OGH 1Ob561/94

OGH1Ob561/9430.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Dr. Gerda S*****, derzeit in der offenen Abteilung des Landesnervenkrankenhauses 8053 Graz, Wagner Jaureggplatz 1, infolge Rekurses des Sachwalters Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 25. Jänner 1994, GZ 2 R 13/94-345, womit der Rekurs des Sachwalters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. Dezember 1993, GZ 17 SW 60/84-336, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit Bericht vom 1.4.1993, ON 322, gab der Sachwalter bekannt, daß die Betroffene nunmehr zum 44. Male im Landesnervenkrankenhaus stationär aufgenommen worden sei. Nach Mitteilung der behandelnden Oberärztin sei die Betroffene nicht in der Lage selbständig und ohne Aufforderung die Körperpflege durchzuführen und die zur Behandlung einer Diabeteserkrankung erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Es werde daher die Aufnahme in ein Heim für chronisch Kranke für unbedingt erforderlich erachtet und der Sachwalter ersucht, die Pflegeheimanzeige zu unterfertigen. Der Sachwalter berichtete weiters, daß die Betroffene, wenn sie sich in ihrer Wohnung aufhalte, es an jeder Hygiene fehlen lasse, sodaß es wegen Geruchsbelästigung zu massiven Beschwerden der Nachbarn komme. Er stellte daher unter anderem den Antrag, „daß die Besachwalterte in Hinkunft im Pflegeheim für chronisch Kranke in Kainbach untergebracht und ihr nahegelegt wird, die Pflegeheimanzeige selbst zu unterschreiben, die Unterbringung jedoch auch dann zu erfolgen hat, wenn diese Unterschrift nicht von ihr, sondern nur vom Sachwalter geleistet wird“.

Mit Beschluß ON 336 genehmigte das Erstgericht „die Antragstellung des Sachwalters Dr. Leo Kaltenbäck auf Zuweisung eines Pflegeplatzes in der Pflegeanstalt für chronisch Kranke der Barmherzigen Brüder in Kainbach, sowie die Unterbringung allenfalls auch gegen den Willen der Betroffenen“. Aus der Aktenlage ergebe sich, daß der Verbleib der Betroffenen in der Eigentumswohnung nicht möglich sei. Die Unterbringung im Pflegeheim sei sowohl aus medizinischer Sicht als auch zum Wohle der Betroffenen unumgänglich.

Den dagegen erhobenen Rekurs des Sachwalters wies das Gericht zweiter Instanz zurück. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Erstgericht habe im Sinne des Antrages des Sachwalters entschieden, sodaß es dem Rekurswerber an der Beschwer fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Sachwalters ist zulässig und berechtigt, da zwar auch ein Rechtsmittel gegen die Zurückweisung eines Rekurses nur unter den Voraussetzungen des § 14 AußStrG zulässig ist (EFSlg. 67.066; 3 Ob 44/93), jedoch im vorliegenden Fall die dem Rekursgericht unterlaufene Aktenwidrigkeit als zur Wahrung der Rechtssicherheit erheblich wahrzunehmen ist (EvBl 1992/54).

Nach ständiger Rechtsprechung steht einem Rekurswerber, der die Entscheidung selbst beantragt oder ihr zugestimmt hat, kein Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung zu, wenn sie konform mit Antrag oder der Zustimmung ergangen ist (EFSlg 61.307; 61.309; 1 Ob 612/92).

Davon kann aber hier nicht die Rede sein, da der Sachwalter ausreichend deutlich erkennbar lediglich die Genehmigung zur Fertigung der sogenannten Pflegeheimanzeige durch die Betroffene oder ihn selbst beantragt hat. Die vom Erstgericht angeordnete zwangsweise Unterbringung ist vom Antrag nicht umfaßt.

Es ist aber auch darauf zu verweisen, daß die Rechtsmittelbefugnis dann nicht aberkannt werden kann, wenn eine Entscheidung der Parteiendisposition entzogen ist (5 Ob 205/72; 1 Ob 6/75). Die Formulierung des erstinstanzlichen Beschlusses legt aber den Schluß nahe, daß damit auch die „Unterbringung“ im Sinne der § 2, 3 UbG angeordnet wurde. Seit Ergehen des Unterbringungsgesetzes ist aber die „Unterbringung“ in einer geschlossenen Anstalt im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahrens unter Berufung auf § 282 zweiter Satz ABGB unzulässig (7 Ob 555/92; 6 Ob 601/92).

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