Spruch:
Durch den angefochtenen Beschluß wurde Heinrich F***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Über den am 25.Februar 1949 geborenen Heinrich F***** wurde am 14. Juli 1993 nach Einleitung der Voruntersuchung wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB gemäß § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit a StPO die Untersuchungshaft verhängt.
Nach Abschluß der Voruntersuchung wurde gegen den (damals) Beschuldigten am 11.August 1993 wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1 und 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB Anklage erhoben. Inhaltlich des dazu mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21.September 1993, GZ 5 Vr 2.113/93-24, ergangenen Schuldspruchs hat Heinrich F***** in Graz seine von ihm geschiedene Ehefrau Barbara F***** (1) in der Zeit vom 7.April bis 13.Juli 1993 in sechs Angriffen außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt zur Vornahme und Duldung des Beischlafes genötigt, indem er ihr teils Schläge versetzte, sie unter Einsatz seiner überlegenen Körperkraft fest- bzw niederhielt, ihre Beine spreizte, einen Polster auf ihr Gesicht drückte und anschließend jeweils den Geschlechtsverkehr vollzog; (2) in der Zeit vom 7.April bis 13.Juli 1993 in mehrfachen Angriffen durch die Ankündigung, er werde sie für den Fall einer Anzeigeerstattung wegen der zu 1 beschriebenen Tathandlungen umbringen bzw sie werde ihr ganzes Leben lang keine Ruhe vor ihm haben, sohin durch Drohung mit dem Tod zu den nach dem Wortlaut der Drohungen tätergewollten Unterlassungen genötigt; (3) am 30.März 1993 durch die Äußerung, er werde sie aufschlitzen, wobei er ihr gegen das Kinn schlug und ein Küchenmesser gegen sie richtete, gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Bereits vor der Hauptverhandlung hatte das Oberlandesgericht Graz mit Beschluß vom 2.September 1993, AZ 11 Bs 358/93, in Stattgebung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die von der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Graz am 19.August 1993 beschlossene Aufhebung der Untersuchungshaft unter Anwendung der gelinderen Mittel nach § 180 Abs 5 Z 1 bis 4 StPO die Fortsetzung der Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 1 und 2 Z 3 lit b StPO angeordnet. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten (unter Anrechnung der seit 13.Juli 1993 erlittenen Vorhaft) 24 Monate Freiheitsstrafe. Von den gegen dieses Urteil erhobenen Rechtsmitteln des Angeklagten wurde die Nichtigkeitsbeschwerde mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27.Jänner 1994, AZ 12 Os 182/93, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen, die Berufungsentscheidung durch das hiefür zuständige Oberlandesgericht Graz steht noch aus.
Nachdem die Ratskammer am 10.Dezember 1993 einen neuerlichen Enthaftungsantrag des Angeklagten wegen Fortbestehens des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr abgewiesen hatte, verwarf das Oberlandesgericht Graz die dagegen erhobene Beschwerde des Angeklagten mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß im wesentlichen mit der Begründung, der Angeklagte weise durch die Tatmodalitäten, seine wechselhaft leugnende Verantwortung und das ihn betreffende gerichtspsychiatrische Sachverständigengutachten verdeutlichte Persönlichkeitszüge auf, die eine Erreichung des Haftzweckes durch die (bloße) Anwendung gelinderer Mittel selbst bei Mitberücksichtigung des Umstandes ausschlössen, daß der Angeklagte inzwischen die Schlüssel zur Wohnung des Tatopfers zurückgestellt hat.
Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten, in der aus der Sicht einer nach dem Ausmaß der in erster Instanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe wegen bisheriger Unbescholtenheit als möglich reklamierten bedingten Strafnachsicht sowie mit der Behauptung von Verstößen gegen Art 5 Abs 1 lit c, Abs 3 und Art 6 MRK eine Unverhältnismäßigkeit der aufgelaufenen Haftdauer geltend gemacht wird, kommt keine Berechtigung zu.
Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der bisherigen Haftdauer im Sinn des § 193 Abs 2 StPO treten - der Beschwerdeauffassung zuwider - die durch §§ 43, 43 a StGB eröffneten Sanktionsaspekte gegenüber jenen Kriterien der Strafbemessung in den Hintergrund, die aus der trotz ärztlicher Therapieversuche zum Aggressionsabbau längerfristig beharrlichen Wiederholung der exzessiven Gewaltakte folgen. Davon ausgehend liegt aber die behauptete Unverhältnismäßigkeit der bisherigen Haft weder tat- noch täterbezogen vor.
Auch davon, daß der Angeklagte in seinen Konventionsansprüchen auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Haftentlassung während des Verfahrens (Art 5 Abs 3 MRK) verletzt worden wäre und solcherart ein im Sinn des Art 5 Abs 1 lit c MRK begründeter Haftanlaß entfiele, kann nicht die Rede sein. Den dazu reklamierten Verzögerungen im Zusammenhang mit einzelnen Verfahrensakten (Zustellung des erstinstanzlichen Urteils rund sechs Wochen nach mündlicher Verkündung, Ratskammerentscheidung über den mit der Urteilsanfechtung verbundenen Enthaftungsantrag nach drei Wochen) ist entgegenzuhalten, daß Säumnisse in der Verfahrensführung nur unter der Voraussetzung eine nach dem Grundrechtsbeschwerdegesetz relevante Grundrechtsverletzung bewirken können, daß sie eine Unverhältnismäßigkeit der Haft nach sich ziehen. Schon weil diese Voraussetzung mit Rücksicht auf Tatunwert und Täterschuld - wie dargelegt - hier nicht zutrifft, scheitert die Beschwerde auch in diesem Punkt.
Zum abschließenden Einwand einer konventionswidrigen Beschneidung im Recht auf Gegenäußerung zu den die Haftfrage betreffenden Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft bzw der Oberstaatsanwaltschaft genügt der Hinweis darauf, daß selbst nach der (für den Anlaßfall noch nicht in Geltung gestandenen) Bestimmung des § 35 Abs 2 StPO idF BGBl 1993/526 die Mitteilung ablehnender staatsanwaltschaftlicher Stellungnahmen unterbleiben kann, wenn diese keine weiteren Ausführungen enthalten.
Da sohin durch den bekämpften Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz Heinrich F***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde (§ 2 Abs 1 iVm § 7 GRBG) war die Beschwerde - in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur (dem Beschwerdeanliegen zuwider gesetzlich bindend in nichtöffentlicher Sitzung - § 6 GRBG) - als unbegründet abzuweisen.
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