Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes, welches im Umfang eines Zuspruches von S 16.040,-- samt 4 % Zinsen seit 15.11.1988 und einer Abweisung von S 89.015,30 samt 4 % Zinsen seit 15.11.1988 als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, wird im übrigen, also im Umfang der weiteren Abweisung von restlich S 117.810,-- samt 4 % Zinsen seit 15.11.1988 und im Kostenpunkt aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger mündlicher Berufungsverhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte S 222.685,30 sA als Honorar für die rechtsfreundliche Vertretung der Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung in Wien. Über Wunsch der Beklagten habe er einen Kaufvertrag verfaßt, wobei sich im Innenverhältnis der Käufer verpflichtet habe, die Kosten für die Vertragserrichtung zu tragen und die Verkäuferin diesbezüglich klag- und schadlos zu halten. Später habe sich herausgestellt, daß der Käufer wegen umfangreicher Betrügereien nicht in der Lage sein werde, irgendwelche Kosten zu tragen. Nach Kenntnis dieser Umstände habe der Kläger im Auftrag der Beklagten den Kaufvertrag rückgängig gemacht und mit Schreiben vom 14.11.1989 die Kosten für sein Einschreiten mit dem reduzierten Pauschalbetrag von S 133.850,-- bekanntgegeben. Im Hinblick auf die Zahlungsweigerung der Beklagten halte er die Reduktion des Honorars nicht aufrecht und verlange das tarifmäßige Honorar.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei vereinbart und ausdrücklich festgehalten worden, daß ausschließlich der Käufer den Kläger als Urkundenverfasser mit der Vertragserrichtung betraut und die Kosten zu tragen habe. Die Beklagte hafte hingegen für die Kosten der Vertragserrichtung nicht. Sie habe auch keine Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangt. Das Kostenbegehren sei auch überhöht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 133.850,-- sA statt und wies das Mehrbegehren von S 89.015,30 sA ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger war ein Schulkollege des geschiedenen Ehegatten der Beklagten und hatte mit diesem ein freundschaftliches Verhältnis, wodurch er auch mit der Beklagten bekannt war. Am 8.4.1986 kontaktierte die Beklagte den Kläger und teilte ihm mit, daß es ihr endlich gelungen sei, einen Käufer für ihre Eigentumswohnung zu finden, daß der Kläger sie vertreten und nach Möglichkeit auch den Kaufvertrag errichten solle, wobei ein möglichst rascher Kaufvertragstermin gewünscht werde und eine Überbindung der Kosten der Vertragserrichtung und Nebenspesen auf den Käufer erfolgen sollte. Der Kläger wies sie darauf hin, daß eine Überwälzung sämtlicher Kosten auf den Käufer nur möglich sein würde, falls dieser nicht mit einem eigenen Anwalt auftritt, andernfalls die Beklagte die Kosten zu tragen hätte. Einige Tage später wurden bei einer Besprechung mit dem potentiellen Käufer die wesentlichen Punkte des Kaufvertrages besprochen, wobei sich der Käufer letztlich bereit erklärte, die Kosten der Vertragserrichtung zu übernehmen. Die Beklagte beauftragte dann die Kanzlei des Klägers, aufgrund dieser Besprechung möglichst rasch einen Kaufvertragsentwurf zu machen und an beide Parteien zu schicken. Dieser Aufforderung wurde von der Klagsseite Folge geleistet. Punkt VII des Entwurfes lautet:
"Sämtliche wie immer Namen habenden Steuern, Gebühren, Kosten sowie Auslagen welcherart immer, die mit der Vorbereitung, Errichtung, Vergebührung und Verbücherung dieses Vertrages sowie mit der Einverleibung, Löschung und Übertragung von Eigentumsrechten auch nur indirekt zusammenhängen, hat die kaufende Partei zu tragen und die verkaufende Partei schad- und klaglos zu halten. Es wird ausdrücklich festgehalten, daß ausschließlich die kaufende Partei den Urkundenverfasser mit der Abfassung des Vertrages betraut hat. Die Vertragserrichtungskosten sind daher nicht Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbssteuergesetzes". Dieser Vertragspunkt wurde vom Kläger in seine Kaufvertragsformulare aufgenommen, weil das Finanzamt bei der Bemessung der Grunderwerbssteuer eine Zeitlang auch anteilige Vertragserrichtungskosten berücksichtigte, weshalb er nach Rücksprache mit dem Finanzamt diese Formulierung wählte. Dies sagt jedoch an sich nichts über das tatsächliche Auftragsverhältnis aus und entsprach im gegenständlichen Fall auch nicht den Tatsachen, da die Beklagte jedenfalls auch Auftraggeberin war. Als bekannt wurde, daß der potentielle Käufer wegen schweren Betruges in der Schweiz verhaftet worden sei und mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen habe, stand fest, daß von ihm eine Kaufpreiszahlung nicht zu erwarten war. Bevor mit einer Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Kläger begonnen wurde, erörterte er mit der Beklagten und ihrem Ehegatten die Kostenfrage. Dabei stellten diese ihre Zahlungsverpflichtungen nie in Abrede und forderten den Kläger auf, die Sache einer Erledigung zuzuführen, wobei vereinbart war, nach Abschluß seiner Tätigkeit eine amikale Pauschalvereinbarung zu treffen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes entgeltlich sei und derjenige, der einen Rechtsanwalt bevollmächtige, damit zu rechnen habe, daß dieser für seine Tätigkeit das ihm zustehende Honorar verlange. Die Beklagte habe dem Kläger Vollmacht zur Abwicklung des Verkaufes ihrer Eigentumswohnung erteilt und es sei ihr bekannt gewesen, daß die Tätigkeit des Klägers ungeachtet des freundschaftlichen Verhältnisses zu honorieren sei. Selbst wenn vorgesehen gewesen sei, daß diese Kosten auf den Verkäufer überwälzt werden, habe sie doch keinen Zweifel daran hegen können, daß im Falle, als dies nicht möglich sei oder die Kosten vom Käufer nicht einbringlich seien, sie diese zu bezahlen habe. Daran ändere die Formulierung im Punkt VII des Kaufvertrages nichts, weil der Beklagten bekannt gewesen sei, daß diese nicht den Gegebenheiten entsprochen und die Formulierung aus steuerlichen Gründen gewählt worden sei. Die Beklagte hafte daher für die vom Käufer nicht einbringlichen Kosten der Errichtung des Kaufvertrages, die sich nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz und den autonomen Honorarrichtlinien auf insgesamt S 107.261,-- beliefen. Da dem Kläger eine schlechte Vertretung, insbesondere durch mangelnde Aufklärung, nicht vorgeworfen werden könne, hafte die Beklagte auch für die Kosten der Rückabwicklung des Kaufvertrages, die über ihren ausdrücklichen Auftrag erfolgt sei. Die Beklagte sei wohl auf das Risiko, den Kaufvertrag vor Erlag des Kaufpreises zu unterfertigen, hingewiesen worden. Wenn sie dies dennoch getan habe, könne dies nicht dem Kläger angelastet werden. Für die gesamte zweckensprechende und zu honorierende Tätigkeit des Klägers ergebe sich das angemessene Honorar von S 128.761,-- zuzüglich 10 % USt und S 1.850,-- Barauslagen. Das vom Kläger ursprünglich verlangte Honorar von S 120.000,-- zuzüglich Barauslagen sei daher jedenfalls angemessen. Da der Kläger die Pauschalkostennote ohne jede Bedingung gelegt habe, könne er nicht mehr davon abgehen, sodaß ihm nur dieser Betrag zustehe. Der Verjährungseinwand sei unberechtigt, weil die Klage innerhalb von drei Jahren ab möglicher Rechnungslegung eingelangt sei.
Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung teilweise Folge und änderte es dahin ab, daß die Beklagte schuldig erkannt wurde, dem Kläger S 16.040,-- sA zu zahlen, während das Mehrbegehren von S 206.825,30 sA abgewiesen wurde. Ohne auf die ausführliche Beweis- und Tatsachenrüge der Beklagten einzugehen, hielt es ihre Rechtsrüge für berechtigt. Aus dem Wortlaut des Punktes VII des Kaufvertrages ergebe sich nämlich klar, daß die Kosten der Vertragserrichtung alleine der Käufer zu tragen habe, da dieser den Urkundenverfasser damit betraut habe. Maßgebend sei, wie der Vertragstext redlicherweise verstanden werden müsse. Die Absicht der Parteien des Kaufvertrages sei eindeutig darauf gerichtet gewesen, daß die Kosten vom Käufer zu tragen seien; die Beklagte habe deutlich zu erkennen gegeben, daß dieser Käufer den Kläger beauftragen sollte. Wenn dieser nunmehr behaupte, daß die Formulierung des Vertragstextes nichts über sein Verhältnis zur Beklagten aussage und diese ihn beauftragt habe, könne er sich als Urkundenverfasser nicht auf die Unrichtigkeit einer von ihm formulierten Urkunde berufen, sondern müsse den klaren Wortlaut der Formulierung gegen sich gelten lassen. Überdies stehe fest, daß er von der Beklagten den Auftrag erhalten habe, die Kosten der Vertragserrichtung auf den Käufer zu überwälzen. Sollte er diesem Auftrag nicht nachgekommen sein, wäre schon aus diesem Grund sein Honoraranspruch zweifelhaft, da einem Anwalt kein Belohnungsanspruch zustünde, wenn er einen nicht den erteilten Aufträgen entsprechenden Vertrag verfaßt habe. Die Beklagte sei daher nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Kaufvertragserrichtung und die damit verbundene Tätigkeiten zu ersetzen. Anderes gelte für die Kosten der Rückabwicklung, die jedoch nur mit einem Betrag von S 16.040,-- der Höhe nach berechtigt wären.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil seine Rechtsansicht mit der des Obersten Gerichtshofes in Einklang stehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers insoweit, als ein Teilbetrag von S 117.810,-- sA abgewiesen wurde. Er beantragt die Abänderung im Sinne eines Zuspruches dieses Betrages und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zulässig, weil der Entscheidung im Hinblick darauf, daß das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes von den bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abging, ohne die Beweis- und Tatsachenrüge zu erledigen, zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 1 ZPO).
Die Revision ist auch berechtigt.
Der Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Klienten hat in der Regel entgeltliche Besorgung von Geschäften (Rechtsgeschäften, Rechtshandlungen, Prozeßführung und ähnliches) in Vertretung des Klienten zum Gegenstand und ist Bevollmächtigungsvertrag, nämlich Auftrag gekoppelt mit Vollmacht. Auf diesen Vertrag sind primär die Normen die Rechtsanwaltsordnung und subsidär die des 22. Hauptstückes des ABGB (§§ 1002 ff) anzuwenden (Strasser in Rummel ABGB2 Rz 26 zu § 1002 mwN). Im Sinne des § 1004 ABGB ist nach dem Stand, das heißt Beruf des Beauftragten bei Rechtsanwälten Entgeltlichkeit anzunehmen; Unentgeltlichkeit müßte vereinbart werden (Strasser aaO Rz 5 zu § 1004; Apathy in Schwimann ABGB 4/1, Rz 2 zu § 1004 jeweils mwN). Dem Rechtsanwalt steht dann kein Entlohnungsanspruch zu, wenn er einen Vertrag verfaßt, der nicht den ihm erteilten Aufträgen entspricht (SZ 52/73) oder wenn er sonst eine für den Klienten völlige wertlose Tätigkeit verrichtet (Strasser aaO Rz 9 zu § 1004; Apathy aaO RZ 3 jeweils mwN).
Im vorliegenden Fall hängt der Honoraranspruch des Klägers vorerst davon ab, ob er von der Beklagten mit der Vertragserrichtung beauftragt wurde. Daß der von ihm entworfene Vertrag nicht dem ihm erteilten Auftrag entsprochen habe, ist nach den festgestellten Umständen nicht anzunehmen und wurde von der Beklagten auch nie behauptet. Das Erstgericht stellte aufgrund eingehender Beweiswürdigung fest, daß die Beklagte den Kläger mit der Vertragserrichtung beauftragt habe. Richtig ist, daß die Beklagte auch wünschte, die Kosten der Vertragserrichtung sollten auf den potentiellen Käufer überbunden werden; diesem Auftrag kam der Kläger nach, weil er im Punkt VII des Entwurfes den Satz aufnahm, daß sämtliche mit der Vertragserrichtung zusammenhängenden Kosten und Auslagen vom Käufer zu tragen seien und dieser die Verkäuferin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten habe. Weiters stellte das Erstgericht ausdrücklich fest, daß der weitere Absatz in dem Vertragspunkt, wonach ausschließlich der Käufer den Urkundenverfasser betraut habe, nicht den Tatsachen entsprach und nichts über das tatsächliche Auftragsverhältnis aussagte, weil die Beklagte jedenfalls auch Auftraggeberin gewesen sei. Die Formulierung sei nach Rücksprache mit dem Finanzamt deshalb gewählt worden, damit nicht bei Bemessung der Grunderwerbssteuer auch anteilige Vertragserrichtungskosten berücksichtigt würden. Alle die mit der Beauftragung des Klägers durch die Beklagte im Zusammenhang stehenden Feststellungen wurden von der Beklagten unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung bekämpft. Nach ihrem Standpunkt habe sie dem Kläger niemals einen Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt. Das Berufungsgericht hielt ein Eingehen auf diese seiner Meinung nach "ausführlich begründeten und teilweise sicher zutreffenden Argumente" für entbehrlich, weil es der Berufung der Beklagten - ausgehend vom festgestellten Sachverhalt - aus rechtlichen Erwägungen Berechtigung zuerkannte. In dieser rechtlichen Beurteilung unterstellte das Berufungsgericht aber, daß der Kläger nicht von der Beklagten, sondern alleine vom Käufer der Eigentumswohnung mit der Vertragserrichtung beauftragt worden sei. Dabei kann sich das Berufungsgericht jedoch nicht auf den Wortlaut des Vertragsentwurfes stützen, weil dieser nach den erstgerichtlichen Feststellungen eben nicht der tatsächlichen Vereinbarung unter den Streitteilen entsprach und die Formulierung im Vertragsentwurf nur aus steuerrechtlichen Gründen gewählt wurde. Der Vertragspunkt, daß die Kosten der Vertragserrichtung allein der Käufer zu tragen habe, betrifft nur das Innenverhältnis der Parteien des Kaufvertrages, wofür überdies spricht, daß der Käufer die Beklagte insoweit klag- und schadlos zu halten hatte. Hingegen entsprach es nach den erstgerichtlichen, von der Beklagten bekämpften Feststellung nicht den Tatsachen, daß Auftraggeber lediglich der potentielle Käufer gewesen sei. Hat aber die Beklagte den Kläger mit der Vertragserrichtung beauftragt, dann konnte sie - wie das Erstgericht zutreffend ausführte - mangels Vereinbarung der Unentgeltlichkeit keinen Zweifel daran hegen, daß sie dem Kläger die Kosten der Vertragserrichtung zu zahlen habe, zumindest im Fall ihrer Uneinbringlichkeit vom Käufer.
Da das Berufungsgericht von den bekämpften und nicht geprüften erstgerichtlichen Feststellungen unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes abging und allein auf Grund einer nicht zu billigenden Urkundenauslegung die gegenteilige Feststellung traf und seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legte, daß die Beklagte den Kläger nicht beauftragt habe, leidet das Urteil des Berufungsgerichtes an einem wesentlichen Mangel, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache verhindert. Dieser vom Kläger gerügte Mangel erfordert die Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichtes und Zurückverweisung der Sache an dieses zur neuerlichen Entscheidung.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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