Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie unter Einbeziehung ihres unangefochten gebliebenen Teils wie folgt zu lauten haben:
"Der von der Antragsgegnerin für das ihr von der Antragstellerin mit Vertrag vom 9.3.1989 eingeräumte Baurecht an der Liegenschaft EZ ***** der KG ***** zu zahlende Bauzins beträgt ab 1.1.1991 jährlich S 165.324,64 wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1986 auf der Basis der für Jänner 1991 verlautbarten Indexzahl."
Text
Begründung
Der im Spruch angeführte Baurechtsvertrag sieht einen nicht wertgesicherten, nach den Richtlinien der Antragstellerin mit 4 % vom Grundwert bemessenen jährlichen Bauzins von S 156.835,- vor. Dabei steht mittlerweile fest, daß die Vertragsparteien eine Wertsicherung des Bauzinses vereinbart hätten, wäre eine solche Vereinbarung nach der beim Vertragsabschluß geltenden Gesetzeslage bereits zulässig gewesen.
Unter Berufung auf Art III Abs 5 BauRGNov 1990 hat deshalb die Antragstellerin in dem am 6.6.1991 gerichtsanhängig gewordenen Verfahren die zukünftige Wertsicherung des Bauzinses nach dem (von ihr üblicherweise angewendeten) Verbraucherpreisindex 1986 verlangt, wobei sie einen nach diesem Wertmaßstab vom 1.1.1991 ermittelten Bauzins von S 165.324,64 als angemessen erhöhten Betrag ansetzte, der sodann auf dieser Ausgangsbasis wertgesichert werden soll. Nach Meinung der Antragstellerin sei nämlich die durch Art III Abs 5 BauRGNov 1990 möglich gewordene Wertanpassung des Bauzinses vom Zeitpunkt der Vertragsschließung an zu berechnen.
Die Antragsgegnerin hat sich gegen jegliche Anhebung des Bauzinses ausgesprochen. Nach den Entscheidungen der Vorinstanzen ist jedoch die prinzipielle Zulässigkeit seiner Wertsicherung kein Streitpunkt mehr. Fraglich ist nur, ob Ausgangspunkt der antragsgemäß ab 1.1.1991 einsetzenden Wertsicherung der ursprünglich vereinbarte Bauzins von S 156.835,- oder der bereits zu diesem Zeitpunkt aufgewertete Betrag von S 165.324,64 sein soll. Diese Aufwertung, die der Höhe nach nie substantiiert bestritten wurde, entspricht einer Indexänderung zwischen März 1989 und Jänner 1991 von rund 5,4 %.
Das Erstgericht entschied, daß der für das verfahrensgegenständliche Baurecht zu leistende jährliche Bauzins ab 1.1.1991 - so wie im Vertrag festgelegt - S 156.835,- betrage und auf dieser Basis aufzuwerten sei. Für die Erhöhung des Bauzinses an sich fehle es nämlich am Tatbestandserfordernis des Art III Abs 5 Z 2 BauRGNov 1990, der hiefür eine offenbare Unangemessenheit des vereinbarten Bauzinses verlange. Davon könne bei einem nur durch eine ca 1,5-jährige Inflation entwerteten Bauzins keine Rede sein. Das Mehrbegehren der Antragstellerin wurde daher abgewiesen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß aus folgenden Erwägungen:
Gemäß Art III Abs 5 der mit 1.7.1990 in Kraft getretenen BauRGNov 1990 (BGBl 1990/258) könne der Grundeigentümer vom Bauberechtigten für die Zukunft die Erhöhung des Bauzinses auf ein angemessenes Ausmaß sowie eine Wertsicherung verlangen, soweit 1. der Baurechtsvertrag vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossen worden ist, 2. der Bauzins offenbar unangemessen ist, 3. der Baurechtsvertrag keine oder eine solche Vereinbarung über die Wertsicherung des Bauzinses enthält, die dem § 3 Abs 2 BauRG in der Fassung dieses Bundesgesetzes nicht entspricht, und 4. nach den Umständen, unter denen der Baurechtsvertrag geschlossen worden ist, angenommen werden kann, daß eine Wertsicherung vereinbart worden wäre, wenn sie zulässig gewesen wäre.
Nach der aus dem Gesetzestext erkennbaren Intention des Gesetzgebers solle eine Erhöhung des Bauzinses auf ein angemessenes Ausmaß nur dann vorgenommen werden, wenn im Laufe der Zeit eine schwere Äquivalenzstörung zu Lasten des Geldgläubigers, also des Grundeigentümers, deshalb eingetreten sei, weil eine Wertsicherung des Bauzinses wegen des Verbotes nach § 3 Abs 2 BauRG aF nicht vereinbart wurde. Zweck dieser Bestimmung sei es also, ein auffallendes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung auszugleichen, das selbst bei einer nur etwa 3-5 %igen Geldentwertung pro Jahr über mehrere Jahre (vgl § 3 Abs 1 BauRG aF) eintritt. Daß nicht jede inflationsbedingte Störung des Wertverhältnisses eine Vertragsanpassung nach Art III Abs 5 der BauRGNov 1990 ermögliche, ergebe sich schon daraus, daß (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) die Erhöhung des Bauzinses nicht auf das wertberichtigte, sondern (nur) auf ein angemessenes Ausmaß verlangt werden könne. Würde jede Geldentwertung zur "offenbaren" Unangemessenheit des Bauzinses im Sinne der Z 2 leg cit führen, hätte diese Voraussetzung außerdem wegen des in der Vergangenheit offensichtlich stetig gestiegenen Preisniveaus nicht ausdrücklich erwähnt werden müssen. Daß der von der Rekurswerberin ins Treffen geführte Geldwertverlust in der Zeit zwischen Vertragsabschluß (27.2./9.3.1989) und 1.1.1991 nicht die "offenbare Unangemessenheit" des Bauzinses herbeiführte, verstehe sich wohl von selbst und bedürfe keiner näheren Erörterung mehr.
Zweck des Art III Abs 5 BauRGNov 1990 sei es nicht, eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages allenfalls bereits vorhanden gewesene Differenz zwischen dem vereinbarten und dem angemessenen Bauzins zu beseitigen. Sei wegen eines ungünstigen Vertragsabschlusses dieses Wertverhältnis grob gestört und deshalb der Bauzins unangemessen, könne die Vertragsgerechtigkeit im streitigen Verfahren aufgrund und nach Maßgabe der im Gesetz hiefür vorgesehenen Möglichkeiten gewahrt werden. Entgegen der von der Antragstellerin offensichtlich vertretenen Auffassung könne ein wegen eines Mangels in der Wurzel des Geschäftes offenbar unangemessener Bauzins auch dann nicht gemäß Art III Abs 5 BauRGNov 1990 im Verfahren außer Streitsachen erhöht werden, wenn - wie hier - eine Wertsicherung vereinbart worden wäre, weil mit diesem letztgenannten Kriterium der Gesetzgeber für ein und dieselben Fragen keine unterschiedlichen Rechtswege habe eröffnen wollen. Es sei nicht einzusehen, weshalb es von der hypothetischen Vereinbarung einer Wertsicherung abhängen sollte, ob ein Mangel in der Wurzel des Geschäftes im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu prüfen ist. Diese letztgenannte Voraussetzung stelle aber im Sinne obiger Ausführungen klar, daß eine Erhöhung des Bauzinses auf ein angemessenes Ausmaß nach Art III Abs 5 BauRGNov 1990 nur dann möglich sein sollte, wenn der Bauzins entgegen dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien im Laufe der Zeit wegen der inflationären Entwicklung offenbar unangemessen entwertet worden ist. Andere Umstände kämen für eine derartige Vertragskorrektur nicht in Frage, und zwar auch dann nicht, wenn sie erst nach Vertragsabschluß eingetreten sind. Solche Umstände habe die Rekurswerberin aber gar nicht behauptet, und sie seien auch nicht hervorgekommen. Die Schlußfolgerung des Erstgerichtes, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Baurechtsgesetznovelle am 1.7.1990 sei der vereinbarte Bauzins nicht offenbar unangemessen gewesen, sei daher aus rechtlichen Gründen unerheblich, weil - wie bereits ausgeführt - die behauptete offenbare Unangemessenheit des bereits ursprünglich vereinbarten Bauzinses im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu überprüfen sei. Feststellungen über den berechtigten Verkehrswert des vereinbarten Bauzinses im genannten Zeitpunkt seien entbehrlich.
Die Entscheidung des Rekursgerichte enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde das mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des Art III Abs 5 BauRGNov 1990.
Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, daß es ihr nicht um die Korrektur eines von Anfang an unangemessenen Bauzinses gehe, sondern um dessen Wertanpassung nach Maßgabe der möglich gewordenen Wertsicherung. Dabei sei - entsprechend der Feststellung, daß eine Wertsicherung vereinbart worden wäre, hätte schon damals die gesetzliche Möglichkeit dazu bestanden - vom hypothetischen Parteiwillen auszugehen, die Wertsicherung mit dem Tag des Vertragsabschlusses beginnen zu lassen. Was für den Sanierungsfall des Art III Abs 2 BauRGNov 1990 selbstverständlich sei, müsse auch für jenen Grundeigentümer gelten, der in Kenntnis des Gesetzes davon absah, eine unzulässige Wertsicherung des Bauzinses in den Vertrag aufzunehmen. Diese Auffassung lasse sich auch den Gesetzesmaterialien entnehmen.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung festzustellen, daß der Bauzins für das Baurecht an der Liegenschaft EZ *****KG ***** ab 1.1.1991 jährlich S 165.324,64 mit der ansonsten bereits beschlossenen Wertsicherung beträgt. Eine Rechtsmittelbeantwortung liegt nicht vor.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgerichtr angeführten Grund zulässig; er ist im Sinne seines Abänderungsbegehrens auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend bemerkt die Revisionsrekurswerberin, daß der von ihr eingenommene Rechtsstandpunkt durch die Gesetzesmaterialien gedeckt ist. Dort (AB 1264 BlgNR 17.GP,3) wurde nämlich klargestellt, daß die dem hypothetischen Parteiwillen entsprechende Einfügung einer nunmehr zulässig gewordenen Wertsicherungsklausel in den Baurechtsvertrag (Art III Abs 5 BauRGNov 1990) nicht anders behandelt werden soll als die in Art III Abs 2 BauRGNov 1990 geregelte Sanierung einer bislang unzulässigen ("per nefas" vorgesehenen: Graff, Baurecht für jedermann, ecolex 1990, 275) Vereinbarung und in beiden Fällen die Wertsteigerung "vom Zeitpunkt der Vertragsschließung an zu berechnen ist". Anders ließe sich eine verfassungskonforme Gleichbehandlung mehr oder weniger gesetzeskundiger bzw gesetzestreuer Baurechtsgeber auch gar nicht erreichen. Die dabei aufgezeigte Lösung einer Bezugnahme auf die seinerzeitigen Vertragsgrundlagen drängt sich wiederum durch die Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen für den Fall der Beseitigung des gesetzlichen Wertsicherungsverbotes auf, weil es der Verkehrsübung entspricht, durch eine Wertsicherungsvereinbarung die ab Vertragsabschluß eintretenden Wertänderungen zu erfassen.
Diese dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers und dem Gleichheitsgebot entsprechende Auslegung des Art III Abs 5 BauRGNov 1990 ließe sich nur dann nicht vertreten, wenn sich hiefür kein Anhaltspunkt im Gesetzeswortlaut finden ließe, die Anhebung eines kurz vor Inkrafttreten der Baurechtsgesetznovelle 1990 vereinbarten Bauzinses also nicht einmal im äußerten Wortsinn des Gesetzestextes gedeckt wäre (vgl 5 Ob 86/93, tw veröffentlicht in ecolex 1994,228 mwN). Tatsächlich scheint die Formulierung des Art III Abs 5 Z 2 BauRGNov 1990, wonach die Erhöhung des Bauzinses auf ein angemessenes Ausmaß sowie eine Wertsicherung nur verlangt werden kann, "soweit der Bauzins offenbar unangemessen ist", die Anhebung eines noch nicht auffallend entwerteten Entgelts nicht zuzulassen, doch bieten die dabei gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffe einen Beurteilungsspielraum, der für die vom Gesetzgeber angestrebte Lösung, eine nur wegen des früheren Verbots nicht vereinbarte Wertsicherung des Bauzinses wenigstens mit Wirkung für die Zukunft nachholen zu lassen, genutzt werden kann. Durch die konditionale Verknüpfung des Erhöhungsanspruches mit der offenbaren Unangemessenheit des Bauzinses sollte nämlich verhindert werden, daß ein Baurechtsnehmer, der wegen des Verbots der Wertsicherung einen von vornherein höher angesetzten oder zeitlich gestaffelten Bauzins hinnehmen mußte, durch die nunmehr eingeräumte gesetzliche Möglichkeit der Wertsicherung zusätzlich belastet wird (AB, aaO). Diese im äußersten Wortsinn des Gesetzestextes noch gedeckte Auslegung der in Art III Abs 5 Z 2 BauRGNov 1990 normierten Vorausetzung des Erhöhungsanspruches steht einer auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellenden Aufwertung des Bauzinses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn - wie im gegenständlichen Fall - kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, das Verbot der Wertsicherung hätte sich bereits bei Vertragsabschluß in einer Erhöhung des Bauzinses niedergeschlagen. Die bereits erwähnten Gesetzesmaterialien bestätigen dies insofern, als bei Baurechtsverträgen, die verhältnismäßig kurze Zeit vor dem Inkrafttreten der Baurechtsgesetznovelle geschlossen worden sind, die Möglichkeit in Betracht gezogen wurde, mit einer bloßen Ergänzung des Baurechtsvertrages durch eine Wertsicherung das Auslangen zu finden, ohne den Bauzins schon derzeit zu erhöhen. Das Begehren der Antragstellerin, bei der Wertsicherung des mit der Antragsgegnerin vereinbarten Bauzinses auch die vom März 1989 bis Jänner 1991 eingetretene, der Höhe nach gar nicht bestrittene Entwertung zu berücksichtigen (wobei es der Antragstellerin frei stand, die Erhöhung mit 1.1.1991 wirksam werden zu lassen: 5 Ob 29/94), ist daher durch Art III Abs 5 BauRGNov 1990 gedeckt.
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