OGH 4Ob86/94

OGH4Ob86/9420.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Bernt Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei C*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Fiebinger & Polak Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 10.Mai 1994, GZ 2 R 121/94-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. März 1994, GZ 10 Cg 36/94y-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtene einstweilige Verfügung wird dahin abgeändert, daß der den Sicherungsantrag der klagenden Partei abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 39.182,40 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 6.530,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

In einem der "Tiroler Tageszeitung" vom 27.1.1994 beigelegten Werbeprospekt bot die Beklagte mit dem generellen Beisatz "Angebote gültig vom 27.1. bis 31.1.1994 bzw. solange der Vorrat reicht" (ua) ein Fernsehgerät "51 cm COLOR TV TENSAI TCT-526 PH" mit schlagwortartiger Funktionsbeschreibung, in welcher auch "Teletext" angegeben war, zum Preis von 2.990 S an. Hiezu steht außer Streit, daß die Gerätetype "TCT-526 PH" keine Teletextfunktion aufweist. Eine solche hat aber das - ansonsten identische - Gerät mit der Typenbezeichnung "TCT-526 HX".

Als die Beklagte den von ihrer Werbeagentur versehentlich nicht berichtigten Fehler des Werbeprospektes am 25.1.1984 bemerkte, war eine Korrektur nicht mehr möglich. Sie bestellte daher unverzüglich die damals bei ihr nicht vorrätigen Fernsehgeräte "TENSAI TCT-526 HX" mit Teletextfuntkion und wies alle ihre Filialen an, die Kunden entsprechend zu informieren und ihnen den Ankauf des Fernsehgerätes mit Teletextfunktion zum gleichen Preis anzubieten. Die Kunden konnten daher in den Filialen der Beklagten Farbfernsehgeräte "TENSAI TCT-526 HX" gegen Leistung einer Anzahlung von 1.000 S erwerben, doch erfolgte die Auslieferung gegen Zahlung des Restkaufpreises erst zwischen 1. und 4.2.1994.

Mit der Behauptung, die Beklagte habe dem in ihrem Werbeprospekt angebotenen Fernsehgerät fälschlich eine Teletextfunktion zugeschrieben und damit die angesprochenen Verkehrskreise im Sinne des § 2 UWG irregeführt, beantragt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ein Farbfernsehgerät Marke "TENSAI TCT-526 PH" mit Teletext zum Preis von 2.990 S anzubieten, obwohl die Verbraucher das Farbfernsehgerät nur ohne Teletext zum angegebenen Preis bei ihr erwerben können. Wer für ein Fernsehgerät mit Teletextfunktion um 2.990 S - noch dazu befristet - werbe, müsse diese Geräte auch am ersten Tag der Frist vorrätig haben. Da dies nicht der Fall gewesen sei, liege eine "Lockvogelwerbung" vor.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Zwar sei die beanstandete Werbeankündigung aufgrund eines Versehens ihrer Werbeagentur fehlerhaft gewesen, die von der Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten aber eine Irreführung von Kunden unterbunden, sei ihnen doch der Erwerb eines - abgesehen von der Typenbezeichnung - gleichen Fernsehgerätes mit Teletextfunktion zum angekündigten Preis möglich gewesen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandete Werbemaßnahme der Beklagten sei schon deshalb kein irreführendes Lockangebot, weil die Interessenten über den Fehler im Werbeprospekt aufgeklärt worden seien und die Möglichkeit gehabt hätten, ein identisches Gerät mit Teletextfunktion zu erwerben, welches sich vom angekündigten Gerät nur in der Typenbezeichnung, also in einem unwesentlichen Punkt, unterschieden habe.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Beklagte habe gemäß § 18 UWG für den Fehler der von ihr beauftragten Werbeagentur einzustehen. Der Werbeprospekt habe schon deshalb eine zur Irreführung über die Beschaffenheit des angebotenen Fernsehgerätes "TCT-526 PH" geeignete Angabe enthalten, weil diesem Gerät eine - in Wahrheit nicht vorhandene - Teletextfunktion zugeschrieben wurde. Jede Irreführung über irgendwelche Vorzüge einer Ware sei aber grundsätzlich bereits eine unerlaubte Reklame im Sinne des § 2 UWG. Die von der Beklagten getroffenen internen Maßnahmen hätten den Anlockeffekt der irreführenden Werbeankündigung nicht mehr beseitigen können, seien doch die Interessenten nicht vor ihrem Eintritt in das Verkaufslokal, sondern erst bei einer Nachfrage im Geschäft aufgeklärt worden. Die Beklagte habe sich darauf beschränkt, die durch die irreführende Werbeankündigung angelockten und das besonders günstige Sonderangebot nachfragenden Kunden "aufzuklären bzw zum Kauf des erst in der Folgewoche erhältlichen Ersatzgerätes zu 'überreden'". Es liege daher ein auf die Erzielung eines rechtswidrigen Wettbewerbsvorteils gerichtetes "Lockvogelangebot" vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist berechtigt.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes wäre in der unrichtigen Zuschreibung der Teletextfunktion für das im Werbeprospekt angebotene Fernsehgerät "TENSAI TCT-526 PH" nur dann eine zur Irreführung geeignete Beschaffenheitsangabe im Sinne des § 2 UWG gelegen, für welche die Beklagte jedenfalls - weil es für den Tatbestand des § 2 UWG weder auf ein Verschulden noch auf besondere Sittenwidrigkeitselemente ankommt (ÖBl 1992, 35 - Haus K mwN) - einzustehen hätte, wenn sie es bei einer bloßen späteren Aufklärung der irregeführten Interessenten bewenden lassen hätte (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 827 Rz 93 zu § 3 dUWG; ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa"). Hier hat aber die Beklagte darüber hinaus Maßnahmen getroffen, welche sicherstellten, daß die am Erwerb des im Werbeprospekt angebotenen Fernsehgerätes interessierten Kunden während der gesamten Geltungsdauer der zeitlich befristeten Aktion zum angekündigten Preis ein identisches Fernsehgerät derselben Marke mit Teletextfunktion käuflich erwerben konnten. Dieses Gerät hatte nur eine andere Typenbezeichnung, so daß sich die durch die Werbeankündigung zunächst bewirkte Irreführung nunmehr auf eine solche über die Gerätetype reduzierte. Ein solcher Irrtum über die Typenbezeichnung eines Markenfernsehgerätes ist aber zumindest dann für den Kaufentschluß der Interessenten nicht mehr relevant (vgl Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 49; SZ 54/97 = ÖBl 1982,37 - Marcus Bräu; ÖBl 1990, 162 - "S Real-Service"; ecolex 1992, 183 - AKT-System; ÖBl 1993, 66 - Impressum; ÖBl 1993, 226 - Tageszeitungsimpressum - uva), wenn die in der Werbeankündigung enthaltene Funktionsbeschreibung - wie hier - auf die richtige Gerätetype in allen Punkten zutrifft.

Der vom Rekursgericht bejahte Verstoß der Beklagten gegen § 2 UWG liegt daher schon deshalb nicht vor, weil die Verbraucher bei ihr das im Werbeprospekt angebotene Markenfernsehgerät sehr wohl mit Teletextfunktion zum angegebenen Preis erwerben konnten. Die Klägerin hat zwar auch auf den fehlenden Vorrat an Geräten mit Teletextfunktion bei der Beklagten hingewiesen und ihr deshalb auch eine "Lockvogelwerbung" zum Vorwurf gemacht; sie hat aber ihr Begehren auf das Verbot einer gemäß § 2 UWG irreführenden Beschaffenheitsangabe in bezug auf die Teletextfunktion des angebotenen Fernsehgerätes beschränkt. Im Hinblick auf diese eingeschränkte Fassung des Sicherungsantrages erübrigt sich daher jedwede Prüfung der Frage, ob der Beklagten etwa nicht schon deshalb, weil die der Werbeankündigung entsprechenden Fernsehgeräte mit Teletextfunktion bei ihr zwar käuflich erworben werden konnten, aber nicht vorrätig waren, sondern erst nach dem Ablauf der angekündigten Aktionsfrist ausgeliefert wurden, eine unlautere Form der "Lockvogelwerbung" (vgl dazu ÖBl 1992, 39 - Blaupunkt Bremen; ÖBl 1992, 129 - Satellitenempfangsanlagen jeweils mwN) zum Vorwurf gereicht.

Diese Erwägungen führen bereits dazu, daß in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 402 Abs 4 EO, § 78 EO und §§ 41, 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

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