OGH 5Ob511/94

OGH5Ob511/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****bank AG, ***** vertreten durch Dr.Hugo Schally und Dr.Anton Knees, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr.Rudolf L*****, Rechtsanwalt, ***** wegen S 558.850,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25.November 1993, GZ 3 R 69/93-61, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22.Jänner 1993, GZ 11 Cg 13/90-51, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß:

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch des Klagsbetrages; sie habe dem Beklagten einen Kredit zum Erwerb von Hausanteilsscheinen (Immobilienzertifikaten) der B***** GmbH & Co ***** KG gewährt. Eine Haftung für die Bonität dieser Gesellschaft habe die klagende Partei nicht übernommen; mit dem für den Beklagten tätig gewordenen Anlageberater sei sie nicht in direkter Geschäftsverbindung gestanden.

Der Beklagte wendete ein, er habe den Kreditvertrag mit der klagenden Partei aufgrund ihrer Erklärung, die Bonität der B***** GmbH & Co ***** KG sei gegeben, abgeschlossen. Nach Konkurseröffnung über das Vermögen dieser Gesellschaft hafte der Beklagte wegen Irreführung nicht, ihm stehe als Verbraucher im Hinblick auf die wirtschaftliche Einheit von Grundgeschäft und Kreditvertrag der "Einwendungsdurchgriff" gegen die klagende Partei zu.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, dem Beklagten stehe als Verbraucher der Einwendungsdurchgriff iSd § 18 KSchG zu, weil das Grund- und Finanzierungsgeschäft eine wirtschaftliche Einheit bildeten.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei gab das Berufungsgericht Folge; es änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Dem Beklagten stehe der Einwendungsdurchgriff gegenüber der klagenden Partei im Falle der Drittfinanzierung einer risikoreichen Beteiligung nicht zu; die klagende Partei habe nicht aktiv beim Vertrieb der Beteiligung mitgewirkt und sei auch nicht aktiv an der Konzeption der Projekten beteiligt gewesen. Eine Verletzung von Aufklärungspflichten falle der klagenden Partei auch nicht zur Last. Es sei nicht Aufgabe des Kreditinstitutes, bei riskanten Geschäften anstelle des Kapitalgebers das Beteiligungsrisiko abzuschätzen. Der Beklagte könne sich weder auf einen der klagenden Partei zuzurechnenden Irrtum, noch auf einen Dissens hinsichtlich des Kreditvertrages berufen. Der Irrtum des Beklagten, die Kreditrückzahlung werde mit Ausnahme eines monatlich zu leistenden Betrages von S 1.000,-- aus den Erträgnissen der Beteiligung erfolgen, berechtige ihn wegen des von ihm letztlich angenommenen Kreditanbotes der Klägerin nicht zur Anfechtung.

Da die mit drittfinanzierten Rechtsgeschäften zusammenhängenden Fragen trotz Vorliegens oberstgerichtlicher Rechtsprechung nach wie vor problematisch seien, sei die Revision zuzulassen gewesen.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die ordentliche Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das (klagsabweisende) Urteil erster Instanz wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Der Revisionswerber bringt vor, die wirtschaftliche Einheit iSd § 18 KSchG zwischen Kreditvertrag und Kauf der Hausanteilsscheine führe dazu, daß die klagende Partei eine einwendungsbehaftete Forderung erwerbe. Ohne Fremdfinanzierung würde der Verkäufer nicht verkaufen und der Käufer nicht kaufen. Die klagende Partei habe die Finanzierungsmodelle geprüft und eine entsprechende Finanzierungs- und Absicherungsvariante für die Durchführung des Geschäftes vorgeschlagen. Die Rückzahlungsmodalitäten seien mit dem Beklagten so vereinbart gewesen, daß das Insolvenzrisiko des Hausanteilsscheinsunternehmens nicht auf ihn überwälzt werden dürfe. Der Haftungsausschluß der klagenden Partei sei nicht Vertragsinhalt geworden. Er sei nichtig iSd § 879 Abs 3 ABGB bzw § 33 KSchG.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Berufungsgericht zu folgendem Ergebnis gelangen müssen:

Der Beklagte habe einen gemischten Vertrag mit Elementen einer Vemögensanlage und Beteiligung geschlossen, weshalb eine wirtschaftliche Einheit zwischen Grund- und Finanzierungsgeschäft gegeben sei. Das Finanzierungsmodell sei damit beworben worden, daß ein seriöses Geldinstitut die Finanzierung übernommen habe, weshalb das Geschäft nicht von vornherein als "schlecht" zu beurteilen sei. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Drittfinanzierer und der Hausanteilsgesellschaft liege darin, daß jener die Hausanteilscheine als Sicherheit angenommen habe und die Kreditvaluta direkt an diesen überwiesen habe und der erwartete Erlös wieder an jenen überwiesen werden sollte.

Mit diesen Ausführungen wird weder ausdrücklich noch dem Sinne nach eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO vorausgesetzten Bedeutung aufgeworfen und die Entscheidung ist auch nicht von der Lösung einer solchen abhängig. An den Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß die Revision im Hinblick auf die mit drittfinanzierten Rechtsgeschäften zusammenhängenden Fragen problematisch sei, ist das Revisionsgericht gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht gebunden. Da dieses die hier allein entscheidungserheblichen Rechtsgrundsätze schon mehrfach und in Übereinstimmung mit der Lehre dargelegt hat, war die Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Nach der von den Vorinstanzen festgestellten der Kreditgewährung zugrundeliegenden Vereinbarung (Schreiben vom 4.7.1985; S 7 des erstinstanzlichen Urteiles = AS 249) übernahm die klagende Partei keine Haftung für die Bonität oder Insolvenz sämtlicher Unternehmen, mit denen der Beklagte durch den Kauf der Hausanteilscheine in geschäftlicher Beziehung getreten ist bzw noch treten werden und hat die Klägerin auch erklärt, daß sie keinerlei Überprüfungen der Zahlen und Zusagen die von der B***** GesmbH & Co ***** KG genannt wurden, vornehmen werde. (AS 249).

Dieses Vorbringen und die Feststellungen über die hier gegebene Drittfinanzierung führen dazu, daß im Sinne der Lehre (P. Bydlinski RdW 1990, 402 FN 7, 8) und der ihr folgenden Rechtsprechung (etwa 8 Ob 505/92 = RdW 1993, 363 = WBl 1994, 26 = ÖBA 1994, 325) der vom Beklagten begehrte "Einwendungsdurchgriff" abzulehnen ist.

Die klagende Partei wirkte auf den Beklagten in keiner Weise ein, die gegenständliche Beteiligung zu erwerben, vielmehr hatte er diesen Entschluß zum Erwerb der Beteiligung bereits aufgrund des Rates seines Vermögensberaters gefaßt. Er ist damit aber im Sinne der eine

stillen Beteiligung betreffenden Entscheidung 1 Ob 569/88 = SZ 61/148

= JBl 1988, 723, nicht anders zu behandeln als jemand, der zur Finanzierung eines Unternehmens bei einem Kreditinstitut Kredit aufnimmt. In dieser Entscheidung wurde unter anderem ausgesprochen, wenn sich der Finanzierer bei der Finanzierung des Erwerbes einer stillen Beteiligung an einer Investmentgesellschaft, also eines typischen Risikogeschäftes, auf seine Finanzierungsfunktion beschränke und in keiner Weise auf den Entschluß des Kreditnehmers, die stille Beteiligung zur erwerben (zB durch beratende Aktivitäten, Schaffung eines Vertrauenssachverhaltes wie etwa den Hinweis auf eine eigene Beteiligung an der Investmentgesellschaft) Einfluß nehme und sich auch nicht an der Konzeption des Projektes beteilige, so stehe dem in der Sache informierten Kreditnehmer ein Einwendungsdurchgriff gegen den Finanzierer nicht zu. Diesen Ausführungen hat sich Krecji in Rummel ABGB2 Rz 1 zu §§ 18, 19 KSchG voll angeschlossen.

Im vorliegenden Falle beschränkte sich die klagende Partei beim Abschluß des Kreditvertrages - wie bereits dargetan - auf ihre ausschließliche Rolle als Kreditgeber - woran auch die von ihr dabei geforderten Sicherheiten und die Überweisung der Darlehensvaluta an die später insolvent gewordene Gesellschaft mangels Einwirkung auf die Willensbildung des Beklagten nichts ändern - sodaß ein Einwendungsdurchgriff nicht gerechtfertigt erscheint. Die vom Revisionswerber aufgezeigte wirtschaftliche Einheit zwischen finanziertem Geschäft und Finanzierungsvertrag allein reicht iS der vorgenannten Entscheidung noch nicht aus, um die Schutzwürdigkeit des Beklagten bei "Risikogeschäften", wie seiner Beteiligung mit dem erkennbaren Risiko zwischen der geringfügigen monatlichen Zahlung von S 1.000,-- und dem erwarteten Gewinn einer Rückzahlungssumme von 160 % (AS 247) zu begründen.

Da ein über die Kreditgewährung hinausgehendes Tätigwerden der klagenden Partei nicht festgestellt wurde und das besondere Beteiligungsrisiko regelmäßig nicht vom Kreditgeber zu tragen ist - und zwar auch nicht dadurch, daß der Rechtsmittelwerber eine entsprechende Beratungs- und Warnpflicht fordert, diese werde ja im Kreditvertrag ausdrücklich abgelehnt -, hält sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung.

Mangels Vorliegens weiterer Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO mußte die Revision zurückgewiesen werden.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung war abzuweisen, weil in dieser auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde; sie diente daher im Sinne der Rechtsprechung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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