OGH 8ObA240/94

OGH8ObA240/9415.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter D.I.Holzer und Hofrat List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hannes S*****, Arbeiter, *****vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz K*****, Elektromeister, *****vertreten durch Dr.Otto Pichler, Dr.Max Pichler, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 6.459,80 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 1993, GZ 32 Ra 114/93-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21. April 1993, GZ 14 Cga 1538/92-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.175,36 (darin S 362,56 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die hier nur mehr allein zu entscheidende Frage, ob dem Kläger der begehrte anteilige Urlaubszuschuß im Hinblick auf Art XVII Z 9 lit a und die anteilige Weihnachtsremuneration im Hinblick auf Art XVIII Z 4 lit a des Kollektivvertrages für das Eisen- und Metallverarbeitende Gewerbe zusteht, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Im übrigen ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes zu erwidern:

Auf Grund der zitierten kollektivvertraglichen Bestimmungen haben Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Fälligkeit des Urlaubszuschusses oder der Weihnachtsremuneration endet, Anspruch auf den aliquoten Teil dieser Leistungen. Dieser Anspruch entfällt jedoch unter anderem bei Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers. Dem Revisionswerber ist darin beizustimmen, daß die genannten Sonderzahlungen kein Geschenk des Arbeitgebers sondern Entgelt für die Bereitstellung der Arbeitskraft darstellen (Arb 10.435; SZ 63/199; DRdA 1993, 206; Floretta/Spielbüchler/Strasser ArbR I3 179; Tomandl ZAS 1976, 149; Grillberger DRdA 1993, 121). Allerdings bleibt es den Kollektivvertragspartnern unbenommen, das Entstehen des Anspruches auf dieses Entgelt an bestimmte Bedingungen zu knüpfen (vgl Tomandl aaO). Die Frage, ob dieses Entgelt im Falle der gerechtfertigten Entlassung geschuldet wird, ist weder durch den Hinweis auf die analoge Anwendung des § 16 AngG noch die Bestimmung des § 1154 Abs 3 ABGB im Sinne des Revisionswerbers zu lösen. Nach der letztgenannten Bestimmung wird das bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig. Der Frage, wann ein Anspruch fällig wird, ist allerdings jene vorgeordnet, unter welchen Voraussetzungen er überhaupt (noch) besteht. Wenn der Anspruch auf den Urlaubszuschuß oder die Weihnachtsremuneration somit bei einer bestimmten Art der Lösung des Dienstverhältnisses nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages "entfällt", dann scheidet die Möglichkeit, daß er mit Lösung des Dienstverhältnisses fällig werde, notwendigerweise aus (DRdA 1979, 131 mit zust.Anm. Firlei). Gemäß § 16 AngG gebührt dem Angestellten, dessen Dienstverhältnis vor Fälligkeit des Anspruches gelöst wurde, der aliquote Teil von Remunerationen oder anderen besonderen Entlohnungen, falls er darauf einen Anspruch hat. Zweck dieser Bestimmung ist es, zu verhindern, daß ein Angestellter eine für seine Arbeitstätigkeit in Aussicht gestellte Entlohnung deshalb zur Gänze verliert, weil das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Rechnungsperiode geendet hat (vgl Grillberger DRdA 1993, 121). Da der der Beurteilung des gegenständlichen Falles zu Grunde zu legende Kollektivvertrag sinngemäß gleichlautende Bestimmungen übe die Aliquotierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses aufweist, bedarf es keiner weiteren Überlegung zu der von Grillberger aaO für den Fall der Beendigung vor Fälligkeit des Anspruches angeregten analogen Anwendung des § 16 AngG auf gewerbliche Arbeiter. Aus § 16 AngG kann jedoch nicht abgeleitet werden, daß in Kollektivverträgen das Entstehen eines Anspruches auf Remuneration nicht sonst beschränkt werden dürfte, da nach dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle durch diese der Anspruch auf Sonderzahlung nicht begründet sondern vorausgesetzt wird (Arb 8.806; 10.088).

Es kann daher keine Rede davon sein, daß die im Verfahren zu beachtenden kollektivvertraglichen Bestimmungen mit zwingenden gesetzlichen Regelungen in Widerspruch stünden. Auch sonst kann eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen (Arb 8.703; 10.447), die die (Teil-)Nichtigkeit des Kollektivvertrages gemäß § 879 Abs 1 ABGB nach sich ziehen könnte, nicht festgestellt werden. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine differenzierte Regelung der Folgen von Selbstkündigung oder Entlassung gegenüber anderen Arten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowohl dem Gesetz (vgl § 10 Abs 2 UrlG) als auch zahlreichen Kollektivverträgen bekannt. Im Vordergrund steht dabei oftmals der Grundsatz der Honorierung der Vertragstreue. In diesem Sinne sind auch die strittigen Bestimmungen des Kollektivvertrages für Arbeiter im Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe zu verstehen. Der erst durch den Kollektivvertrag begründete Anspruch auf Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration wird dort in untrennbaren Zusammenhang mit den Regelungen über den Entfall des Anspruches (insbesondere bei Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers) gesetzt (vgl 9 ObA 305/92; 9 ObA 60/93; 9 ObA 87/93). Die im Kollektivvertrag bestimmte Bedingtheit des Anspruches auf Sonderzahlungen stellt keinen Wertungswiderspruch zu den sonst im Gesetz (siehe auch § 1162 a ABGB) vorgesehenen Folgen des Vertragsbruches dar.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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