planung im Sinn des § 1205 ABGB aufgehoben sei. Der Oberste Gerichtshof faßte einen Aufhebungsbeschluß (6 Ob 587/90).
Im zweiten Rechtsgang brachte der Beklagte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7.März 1991 vor, er habe seine Liegenschaft mit dem im Dachgeschoß auszubauen gewesenen Stadtpalais an eine Aktiengesellschaft verkauft, deren Eigentum auch bereits aufgrund dieses Kaufvertrages grundbücherlich einverleibt worden sei; daraus leitete der Beklagte ab, daß die von ihm begehrte Zustimmung baurechtlich jede Bedeutung verloren hätte. Die Klägerin hielt dessenungeachtet ihr ursprüngliches Klagebegehren in präzisierter Form aufrecht. Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren abermals ab. Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß.
Im dritten Rechtsgang erklärte die Klägerin in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 9.März 1993, ihr Klagebegehren umzustellen, weil ihr Unterfertigungsbegehren augenscheinlich nicht mehr zum Ziele führe; der Beklagte habe durch seinen Liegenschaftsverkauf den (gemeinsam) geplanten Dachbodenausbau unmöglich gemacht, die Klägerin daher um den erwarteten Geschäftserfolg gebracht und schulde deshalb Schadenersatz. Die Klägerin änderte daher ihr Begehren auf Zahlung eines Betrages von 5 Mio S samt 10 % Zinsen seit 1.Juli 1990.
In der Tagsatzung vom 13.Dezember 1993 wendete der Beklagte gegenüber dem Zahlungsbegehren ausdrücklich Verjährung ein: Die Klägerin hätte seine Erklärung, sich ab Jahresbeginn 1988 an die Vereinbarung vom 21. Februar 1985 nicht mehr gebunden zu erachten, bereits im Jahr 1988 zum Anlaß nehmen können, Schadenersatz, wie er mit der geänderten Klage vom 9.März 1993 zugrundegelegt wurde, zu begehren. Mit dieser Möglichkeit sei die dreijährige Verjährungsfrist in Gang gesetzt worden, die daher lange vor dem 9.März 1993 bereits abgelaufen gewesen sei.
Zum Liegenschaftsverkauf gestand die Klägerin zu, daß der Kaufvertrag am 19.Juni 1990 abgeschlossen und am 17.Oktober 1990 verbüchert worden sei. Die Klägerin machte aber geltend, daß sie davon erstmals durch das Prozeßvorbringen des Beklagten vom 7.März 1991 Kenntnis erlangt habe.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Zahlungsbegehren wegen Verjährung ab.
Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß. Dazu sprach es aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
In rechtlicher Beurteilung folgerte dabei das Berufungsgericht: Die Streitteile seien im Sinne ihrer Vereinbarung vom 21.Februar 1985 über den Ausbau des Dachgeschoßes in dem damals dem Beklagten gehörenden Stadtpalais durch die Klägerin zu einer erwerbsgeschäftlichen Rechtsgemeinschaft zur Erreichung eines bestimmten Vertragszweckes verbunden gewesen. Der Klägerin sei es offengestanden, den Beklagten auf Vertragszuhaltung zu belangen, soweit dieser sich (nach ihrer Ansicht) mit vertraglich geschuldeten (Einzel-)Leistungen im Verzug befunden habe. Die Klägerin hätte zwar eine Vertragsverletzung des Beklagten zum Grund einer außerordentlichen Kündigung des Dauerschuldverhältnisses nehmen können, sei aber dazu nicht gezwungen gewesen. Die Klägerin habe klageweise die Vertragszuhaltung (durch Erfüllung der nach dem damaligen Stand des gemeinschaftlichen Geschäftes fälligen zur Erreichung des Vertragszweckes notwendigen Leistungen) betrieben. Solange die Klägerin auf diese Weise ihren Vertragserfüllungsanspruch betrieben habe, habe die Verjährung eines an dessen Stelle tretenden Schadenersatzanspruches noch nicht zu laufen beginnen können. Mit der klageweisen Geltendmachung des (nach dem damaligen Entwicklungsstand des gemeinschaftlichen Projektes Dachausbau) gerade aktuellen (gesellschaftsvertraglichen) Anspruches auf Mitwirkung am Projekt habe die Klägerin die Zuhaltung des Gesellschaftsvertrages als solchen und nicht bloß die Zuhaltung der gerade fälligen Einzelverbindlichkeit verfolgt.
Der in Lehre und Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, daß im Falle des Wahlrechtes eines Gläubigers, vom Schuldner Vertragserfüllung zu begehren oder vom Vertrag zurückzutreten und Ersatz des Nichterfüllungsschadens zu verlangen, die Verjährung des letzterwähnten Schadenersatzanspruches bereits mit dem Zeitpunkt zu laufen begänne, in dem der Gläubiger erstmals zum Vertragsrücktritt berechtigt gewesen wäre, sei nicht anwendbar, weil die Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist die Klage auf Vertragszuhaltung angebracht (und gehörig betrieben) habe. Die Verjährung des Schadenersatzanspruches beginne erst mit dem Unmöglichwerden der Leistung oder der Feststellung dieses Umstandes. Ein nichtvertragstreuer Teil sollte seinen am Vertrag festhaltenden und Vertragszuhaltung fordernden Partner nicht zwingen können, zur Vermeidung der Anspruchsverjährung alternativ oder eventualiter zur Vertragszuhaltung Schadenersatz einzuklagen. Die Verjährung des mit der Klagsänderung vom 9.März 1993 erstmals gerichtlich geltend gemachten Schadenersatzanspruches habe nicht schon mit dem Tag zu laufen begonnen, an dem die Klägerin zum Vertragsrücktritt berechtigt gewesen wäre, sondern erst mit ihrem Fallenlassen des Vertragserfüllungsanspruches. Der Schadenersatzanspruch sei aus diesen Erwägungen im Gegensatz zur erstinstanzlichen Auffassung nicht verjährt. Es lägen Feststellungsmängel vor, zu deren Behebung das erstinstanzliche Verfahren zu ergänzen sei.
Der Beklagte ficht den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wegen (qualifiziert) unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Verjährungsfrage durch das Berufungsgericht mit einem auf Wiederherstellung des klagsabweislichen Urteiles erster Instanz zielenden Abänderungsantrag an.
Die Klägerin strebt die Bestätigung des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses an.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Klägerin hat ihr mit der Klagsänderung vom 9.März 1993 in das Verfahren eingeführtes Zahlungsbegehren darauf gegründet, daß der Beklagte die Zweckerreichung des im Vertrag vom 21.Februar 1985 niedergelegt gewesenen Zieles durch die Veräußerung seiner Liegenschaft ohne Übertragung der Vertragspflichten auf die Käuferin (schuldhaft) vereitelt habe. Die Eigentumsübertragung an die Käuferin erfolgte mit Wirkung vom 17.Oktober 1990 aufgrund des Kaufvertrages vom 19.Juni 1990. Die Klägerin erfuhr von dieser Liegenschaftsveräußerung erstmals durch das Prozeßvorbringen des Beklagten vom 7.März 1991. Die Klägerin leitet ihren den Klagsgegenstand bildenden Schadenersatzanspruch daraus ab, daß der Beklagte durch seinen Liegenschaftsverkauf die Zweckvereitelung des Dachausbauvertrages bewirkt habe. Die Verjährung dieses Anspruches kann nicht vor der Liegenschaftsveräußerung zu laufen begonnen haben und war daher im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung vom 9. März 1993 keinesfalls verjährt.
Die umstrittene Frage nach dem Beginn der Verjährungsfrist im Falle der Geltendmachung des Erfüllungsinteresses nach Ausübung eines die Vertragsbindung beendenden Gestaltungsrechtes durch den Gläubiger (vgl die sich auf die Rechtsprechung im Sinne der SZ 34/7 und SZ 43/98 berufenden Lehrmeinungen von Koziol, Haftpflichtrecht2 I, 319 und Mayrhofer SchR 349 f ua, die vermittelnde Kommentaransicht von Schubert in Rummel ABGB § 1489 Rz 3 oder aber jüngst Roth in Holzhammer Zwangsversteigerungsrecht4 407) ist daher im vorliegenden Fall nicht streitentscheidend.
Eine andere, von der Frage der Verjährung zu trennende Frage ist die nach dem Bestand des geltend gemachten Schadenersatzanspruches, der etwa dann verneint werden müßte, wenn im Zeitpunkt der Liegenschaftsveräußerung ein Vertragsanspruch der Klägerin nicht mehr bestanden hätte und die Liegenschaftsveräußerung daher die Rechtslage der Klägerin nicht mehr zu beeinflussen vermocht hätte.
Das zu beurteilen ist aber erst nach der vom Berufungsgericht zu Recht aufgetragenen Verfahrensergänzung möglich.
Dem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.
Der Vorbehalt der Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)