OGH 4Ob10/94

OGH4Ob10/948.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Peter Pullez, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing.Josef F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Stefan Gloß und Dr.Hans Pucher, Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000,-), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 26. November 1993, GZ 2 R 29/93-12, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12.Februar 1992, GZ 10 Cg 9/93s-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien betreiben in Ostösterreich den Einzelhandel mit Fertighäusern.

Am 7.11.1992 erschien in der für Niederösterreich bestimmten Ausgabe der "Neuen Kronenzeitung" folgendes Inserat der Beklagten:

Zur Zeit der Einschaltung dieses Inserates verfügte die Beklagte nicht über eine behördliche Bewilligung zur Ankündigung eines Ausverkaufes.

Mit der Behauptung, daß mit diesem Inserat ein Ausverkauf im Sinn des § 33 a Abs 1 UWG angekündigt wurde, der behördlich nicht bewilligt sei und bei dem auch die erforderlichen Angaben über den Grund des beschleunigten Verkaufes fehlten, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr in Österreich beim Vertrieb von Fertighäusern

1.) in öffentlichen Bekanntmachungen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmten Mitteilungen einen Ausverkauf anzukündigen, insbesondere durch die Worte "Abverkauf zu Superpreisen" und/oder durch sinnähnliche Worte, ohne in Besitz der hiefür erforderlichen verwaltungsbehördlichen Bewilligung zu sein, und

2.) bei der Ankündigung von Ausverkäufen die Gründe des beschleunigten Verkaufes wie den Zeitraum, währenddessen der Ausverkauf stattfindet, nicht anzugeben.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Verkauf von Fertighäusern falle nicht unter den in § 33a Abs 1 UWG geregelten Kleinverkauf. Das beanstandete Inserat erwecke nicht den Eindruck, daß die Beklagte durch besondere Umstände genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen und deshalb ihre Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anzubieten. Zwischen den Streitteilen bestehe auch kein "direkter Wettbewerb", weil sich die Beklagte mit ihrem Ziegelmassivhaus an Hausbauer wende, die die wesentlichen Arbeiten selbst durchführen, wogegen die Klägerin fertige Häuser mit Riegelwandbauten schlüsselfertig für die Kunden aufstelle. Die Parteien wendeten sich somit an ganz verschiedene Zielgruppen. Im übrigen sei das Inserat im Herbst, also zu einem Zeitpunkt eingeschaltet worden, in welchem die Saison für den Verkauf solcher Häuser vorbei sei.

Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Daß die Streitteile zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, könne angesichts der Tatsache, daß beide Einfamilienhäuser anbieten, nicht zweifelhaft seien. Die Unterschiede in der Bauweise und der Ausgestaltung der Häuser änderten nichts an der Gleichheit des von den Parteien angesprochenen Kundenkreises. Der Begriff "Kleinverkauf" bedeute entgegen der Meinung der Beklagten nicht, daß die angebotenen Waren klein oder handlich sein müßten; vielmehr komme es nur darauf an, ob sich die Ankündigung an Letztverbraucher richte. Ob das umworbene Produkt eine Ware des täglichen Bedarfs ist, sei unerheblich. Die Worte "Abverkauf zu Superpreisen" seien sehr wohl geeignet, den Eindruck zu erwecken, daß die Beklagte durch besondere Umstände genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen. Unter der Ankündigung des Abverkaufes zu Superpreisen könne das umworbene Käuferpublikum wohl nichts anderes verstehen als das Angebot einer größeren Menge derart feilgebotener Waren.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da sich beide Streitteile an Personen wendeten, die Wohnraum schaffen wollen, stünden sie miteinander in Wettbewerb. "Abverkauf" bedeute soviel wie "Ausverkauf" und sei daher ein "Wort ähnlichen Sinnes" gemäß § 33a Abs 1 UWG. Das Inserat der Beklagten sei daher jedenfalls als Ankündigung eines Ausverkaufs anzusehen. Die Mitteilung müsse daher weder auf die Absicht schließen lassen, Waren in größeren Mengen beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, noch den Eindruck erwecken, daß der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen und deswegen seine Ware zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbiete. "Kleinverkauf" stelle nicht auf die Größe, das Volumen oder das transportgerechte Format der angebotenen Ware, sondern darauf ab, ob sich die Ankündigung an Wiederverkäufer oder Letztverbraucher richte. Nach Sinn und Zweck des § 33a UWG gehe es dem Gesetzgeber um die Beseitung von Mißbräuchen durch besondere Verkaufsveranstaltungen in Einzelhandelsgeschäften und bei einem diesen gleichzuhaltenden Verkauf auf der Einzelhandelsstufe, dagegen nicht generell um jeglichen Verkauf einer Ware an Endabnehmer. Von der Regelung umfaßt werden sollten Waren, wie sie für den Vertrieb in Einzelhandelsgeschäften typisch sind, nämlich für den Vertrieb gattungsmäßig bestimmter Waren. Um einen solchen für Einzelhandelsgeschäfte typischen Warenvertrieb gehe es aber beim Verkaufsangebot des Herstellers von Ziegelmassivhäusern nicht. Da die angebotenen Ziegelmassivhäuser keine Waren des regelmäßigen Geschäftsverkehrs im Einzelhandel seien, komme § 33a UWG auf die beanstandete Ankündigung nicht zur Anwendung.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist berechtigt.

Die Ankündigung eines Ausverkaufes ist nur mit Bewilligung der nach dem Standort des Ausverkaufes zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig (§ 33b UWG). Jede Ankündigung des Ausverkaufes hat - im Einklang mit dem Bewilligungsbescheid - neben der allgemeinen Bezeichnung der zum Verkauf gelangenden Waren auch die Gründe des beschleunigten Verkaufes und den Zeitraum, währenddessen der Ausverkauf stattfinden soll, zu enthalten (§ 33d Abs 1 UWG). Wer diesen Vorschriften zuwiderhandelt, kann ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden; den Anspruch auf Unterlassung kann jeder Mitbewerber geltend machen (§§ 14, 34 Abs 3 UWG).

Daß die Klägerin entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten deren Mitbewerberin ist, haben schon die Vorinstanzen zutreffend dargelegt. Tatsächlich kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die von den Streitteilen vertriebenen Häuser, mögen sie sich in ihrer Bauweise noch so unterscheiden, ihrer Art nach miteinander in Konkurrenz treten (SZ 54/77; ÖBl 1986, 43; ÖBl 1990, 28 uva) und das gleiche Verkehrsbedürfnis - nämlich das Bedürfnis, eigenen Wohnraum zu erwerben - zu befriedigen geeignet sind (SZ 18/82 ua). Es liegt im übrigen auf der Hand, daß sich die Beklagte mit der beanstandeten Ankündigung an einen im wesentlichen gleichen Abnehmerkreis gewandt hat wie die Klägerin (ÖBl 1987, 50 ua), weil die von der Beklagten angebotenen "Ziegelmassivhäuser" eine mögliche Alternative zu den Fertighäusern der Klägerin bilden.

Da die Beklagte die Erfordernisse des § 33b und des § 33d Abs 1 UWG unbestrittenermaßen nicht erfüllt hat, hängt die Entscheidung ausschließlich davon ab, ob die beanstandete Werbeeinschaltung als Ankündigung eines Ausverkaufes im Sinn des § 33a UWG zu verstehen ist. Unter einer solchen Ankündigung werden nach § 33a Abs 1 UWG - welcher an die Stelle des wörtlich fast gleichlautenden § 1 Abs 1 Ausverkaufsgesetz 1985 BGBl. Nr. 51 (AusvG) getreten ist - alle öffentlichen Bekanntmachungen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmten Mitteilungen verstanden, die auf die Absicht schließen lassen, Waren in größeren Mengen beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, und zugleich geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, daß der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt ist, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbietet; Bekanntmachungen oder Mitteilungen, in denen die Worte "Ausverkauf", "Liquidationsverkauf", "Räumungsverkauf", "Schnellverkauf", "Verkauf zu Schleuderpreisen", "Wir räumen unser Lager" oder Worte ähnlichen Sinnes vorkommen, gelten jedenfalls als Ankündigung eines Ausverkaufes.

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, entspricht das von der Beklagten verwendete Wort "Abverkauf" den im § 33a Abs 1 beispielweise aufgezählten Begriffen. "Abverkauf" ist ein - gerade in Österreich gebräuchliches (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in acht Bänden2, Band 1, 103 mittlere Spalte; Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, Band 1, 100 rechte Spalte) - Synonym für "Ausverkauf" (Schuhmacher, WBl 1987, 42). In ÖBl 1979, 101 hat der Oberste Gerichtshof die Werbung mit einem "Abverkauf verschiedenster Möbel .........." nur deshalb nicht als Ankündigung im Sinne des § 1 Abs 1 Satz 2 AusvV (welche dem erwähnten Ausverkaufsgesetz vorausgegangen war und mit § 1 Abs 1 Satz 2 dieses Gesetzes wörtlich übereinstimmt) gewertet, weil aus dem Zusammenhang der Ankündigung klargestellt war, daß der "Abverkauf" dort ein Teil des - nach § 1 Abs 2 AusvV (wie nach § 33a Abs 2 UWG) zulässigen Inventurverkaufes war. Im gleichen Sinn hat der VwGH das Wort "Totalabverkauf" dem § 1 Abs 1 AusvV unterstellt (ZfVB 80/2/462). Die Entscheidung WBl 1987, 41, in welcher der OGH die Ankündigung eines "großen Kollektionsabverkaufs für Damen und Herren" nicht als Verstoß gegen § 1 AusvG beurteilte, weil die Ankündigung nicht die Annahme erwecken konnte, daß tatsächlich ein Verkauf von größeren Warenkontingenten beabsichtigt sei, wurde von Schuhmacher aaO 42 zutreffend mit dem Hinweis auf § 1 Abs 1 Satz 2 AusvG kritisiert. Bei Bekanntmachungen oder Mitteilungen im Sinne des § 33a Abs 1 Satz 2 UWG (früher § 1 Abs 1 Satz 2 AusvG) kommt es nämlich nicht darauf an, ob der im ersten Satz dieser Gesetzesstelle umschriebene Eindruck tatsächlich entsteht (ÖBl 1983, 147).

Die beanstandete Werbeankündigung bezieht sich auf einen Vertrieb "im Kleinverkauf", womit - im Gegensatz zum "Großhandel" - der Einzelhandel, also der Vertrieb an Letztverbraucher, gemeint ist.

Nach dem Wortlaut der § 33a ff UWG sind diese Bestimmungen - wie die Vorschriften über Ausverkäufe in den §§ 1 bis 4 der Ausverkaufsverordnung und des Ausverkaufsgesetzes (SZ 58/82) - nicht auf bestimmte Warengruppen oder bestimmte Vertriebsformen beschränkt. Es ist daher kein Grund zu sehen, weshalb der Vertrieb von Fertigteilhäusern nicht unter diese Bestimmungen fallen sollte. Der (bundesdeutsche) BGH hat zwar ausgesprochen, daß das Verkaufsangebot eines Herstellers von Fertighäusern kein Warenverkauf "im Einzelhandel" im Sinn des § 7 Abs 1 dUWG sei (GRUR 1988, 316; ihm folgend Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 1094 Rz 5c zu § 7 dUWG), weil es sich dabei nicht um den Verkauf von Waren handle, wie er für den Vertrieb in Einzelhandelsgeschäften typisch sei, nämlich um den Vertrieb von ihrer Gattung nach bestimmten Waren; solche Fertighäuser seien noch nicht eine Ware des regelmäßigen Geschäftsverkehrs im Einzelhandel; dies unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Kauf- oder ein Werkvertrag vorliege. Wie weit diese Auslegung auf die sich von § 33a Abs 1 UWG unterscheidende Fassung des § 7 Abs 1 dUWG ("Wer Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel, die außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfinden, der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorrufen [Sonderveranstaltung], ankündigt oder durchführt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden"), zurückzuführen ist, bedarf hier keiner Untersuchung. Die Ankündigung des "Abverkaufes" von Fertigteilhäusern an Letztverbraucher fällt jedenfalls unter den Wortlaut des § 33a Abs 1 UWG. Auch die von der Beklagten angebotenen "Ziegelmassivhäuser" sind Waren, und zwar solche, die ihrer Gattung nach bestimmt sind. Daß die Kunden im Rahmen des beanstandeten Sonderangebotes Sonderwünsche, was die Anordnung der einzelnen Räume udgl anlangt, geltend machen könnten, ist dem Inserat nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf die gerichtsbekannt kurze Dauer der Aufstellung von Fertighäusern liegt bei dem Vertrieb in der Regel das wirtschaftliche Schwergewicht auf dem Verkauf der schon vorgefertigten "Ware" Fertighaus und nicht auf der (werkvertraglichen) Leistung des Aufstellens. Das trifft auch für die hier von der Beklagten angebotenen Häuser, die nicht schlüsselfertig übergeben werden, sondern nur "tapezierfähige" Innenwände und eine E-Rohinstallation udgl, aber keine vollständige Ausstattung aufweisen.

Ausverkäufe sind freilich nur solche Warenverkäufe, bei denen das ganze Warenlager oder doch das Lager an Waren bestimmter Gattung unter vollständiger Auflassung abgegeben werden soll (VwSlg 16.324A). Die beanstandete Werbeeinschaltung erweckt aber den Eindruck, die Beklagte verkaufe alle ihre "Glorit-Ziegelmassivhäuser" stark verbilligt ab. Die Klägerin hat sich darauf berufen; die Beklagte ist dem auch nicht entgegengetreten.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung des Revisionsrekurses die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Klägerin gründet sich § 393 Abs 1 EO, jener über die Rechtsmittelkosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, 52 ZPO.

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