OGH 7Ob581/94

OGH7Ob581/9412.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ökonomierat Rudolf F***** und 2. Hans F*****, beide vertreten durch Dr.Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Günter M*****, vertreten durch Dr.Philipp Gruber und Dr.Bruno Pedevilla, Rechtsanwälte in Lienz, wegen S 294.550,-- s. A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 21.April 1994, GZ 2 R 34/94-12, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7. Dezember 1993, GZ 26 Cg 193/93s-8 aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Vater des Beklagten Hugo M***** hat die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** St.O***** darunter auch das Grundstück ***** im Jahr 1957 von Maria H***** erworben. Dem Beklagten wurde diese Liegenschaft als testamentarischem Alleinerben nach seinem Vater am 15.2.1980 ins Eigentum übertragen. Er hat das Grundstück ***** am 29.6.1989 bzw 4.7.1989 seinem Schwager Horst W***** verkauft. Dieses wurde am Ende des Jahres 1989 vom Gutsbestandblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch***** St.O***** lastenfrei abgeschrieben und der neueröffneten Einlagezahl ***** des Grundbuches ***** St.O***** zugeschrieben. Das von den Klägern gegen Horst W***** erhobene Klagebegehren auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der strittigen Liegenschaft zufolge eingetretener Ersitzung wurde rechtskräftig abgewiesen, weil die Kläger dem Horst W***** Schlechtgläubigkeit beim Eigentumserwerb nicht nachweisen konnten. Daraufhin haben die Kläger von Horst W***** dieses Grundstück um S 130.000,-- gekauft, wofür sie S 4.550,-- an Grunderwerbssteuer zu bezahlen hatten.

Die Kläger begehren vom Beklagten die Bezahlung von S 294.550,-- s.A. mit der Begründung, sie und ihre Universalvorgänger seien seit der Jahrhundertwende außerbücherliche Alleinbesitzer des strittigen Grundstückes gewesen und hätten ohne Widerspruch Dritter Eigentumsrechte darauf ausgeübt. Länger als acht Jahrzehnte habe dort ihr Vieh geweidet und seien dort von ihnen Forstprodukte gewonnen worden. Die Kläger hätten noch in den achtziger Jahren die Kosten der Errichtung und Erhaltung eines Bringungsweges bezahlt. Sie hätten daher das Eigentumsrecht an dem strittigen Grundstück ersessen. Sowohl der Beklagte als auch dessen Vater seien auf die Unrichtigkeit des Grundbuchstandes hingewiesen worden, sie hätten die Herstellung der richtigen Grundbuchsordnung zuletzt im Winter 1988 den Klägern auch zugesagt. Der Beklagte habe dolos das Grundstück seinem Schwager Horst W***** geschenkt. Beide hätten auf dem Grundstück Holz im Werte von S 120.000,-- geschlägert. Durch das dolose Verhalten des Beklagten seien den Klägern im Vorprozeß beträchtliche Prozeßkosten erwachsen.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Er bestritt, daß die Kläger Alleinbesitzer des gegenständlichen Grundstückes gewesen seien. Die Kläger bzw ihre Rechtsvorgänger hätten seit 1957 keine wie immer gearteten Maßnahmen zur Durchsetzung der von ihnen behaupteten Rechte gesetzt; falls sie das Grundstück ersessen hätten, sei dies wiederum verjährt. Das Grundstück sei W***** verkauft worden. Der Beklagte habe von den Nutzungshandlungen der Kläger nie Kenntnis erlangt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte außer dem oben wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt noch fest: Es konnte nicht festgestellt werden, daß der Beklagte zum Zeitpunkt der Einantwortung Kenntnis hatte bzw Kenntnis haben mußte, daß die Kläger außerbücherliche Eigentümer der Liegenschaft seien. Im Jahr 1983 ließ der Beklagte eine Bestandaufnahme seines gesamten Besitzes machen, wobei er das gegenständliche Grundstück besichtigte und die Naturgrenzen "in etwa" festgestellt wurden. Dabei mußte der Beklagte feststellen, daß im südlichen Bereich des Grundstückes frische Lärchenstöcke waren und auch frisch aufgeforstet worden war. Der Beklagte konnte im Zuge der Einantwortung davon ausgehen, daß ihm das strittige Grundstück zur EZ ***** gehört.

Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß der Beklagte im Zeitpunkt des Erwerbes und im Zeitpunkt des Ansuchens um die Einverleibung im guten Glauben gewesen sei. Gemäß § 1500 ABGB könne das aus Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht habe, zu keinem Nachteil gereichen. Die nachträgliche Kenntnis von bestandenem, aber nicht eingetragenem Eigentum sei bedeutungslos. Unter diesem Aspekt beginne die 30-jährige Ersitzungsfrist neu zu laufen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Bestimmung des § 1500 ABGB wohl einen rechtsgeschäftlichen, nicht aber den Erwerb im Erbgang umfasse. Da der vom Erstgericht allein herangezogene Abweisungsgrund nicht haltbar sei, werde das Erstgericht über die von den Klägern zum Grunde und der Höhe ihres Anspruches weiteren angebotenen Beweise aufzunehmen und daraus Feststellungen zu treffen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung vom Beklagten erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl GlU 843, 1779; 2904; 6 Ob 94/63; 4 Ob 527/77; 1 Ob 686/81; 7 Ob 680/82; 6 Ob 10/83 und 6 Ob 737/87 = JBl 1990, 314 = SZ 62/219 = NZ 1990, 237 mit - allerdings nicht den Erwerb im Erbgang betreffender - Kritik von Hofmeister) die Auffassung vertreten, daß die Bestimmung des § 1500 ABGB den im Erbgang erwerbenden Bucheigentümer nicht zugute kommt. Diese Ansicht wird auch von der Lehre vertreten (vgl Schubert in Rummel ABGB2 § 1500 Rz 1; Schwimann in Schwimann ABGB § 1500 Rz 2; Koziol-Welser II9, 108). Es besteht kein Anlaß von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Daß den Klägern der Beweis der Schlechtgläubigkeit des Beklagten bzw seines Vaters nicht gelingen werde, stellt ein im fortgesetzten Verfahren zu lösende Tatfrage dar. Der (nicht festgestellte, jedoch aus dem Verlassenschaftsverfahren nach Hugo M***** zu entnehmende) Umstand, daß der Beklagte ein Erbteilungsübereinkommen mit seiner Mutter und seiner Schwester geschlossen hat, vermag nichts daran zu ändern, daß der Beklagte Gesamtrechtsnachfolger ist und daß er mit diesem Erbteilungsübereinkommen nicht Ansprüche von Miterben, sondern nur Vermächtnis- bzw Unterhalts- und Versorgungsansprüche verglichen hat. Als Gesamtrechtsnachfolger im Erbgang muß er sich jedoch die Einwendungen entgegenhalten lassen, die gegen den Erblasser erhoben werden konnten.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 52 ZPO.

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