OGH 7Ob510/94

OGH7Ob510/9423.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller Leopold Anton Sch*****, Angestellter, und mj. Thomas Anton E*****, geboren am 9.Februar 1982, dieser vertreten durch seine Mutter Christina Carmen Sch*****, Angestellte, alle wohnhaft in *****, alle vertreten durch Dr.Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bewilligung der Annahme an Kindes Statt infolge Revisionsrekurses des Vaters Peter E*****, dieser vertreten durch Dr.Wilhelm Noverka und Dr.Elisabeth Stanek-Noverka, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 17.November 1993, GZ 47 R 636/93-17, mit welchem der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 25.Juni 1993, GZ 12 P 196/93-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der am 9.Februar 1982 geborene mj. Thomas Anton E***** entstammt der Ehe der Kindesmutter mit Peter E*****. Diese Ehe wurde am 29.Jänner 1990 einvernehmlich geschieden (1 Sch 8/90 BG Fünfhaus). Das Obsorgerecht steht der Mutter zu, die seit dem 19.Jänner 1991 mit dem am 4.Oktober 1966 geborenen Leopold Anton Sch***** wieder verheiratet ist. Am 10.November 1992 beantragten sowohl der Minderjährige, vertreten durch die Kindesmutter, als auch Leopold Anton Sch***** die mit Adoptionsvertrag vom 6.November 1992 vereinbarte Annahme des Minderjährigen als Wahlkind durch den Wahlvater Leopold Anton Sch***** zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 25.Juni 1993 (ON 8) die Annahme an Kindes Statt.

Es ging dabei von nachstehenden Feststellungen aus:

Das Wahlkind lebt im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter und dem Wahlvater. Es besteht zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits ein Verhältnis wie zwischen leiblichen Eltern und Kindern. Das Kind wollte schon im Juni 1992 den Namen seiner nunmehr verehelichten Mutter annehmen, weil es in der Schule Probleme wegen der Familienzugehörigkeit gab. Der Wahlvater ist imstande, das Kind finanziell zu erhalten. Der Vater hat am 6.November 1992 der Adoption zugestimmt. Die Adoption entspreche dem Wohl des Kindes.

Noch vor Zustellung dieser Entscheidung haben sowohl der Minderjährige, vertreten durch seine Mutter, als auch der Wahlvater mit Schriftsatz vom 16.Juli 1993 den Antrag auf Bewilligung der Annahme an Kindes Statt zurückgenommen. Der Altersunterschied zwischen dem Minderjährigen und dem Wahlvater betrage nur 15 Jahre. Der Wahlvater sei zur Überzeugung gelangt, die mit der Annahme an Kindes Statt verbundene Verantwortung nicht übernehmen zu können. Er sei auch nicht in der Lage, die wirtschaftliche Existenz des Minderjährigen zu sichern.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt gerichteten Rekurs der Antragsteller (des Wahlvaters und des Minderjährigen) gerichteten Rekurs Folge und versagte mit dem angefochtenen Beschluß die gerichtliche Genehmigung der mit Adoptionsvertrag vom 6.November 1992 vereinbarten Annahme des mj. Thomas Peter Heinrich E***** als Wahlkind durch Leopold Anton Sch***** als Wahlvater. Das Erstgericht habe auf den zu geringen Altersunterschied zwischen Wahlvater und Wahlkind nicht ausreichend Bedacht genommen. Der Mindestaltersunterschied von 16 Jahren im Sinne des § 180 Abs 2 letzter Satz ABGB dürfe entgegen der in der von Pichler in Rummel2 Rz 2 zu § 180 und in SZ 40/16 vertretenen Rechtsmeinung nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht unterschritten werden. In der genannten Entscheidung habe es sich zudem nur um eine geringfügige Unterschreitung des Mindesaltersunterschiedes von 15 Tagen gehandelt. Die Bewilligung der Annahme an Kindes Statt sei im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil es von der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen sei und zur Frage des Mindestaltersunterschiedes divergierende Rechtsprechung bestehe. Es sei auch eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, ob eine Unterschreitung des Mindestaltersunterschiedes um 8 Monate noch als geringfügig anzusehen sei, wenn man die Möglichkeit einer geringfügigen Unterschreitung dieses Altersunterschiedes überhaupt bejahe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird die Zurückweisung des Rekurses der Antragsteller beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Zur Annahme an Kindes Statt ist nach § 179 a ABGB ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind sowie die gerichtliche Bewilligung unter Beachtung des Wohles des nicht eigenberechtigten Kindes (§ 180 a Abs 1 ABGB) erforderlich. Auch eine bereits bewilligte Adoption ist aufzuheben, wenn die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft das Wohl des noch nicht eigenberechtigten Kindes ernsthaft gefährden würde (§ 184 a Abs 1 Z 2 ABGB). Der Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind unterliegt der Privatautonomie und kann (von diesen) nicht einseitig widerrufen werden (SZ 10/106).

Entgegen der Rechtsmeinung des Revisionsrekurswerbers sind aber die Eltern des Wahlkindes in diesen Vertrag nicht eingebunden. Sie sind nach § 181 Abs 1 Z 1 ABGB insoweit Beteiligte des Adoptionsbewilligungsverfahrens, als die Adoption nur mit ihrer Zustimmung bewilligt werden kann (Pichler in Rummel2 Rz 1 zu § 181). Diese den Eltern eingeräumten Rechte führen gemäß § 257 AußStrG zur Beteiligtenstellung im Verfahren. Der Mangel der Zustimmung führt daher - falls diese nicht durch Gerichtsbeschluß ersetzt wird - zur Versagung der Bewilligung.

Eine Rechtsmittelbefugnis kann aber im Außerstreitverfahren den Beteiligten nur bei Verletzung ihrer Rechte eingeräumt werden. Dies wäre im konkreten Fall dann gegeben, wenn die Adoption ohne Zustimmung des Revisionsrekurswerbers bewilligt worden wäre. Bei dem vorliegenden Sachverhalt wurde aber vom Rekursgericht die Bewilligung der Adoption trotz Zustimmung des leiblichen Vaters versagt. Gegen die Versagung der Bewilligung der Adoption steht aber dem leiblichen Vater ein auf die Bewilligung der Adoption gerichtetes Rechtsmittel schon deshalb nicht zu, weil er in seinen Rechten nicht verletzt sein kann. Von einem durch die Adoption erlangten "Recht" auf Entbindung von der Verpflichtung zur Unterhaltsleistung für das leibliche Kind kann wohl nicht gesprochen werden.

Aus diesem Grund braucht auf die vom Rekursgericht aufgeworfene, in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete, Frage, ob der in § 180 Abs 2 letzter Satz ABGB festgelegte Altersunterschied von sechzehn Jahren zwischen einem Wahlkind und dem Annehmenden auch geringfügig unterschritten werden kann und ob eine Unterschreitung des Mindestaltersunterschiedes von 8 Monaten überhaupt noch als geringfügig angesehen werden kann, nicht eingegangen werden. Bemerkt sei, daß der Oberste Gerichtshof zwar in seiner Entscheidung SZ 40/16 ausgesprochen hat, daß eine geringfügige Unterschreitung des vom Gesetz festgelegten Altersunterschiedes auch bei dem Zeitraum von sechzehn Jahren unbeachtlich sei, welcher Rechtsmeinung Pichler (in Rummel2 Rz 2 zu § 180) gefolgt ist, daß aber ebenfalls bereits entschieden wurde, die gegenteilige, offensichtlich mit der Meinung der Gesetzesverfasser in Einklang stehende Auslegung dieser Bestimmung, wonach diese Altersgrenze nicht unterschritten werden dürfe, könne nicht offenkundig gesetzwidrig sein (ÖA 1989, 45, 3 Ob 556/83). Ausdrücklich festgehalten wurde auch, daß es sich auch bei einer Unterschreitung nur um ganz geringfügige Zeiträume handeln könne (5 Ob 1516/92).

Eine abschließende Beurteilung dieser Frage kann aber mangels Zulässigkeit des vom leiblichen Vater erhobenen Rechtsmittels nicht erfolgen.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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