OGH 4Ob366/81

OGH4Ob366/8123.6.1981

SZ 54/97

Normen

UWG §2
UWG §2

 

Spruch:

Können durch mittelbare Herkunftsangaben Durchschnittsinteressenten zu falschen Herkunftsvorstellungen verleitet werden, die ihren Kaufentschluß beeinflussen, dann liegt ein Wettbewerbsverstoß nach § 2 UWG vor

OGH 23. Juni 1981, 4 Ob 366/81 (OLG Graz 7 R 63/81; LG Klagenfurt 19 Cg 92/81)

Text

Das Erstgericht verbot mit einstweiliger Verfügung dem Beklagten, Bier jugoslawischen Ursprungs unter der Markenbezeichnung "Marcus Bräu", insbesondere mit den zusätzlichen Ankündigungen "Export Bier", "Brauhausfüllung" und "Hopfen und Malz - Gott erhalt's", in Verkehr zu bringen, ohne zugleich darauf hinzuweisen, daß es sich um ein aus Jugoslawien importiertes Erzeugnis handelt. Das Erstgericht machte den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung durch die klagende Partei in der Höhe von 50 000 S abhängig. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Der Beklagte vertreibt u. a. Flaschenbier mit der Bezeichnung "Marcus Bräu". Die Normbierflasche ist mit einer vornehmlich in den Farben rot und weiß gehaltenen Etikette versehen. Die enthält folgende Angaben: "Marcus Bräu", "Export Bier", "Brauhausfüllung" sowie "Hopfen und Malz - Gott erhalt's". Der Beklagte importiert dieses Bier aus Jugoslawien.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die vom Beklagten verwendeten Etiketten seien ihrem Gesamteindruck nach geeignet, bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck zu erwecken, das vom Beklagten vertriebene Exportbier stamme aus Österreich oder dem benachbarten deutschsprachigen Ausland. Der Ankündigung könne nicht entnommen werden, daß es sich nicht um österreichische Exportware, sondern um ein aus Jugoslawien importiertes Erzeugnis handle. Für den Käufer sei es aber in der Regel von wesentlicher Bedeutung, wo die Ware erzeugt werde. Infolge des tiefreichenden Eingriffes in die Interessen des Beklagten müsse die Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, deren Höhe mit 50 000 S als ausreichend erachtet werde.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sei die vom Erstgericht angenommene Irreführungseignung nicht gegeben, weil der Beklagte über den Ursprung des von ihm vertriebenen, aus Jugoslawien importierten Bieres keinerlei Angaben gemacht habe. Die auf den Etiketten enthaltenen Angaben erweckten nicht den Eindruck einer inländischen Herkunft des Bieres.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der klagenden Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach dem § 2 UWG besteht der Unterlassungsanspruch schon dann, wenn der Angabe trotz sachlicher Richtigkeit von einem nicht ganz unbeträchtlichen Teil der Personen, an die sie sich wendet, nach dem Gesamteindruck der Ankündigung etwas Unrichtiges entnommen werden kann. Allerdings muß der durch die Ankündigung hervorgerufene unrichtige Eindruck geeignet sein, den Entschluß des angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, irgendwie zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen, so daß zwischen dem Umstand, daß die durch die Wettbewerbshandlung bei ihm hervorgerufene Vorstellung nicht den Tatsachen entspricht, und dem Entschluß, sich mit dem Angebot zu befassen, ein Zusammenhang besteht (ÖBl. 1979, 101, mit weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob nach dem Gesamteindruck der auf den Etiketten enthaltenen Angaben eine derartige unrichtige Vorstellung über die Herkunft des Bieres bei einem nicht ganz unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Interessenten erweckt werden kann. Hiebei kommt es auf die vom Beklagten völlig zu Unrecht hervorgehobene Frage der Qualität des Bieres überhaupt nicht an. Entscheidend ist lediglich, ob ein derartiger unrichtiger Eindruck über die Herkunft des Bieres entstehen kann und ob ein solcher Eindruck den Kaufentschluß der Interessenten zu beeinflussen geeignet ist.

Bei der Prüfung des Gesamteindruckes der Etiketten, die einen ausdrücklichen Herkunftshinweis nicht enthalten, ist von den als bescheinigt angenommenen Angaben auszugehen. Im Hinblick auf diese ausschließlich der deutschen Sprache angehörenden Angaben, insbesondere auf die Bezeichnung "Marcus Bräu" und vor allem auf die nur im deutschen Sprachraum im Zusammenhang mit dem Bierkonsum übliche Wendung "Hopfen und Malz - Gott erhalt's" kann keineswegs ausgeschlossen werden, daß zumindest ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der Interessenten ein derart etikettiertes Bier für ein aus Österreich oder aus dem deutschen Sprachraum stammendes Bier hält. Dazu kommt, daß mangels jeglichen Hinweises auf ein Ursprungsland der Ausdruck "Exportbier" jedenfalls von vielen Interessenten als Hinweis auf ein für den Export vom Inland (Österreich) in das Ausland bestimmtes Bier, mit dem sich auch bestimmte Qualitätsvorstellungen verbinden, aufgefaßt werden wird. Die auf der Etikette enthaltenen Angaben sind daher mittelbare Herkunftsangaben in dem Sinne, daß sie zwar nicht ausdrücklich auf ein bestimmtes Land oder einen bestimmten Ort hinweisen, vom Verkehr jedoch gedanklich auf einen bestimmten geographischen Raum, nämlich auf Österreich oder den deutschen Raum, bezogen werden. Der flüchtige Durchschnittsinteressent kann daher durch diese Angaben zu einer falschen Herkunftsvorstellung verleitet werden (vgl. Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[13], 1023 f.).

Ein solcher unrichtiger Eindruck ist aber auch geeignet, den Kaufentschluß der angesprochenen Interessenten zu beeinflussen, weil viele Biertrinker dazu neigen, in Österreich oder im deutschen Raum erzeugtes Bier zu bevorzugen, wogegen Jugoslawien als Erzeugungs- und Exportland von Bier bisher weniger in Erscheinung getreten und daher weniger bekannt ist.

Da bei richtiger rechtlicher Beurteilung nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten im Sinne des § 2 UWG, wie das Erstgericht richtig erkannt hat, bescheinigt ist, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

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