Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen und dem Berufungsgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Berufung aufgetragen wird.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Seit 1.Jänner 1960 war der Kläger Leiter der Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Graz. Mit 1.Jänner 1962 wurde der Kläger in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund übernommen. Vom 1.Jänner 1964 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand war der Kläger sodann Leiter der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung (im folgenden: Bundesanstalt) in Wien. Vom 8.November 1983 bis 30.November 1987 war der Kläger bei vollen Bezügen vom Dienst suspendiert. Von den der Bundesanstalt im Zusammenhang mit Untersuchungen zugeflossenen Einnahmen wurde ein bestimmter Prozentsatz an die dort beschäftigten Bediensteten in Form von sogenannten "Taxanteilen" ausgezahlt. Während der Zeit seiner Suspendierung unterblieb die Auszahlung der Taxanteile an den Kläger.
Der Kläger machte seinen Anspruch auf diese Taxanteile im Verwaltungswege geltend. Mit Bescheid des Bundeskanzlers vom 19. September 1988 wurde dieser Antrag unter Berufung auf § 1 GehG 1956 abgewiesen. Mit Erkenntnis vom 23.April 1990 gab der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde des Klägers gegen diesen Bescheid nicht Folge. Das GehG 1956 stelle eine systematische und umfassende Neuregelung des Besoldungsrechtes der öffentlich Bediensteten dar; darin finde sich keine Bestimmung, aus der sich ein Anspruch auf die begehrten Taxanteile, sei es als Zulage oder als Nebengebühr, ableiten lasse. Auch aus der Übergangsbestimmung des Art XII Abs 1 der 47.GehGNov BGBl 288/1988, die vorsehe, daß Nebengebühren, die für Beamte bestimmter Verwendungen oder in bestimmten Verwendungsbereichen vor dem 1.Dezember 1972 eingeführt und bis zum 30.Juni 1988 gezahlt worden seien, ohne zeitliche Beschränkung weiter gebührten, könne nicht als Rechtsgrundlage für die Taxanteile herangezogen werden, weil die Anwendung dieser Bestimmung das Vorliegen einer Nebengebühr im Sinne des vor Inkrafttreten der 24.GehGNov bestehenden Begriffsinhaltes voraussetze. Die Taxanteile stellten aber aufgrund der Art ihrer Bemessung (Beteiligung bestimmter Bediensteter an den Einnahmen des Bundes), gemessen am Nebengebührenbegriff des GehG 1956 vor der
24. GehGNov keine Nebengebühr dar. § 24 des Reichsgesetzes vom 16. Jänner 1896 RGBl 89/1897 und die darauf gestützte Dienstesinstruktion vom 22.Juni 1908, nach deren § 18 ein Prozentsatz der für Untersuchungen und Gutachten einlaufenden Gebühren dem Personal bzw dem Vorstand zukomme, seien jedenfalls infolge materieller Derogation durch das LMG 1975 außer Kraft getreten. Die besoldungsrechtliche Regelung des § 18 der Dienstesinstuktion vom 22. Juni 1908 sei überdies durch § 132 des GehG 1924 außer Kraft gesetzt worden. Das LMG 1975 sehe aber weder selbst noch in Form einer Verordnungsermächtigung eine Rechtsgrundlage für die Leistung von Taxanteilen vor; aus der gemäß § 77 LMG 1975 weiter in Geltung gestandenen Verordnung vom 13.Oktober 1897, RGBl 240, betreffend die Bestellung staatlicher Untersuchungsanstalten für Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände, lasse sich der Anspruch auf Taxanteile nicht ableiten. Der Erlaß des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 8. Juli 1959 sei nicht gehörig kundgemacht worden, sondern nur an die nachgeordnete Dienststelle gerichtet gewesen und stelle daher keine in verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebende Rechtsquelle dar, aus der der Beschwerdeführer ein vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbares Recht ableiten könne.
Der Kläger stützt sein Begehren auf Auszahlung der Taxanteile von 1,240.961,70 S brutto sA auf eine neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis getroffene privatrechtliche Vereinbarung mit dem Dienstgeber über die Gewährung der Taxanteile. Anläßlich der Pragmatisierung des Klägers sei hinsichtlich der im Rahmen des bisherigen privatrechtlichen Dienstverhältnisses ausgezahlten Taxanteile klargestellt worden, daß diese weitergezahlt würden; andernfalls hätte sich der Kläger wegen der wesentlichen Einkommensminderung nicht pragmatisieren lassen. Als ab dem 8.Jänner 1964 aufgrund eines Erlasses anstelle seines bisherigen 25 %igen Taxanteiles nur mehr ein Betrag von 1.500 S ausgezahlt worden sei, habe der Kläger remonstriert; daraufhin sei die bezugsauszahlende Stelle telefonisch mit interner Weisung beauftragt worden, die 25 %ige Quote an den Taxanteilen weiterhin an den Kläger auszuzahlen. Dem Kläger seien während seines gesamten Dienstverhältnisses als Leiter der Bundesanstalt bis zu seiner Suspendierung 25 % der Taxanteile gezahlt worden. Es sei daher außerhalb der Geltung des BDG und des GehG auch konkludent eine privatrechtliche Vereinbarung über eine Art Umsatzbeteiligung des Klägers zustande gekommen (siehe Vorbringen des Klägers AS 3, 26, 59 f, 67 und 72 f).
Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und beantragte die Zurückweisung der Klage; weiters bestritt sie den erhobenen Anspruch auch inhaltlich und beantragte in eventu die Abweisung des Klagebegehrens (AS 82). Der Kläger leite seinen Anspruch auf die Taxanteile aus seiner Funktion als Leiter der Bundesanstalt ab. Da diese Funktion seine eigentliche Aufgabe im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gewesen sei, könne es sich bei den Taxanteilen nur um vermögensrechtliche Ansprüche aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis handeln, die im Verwaltungsverfahren geltend zu machen seien. Freiwillige Leistungen des Dienstgebers ohne gesetzliche Grundlage im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses könnten auch durch länger dauernde Zahlung nicht eine Qualität erlangen, daß auf sie, ohne Schaffung einer Rechtsgrundlage allgemeiner Art, ein Rechtsanspruch bestünde (AS 59). Zwischen denselben Vertragspartnern könne es für ein und dieselbe Tätigkeit nur ein Dienstverhältnis geben; es sei daher denkunmöglich, daß dieselbe Dienstleistung über das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis hinaus auch aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung erbracht werde. Nach der Dienstpostenbeschreibung habe sich die Tätigkeit des Klägers als Beamter auf die Untersuchung und Beurteilung von amtlichen und privaten Proben im Sinne des LMG erstreckt, weiters auf die Leitung der Anstalt in fachlicher, organisatorischer, personeller und administrativer Hinsicht, die Erstellung von Sachverständigengutachten für Gerichte und die Mitgliedschaft bei zahlreichen Kommissionen. Über Antrag des Klägers sei ihm Bescheid vom 1.Oktober 1976 die höchste im Bereich der Bundesverwaltung mögliche Verwendungszulage zuerkannt worden. Gemäß § 30a Abs 3 GehG würden durch die Verwendungszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht abgegolten. Der Kläger habe nicht einmal vorgebracht, für welche außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verrichteten Tätigkeiten ihm Entgelt in Form von Taxanteilen zustehe.
Selbst wenn man von der - mangels gesetzlicher Grundlage von der beklagten Partei bestrittenen - Geltung der Taxanteilsregelung ausgehe, stünde dem Kläger die begehrten Taxanteile nicht zu, weil der Erlaß vom 8.Juli 1959 die Auszahlung der Taxanteile nur an Bedienstete vorsehe, die tatsächlich an der Bundesanstalt Dienst versehen hätten, und die Ausnahmen hievon taxativ aufzähle. Lasse man auch diese Regelung außer acht, seien die Taxanteile lediglich mit den pauschalierten Nebengebühren vergleichbar, die gemäß § 15 Abs 5 GehG 1956 während der Dauer der Suspendierung ruhten.
Das Erstgericht verwarf (in den Entscheidungsgründen) die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und gab dem Klagebegehren statt. Da der Kläger nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes keinen (im öffentlichen Recht begründeten) Rechtsanspruch auf Auszahlung der Taxanteile habe, der Entgeltcharakter der Taxanteile aber auf der Hand liege, handle es sich um eine Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im weitesten Sinn, für die die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes zu bejahen sei. In der Sache selbst vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, daß zwischen dem Kläger und dem Bund eine konkludente Vereinbarung über die Auszahlung der Taxanteile zustande gekommen sei, zumal der Bund die Auszahlung auch noch nach dem Rechnungshofbericht vom Jahre 1981 über das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage fortgesetzt habe. Da eine Verfehlung des Klägers nicht erwiesen worden sei - das Disziplinarverfahren sei mit Bescheid vom 30.November 1987 eingestellt worden - habe der Kläger nicht nur Anspruch auf seine Bezüge und Nebengebühren nach dem GehG, sondern auch auf die als Entgelt anzusehenden Taxanteile.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das angefochtene Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Die Gehaltsansprüche eines öffentlich-rechtlichen Bediensteten seien nicht privatrechtlicher Natur. Auch wenn sich der Kläger formell auf eine privatrechtliche Vereinbarung stütze, betreffe der Klagssachverhalt ausschließlich die Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Gehaltsansprüchen, da für ein dieselbe Tätigkeit nur entweder ein öffentlich-rechtliches oder ein privatrechtliches Dienstverhältnis bestehen könne.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihn ersatzlos aufzuheben und dem Klagebegehren stattzugeben.
Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges auf die nach der Art des erhobenen Begehrens und der in der Klage enthaltenen Behauptungen zu beurteilende Natur des geltend gemachten Anspruches an. Ohne Einfluß ist, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch auch begründet ist (siehe SZ 26/273; EvBl 1983/105; Arb 10.479; Arb 10.486; WBl 1989, 195; Arb 10.749 = JBl 1989, 734; Arb 11.020; M&R 1992, 244 = JBl 1993, 116).
Der Kläger brachte vor, daß er sein Begehren nicht auf einen im öffentlichen Recht begründeten Anspruch gegen den beklagten Rechtsträger stütze, sondern auf eine neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit der beklagten Partei getroffene privatrechtliche Vereinbarung. Mit den Behauptungen, die Weitergewährung der Taxanteile sei ihm anläßlich der Pragmatisierung zugesagt worden, diese Bezüge seien ihm während der gesamten Dauer seiner Tätigkeit als Leiter der Bundesanstalt auch tatsächlich gewährt worden, leitete der Kläger den erhobenen Anspruch aus einem Verhalten seines Dienstgebers ab, bei dem sich dieser nicht der ihm vom Gesetzgeber zur Vollziehung des öffentlich-rechtlichen Dienstrechtes bereitgestellten rechtstechnischen Mittel der Verordnung, des Bescheides und der Weisung bediente, sondern gleich einem Privaten agierte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes wurde vom Kläger daher als Rechtsgrund für seinen Anspruch ein nach Privatrecht zu beurteilender Sachverhalt vorgebracht (siehe VfSlg 3262/1957; 6084/1969; 7078/1973 ua; JBl 1964, 569; SZ 45/134; 55/173; 60/156; zuletzt 9 Ob A 49/93;
Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 21 sowie 27 ff;
Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 145 f; dieselben Österreichisches Verfassungsrecht3, 236; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes7 Rz 560). Für die Entscheidung über diesen Anspruch ist, wie der Verfassungsgerichtshof in der diese Sache betreffenden Entscheidung vom 13.März 1993, K I-6/91-13, ausgesprochen hat, das Arbeits- und Sozialgericht zuständig.
Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist allerdings nicht darüber abzusprechen, ob das Klagebegehren auch berechtigt ist oder nicht (siehe Arb 10.479, Arb 11.020).
Dem Rekurs war daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluß im Sinne einer Verwerfung der erhobenen Einrede abzuändern und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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