OGH 8Ob619/92

OGH8Ob619/9213.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Josef Ebner, Rechtsanwalt, Mahlerstraße 7, 1010 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C*****, Produktions- und Vertriebsgesellschaft für Autoradio-Zubehör GmbH, wider die beklagte Partei V***** Bank AG, ***** vertreten durch Dr.Gerald Kopp ua Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Anfechtung (Streitwert S 1,479.889,80), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27.Juli 1992, GZ 3 R 112/91-11, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. Februar 1991, GZ 36 Cg 28/91-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Über das Vermögen der C***** Produktions- und Vertriebsgesellschaft für Autoradio-Zubehör GmbH wurde am 28.Februar 1989 das Ausgleichsverfahren eröffnet und am 6.Juni 1989 der Anschlußkonkurs verhängt; zunächst wurde der Rechtsanwalt Dr.Walter P***** und nach dessen Tod der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Am 11.Februar 1987 war zwischen der nachmaligen Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei ein Factoring-Vertrag folgenden Inhaltes abgeschlossen worden:

"1. Der Kunde verkauft und tritt gemäß den Allgemeinen Heller-Geschäftsbedingungen alle seine ab Vertragsbeginn entstehenden Forderungen aus Warenlieferungen und/oder Leistungen inklusive aller Nebenrechte an Heller ab. Heller übernimmt und kauft diese Forderungen.

2. Die Zusammenarbeit der Vertragspartner erfolgt im Inter-Credit-Verfahren.

3. Nach Vertragsbeginn angekaufte Forderungen werden mit 80 % bevorschußt.

4. Die Zinsen auf Vorschüsse betragen 9 % p.a. kontokorrentmäßig.

5. Das Zahlungsausfallsrisiko wird von Heller nicht übernommen.

...........

7. Das vom Kunden seinen Abnehmern eingeräumte äußerste Zahlungsziel darf 90 Tage nicht überschreiten. Für Wechselzahlungen gilt insgesamt ein maximales Zahlungsziel von 120 Tagen. Ausgenommen hievon sind fallweise durchgeführte Aktionen mit Zahlungsziel 120 Tage.

8. Der Kunde hat spätestens bis 15. des jeweiligen Folgemonats folgende Unterlagen an Heller zu senden:

Offene-Posten-Liste

Altersgliederung (unterteilt in mehr als 30, 60, 90 und 120 Tage Überfälligkeiten).

9. Die Inter-Credit-Gebühr beträgt 0,3 % vom Umsatz zuzüglich MWSt. und ist täglich fällig. .......

12. Für Bevorschussungen gilt bis auf weiteres ein Rahmen von S 1 Millionen als vereinbart.

13. Der Kunde hat an alle bestehenden und künftig hinzukommenden Abnehmer ein Informationsschreiben zu versenden. Alle Rechnungen und Rechnungskopien des Kunden haben den Abtretungsvermerk zu enthalten.

Die Abtretung der Forderung ist in der EDV-Anlage des Kunden durch entsprechende Symbole anzumerken.

14. Die Abrechnung erfolgt über Konto Nr 69199.0000 bei der Berger Bank.

15. Bestellte Sicherheiten:

Blankoakzept und Widmungserklärung unterfertigt von Herrn Alfred V***** und Herrn Peter M*****.

16. Dieser Vertrag gilt zunächst vom 2.2.1987 bis 2.2.1992.

Beide Vertragspartner sind berechtigt, diesen Vertrag unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 2.Februar eines jeden Jahres zu kündigen, frühestens jedoch zum 2.Februar 1988, andernfalls sich das Vertragsverhältnis jeweils auf ein weiteres Jahr verlängert.

......

17. Allgemeines:

Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer

Gültigkeit der Schriftform.

Die beiliegenden Allgemeinen Heller-Geschäftsbedingungen sind

wesentlicher Bestandteil des Vertrages, soweit der vorliegende

Vertrag nichts anderes vorsieht......"

Am 24.Oktober 1988 wurde zwischen den oben angeführten

Vertragspartnern folgender Nachtrag vereinbart:

"ad.Pkt.3.

Ab 17.Oktober 1988 erfolgt die Zusammenarbeit im

Standard-Factoring-Verfahren.

........

ad.Pkt.10.

Die Factoring-Gebühr erhöht sich um 0,5 %. Für die Datenübernahme

wird ein Kostenbeitrag von S 3.000,- verrechnet.

......"

Die Allgemeinen Heller-Geschäftsbedingungen (im folgenden: AGB) enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 1 Gegenstand des Vertrages

ist der Verkauf und die Abtretung aller vertraglich vereinbarten Forderungen des Kunden aus Warenlieferungen und/oder Leistungen an Heller. Von dieser Abtretung sind auch alle Nebenrechte, insbesondere alle Sicherheiten einschließlich sämtlicher Ansprüche aus Bürgschaften, Garantien und aus dem Eigentumsvorbehalt (eventuell auch erweiterter und verlängerter) erfaßt.

§ 2 Gewährleistung

(1) Der Kunde haftet für die Richtigkeit der angekauften Forderungen, für die Rechtswirksamkeit der Abtretung sowie dafür, daß weder aufrechenbare Gegenforderungen seitens seiner Abnehmer noch Rechte Dritter an den Forderungen bestehen oder behauptet werden. Jegliche Verfügungen des Kunden über Forderungen nach Vertragsbeginn sind unzulässig. Einem seitens seines Abnehmers vorgeschlagenen Abtretungsverbot kann der Kunde ohne Genehmigung von Heller nicht zustimmen.

.......

§ 3 Übernahme der Forderungen

(1) Glechzeitig mit oder sofort nach Lieferung der Ware bzw Erbringung der Leistung hat der Kunde eine Kopie der an den Abnehmer gehenden Originalrechnung an Heller zu übersenden. Durch eine etwaige Unterlassung bei Rechnungseinreichung wird die Rechtswirksamkeit der Abtretung der Forderung nicht berührt.

(2) Der Verkauf und die Abtretung des bei Vertragsbeginn aushaftenden Forderungsbestandes erfolgt anhand einer aktuellen offenen-Posten-Liste. Die entsprechenden Rechnungskopien sind vom Kunden treuhänderisch aufzubewahren und bei Bedarf Heller zu überlassen.

.......

§ 4 Kaufpreis

(1) Der Kaufpreis für die angekauften Forderungen entspricht der Höhe

der jeweiligen Rechnungsbeträge abzüglich von Abnehmern in Anspruch

genommener Skonti, Nachlässe, sowie der vertraglich vereinbarten

Factoring/Inter-Credit-Gebühr. Für die Dauer der Bevorschussung

anfallende Zinsen werden ebenfalls in Abzug gebracht.

.......

§ 5 Abnehmerzahlungen, Direktzahlungen

(1) Abnehmerzahlungen sind auf ein Konto zu leisten, über das Heller

alleine verfügungsberechtigt ist.

(2) Nach Bezahlung durch den Abnehmer wird der Kaufpreis der

Forderung - im Falle einer Bevorschussung der Restbetrag - im Rahmen

monatlicher Angleichungen dem Kunden weitergegeben. Wechsel und

Schecks werden von Heller grundsätzlich nur zahlungshalber

angenommen.

........

§ 6 Bevorschussung, Sperrbetrag

(1) Angekaufte Forderungen werden von Heller zu dem vertraglich vereinbarten Prozentsatz bevorschußt.Dies gilt nicht beim Fälligkeits-Factoring.

(2) Von Heller nicht bevorschußt werden Forderungen,

(3) Liegen Gründe vor, die Heller zu einer Vertragskündigung berechtigen, steht es im Ermessen von Heller, die Bevorschussung angekaufter Forderungen herabzusetzen bzw gänzlich abzustellen.

(4) Vorschüsse auf Forderungen werden 90 Tage, bei Valutagewährung 75 Tage nach Fälligkeit zurückgenommen.

5) Werden Forderungen nicht oder nur teilweise bevorschußt bzw. Vorschüsse aus welchem Grund immer zurückgenommen, so wird dadurch die Gültigkeit der Abtretung nicht beeinträchtigt.

(6) Der von Heller nicht bevorschußte Forderungsteil stellt den als Sicherheit einbehaltenen Sperrbetrag dar. Dieser wird monatlich im Rahmen der Ermittlung des Vorschuß-Höchstbetrages abgerechnet und angeglichen. Überdeckungen werden weitergegeben, Unterdeckungen sind vom Kunden unverzüglich auszugleichen.

(7) Die Abtretung einbehaltener Sperrbeträge an Dritte unterliegt einem Abtretungsverbot und kann nur mit schriftlicher Zustimmung von Heller vorgenommen werden.

...

§ 11 Rückübertragung

Heller ist berechtigt, den Kaufvertrag über nicht bevorschußbare Forderungen durch Ausbuchung und Rückübertragung an den Kunden aufzulösen. Allenfalls darauf geleistete Vorschüsse werden zurückgenommen.

§ 12 Forderungseinzug, Rechtswegbeschreitung

(1) Im Standard-Factoring-Verfahren wird das Mahnwesen von Heller geführt. Im Inter-Credit-Verfahren mahnt der Kunde selbst und hat spätestens 60 Tage nach Fälligkeit einer Forderung Heller mit der weiteren Geltendmachung des angemahnten Betrages zu beauftragen, widrigenfalls keine Zahlungsausfallshaftung seitens Heller besteht.

§ 13 Debitorenverwaltung

(1) Im Standard-Factoring-Verfahren führt Heller im Rahmen ihrer Organisation die Debitorenbuchhaltung anhand der abgetretenen Forderungen und überläßt dem Kunden die vertraglich vereinbarten Unterlagen.

(2) Im Inter-Credit-Verfahren wird die Debitorenbuchhaltung dem Kunden übertragen. Er ist verpflichtet, seine Buchhaltung auf dem laufenden zu halten. Heller ist berechtigt, dies jederzeit beim Kunden zu überprüfen. Der Kunde hat jeweils bis zum 10. des Folgemonats die vertraglich vereinbarten Unterlagen vollständig an Heller zu übersenden. Begeht der Kunde Vertragsverletzungen oder wird der Gesamtforderungsstand von Heller negativ beurteilt, ist Heller berechtigt, den Kunden gegen vertraglich vereinbarte Gebührenerhöhung in das Standard-Factoring-Verfahren zu übernehmen.

(3) In jedem Fall hat der Kunde in seinen Büchern die Abtretung aller seiner Forderungen an Heller klar und deutlich anzumerken.

(4) Die Nichteinhaltung der Vertragsverpflichtungen gemäß (2) und (3) berechtigt Heller zur sofortigen Vertragskündigung.

§ 14 Liefer- und Zahlungsbedingungen des Kunden

.........

(2) Alle für Abnehmer bestimmten Drucksorten haben einzig und allein

das vertraglich festgelegte Bankkonto zu enthalten.

.........

§ 15 Zinsen und Factoring-/Inter-Credit-Gebühr

(1) Für Bevorschussungen werden kontokorrentmäßige Zinsen berechnet und monatlich im nachhinein dem Kundenkonto belastet. Bei wesentlichen Änderungen der Geld- und Kapitalmarktverhältnisse ist Heller berechtigt, den Zinssatz in angemessener Weise anzupassen.

(2) Bei Zahlungsverzug des Kunden kann Heller 12 % p.a. Verzugszinsen dem Kunden in Rechnung stellen.

(3) Für die von Heller zu erbringenden Dienstleistungen wird die vertraglich vereinbarte Factoring-/Inter-Credit-Gebühr verrechnet.

......

§ 16 Finanzplan, Bilanz

(1) Der Kunde hat jeweils zum Quartalsende einen Finanzplan für die nächsten 6 bis 12 Monate zu erstellen. Verstößt der Kunde gegen diese Vereinbarung, ist Heller berechtigt, diese Pläne selbst zu erstellen oder geeignete Dritte (zB Wirtschaftstreuhänder) damit zu beauftragen. Dabei anfallende Kosten hat der Kunde zu tragen.

(2) Spätestens sechs Monate nach Ablauf eines Geschäftsjahres hat der Kunde aktuelle Bilanzunterlagen samt Gewinn- und Verlustrechnung Heller vorzulegen. Ist der Kunde zufolge Verzuges Dritter hiezu nicht in der Lage, ist ein exakter Status vorzulegen.

(3) Heller ist berechtigt, durch ihre Angestellten oder durch zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtete Dritte den Betrieb des Kunden, sein Lager, sowie alle Schriftstücke und Geschäftsunterlagen - soweit für die Abwicklung des Factoring-/Inter-Credit-Geschäftes nötig - jederzeit zu begehen bzw einzusehen und zu prüfen.

§ 17 Exportfactoring

(1) Fremdwährungsforderungen werden zu einem internen Heller-Kurs umgerechnet und in österreichischen Schillingen finanziert. Sämtliche Transferspesen sind vom Kunden zu tragen. Zahlungen ausländischer Abnehmer gelten als eingegangen, wenn die Gutschrift auf dem vertraglich vereinbarten ÖS-Bankkonto gebucht ist. .......

§ 18 Vertragsende, Vertragskündigung

(1) Bei Vertragsende hat der Kunde den zu diesem Zeitpunkt ausstehenden Bevorschussungssaldo zuzüglich Zinsen zur Gänze abzudecken.

(2) Ist dies nicht möglich, werden die Vertragspartner eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich der Rückführung des offenen Saldos treffen; insbesondere ist Heller dabei berechtigt, vorhandene Sicherheiten zu verwerten bzw. Sperrguthaben einzubehalten.

(3) Nach Rückführung des Gesamtsaldos kann der zu diesem Zeitpunkt aushaftende Forderungsstand dem Kunden rückübertragen werden.

........

(5) Heller ist berechtigt, das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung als aufgelöst zu erklären und zu behandeln, wenn

Beurteilung durch Heller derart verschlechtern,

daß die anstandslose Erfüllung seiner

Verpflichtungen nicht mehr gewährleistet ist

Sicherstellung seiner (ihrer) Verpflichtung trotz

Aufforderung durch Heller nicht nachkommt

(nachkommen).

des Gesamtforderungsstandes nicht finanziert werden

können.

...........

(7) Bei Vertragskündigung ist Heller berechtigt, den zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Bevorschussungssaldo smt Zinsen fälligzustellen und zu seiner Hereinbringung vom Kunden erhaltene Sicherheiten zu verwerten, weitere Sicherheiten zu verlangen bzw vorhandene Sperrbeträge einzubehalten, soferne der offene Saldo vom Kunden nicht abgedeckt wird. ....."

In der vorliegenden Klage stellt der Masseverwalter das Urteilsbegehren

I.)a) Die Bevorschussung von abgetretenen Forderungen, soweit die vertragliche Bevorschussung von 80 % unterschritten wurde, und die damit in Zusammenhang herbeigeführte Aufrechnungslage und tatsächlich erfolgte Aufrechnung von Forderungen der beklagten Partei gegenüber der Gemeinschuldnerin sei den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam, und zwar die auf Seite 8 der Klage angeführten, im Zeitraum vom 20. Oktober 1988 bis 11.Jänner 1989 erfolgten Rechnungseinreichungen;

b) die beklagte Partei sei daher schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 836.924,- samt 4 % Zinsen seit 26.April 1990 zu bezahlen;

II.)a) die Anbringung des Buchvermerkes, die Drittschuldnerverständigung und die damit in Zusammenhang erfolgten Kreditgewährungen und Zessionen der Gemeinschuldnerin an die beklagte Partei seien den Konkursgläubigern gegenüber in Ansehung nachstehender Forderungsabtretungen unwirksam, und zwar: 24.Jänner 1989: S 256.791,-, 26.Jänner 1989: S 27.340,80, 26.Jänner 1989: S 221.944,-, 27.Jänner 1989: S 136.890,-, insgesamt S 642.965,80;

b) die beklagte Partei sei daher schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 642.965,80 samt 4 % Zinsen seit 26.April 1990 zu bezahlen.

Zur Begründung brachte der Kläger vor, die Gemeinschuldnerin sei spätestens im August 1988 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Im September 1988 seien auf Antrag einer Mehrzahl von Gläubigern Exekutionen bewilligt worden. Im Oktober 1988 seien bereits zur Hereinbringung einer Mehrzahl von Forderungen Exekutionen vollzogen worden. Diese Exekutionen habe die Gemeinschuldnerin nicht mehr durch Zahlung abwenden können; damit habe sich die Zahlungsunfähigkeit auch nach außen hin manifestiert. Die beklagte Partei habe faktisch als "Hausbank" der Gemeinschuldnerin fungiert, weil die Gemeinschuldnerin seit Bestehen des Factoring-Vertrages verpflichtet gewesen sei, alle Kundenforderungen an die beklagte Partei abzutreten. Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin seien der beklagten Partei seit Oktober 1988 bekannt gewesen; jedenfalls hätten sie ihr bekannt sein müssen. Da die Gemeinschuldnerin schon bei Abschluß des Factoring-Vertrages alle Kundenforderungen in ausreichend spezifizierter Weise an die beklagte Partei abgetreten habe, liege eine Globalzession vor. Gegenstand der Anfechtung sei hier der die Zession vollendende Publizitätsakt (Buchvermerk, Drittschuldnerverständigung). Die beklagte Partei sei auf Grund des Factoring-Vertrags vom 11.Februar 1987 verpflichtet gewesen, 80 % der an sie abgetretenen Forderungen zu bevorschussen. Davon sei die beklagte Partei seit 20.Oktober 1988 abgerückt und habe Bevorschussungen nur mehr in geringfügigem Umfang vorgenommen; in weiterer Folge habe die beklagte Partei die abgetretenen Kundenforderungen jedoch kassiert und auf ihre eigenen Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin aufgerechnet bzw. durch die geringfügige Bevorschussung eine Aufrechnungslage herbeigeführt. Der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs.1 Z 1 KO liege darin, daß sich die beklagte Partei dadurch eine der Vertragslage nicht entsprechende Deckung verschafft habe. Die Kürzung der Bevorschussung, die Herbeiführung der Aufrechnungslage und die tatsächlich erfolgte Aufrechnung stellten eine Rechtslage im Sinn des § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO dar. Darüber hinaus liege der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO als typisch nachteiliges Rechtsgeschäft vor. Schließlich liege der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs.1 Z 3 KO deshalb vor, weil die Gemeinschuldnerin nach der ursprünglichen Vertragslage gezwungen gewesen sei, die beklagte Partei zumindest in der Weise zu begünstigen, daß sie durch Drittschuldnerverständigungen und Anbringung von Buchvermerken die Zessionen gegenüber der beklagten Partei rechtswirksam werden ließ; die beklagte Partei sei in Kenntnis oder zumindest in fahrlässiger Unkenntnis der Begünstigungsabsicht gewesen.

Vom 20.Oktober 1988 bis zum 11.Jänner 1989 habe die beklagte Partei Bevorschussungen gekürzt. Die letzten Forderungsabtretungen am 24., 26. und 27.Jänner 1989 habe die beklagte Partei wiederum entsprechend der Vertragslage zu 80 % bevorschußt; insoweit seien sie anfechtungsfest. Allerdings handle es sich durch die Verständigung der Drittschuldner um Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die im Sinne des § 31 KO anfechtbar seien. Soweit die abgetretenen Rechnungen tatsächlich bevorschußt worden seien, sei das Geld bei Ausgleichseröffnung nicht mehr vorhanden gewesen. In Ansehung der Nichtbevorschussung von 20 % der Forderungen hätte die beklagte Partei die Buchvermerke und Drittschuldnerverständigungen nicht mehr zulassen dürfen. Ohne Abtretungen wären die Forderungen zur freien Verfügung der Konkursmasse gestanden. Die beklagte Partei hätte die Forderungsabtretungen nicht mehr akzeptieren dürfen und hätte den Factoring-Vertrag mit sofortiger Wirkung auflösen müssen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klagebegehren und wandte ein, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin seien ihr nicht erkennbar gewesen; die beklagte Partei habe nicht als Hausbank der Gemeinschuldnerin, sondern als Factoring-Institut fungiert; sie habe mit der Gemeinschuldnerin keine Sicherungs-Globalzession abgeschlossen, sondern einen Kaufvertrag über alle ab Vertragsbeginn entstehenden Forderungen aus Warenlieferungen und/oder Leistungen inklusive aller Nebenrechte. Der Kaufvertrag und die Abtretungen seien außerhalb der Fristen des § 30 Abs.2 KO und des § 31 Abs.4 KO gelegen. Die Abtretung sei bereits durch Willensübereinstimmung der Vertragsteile, somit bereits mit Abschluß der Factoring-Vereinbarung inklusive der Globalzession erfolgt. Der Factoring-Vertrag als vereinbarte Globalzession sei somit anfechtungsfest; innerhalb der Anfechtungsfristen hätten keine weiteren Rechtshandlungen zur Vervollständigung der Vereinbarung gesetzt werden müssen. Die Drittschuldner-Verständigungen und Buchvermerke dienten beim Factoring-Vertrag nicht Publizitätserfordernissen. Die beklagte Partei sei zur Herabsetzung der Bevorschussungen nach § 18 Abs 5 der AGB berechtigt gewesen, weil die Gemeinschuldnerin gegen § 2 Abs 1 AGB ihren Abnehmern teilweise das Recht eingeräumt habe, gelieferte und fakturierte Ware jederzeit gegen Erstattung von Gutschriften zurückzugeben oder gegen neuere Ware einzutauschen. Tatsächlich seien für zurückgesandte Waren Gutschriften erstellt worden; die Gemeinschuldnerin habe die neu ausgelieferte Ware wiederum in voller Höhe fakturiert, um neuerlich eine entsprechende Bevorschussung in Anspruch nehmen zu können. Nach § 6 Abs 4 AGB sei die beklagte Partei zur Zurücknahme der Vorschüsse 90 Tage, bei Valutagewährung 75 Tage nach Fälligkeit berechtigt; die beklagte Partei habe somit durch Verrechnung der zurückgenommenen Vorschüsse mit neu zu gewährenden Vorschüssen oder auch mit an die Gemeinschuldnerin auszuzahlenden Abnehmerzahlungen einen den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Zustand herbeigeführt.

Die Aufrechnung sei unabhängig vom vertraglich eingeräumten Recht dann gerechtfertigt und zulässig, wenn ein Vertragsteil zur Forderungsübernahme verpflichtet sei.

Die beklagte Partei gewähre grundsätzlich nicht Kredit, sondern zahle nur den Kaufpreis für die einzelnen Forderungen, einen Teil als Vorschuß. Durch die Bevorschussung würden die Gläubiger nicht beeinträchtigt, weil der Restbetrag der Masse als Forderung gegen den Factor erhalten bleibe. Bei Leistungsfreiheit des Factors, weil der Abnehmer nicht zahlen kann oder, wie hier, einer Reihe von Abnehmern Rückgaberechte eingeräumt wurden, sei die Anfechtung wiederum nicht befriedigungsstauglich, weil die Masse nur um eine wertlose Forderung erhöht würde.

Das Klagebegehren zu I.a) sei unklar; es würde bedeuten, daß im Falle des Obsiegens die Masse die erhaltene Bevorschussung zurückzustellen hätte.

Der Klagsanspruch sei verfristet; § 2 Abs.2 KO sei auch auf die Frist des § 43 Abs 2 KO anzuwenden.

In der mündlichen Streitverhandlung am 28.November 1990 ergänzte die beklagte Partei, bei den in der Klage angeführten Rechnungseinreichungenbetreffend die Beträge von S 116.070,- und von S 205.900,- seien die gleichen Rechnungen zweimal zur Bevorschussung eingereicht worden, und zwar am 15.Dezember 1988 und am 28.Dezember 1988 bzw. am 5.Jänner 1989 und am 11.Jänner 1989; damit erhöhe sich der Prozentsatz der Bevorschussung nahezu auf die vereinbarte Marke von 80 %. Bestritten werde, daß die abgetretenen Rechnungsbeträge von den Schuldnern jeweils zur Gänze bezahlt worden seien.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Unter Zugrundelegung des dargestellten, außer Streit stehenden Sachverhaltes vertrat es die Rechtsansicht, die Klage sei zwar nicht nach § 43 Abs 2 KO verfristet. Es liege aber nicht eine sicherungsweise Abtretung von Forderungen im Zusammenhang mit dem Kredit vor, sondern ein echter Forderungskauf mit Vollzession. Für diese Zession sei kein besonderer Übertragungsakt in einer bestimmten Form nötig; vielmehr seien die schriftlichen Erklärungen der Vertragspartner im Factoring-Vertrag auch für das Zustandekommen des Verfügungsgeschäftes ausreichend. Titelgeschäft und Abtretung fielen zusammen. Die später erfolgten Buchvermerke und Drittschuldnerverständigungen hätten für das Wirksamwerden der Abtretung keine Bedeutung. Innerhalb der Fristen der §§ 30 Abs 2 und 31 Abs 4 KO seien somit keine der geforderten Rechtshandlungen gesetzt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Masseverwalters nicht Folge. Es erklärte die Revision für zulässig und führte in seiner Entscheidungsbegründung aus, daß bei Beurteilung der Anfechtungsmöglichkeiten beim Factoring auf die konkrete vertragliche Ausgestaltung abzustellen sei. Nach dem hier zu beurteilenden Vertrag würden die vom Factor angekauften Forderungen grundsätzlich mit 80 % bevorschußt; die Übernahme des Zahlungsausfallsrisikos durch den Factor sei nicht vereinbart worden. Diese Ausgestaltung des unechten Factorings sei, wie es auch im Vertrag und mehrfach in den AGB festgehalten sei, ein Kaufvertrag. Die Vorfinanzierung des Kaufpreises für die abgetretene Forderung mache aus dem Factoring keinen anderen Vertragstyp. Es handle sich hiebei um eine Kreditgewährung als Zusatzfunktion, die der Factor nicht notwendigerweise übernehme; an der Grundstruktur des Factoring ändere sich nichts. Zur Begründung der Pflicht zur sofortigen Zahlung oder zumindest zur Zahlung vor der Leistung des Schuldners bedürfe es in diesen Fällen keines besonderen Kreditvertrages. Die Nichtübernahme des Delcredererisikos sei auf die Qualifikation als Kaufvertrag ohne Einfluß. Nach der Factoring-Vereinbarung zediere der Unternehmer seine Forderungen an den Factor gleichzeitig mit dem Abschluß des Kaufvertrages; Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft fielen bei der Globalzession zusammen. Das Verfügungsgeschäft sei eine Globalzession künftiger Forderungen, die unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit zulässig sei, weil sowohl der Gläubiger (Unternehmer) als auch der Rechtsgrund (Warenlieferungen und Leistungen) feststünden und der Schuldner (der jeweilige Abnehmer) bestimmbar sei. Da die Factoringzession nach dem Titelgeschäft weder der Besicherung noch der Bezahlung diene, sondern die Erfüllung selbst sei, bräuchten die pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften nicht eingehalten zu werden. Für die Frage der Anfechtbarkeit der Factoringzession sei hier wesentlich, daß die Globalzession bereits am 11.Februar 1987 - somit mehr als zwei Jahre vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unternehmers (Zedenten) und damit außerhalb der kritischen Zeit - erfolgt sei. Die Erfüllung dieses anfechtungsfesten Rechtsgeschäftes sei ebenfalls anfechtungsfest. Der Umstand, daß die einzelnen Forderungen erst später - innerhalb der kritischen Frist - entstanden seien, begründe für sich allein keine besondere Anfechtungsmöglichkeit. Für die Anfechtung des Factoring-Vertrages fehle es somit schon am materiellrechtlichen Erfordernis der Einhaltung der Fristen des § 30 Abs 2 bzw 31 Abs 4 KO. Das Fehlen dieser Anfechtungsvoraussetzungen führe zur Abweisung des Klagebegehrens II.

Auch das zu I. gestellte Klagebegehren sei abzuweisen, weil die beklagte Partei vertraglich zur Herabsetzung der gewährten Vorschüsse berechtigt gewesen sei und sich damit keine inkongruente Deckung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 2 KO verschafft habe. Da die beklagte Partei aufgrund des anfechtungsfesten Factoring-Vertrages zur Herabsetzung des Vorschusses berechtigt gewesen sei, liege darin auch keine selbständige anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der vom Kläger weiters geltend gemachten Anfechtungsgründe nach § 31 Abs 1 Z 2 KO.

Soweit ersichtlich sei, liege zur Frage, ob die Fristen der §§ 30 Abs 2 und 31 Abs 4 KO bereits ab der im Rahmen eines Factoring-Vertrages vereinbarten Globalzession zu laufen beginnen, bisher keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor. Die Entscheidungen 1 Ob 614/88 = ÖBA 1989, 533 und 5 Ob 504/88 = JBl 1990,255 = ÖBA 1990, 387 beträfen die Frage, ob bei Vorliegen einer noch außerhalb der kritischen Zeit zur Sicherstellung vorgenommenen Globalzession der Erwerb der Forderungen selbst erst während der kritischen Zeit unanfechtbar sei. Während die erstgenannte Entscheidung auf den Zeitpunkt der Globalzession abstelle, sehe die letztgenannte Entscheidung die den Publizitätsakt bildende Rechtshandlung im Sinne des § 27 KO als maßgeblich an. Hier liege jedoch eine Globalzession zur Sicherstellung nicht vor, so daß diese Überlegungen nicht übernommen werden könnten, zumal ein Publizitätsakt nicht erforderlich sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der Kläger Revision mit dem Antrag, sie aufzuheben und dem Berufungsgericht oder dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Wie der Revisionswerber zutreffend ausführt, wird von der das Factoring als bloßen Forderungskauf qualifizierenden Lehre (insbesondere Czermak in NZ 1984, 208; Welser-Czermak in RdW 1985,

130) - sowie in der Entscheidung ecolex 1994,311 - nicht ausreichend auf dessen Kredit- und Sicherungsfunktion Bedacht genommen. Geht man nicht von der von den Parteien gewählten Bezeichnung aus, sondern berücksichtigt die Vertragsgestaltung, wonach die abgetretenen Forderungen nicht nur der Abdeckung des konnexen, für die Forderung gewährten Vorschusses, sondern - mit dem nicht bevorschußten Teil (Sperrbetrag) - der Sicherung der Forderungen der beklagten Partei aus anderen Bevorschussungen dienten und daß für die Bevorschussungen insgesamt ein Rahmen eingeräumt wurde, der monatlich abzurechnen und anzugleichen war, wobei Überdeckungen (durch Sperrbeträge) weiterzugeben, Unterdeckungen hingegen vom Kunden unverzüglich auszugleichen waren (siehe insbesondere § 6 Abs 6 AGB), dann weist der vorliegende Vertrag weitgehende Ähnlichkeit mit einem revolvierenden, durch Zession von Kundenforderungen gesicherten Kontokorrentkredit auf, wie er etwa Gegenstand der Entscheidungen SZ 57/87 = JBl 1985, 491 und SZ 62/97 = ÖBA 1989, 1008 war.

Wie Welser-Czermak (Zur Rechtsnatur des Factoring-Geschäfts RdW 1985, 130 ff [141, mwH insbesondere auch Bydlinski in Klang2 IV/2, 691]) einräumen, sind die pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften nicht nur bei einer "reinen Sicherungszession", sondern auch bei einer Zession zahlungshalber einzuhalten, wenn sie zugleich Sicherungszwecke verfolgt; nur dann, wenn die Abtretung nicht der Sicherung dient, sondern die Erfüllung des Kaufvertrages darstellt, kommt sie durch formlose Erklärung zustande. Zieht man in Betracht, daß nicht nur mit § 6 Abs 6 AGB eine Rückzahlungspflicht des Kunden bei Überschreitung des Vorschußhöchstbetrages, sondern in § 18 Abs 1 AGB die Verpflichtung des Kunden zur Rückzahlung des gesamten bei Vertragsende aushaftenden Bevorschussungssaldos vorgesehen ist, dann versagt im vorliegenden Fall auch das von Welser-Czermak aaO 142 gegen die Qualifikation des Factoring als Kreditgeschäft vorgebrachte Argument, mangels einer Verpflichtung des Unternehmers zur Rückzahlung des Vorschusses habe der Factor keine Forderung, die zahlungshalber getilgt werden könne. Auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rückzahlung dieses Kredites in erster Linie aus den Eingängen der Zessionen und daher primär aus der Sicherung erfolgen soll und die Besicherung nicht letztes Hilfsmittel für den Fall der Nichterfüllung der primär den Schuldner treffenden Rückzahlungsverpflichtung ist, liegt eine nur bei Einhaltung der für Pfandrechtsbegründung vorgeschriebenen Publizität - Verständigung des Drittschuldners oder Vermerk in den Büchern des Schuldners - wirksam zustandekommende Sicherungszession vor (siehe SZ 62/32; Welser-Foglar-Deinhardstein, Die Bedeutung von Sicherungszessionen, Kontokorrent und Anfechtung im Geschäftsverkehr der Banken, ÖZW 1976, 75 ff [76 f]; Grillberger, Sicherungsabtretung und Abtretung zahlungshalber JBl 1983,574 ff [576]). Daher ist die gegenständliche Globalzession der (künftigen) Forderungen des Kunden der beklagten Partei gegen seine Abnehmer (auch) als Sicherungszession anzusehen, die nicht bereits mit der Willenseinigung zwischen Zedenten und Zessionar, sondern erst mit der Einhaltung des für die Forderungsverpfändung vorgesehenen modus (siehe SZ 46/24; SZ 48/2; ÖBA 1992, 392) wirksam wurde (siehe JBl 1990, 255 = ÖBA 1990, 387; 2 Ob 504/94).

Da die Sicherungsabtretungen innerhalb der gemäß § 2 Abs 2 KO ab Eröffnung des Ausgleiches zu berechnenden sechsmonatigen Verdachtsfrist des § 31 Abs 4 KO vorgenommen wurden, ist zu prüfen, ob die inhaltlich auch in der Revision aufrechterhaltenen Anfechtungsgründe des § 31 Abs 1 Z 2 KO - auf die Anfechtungsgründe des § 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO kommt die Revision nicht mehr zurück - vorliegen.

Anfechtungsvoraussetzung für die beiden Anfechtungstatbestände nach

dieser Gesetzesstelle ist, daß die Rechtshandlungen oder das

Rechtsgeschäft nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem

Antrag auf Konkurseröffnung vorgenommen wurden und dem anderen Teil

die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag bekannt war oder bekannt sein

mußte. Wird der Schuldner mit mehreren Exekutionen zur Befriedigung

verfolgt, dann liegt bereits ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit

vor, weil man in der Regel nicht annehmen darf, daß der Schuldner die

gerichtliche Zwangsvollstreckung ohne Not an sich herankommen läßt.

Für die Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 KO genügt es, wenn der Kläger

Umstände beweist, die den Schluß rechtfertigen, der beklagten Partei

habe die Zahlungsunfähigkeit der nachmaligen Gemeinschuldnerin

bekannt sein müssen. Der Anfechtungsgegnerin steht der Gegenbeweis

offen, daß sie infolge besonderer Umstände von der

Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis haben mußte (siehe SZ 57/87 = JBl

1985, 491). Bezüglich der weiteren besonderen

Anfechtungsvoraussetzungen ist bei einer auf § 31 Abs 1 Z 2 KO

gestützten Anfechtung streng zwischen den beiden darin genannten

Anfechtungstatbeständen zu unterscheiden.

1. Zu § 31 Abs 2 Z 2 erster Fall KO:

Dieser Anfechtungstatbestand setzt voraus, daß durch die

angefochtenen Rechtshandlungen ein Konkursgläubiger Sicherstellung

oder Befriedigung erlangt, daß sich also die bekämpften

Rechtshandlungen auf die bereits bestehende Gläubigerstellung des

Anfechtungsgegners auswirken. Betreffen sie jedoch gleichzeitig oder

später begründete Gläubigerrechte, kommt eine Anfechtung nach diesem

Tatbestand grundsätzlich nicht in Betracht; dies gilt insbesondere

für "Zug-um-Zug"-Geschäfte. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle

liegen nicht vor, wenn die Begründung der Forderung und die

Bestellung der Sicherheit auf einem einheitlichen Vertrag beruhen,

was etwa dann der Fall ist, wenn die Zusicherung oder Erweiterung eines Kredites von der Bestellung einer bestimmten Sicherheit abhängig gemacht wird. Das Fehlen der Voraussetzungen nach diesem Anfechtungstatbestand schließt aber eine Anfechtung nach anderen Tatbeständen, insbesondere eine Anfechtung des ganzen Rechtsgeschäfts wegen Nachteiligkeit im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO nicht aus (vgl SZ 57/87).

Der Kläger hat diesen Anfechtungsgrund - Erlangung einer Deckung für eine bereits bestehende Gläubigerposition - nur bezüglich des zu Punkt I erhobenen Klagebegehrens geltend gemacht, und zwar mit der Behauptung, auch wenn die durch die Kürzung der Bevorschussungen herbeigeführte Aufrechnungslage keine inkongruente Deckung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO darstelle, komme der Anfechtungsgrund des § 31 KO zum Tragen.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 57/87 ausgeführt hat, ist die Interessenlage des Anfechtungsgegners bei der Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO derjenigen bei der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO insofern ähnlich, als er in beiden Fällen dartun kann, daß die angefochtenen Rechtshandlungen seine erst gleichzeitig begründeten Gläubigerrechte betreffen. Dies rechtfertigt es, dem Anfechtungsgegner in sinngemäßer Anwendung des letzten Halbsatzes des § 30 Abs 1 Z 1 KO auch bei der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO den Beweis zu ermöglichen, daß er durch die Rechtshandlung vor anderen Gläubigern nicht begünstigt worden ist. Der Anfechtungsgegner kann daher dartun, daß er bei getrennter Verrechnung der bis zum Eintritt der Krise hereingenommenen Einzelzessionen und der nach Eintritt der Krise Zug um Zug gegen weitere Kreditgewährung erlangten Sicherheiten und Deckungen für den im Zeitpunkt der Krise aushaftenden Saldo keinen weiteren Deckungen erlangt hat.

Die beklagte Partei hat eingewendet, die zu Punkt I des

Klagebegehrens angeführten Rechnungen über die Beträge von 116.070 S

und 205.900 S seien zweimal zur Bevorschussung eingereicht und auch

bevorschußt worden, wodurch sich der Prozentsatz der Bevorschussung

nahezu auf die vereinbarte Marke von 80 % erhöht habe. Darüber hinaus

werde bestritten, daß die abgetretenen Rechnungsbeträge von den

Schuldnern zur Gänze bezahlt worden seien. Nimmt darauf Bedacht, daß

Gegenstand der Anfechtung zu Punkt I des Klagebegehrens die

Unterschreitung der vertraglichen Bevorschussung von 80 % und die

dadurch herbeigeführte Aufrechnungslage ist, dann führen höhere als

die vereinbarten Bevorschussungen auf die beiden von der beklagten

Partei genannten Rechnungen zu einer entsprechenden Reduktion der vom

Kläger geltend gemachten Differenz. Hingegen ist das Vorbringen, die

abgetretenen Beträge seien nicht zur Gänze gezahlt worden, als

Einwand zu werten, die beklagte Partei sei nicht begünstigt worden,

weil sie durch die angefochtenen Rechtshandlungen keine ihre

Forderungen aus den gewährten Vorschüssen übersteigenden,

einbringlichen Deckungen erlangt habe; da der Kläger nicht den

gesamten nicht bevorschußten Teil der Forderungsabtretungen angefochten hat, käme dieser Einwand erst zum Tragen, wenn der Forderungsausfall 20 % der in Punkt I des Klagebegehrens genannten, abgetretenen Forderungen überschreiten würde.

2. Zum weiteren Anfechtungstatbestand nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter

Fall KO:

Dieser Anfechtungstatbestand wurde vom Kläger nur bezüglich der zu

Punkt II angeführten, gleichfalls in die Verdachtsfrist nach § 31 Abs

4 KO fallenden Forderungsabtretungen und der damit zusammenhängenden

Kreditgewährungen geltend gemacht. Was unter einem für die Gläubiger

nachteiligen Rechtsgeschäft im Sinne dieser Gesetzesstelle zu

verstehen ist, ist im Schrifttum umstritten. In der grundlegenden Entscheidung SZ 57/87 = JBl 1985,491 hat der Oberste Gerichtshof nach eingehender Auseinandersetzung mit der Lehre und den Gesetzesmaterialien überzeugend dargelegt, daß weder die bloße auch bei an sich unverdächtigen Bargeschäften gegebene Befriedigungstauglichkeit genüge, noch auch die Anfechtbarkeit auf nach ihrem Inhalt unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte beschränkt sei, sondern daß dem Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Eingehung des Rechtsgeschäftes zumindest ein mittelbarer Nachteil für die Gläubiger objektiv erkennbar gewesen seim müsse. Bei Rechtsgeschäften, die während der Krise abgeschlossen wurden, erscheine es sachgerecht, den Anfechtungsgegner, der um die Vermögenslage seines Vertragspartners wisse oder davor fahrlässig die Augen verschließe, mit jenen Risken der Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu belasten, die ihm im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv erkennbar gewesen seien.

Soweit jedoch in dieser Entscheidung die typische Nachteiligkeit von Kreditgeschäften, die im Stadium der Krise gegen Hingabe neuer Sicherheiten abgeschlossen werden, angenommen wurde, weil die gegebenen Kreditmittel häufig ohne erkennbare Verbesserung der Masse versickerten und dadurch die Gefahr einer Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der übrigen Gläubiger in der Regel groß sei, und daraus eine Beweislast des Anfechtungsgegners dahin abgeleitet wurde, daß ausnahmsweise aus der Eingehung des Geschäftes Nachteile für die Gläubiger nicht zu erwarten gewesen seien, ist die Entscheidung bei einem Großteil der Lehre auf Kritik gestoßen (Koziol ÖBA 1987, 344 und ÖBA 1988, 282; Honsell WBl 1987, 170; Karollus ÖBA 1989, 34; kritisch wohl auch Fink RdW 1989, 183; zustimmend hingegen König RdW 1988, 5 und AnwBl 1989, 46).

Mit der Entscheidung SZ 62/97 = ÖBA 1989, 1008 (im wesentlichen zustimmend P.Doralt) wurde dieser Kritik Rechnung getragen und Koziol (ÖBA 1987, 344) darin beigepflichtet, daß die Nachteiligkeit als Anfechtungsvoraussetzung vom Masseverwalter zu beweisen sei. Auch ein Beweis des ersten Anscheines zugunsten des Masseverwalters sei nicht gerechtfertigt: Es gäbe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß sich eine Kreditgewährung gegen Bestellung von Sicherheiten regelmäßig nachteilig auswirke; selbst in der Krise sei es durchaus möglich, daß die Kreditgewährung die Position der anderen Gläubiger verbessere oder zumindest nicht verschlechtere, da der Erlös aus den fortlaufenden Geschäften die anfallenden Kosten übersteigen oder zumindest decken könnte. Den Masseverwalter treffe daher sowohl die Beweislast für den Eintritt einer Benachteiligung der Gläubiger als auch für deren Vorhersehbarkeit insoweit, als er - im vorliegenden Fall - nachweisen müsse, daß die Kredite nicht zur Beschaffung von Waren gegen Barzahlung und Weiterverkauf der Ware gegen Gewinn verwendet worden seien. Für die Beurteilung der ex post (nach der Sachlage bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz) zu prüfenden tatsächlichen Nachteiligkeit ist maßgeblich, ob infolge des durch die Kreditgewährung ermöglichten Hinausschiebens des Insolvenzverfahrens die Befriedigungsaussichten der Gläubiger vermindert wurden, da bei sofortiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine höhere Quote erzielbar gewesen wäre. Da Gegenstand der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO - wie dies auch in dem unter II erhobenen, auch die Kreditgewährungen (Bevorschussungen) umfassenden Klagebegehren zum Ausdruck kommt - das Kreditgeschäft in seiner Gesamtheit ist und nicht bloß die einzelnen Kreditsicherheiten (SZ 57/87; ÖBA 1988, 276; SZ 62/97 = ÖBA 1989, 1008; ÖBA 1990, 387) ist die Frage der Nachteiligkeit der einzelnen angefochtenen Kreditgeschäfte zu prüfen, wobei im Rahmen einer anzustellenden Differenzrechnung auch die Vorteile zu veranschlagen sind, die aus Gewinnen aus der Fortführung der Geschäfte entstanden - und der Masse zugute gekommen - sind (siehe ÖBA 1990, 310; ÖBA 1990, 387 sowie Karollus, Neuorientierung der Judikatur zum "nachteiligen" Sanierungskredit, ÖBA 1989, 34 ff [40]; vgl auch P.Doralt ÖBA 1989, 1014 ff, Punkt 3.). Erst wenn sich auf Grund dieser ex post anzustellenden Prüfung ergibt, daß die angefochtenen gegen Sicherheit erfolgten Kreditgewährungen sich tatsächlich nachteilig für die Gläubiger ausgewirkt haben, ist auch noch zu prüfen, ob die Nachteiligkeit für den Anfechtungsgegner bei Eingehen des Rechtsgeschäftes objektiv vorhersehbar war, wobei auch für die Konkursgläubiger ungünstige Folgeentwicklungen in Betracht kommen (SZ 62/97 = ÖBA 1989, 1008; ÖBA 1990, 310; ÖBA 1990, 387).

Da die Vorinstanzen, ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten rechtlichen Beurteilung der angefochtenen Rechtsgeschäfte, weder die vom Kläger behauptete Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin und deren Erkennbarkeit für die beklagte Partei bereits ab Oktober 1988 (zum Sorgfaltsmaßstab siehe auch ÖBA 1990, 387 mwH, insbesondere König, Anfechtung2 Rz 280) noch die teils nur zum ersten Klagebegehren erhobenen, teils beide Begehren betreffenden Einwände der beklagten Partei geprüft haben, es seien zwei Rechnungen doppelt bevorschußt worden, es werde bestritten, daß die abgetretenen Rechnungsbeträge von den Schuldnern jeweils bezahlt worden seien - dieser Einwand betrifft ebenso wie die vom Kläger im Schriftsatz ON 4 AS 36 erstatteten Ausführungen zum Zeitpunkt dieser Zahlungen die auch im Rahmen des Anfechtungsgrundes nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO vorerst zu prüfende, vom Kläger zu beweisende Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung - war der Revision im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht den Masseverwalter darüber hinaus zu einem ergänzenden Vorbringen und Beweisanbot darüber anzuleiten haben, inwieweit sich die mit Punkt II des Klagebegehrens angefochtenen Rechtsgeschäfte nachteilig auf die Befriedigungsaussichten der Gläubiger ausgewirkt haben und aufgrund welcher Umstände dies für die beklagte Partei zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Vorschüsse gegen Abtretung der entsprechenden Forderungen erkennbar war.

Zur Frage der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit sowie der Nachteiligkeit der im Punkt II des Klagebegehrens angefochtenen Rechtsgeschäfte für die beklagte Partei wird wohl auch im Hinblick auf § 13 Abs 2 AGB zu erörtern sein, aus welchen Gründen per 17. Oktober 1988 auf das Standard-Factoring-Verfahren übergegangen wurde, sowie ob und inwieweit die beklagte Partei von den ihr insbesondere gemäß §§ 13 und 16 AGB eingeräumten Kontrollmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat.

Was schließlich die Formulierung des Klagebegehrens betrifft, wird der Kläger anzuleiten sein, sein zu Punkt I erhobenes Rechtsgestaltungsbegehren dem nach dem Inhalt der Klage erhobenen Anspruch auf Unwirksamerklärung der Abtretung der dort näher bezeichneten Forderungen im Umfang der Unterschreitung der vertraglichen Bevorschussung von 80 % und der dadurch herbeigeführten Aufrechnungslage anzupassen.

Der Vorbehalt bezüglich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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