OGH 4Ob562/94

OGH4Ob562/9419.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eleonore H*****, vertreten durch Dr.F.W. Martin, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, wider die beklagten Parteien 1. Johann R*****, 2. Helmut F*****, 3. Ernestine F*****, alle vertreten durch Dr.Maximilian Ganzert und Dr.Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, 4. Robert W*****, vertreten durch Dr.Franz Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert S 50.000), infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 13. April 1994, GZ 3 R 111/94-31, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau vom 7.Dezember 1993, GZ 4 C 90/93z-24, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur allfälligen ergänzenden Berufungsverhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T***** mit den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken 150, 152/1 und 154/1. Westlich dieser Liegenschaft liegt die im Alleineigentum des Viertbeklagten stehende EZ ***** Grundbuch T***** mit den ebenfalls landwirtschaftlich genutzten Grundstücken 147, 148, 149/1 und 149/2, von diesen grenzt das Grundstück 149/2 unmittelbar an die Grundstücke der Klägerin 150 und 154/1 an. Südlich dieser Liegenschaften liegt die im Hälfteanteil des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten stehende Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T***** mit den Grundstücken 144/3 (Weg) und 144/4; das Grundstück 144/3 schließt unmittelbar an das Grundstück 149/2 des Viertbeklagten und an das Grundstück 154/1 der Klägerin an. Die Grundstücke des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten grenzen im Süden an das zur Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T***** gehörende Grundstück 144/1 des Erstbeklagten an, welches im Süden unmittelbar an die T***** Landesstraße heranreicht.

Die Klägerin hat ihre Liegenschaft mit Schenkungsvertrag vom 2.9.1969 von ihrer Mutter erworben. Davor gehörte sie dem Vater der Klägerin, welcher sie Ende der Zwanzigerjahre erworben hatte. Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger haben die Liegenschaft nie selbst bewirtschaftet sondern bis vor wenigen Jahren verpachtet.

Bis zum Jahr 1959 führte entlang der östlichen Grenzen der Grundstücke 144/1 und 144/3 (beide gehörten damals noch zum Grundstück 145 und standen im Eigentum des Erstbeklagten) ein schmaler, nicht befestigter, nur schwer befahrbarer Feldweg. Im Jahr 1959 errichtete die K***** im nördlichen Bereich des Grundstücks 144/3 einen Transformator. Dabei wurde der Feldweg bis zum Transformator befestigt.

Derzeit führt in der Natur von der T***** Landesstraße Richtung Norden entlang der Außengrenze der Grundstücke 144/1 und 144/3 bis zu dem dort errichteten Transformator ein asphaltierter Weg. Im Norden schließt daran im Bereich des Grundstücks 144/3 eine befahrbare Fläche bis zu einer vom Zweitbeklagten und der Drittbeklagten im Jahr 1988 errichteten Holzhütte an. Von dort aus führt noch eine 12 m lange, 3 m breite Fahrtrasse, welche sich anschließend auf dem Grundstück 149/2 auf einer Wiese verläuft. Zirka 25 bis 30 m nordwestlich davon befindet sich eine gebüschfreie Lücke (zum Grundstück 154/1).

Im Jahr 1982 erwarb Hans Leopold W***** vom Bruder der Klägerin die im Osten an die Liegenschaft der Klägerin anschließenden Grundstücke 152/2, 154/2 und 153. Nach diesem Erwerb fuhr er zweimal über den Weg entlang der Ostgrenzen der Grundstücke 144/1 und 144/3, gelangte über eine Böschung Richtung Nordwesten auf das Grundstück 149/2 und von dort aus über die Grundstücke der Klägerin auf die von ihm erworbenen Grundstücke. Er bewirtschaftete jedoch in der Folge diese Liegenschaften über einen anderen, über die Grundstücke 149/2 und 147 führenden Weg, was ihn der Vater des Viertbeklagten später aber verbot. Da die Klägerin ebenfalls - wie Hans Leopold W***** - über die Grundstücke des Viertbeklagten auf ihre Liegenschaften zufahren wollte, verbot ihr der Vater des Viertbeklagten, seine Grundstücke als Zufahrtsweg zu benützen; in der Lücke des Gebüsches zwischen den Grundstücken 149/2 und 154/1, welche die Klägerin und Hans Leopold W***** zur Durchfahrt benützen wollten, ließ er drei "Zaunstempel" (= Pflöcke) einschlagen, so daß damit ein weiteres Zufahren vom Grundstück 154/1 der Klägerin auf das Grundstück 149/2 des Vaters des Viertbeklagten unmöglich wurde (eine andere Durchfahrtsmöglichkeit besteht im Bereich dieser beiden Grundstücke nicht). Diese "Zaunstempel" blieben zumindest bis zum Jahr 1990 unverändert bestehen; die Klägerin unternahm dagegen bis dahin nichts.

Die Klägerin beantragt die Feststellung, daß ihr und allen zukünftigen Eigentümern der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T***** mit den Grundstücken 150, 152/1 und 154/1 als herrschendem Gut die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens gegen die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 144/1, 144/3 und 149/2 als dienenden Gütern in der Weise zustehe, daß über diese Grundstücke zum Zwecke der Zufahrt und des Zugehens vom öffentlichen Gut (T***** Landesstraße) gegangen und gefahren werden darf; die Beklagten seien schuldig, in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf den genannten Liegenschaften einzuwilligen. Seit mehr als sechzig Jahren seien sie und ihre Rechtsvorgänger bzw. deren Pächter zu den zum herrschenden Gut gehörenden Liegenschaften zum Zwecke der Bewirtschaftung über die Grundstücke der Beklagten gegangen und zugefahren. Der in der Natur vorhandene Weg sei der einzige Zufahrtsweg zu ihren Grundstücken. Dieser Weg sei nunmehr teilweise asphaltiert, aber auch im übrigen Bereich auf den Grundstücke 144/3 und 149/2 in der Natur klar erkennbar. Die Klägerin selbst, welche sich in den Sommermonaten stets am W*****see aufhalte, habe diesen Weg zum Zwecke der Besichtigung ihrer Grundstücke immer begangen und befahren. Der Erstbeklagte habe von den Geh- und Fahrrecht wissen müssen und auch tatsächlich gewußt. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte, welche das Grundstück 144/3 im Jahr 1991 vom Erstbeklagten erworben hätten, hätten damals von den Rechten der Klägerin ebenfalls Kenntnis erlangt. Um zu ihren Grundstücken zu gelangen, müsse die Klägerin vom Grundstück 144/3 zunächst über das den Viertbeklagten seit dem Jahr 1990 gehörende Grundstück 149/2 fahren oder gehen; erst nach ca. 30 m bestehe durch die seit den Zwanzigerjahren vorhandene Lücke im Gebüsch die erste Möglichkeit, nach rechts auf ihr Grundstück 154/1 zu gelangen. Vom Grundstück 144/3 könne sie wegen der dort vorhandenen, mit Gebüsch und Bäumen bewachsenen Böschung nicht auf ihr Grundstück 154/1 gelangen. Eine solche Zugangsmöglichkeit habe nie bestanden.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger seien nie über den behaupteten Weg gefahren. Die Grundstücke der Klägerin seien in den letzten Jahrzehnten nur gelegentlich gemäht worden. Die Zufahrt zu diesen Grundstücken sei über einen nördlich des Grundstücks 149/2 vorbeiführenden Gemeindeweg möglich. Dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten sei anläßlich ihres Erwerbes der Grundstücke 144/4 und 144/3 nicht bekannt gewesen, daß zu Gunsten der Klägerin eine Wegdienstbarkeit bestehe; auf dem Grundstück 144/3 sei in der Natur über die Trafostation hinaus ein Weg nie ersichtlich gewesen. Die Beklagten hätten daher im guten Glauben erworben, daß ihr Grundstück 144/3 frei von derartigen Lasten sei.

Der Viertbeklagte führte zusätzlich aus, daß sein Vater als sein Rechtsvorgänger im Eigentum am Grundstück 149/2 Anfang der Achtzigerjahre ein Ersuchen der Klägerin, daß sie eine Zufahrt über sein Grundstück errichten dürfe, abgelehnt habe. Als die Klägerin dann die Ersitzung einer Dienstbarkeit behauptet habe, habe er entlang der Grenze Holzpfosten eingeschlagen, um ein Fahren unmöglich zu machen. Diese Pfosten seien mehr als drei Jahre gestanden und von der Klägerin hingenommen worden. Selbst wenn auf dem Grundstück 149/2 jemals eine Dienstbarkeit der Klägerin bestanden hätte, wäre sie durch diese Vorgangsweise erloschen. Ein über das Grundstück 149/2 verlaufender Weg sei in der Natur niemals erkennbar gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch folgende Feststellungen:

Die Bewirtschaftung der Grundstücke der Klägerin (und der östlich davon gelegenen Grundstücke ihres Bruders) durch Pächter erfolgte nicht über den behaupteten Servitutsweg von der T***** Landesstraße aus; die Pächter fuhren vielmehr über eigene Gründe auf die Grundstücke der Klägerin sowie über die östlich angrenzenden Grundstücke ihres Bruders. Nur fallweise wurde Heu über das (nunmehrige) Grundstück 144/3 und über den Feldweg entlang der Ostgrenze des Grundstücks 144/1 geführt, wobei die Pächter den Erstbeklagten jeweils um Erlaubnis gefragt hatten.

Vom Transformator führt kein Weg weiter Richtung Norden, weder auf das Grundstück 149/2 noch auf das Grundstück 154/1. Ein Weiterfahren vom Transformator Richtung Norden war wegen der Steilheit und Unwegsamkeit des Geländes zumindest seit den fünfziger Jahren nicht oder nur mit Risiko für die geübte Traktorfahrer möglich. Die Bewirtschaftung der Grundstücke der Klägerin über den behaupteten Servitutsweg war den Pächtern nicht möglich.

Der behauptete Servitutsweg konnte mit Personenkraftwagen nicht befahren werden; nur bis zum Transformator ist die Zufahrt mit solchen Fahrzeugen möglich.

Als der Viertbeklagte die EZ ***** Grundbuch T***** von seinem Vater im Jahr 1990 erwarb, war ihm ein Wegerecht der Beklagten über das Grundstück 149/2 nicht bekannt; auch waren auf diesem Grundstück keinerlei Fahrspuren erkennbar.

Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte, welche das Grundstück 144/4 im Jahr 1988 vom Erstbeklagten erworben und darauf ein Wohnhaus errichtet hatten, erwarben 1991 auch das Grundstück 144/3 vom Erstbeklagten; sie nahmen beim Erwerb an, daß der Klägerin über das Grundstück 144/3 kein Wegerecht zustehe. Damals war nur der bis zum Transformator führende, noch nicht asphaltierte Weg vorhanden, der sich nach dem Transformator in Richtung Norden nicht fortsetzte. In diesem Bereich waren keinerlei Fahrspuren vorhanden.

Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte führten nach dem Erwerb des Grundstücks 144/3 verschiedene Baumaßnahmen durch, im Zuge derer sie ua die Böschungskante zum Grundstück 154/1 abgraben ließen. Weiters errichteten sie unmittelbar hinter dem Transformator eine Holzhütte. Die Klägerin sprach sich 1992 gegen diese Arbeiten unter Hinweis auf das behauptete Wegerecht aus. Erst im Zuge des Hausbaues des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten wurde der auf den Grundstücken 144/1 und 144/3 bis zum Transformator verlaufende Feldweg geschottert und asphaltiert. Weiters ließen der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte vom Transformator weg Richtung Nordwesten einen Weg zum Grundstück 149/2 ausschieben.

Das Erstgericht verneinte die Ersitzung einer Wegdienstbarkeit durch die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger. Hinsichtlich des Zweitbeklagten, der Drittbeklagten und des Viertbeklagten sei das Klagebegehren aber auch deshalb abzuweisen, weil diese Beklagten ihre Grundstücke im guten Glauben, daß sie frei von Dienstbarkeiten seien, erworben hätten. Selbst wenn aber der Klägerin einmal eine Servitut zugestanden wäre, wäre sie gegenüber dem Viertbeklagten erloschen, weil sich dessen Rechtsvorgänger der Ausübung des Servitut widersetzt und die Klägerin daraufhin ihr behauptetes Recht nicht geltend gemacht habe. Da die Klägerin aber auf das Betreten und Befahren des Grundstückes 149/2 angewiesen sei, um über den behaupteten Servitutsweg auf ihre Liegenschaften zu gelangen, bedeute das Erlöschen der Servitut auf dem Grundstück 149/2, daß die noch verbleibende Ausübung der Servitut auf den Grundstücken 144/1 und 144/3 völlig zwecklos geworden sei. Damit sei aber auch ein allenfalls daran bestehendes Wegerecht erloschen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, soweit das Klagebegehren auf Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit des Fahrens abgewiesen wurde, als Teilurteil; im übrigen, also im Umfang des Begehrens auf Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit des Gehens und im Kostenpunkt hob es das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache zur Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm lediglich die eingangs wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung, erachtete die Tatsachenrügen hinsichtlich der weiteren, bei der Darstellung des Urteiles des Erstgerichtes wiedergegebenen Feststellungen als rechtlich unerheblich und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Der Vater des Viertbeklagten habe in den Jahren 1984 oder 1985 durch das Einschlagen der "Zaunstempel" im Bereich der Unterbrechung des Gebüschs zwischen den Grundstücken 149/2 und 154/1 die einzige Durchfahrtsmöglichkeit zwischen den Grundstücken der Klägerin und des Viertbeklagten unpassierbar gemacht. Dieser Zustand habe durch mehr als drei Jahre bestanden, ohne daß die Klägerin dagegen etwas unternommen habe. Ein allenfalls ersessenes Recht des Fahrens über das Grundstück 149/2 des Viertbeklagten sei deshalb gemäß § 1488 ABGB erloschen. Dem Erstgericht sei aber auch darin beizupflichten, daß damit eine Dienstbarkeit des Fahrens über die Grundstücke 144/3 und 144/1 zum Zwecke der Bewirtschaftung der Grundstücke der Klägerin völlig zwecklos geworden sei, weil die Klägerin von der T***** Landesstraße aus nicht ohne Befahren (auch) des Grundstückes 149/2 auf ihre Liegenschaft gelangen könne. Die völlige Zwecklosigkeit und dauernde Unmöglichkeit der Ausübung lasse eine Dienstbarkeit aber jedenfalls enden. Im Umfang der Inanspruchnahme einer Dienstbarkeit des Fahrens sei das Klagebegehren schon aus diesen Gründen zur Gänze abzuweisen, ohne daß es der Prüfung bedürfte, ob die Klägerin eine Dienstbarkeit überhaupt ersessen habe. Die Frage, ob die Klägerin (bzw. ihre Rechtsvorgänger) auf dem gesamten Weg die Dienstbarkeit des Gehens ersessen habe, könne aber mangels jeglicher Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Von den angeführten Erlöschungsgründen sei eine solche Dienstbarkeit jedenfalls nicht betroffen. Von einem Gutglaubenserwerb durch den Zweitbeklagten, die Drittbeklagte und der Viertbeklagte könne insoweit nicht gesprochen werden.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen das Teilurteil erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob ein Verhalten des Liegenschaftseigentümers, das einem Wegberechtigten zwar nicht das Befahren des dienenden Grundstücks, aber das Weiterfahren auf das herrschende Grundstück erschwert oder unmöglich macht, als "Widersetzen" im Sinne des § 1488 ABGB zu beurteilen ist, keine Rechtsprechung vorliegt; in Ansehung des Erst- und Zweitbeklagten und der Drittbeklagten aber war eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts wahrzunehmen, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Verwertbarkeit sogenannter "überschießender Feststellungen" abgewichen ist. Die Revision ist auch berechtigt.

Die Beklagten bilden insgesamt keine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO. Sie sind nicht Miteigentümer sämtlicher Liegenschaften, auf denen nach den Behauptungen der Klägerin ein Servitutsweg verläuft, sondern - abgesehen vom Zweitbeklagten und der Drittbeklagten - jeweils Eigentümer benachbarter Liegenschaften. Der Umstand, daß die in Anspruch genommene Servitut des Wegerechtes einzelne (nebeneinander liegende) Liegenschaften einzelner Beklagter belastet würde, schafft kein Rechtsverhältnis, das die Erstreckung der Urteilwirkung auf sämtliche Streitgenossen erforderlich macht. Nur dann, wenn die Klägerin (ihre Rechtsvorgänger) auf allen Grundstücken der Beklagten gleichartige Benützungshandlungen gesetzt hätte, müßte die Entscheidung gegen alle Beklagten einheitlich gefällt werden, wenn nicht einzelnen von ihnen allein Erlöschungsgründe zugute kommen, das ist aber weder eine Folge des streitigen Rechtsverhältnisses noch einer gesetzliche Vorschrift. Unbeachtlich ist auch, daß der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte in Ansehung der in ihren Hälfteeigentum stehenden Liegenschaften, zu der das Grundstück 144/3 gehört, in seiner solchen Rechtsgemeinschaft stehen. Prozeßhandlungen des Viertbeklagten können somit den übrigen Beklagten nicht zum Vorteil gereichen (§ 13 ZPO).

Gemäß § 1488 ABGB verjährt eine Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der Berechtigte durch drei aufeinanderfolgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat. Diese - neben der dreißigjährigen Verjährung durch schlichten Nichtgebrauch bestehende - als Freiheitsersitzung bezeichnete Verjährung kann nur auf ausdrückliche Einrede beachtet werden (Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1488). Wenngleich die Freiheitsersitzung logisch voraussetzt, daß der Berechtigte die Servitut bis zur Widersetzlichkeit auch ausgeübt hat, genügt doch, daß er ein beträchtliches Hindernis wahrgenommen hat (Schubert in Rummel aaO Rz 1 und 2 zu § 1488; Welser, Vertragsauslegung, Gutglaubenserwerb und Freiheitsersitzung bei der Wegservitut, JBl 1983, 4 ff, insb 18).

Ein "Widersetzen" im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt nur vor, wenn der Servitutsverpflichtete der tatsächlichen Ausübung der Servitut entgegentritt; damit beginnt die Verjährungsfrist zu laufen. Dabei genügt die manifeste Beeinträchtigung des Servitutsrechts (MietSlg 38.246). Daß die Ausübung der Servitut dadurch schlechthin unmöglich gemacht wird, ist nicht erforderlich; bei Wegservituten genügt es, daß durch die Beeinträchtigung die ungehinderte Benützung des Weges auf gewöhnliche und allgemeine Art unmöglich wird (Schubert aaO Rz 2 mwN und die dort angeführte Judikatur; JBl 1982, 32). Die Verjährung setzt weiter voraus, daß die Ausübung des Rechts wegen der Widersetzlichkeit des Servitutsverpflichteten unterlassen wurde (JBl 1982, 32 mwN) und der Servitutsberechtigte sein Recht nicht geltend macht (RZ 1983/8). Die Widersetzlichkeit muß sich gegen den Servitutsberechtigten richten (Schubert aaO Rz 2). Aber auch ein bloßes verbales Verhalten, wie ein ausgesprochenes Verbot, wird als ausreichende Widersetzlichkeit anerkannt, wenn sich der Servitutsberechtigte daran hält (Schubert aaO Rz 2; Welser aaO 18 f).

Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Vater des Viertbeklagten der Klägerin verbot, sein Grundstück 149/2 als Zufahrtsweg zu benützen, weil sie - wie Hans Leopold W***** - über dieses Grundstück auf ihre Liegenschaft zufahren wollte; die einzige Durchfahrtsmöglichkeit von seinem Grundstück auf das Grundstück 154/1 der Klägerin machte er durch das Einschlagen von drei "Zaunstempeln" für Fahrzwecke unpassierbar. Darin liegt jedenfalls eine Widersetzlichkeit im Sinne der zu § 1488 ABGB ergangenen Rechtsprechung. Soweit die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision ausführt, daß dieses Verhalten des Rechtsvorgängers des Viertbeklagten nicht gegen sie sondern nur gegen Hans Leopold W***** gerichtet gewesen sei, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Der vorliegende Fall ist aber dadurch gekennzeichnet, daß der Vater des Viertbeklagten das Hindernis für die Ausübung der Wegdienstbarkeit erst an der Grenze zum Grundstück der Klägerin errichtete, sodaß durch seine Maßnahme ein Einfahren auf sein Grundstück vom Süden her bis zur (unpassierbaren) Durchfahrtslücke nicht verhindert wurde. Mit dieser Maßnahme erreichte er aber doch, daß die Klägerin das behauptete Fahrrecht auf gewöhnliche und allgemeine Art nicht mehr voll - und vor allem nicht zweckentsprechend - ausüben konnte. Eine störungsfreie Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke der Klägerin über den Servitutsweg war jedenfalls nicht mehr möglich. Unter diesen Umständen ist auch ein erst "am Ende des Weges" errichtetes Hindernis als "Widersetzlichkeit" im Sinne des § 1488 ABGB anzusehen.

Die Klägerin hat zwar nach den weiteren Feststellungen gegen dieses Hindernis mehr als drei Jahre hindurch nichts unternommen. Ob sie sich aber an das Verbot und das Hindernis auch in der Weise gehalten hat, daß sie den behaupteten Servitutsweg in seinem gesamten Verlauf auf dem Grundstück 149/2 (bis zu den "Zaunstempeln") nicht mehr befahren hat, steht noch nicht bindend fest. Wären die Klägerin (bzw ihre Rechtsvorgänger oder deren Pächter) weiterhin zum Zwecke der Bewirtschaftung ihrer Liegenschaft bis zu den "Zaunstempeln" gefahren, dann wäre das Widersetzen durch den Vater des Viertbeklagten ungeachtet des Umstandes, daß die Klägerin ihr Recht nicht gerichtlich geltend gemacht hat, im Ergebnis nicht erfolgreich gewesen, so daß es zu einer "Freiheitsersitzung" nicht hätte kommen können. Ausgehend von einer anderen Rechtsansicht hat aber das Berufungsgericht die Tatsachenrügen zur Frage der Ersitzung und der Ausübung der Dienstbarkeit nicht geprüft, weshalb sich die Aufhebung des Urteiles des Berufungsgerichtes und die Zurückverweisung der Sache an dieses als erforderlich erweist.

Aber auch in Ansehung des Erst- und Zweitbeklagten sowie der Drittbeklagten ist die Rechtssache noch nicht spruchreif. Abgesehen davon, daß die von den Vorinstanzen angenommene Zwecklosigkeit der Servitut auf den Grundstücken dieser Beklagten noch gar nicht beurteilt werden kann, weil über die dafür erforderliche Ersitzung der Freiheit vom Wegerecht auf dem Grundstück des Viertbeklagten noch nicht abgesprochen werden kann, haben sich diese Beklagten auch gar nicht darauf berufen, daß die Dienstbarkeit im Bereich ihrer Grundstücke (wegen der Freiheitsersitzung durch den Vater des Viertbeklagten) völlig zwecklos geworden und damit erloschen sei; sie haben nur die Ersitzung des Wegerechts durch die Klägerin bestritten und lastenfreien Erwerb gemäß § 1500 ABGB eingewendet. Das Erstgericht hat in erster Linie die Ersitzung des Wegerechts verneint und nur hilfsweise ausgeführt, daß die Servitut, sollte sie ersessen worden sein, wegen völliger Zwecklosigkeit auch in diesem Bereich erloschen wäre. In der Berufung hat sich die Klägerin gegen eine solche Beurteilung auch mit der Ausführung gewehrt, daß sich diese Beklagten auf ein Erlöschen der Dienstbarkeit wegen völliger Zwecklosigkeit gar nicht gestützt hatten. Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge der Klägerin zum Vorliegen von Ersitzungshandlungen nicht behandelt und seine Entscheidung in Ansehung dieser Beklagten ausschließlich damit begründet, daß die Servitut wegen völliger Zwecklosigkeit erloschen sei. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung zutreffend (auch) mit dem Einwand, daß diese Beklagten einen solchen Erlöschungsgrund nicht geltend gemacht haben. Die Klägerin zeigt damit auf, daß das Berufungsgericht (für die Erst- und Zweitbeklagten und die Drittbeklagte) überschießende Beweisergebnisse berücksichtigt hat, welche nicht in den Rahmen der von diesen Parteien geltend gemachten Abweisungsgründe fallen. Feststellungen, welche die Beurteilung ermöglichen, ob die Dienstbarkeit der Klägerin auf den Grundstücken 144/1 und 144/3 wegen völliger Zwecklosigkeit erloschen ist, dürfen daher zugunsten dieser Beklagten nicht berücksichtigt werden (vgl JBl 1986, 121; JBl 1987, 659; ÖBl 1989, 118). Damit ist aber auch in Ansehung dieser Beklagten die Beweisrüge der Klägerin betreffend die behaupteten Ersitzungshandlungen (und allenfalls auch den Gutglaubenserwerb) zu behandeln.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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