OGH 7Ob625/93

OGH7Ob625/9319.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Gerold D*****, vertreten durch Dr.Hugo Schally und Dr.Anton Knees, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Helga V*****, vertreten durch Dr.Hans Georg Mayer und Dr.Hans Herwig Toriser, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Erbteilung (Streitwert S 300.000), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 3. September 1993, GZ 1 R 326/93-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 19. Mai 1993, GZ 24 C 9/93h-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Nachlaß des am 26.9.1991 verstorbenen Sigmund D***** wurde der Witwe Helene D***** zu einem Drittel und den vier Kindern Gerda S*****, Maria B***** sowie den beiden Streitteilen zu je einem Sechstel eingeantwortet. Dazu gehörte neben einem PKW im Wert von S

2.500 und einem Sparbuch mit einem Guthaben von S 3.648,60 die Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit einem Verkehrswert von S 2,000.020. Über eine Erbteilung konnte im Verlassenschaftsverfahren keine Einigung erzielt werden. Mit Notariatsakt vom 1.10.1992 übergaben die Witwe sowie Gerda S***** und Maria B***** als außerbücherliche Miteigentümer die ihnen auf Grund der Einantwortung zustehenden Anteile an der Liegenschaft dem Kläger, welcher sich verpflichtete, an seine Schwestern Gerda S***** und Maria B***** je S 100.000 zu zahlen und seiner Mutter auf deren Lebzeit das uneingeschränkte Fruchtgenußrecht an den 5/6-Anteilen der Liegenschaft einzuräumen; weiters übernahm er die Verpflichtung, dieses Fruchtgenußrecht im Fall des Erwerbes des Liegenschaftsanteiles der Beklagten auch auf diesen Anteil auszudehnen. Weiters enthält der Notariatsakt folgende Bestimmungen:

"3.2.:

Alle sich aus der Rechtsstellung der Übergeber als Erben nach Herrn Sigmund D***** ergebenden Rechte und Pflichten gehen uneingeschränkt auf den Übernehmer über. Der Übernehmer verpflichtet sich, die Übergeber hinsichtlich sämtlicher sich allfällig noch aus der Verlassenschaft nach Herrn Sigmund D*****, Zahl 24 A 1629/91 des Bezirksgerichtes Klagenfurt, ergebender Ansprüche und Forderungen, insbesondere der Miterbin, Frau Helga V*****, vollkommen schad- und klaglos zu halten.

3.3.:

Die Übergeber erklären gegenüber dem Übernehmer, mit der Erbringung der Leistungen laut den vorstehenden Absätzen in ihren ihnen zum Nachlaß nach Herrn Sigmund D***** zustehenden Erb- und Pflichtteilsansprüchen befriedigt zu sein und aus diesen Rechtstiteln keinerlei Forderungen mehr zu haben."

Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten als der zu einem Sechstel des Nachlasses eingeantworteten Erbin die Aufteilung der Erbschaft unter Anrechnung der Vorempfänge. Zu einer einvernehmlichen Erbteilung sei es nur deshalb nicht gekommen, weil die Beklagte den Erhalt anrechenbarer Vorempfänge im Ausmaß von S 433.303,36 bestritten habe. Der Kläger sei auf Grund des Notariatsaktes vom 1.10.1992 nunmehr zu fünf Sechstel Miteigentümer der Verlassenschaft geworden und damit gegenüber der Beklagten zur Teilungsklage legitimiert. Eine Beteiligung der übrigen Erben am Erbteilungsprozeß sei daher nicht erforderlich.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Mangels bücherlicher Durchführung des Notariatsaktes vom 1.10.1992 fehle dem Beklagten die Legitimation zur Teilungsklage; es müßten sich alle Erben am Verfahren beteiligen. Schließlich habe die Beklagte vom Erblasser keinerlei als Vorempfänge anrechenbare Zuwendungen erhalten. Das erhobene Teilungsbegehren sei unschlüssig und unbestimmt. Schließlich liege Unzeit vor.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Mangels Beteiligung sämtlicher Miteigentümer am Teilungsprozeß könne eine Erbteilung nicht vorgenommen werden. Der zwischen dem Kläger einerseits und dessen Mutter und zwei Geschwistern andererseits geschlossene Übergabevertrag ändere daran nichts, weil dieser angefochten werden könnte; dann würde lediglich ein Exekutionstitel zwischen den Streitteilen bestehen, nicht aber gegenüber sämtlichen Miterben.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht bejahte die Legitimation des Klägers zur vorliegenden Klage. Wohl sei eine Erbteilung nach Besitzerwerb am Nachlaß als Teilung eines gemeinschaftlichen Vermögens im Sinne der §§ 830, 841 ff ABGB vorzunehmen. Diese wirke nicht auf den Zeitpunkt des Besitzerwerbes an der Erbschaft zurück. Erhalte ein Miterbe eine Sache oder ein Recht allein, so werde er hinsichtlich der seine Erbquote übersteigenden Anteile nicht mehr unmittelbarer Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers, sondern Einzelrechtsnachfolger seiner Miterben; er müsse die in der Zwischenzeit von seinen Miterben an deren ideellen Quoten oder von der Gemeinschaft hinsichtlich der ganzen Sache eingeräumten dinglichen und obligatorischen Rechte Dritter gegen sich gelten lassen; sein Erwerb bedürfe der für die Einzelrechtsnachfolge notwendigen Übertragungsakte. Das habe auch dann zu gelten, wenn ein Miterbe Anteile anderer Miterben erwerbe. Während somit die Teilungsklage in bezug auf Liegenschaften die bücherliche Eintragung des Miteigentümers, dem schon eingeantwortet worden sei, nicht voraussetze, könne in dem bloßen Abschluß eines Übergabevertrages ein Übertragungsakt, der zum Erwerb der Anteil der Miterben durch den Kläger an der Liegenschaft geführt habe, nicht erblickt werden. Obwohl die Teilungsklage nach einheitlicher Lehre und Rechtsprechung gegen alle anderen Teilhaber zu richten sei, weil das Erkenntnis gegen die am Verfahren nicht Beteiligten ohne Wirkung wäre und daran auch der Umstand nichts ändere, daß ein Miteigentümer der Teilung außergerichtlich zugestimmt habe, somit sämtliche Miteigentümer am Prozeß beteiligt sein müßten, auch wenn sie sich dem Teilungsbegehren nicht widersetzten, sei bei der vorliegenden Erbteilung zu berücksichtigen, daß die nicht am Verfahren beteiligten Miterben dem Kläger alle sich aus der Rechtstellung als Erben ergebenden Ansprüche übertragen hätten. Da sie dem Kläger gegenüber auch auf die ihnen allenfalls weiters zustehenden Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet hätten, sei es ihnen verwehrt, Erbteilungsansprüche geltend zu machen. Daher könnten sie sich an der gerichtlichen Erbteilung auch nicht mehr beteiligen.

Weiters enthält der angefochtene Beschluß auch Ausführungen über die Grundsätze der Erbteilung sowie eine Begründung für die Schlüssigkeit und Bestimmtheit des erhobenen Teilungsbegehrens.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß eine Klage auf gänzliche Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft gegen alle Teilhaber zu richten ist, die nicht als Kläger auftreten (Klang in Klang2 III 1104;

Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 15 zu § 830 mwN; SZ 50/63; SZ 51/65 uva), und daß - mit Ausnahme der Fälle der Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes etwa durch die Einantwortung (MietSlg 38.040;

MietSlg 39.042; EvBl 1963/103) - nur die bücherlichen Miteigentümer einer Liegenschaft Parteistellung im Verfahren über eine Liegenschaftsteilungsklage haben, sodaß die bloße Übergabe eines Grundstücks auch bei Vorliegen eines zur Eigentumsübertragung hinreichenden Titels dafür nicht ausreicht, weil damit der Übergang des Eigentums nicht bewirkt wird (MietSlg 39.042 mwN). Zu Unrecht ging das Berufungsgericht aber davon aus, daß die Miterben, unabhängig vom Zeitpunkt der Einantwortung, auf ihnen allenfalls noch zustehende Erb- und Pflichtteilsansprüche zu Gunsten des Klägers wirksam verzichten konnten und ungeachtet der noch fehlenden Intabulation des Übergabevertrages in bezug auf die Liegenschaft Erbteilungsansprüche nicht mehr geltend machen könnten. Der Verzicht (Entschlagung) durch einen Miterben zugunsten Dritter entfaltet nur insofern Wirkungen, als er als Erbrechtsveräußerung anzusehen ist (Welser in Rummel aaO Rz 31 zu §§ 799, 800). Der Erbschaftskauf ist aber die Veräußerung des Erbrechts zwischen Erbanfall und Einantwortung; Gegenstand des Erbschaftskaufes sind daher weder der Nachlaß noch einzelne Nachlaßsachen, sondern das Erbrecht selbst (Welser aaO Rz 1 zu §§ 1278 bis 1281). Der Käufer wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers und erwirbt das Eigentum an den Nachlaßsachen wie der Erbe durch die Einantwortung (Welser aaO Rz 5 zu §§ 1278 bis 1281). Nach der Einantwortung kann der (Mit-)Erbe, der bereits (Mit-)Eigentümer der einzelnen Gegenstände des Nachlasses geworden ist, Nachlaßgegenstände - wie hier - nur noch mit der Wirkung der Einzelrechtsnachfolge veräußern. Solche Veräußerungsverträge bilden demnach auch nur einen Titel für den Eigentumserwerb; außerbücherliches Eigentum an Liegenschaften kommt hier nicht in Frage. Ein Verzicht auf das Erbrecht nach der Einantwortung ist daher wirkungslos. Mit den Bestimmungen in den 3.2. und 3.3. des Notariatsaktes vom 1.10.1992 kann somit die Legitimation des Klägers zur Erbteilungsklage, welche - als wesentlichen Vermögensbestandteil - eine im Grundbuch eingetragene Liegenschaft erfaßt, nicht begründet werden. Die Sache ist aber aus diesem Grund noch nicht im Sinne der Abweisung der Klage spruchreif:

Der dafür behauptungs- und beweispflichtige Kläger hat zwar nicht schon in der Klage vorgetragen, daß die mit dem Notariatsakt vereinbarte Eigentumsübertragung auch in das Grundbuch eingetragen worden sei; er hat aber insbesondere das Vorbringen der Beklagten bestritten, daß diese grundbücherliche Durchführung noch nicht erfolgt sei (ON 5, AS 23). Das Erstgericht wird daher diese Behauptung zu prüfen und Feststellungen über einen allfälligen Eigentumsübergang an den Kläger zu treffen haben. Aber auch hinsichtlich der beweglichen Nachlaßsachen wird der Kläger den mit der Klage zumindest schlüssig behaupteten Erwerb an den Miteigentumsanteilen der nicht am Prozeß teilnehmenden Miterben zu erbringen haben. Erst wenn dem Kläger diese Nachweise gelungen sind, ist seine alleinige Legitimation zur Erbteilungsklage gegen die Beklagte gegeben, weil nur so eine Teilung des Nachlaßvermögens zwischen dem Kläger als Miterben und Einzelrechtsnachfolger der nicht am Teilungsverfahren beteiligten Miterben und der beklagten Miterbin möglich wäre.

Der Rekurs wendet sich auch gegen die Schlüssigkeit und die Bestimmtheit des erhobenen Teilungsbegehrens. Dieses wäre auf Teilung unter Angabe des Wertverhältnisses der jedem Miterben zukommenden Portionen zu richten gewesen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich aber, welche Aufteilung der vorhandenen (ehemaligen) Nachlaßgegenstände begehrt wird. Unter der Voraussetzung, daß die Beklagte die behaupteten Vorempfänge erhalten haben sollte, wäre eine Naturalteilung durch Zuweisung verschiedener ehemaliger Nachlaßgegenstände an die Streitteile auch möglich. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch darauf hingewiesen, daß in einer Erbteilungsklage wegen des Vorhandenseins einer Vielzahl von Sachen nicht ausgeführt werden müsse, ob Natural- oder Zivilteilung verlangt wird (ZB 1937/4; EvBl 1967/84; vgl Rz 1970/124), sodaß regelmäßig eine Naturalteilung durch Zuweisung einzelner Sachen möglich ist. Diese Zuweisung hat aber - unbeschadet erstatteter Teilungsvorschläge - vom Gericht zu erfolgen; an die Teilungsvorschläge der Parteien ist es dabei nicht gebunden. Diese sind daher auch nicht in das Klagebegehren aufzunehmen (SZ 33/8; SZ 43/31). Das Aufteilungsverhältnis ergibt sich im konkreten Fall aus den Erbquoten von fünf Sechstel (Kläger) und einem Sechstel (Beklagte) und aus allfälligen Vorempfängen. Das Erstgericht wird daher, sollte das weitere Verfahren die alleinige Legitimation des Klägers, die Erbteilung von der Beklagten zu verlangen, ergeben, das Verfahren auch auf die vom Berufungsgericht aufgezeigten Aufteilungsgrundsätze und die weiteren Einwendungen der Beklagten zu erstrecken haben.

Im Ergebnis hat es somit bei der Aufhebung des Ersturteiles und der Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zu verbleiben, sodaß dem Rekurs der Beklagten ein Erfolg zu versagen war.

Der Kostenvorbehalt folgt aus § 52 Abs 1 ZPO.

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