OGH 9ObA342/93

OGH9ObA342/9310.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Hofrat Adir.Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Florian G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Anton Czerny, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien, dieser vertreten durch Dr.Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.H***** M*****, ***** wegen 45.363,65 S sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Mai 1993, GZ 32 Ra 48/93-10, womit infolge Rekurses der M***** A***** AG, ***** vertreten durch Dr.Axel Nepraunik, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 1.März 1993, GZ 11 Cga 434/92-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben und der Rekurs der M***** AG gegen den Beschluß des Erstgerichtes ON 7 zurückgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der M***** AG wird zurückgewiesen.

Die M***** AG hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Die M***** AG ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin enthalten 603,84 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Gestützt auf die Behauptung, er sei bei der M***** AG vom 1.9.1992 bis 10.9.1992 als Angestellter beschäftigt gewesen und das Dienstverhältnis sei von dieser Gesellschaft ohne Angabe von Gründen gelöst worden, begehrt der Kläger eine Kündigungsentschädigung, aliquote Sonderzahlungen und eine Urlaubsabfindung im Gesamtbetrag von 45.363,65 S brutto.

Die M***** AG bestritt die passive Klagslegitimation. Der Kläger sei zwar im Unternehmensverband M*****, jedoch nicht bei ihr, sondern bei Dipl.Ing.H***** M***** beschäftigt gewesen. Im übrigen bestünden die erhobenen Ansprüche auch nicht zu Recht. Da ein Probemonat vereinbart worden sei, sei das Dienstverhältnis zum 10.9.1992 zulässig aufgelöst worden.

Der Kläger beantragte, die Bezeichnung der Beklagten auf Dipl.Ing.H***** M***** zu berichtigen. Auf dem Dienstzettel sei als Dienstgeber die "M***** AG" angeführt worden. Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, daß das Dienstverhältnis mit dieser Gesellschaft begründet worden sei. Auch in der der Auflösung des Dienstverhältnisses folgenden Korrespondenz sei die ursprünglich in Anspruch genommene Partei sinngemäß davon ausgegangen, daß sie Dienstgeber des Klägers gewesen sei.

Das Erstgericht berichtigte die Parteienbezeichnung auf "Dipl.Ing.H***** M*****", und stellte dazu fest, daß der Vorgesetzte des Klägers diesem auf die Frage, wer sein Dienstgeber sei, ausdrücklich die M***** AG genannt habe. Auch der dem Kläger ausgefolgte Dienstzettel habe auf die M***** AG gelautet. Aus dem Inhalt der Klage ergebe sich ohne Zweifel, daß der Kläger das Begehren gegen seinen Dienstgeber erheben wollte. Über dessen Person sei er aber sowohl durch den Inhalt des Dienstzettels als auch durch die Auskunft seines Vorgesetzten in Irrtum geführt worden. Der Kläger habe sohin bei den in Anspruch genommenen Dienstgeber lediglich unrichtig bezeichnet. Dieser Fehler sei entsprechend dem Antrag des Klägers richtigzustellen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß von der M***** AG erhobenen Rekurs Folge und wies den Antrag des Klägers auf Änderung der Parteienbezeichnung ab. Eine Berichtigung der Parteienbezeichnung liege nur dann vor, wenn die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjektes geändert werde, ohne daß an die Stelle des bisher als Partei angesehenen Rechtssubjektes ein anderes trete. Eine Parteiänderung sei hingegen anzunehmen, wenn anstelle des bisher als Partei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes in den Rechtsstreit einbezogen werden solle. Als Partei sei dabei jene Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und aus dem Begehren der Klage klar und deutlich ergebe. Dieser Rechtsprechung sei mit dem durch die ZVN 1983 eingeführten § 235 Abs 5 ZPO im Gesetz Rechnung getragen worden. Hier habe die Beklagte bereits in ihrem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl die mangelnde Passivlegitimation eingewendet. Aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich, daß dem Kläger schon vor der Einbringung der Klage klar gewesen sei, daß er bei Dipl.Ing.H***** M***** und nicht bei der in Anspruch genommenen Gesellschaft beschäftigt gewesen sei. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Die M***** AG erstattete eine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Nach § 235 Abs 5 ZPO idF des Art. IV Z 39 ZVN 1983 ist es "weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei", wenn die Parteibezeichnung "auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist". Eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen vorzunehmen. Wie sich dazu aus den EB zur RV der ZVN 1983 (669 BlgNR 15. GP 52 f zu Z 31 [§ 235 ZPO]) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung jene häufigen Fälle treffen, in denen Fehler bei der Bezeichnung der Partei - vor allem der beklagten Partei - vom Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Aktiv- oder Passivlegitimation herangezogen werden, indem er behauptet, Partei sei jemand anderer, als der, der eindeutig gemeint sei, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung zufällig passe, sei eben nicht als Kläger oder Beklagter legitimiert. In den meisten aus der Judikatur bekannten Fällen handle es sich darum, daß eindeutig der Rechtsträger eines bestimmten Unternehmens in Anspruch genommen werden sollte, und zwar häufig als Arbeitgeber, daß aber der Name dieses Rechtsträgers verfehlt werde. Auch in Fällen, in den der als Partei gemeinte Rechtsträger eindeutig aus der Klage hervorgehe, jedoch - zufällig - auf eine eindeutig nicht gemeinte andere Person passe, etwa den gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter des als Partei in Anspruch genommenen Rechtsträgers, sei die Partei auf den nach dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig gemeinten Rechtsträger zu ändern (SZ 19/186; in jüngerer Zeit grundlegend 4 Ob 12, 13/78). Die gerade in der letztgenannten Entscheidung ausgedrückte Auffassung solle in dem vorgeschlagenen Absatz 5 festgeschrieben werden. Sie entspreche wesentlich besser als eine streng formale Auffassung von der Parteibezeichnung der Verfahrensökonomie, also dem Grundsatz, daß mit geringsten Mitteln ein möglichst großer Erfolg erreicht werden soll (SZ 23/27), und bewahre auch oft den Kläger vor anderfalls drohenden Schäden durch Fristversäumung. Selbstverständlich dürfe durch einen solchen Vorgang nicht das rechtliche Gehör verletzt werden: Werde die Klage nicht demjenigen zugestellt, der tatsächlich Partei sei, sondern einem anderen, auf den gerade die unkorrekte Parteibezeichnung passe, und werde das Verfahren nur mit diesem durchgeführt, so müsse die richtige Partei, wenn sie später dem Verfahren beigezogen werde, das bis dahin durchgeführte Verfahren nicht gegen sich gelten lassen, das Verfahren könne nichtig sein; diese Schwierigkeit entstehe aber nicht dadurch, daß die unkorrekte Parteienbezeichnung später geändert werde (und damit eine andere als die ursprünglich am Verfahren beteiligte Person diesem beigezogen werde), sondern dadurch, daß von vornherein eine falsche Person dem Verfahren beigezogen worden sei, was auch sonst wiederholt vorkomme, wenn etwa die an sich korrekte Parteibezeichnung auch auf eine zweite Person gleichen Namens passe. Der Nichtigkeitsgrund werde allerdings dann wohl nicht vorliegen, wenn der gesetzliche oder hinreichend bevollmächtigte Vertreter der wahren Partei dem Verfahren beigezogen worden sei (SZ 19/186).

Hier ist der Klage eindeutig zu entnehmen, daß der Kläger seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen wollte. Im Hinblick auf den Inhalt des Dienstzettels, in dem die M***** AG als Dienstgeber bezeichnet ist, mußte für den Kläger jedenfalls unklar sein, mit wem der Dienstvertrag zustande gekommen war. Das Erstgericht stellte dazu fest, daß der Kläger den Abteilungsleiter fragte, für welchen Dienstgeber er tätig sei, worauf ihm dieser die Aktiengesellschaft nannte. Aus dem Verfahren ergibt sich dazu, daß in einem einheitlichen Büro verschiedene Personen für verschieden Dienstgeber tätig waren. Unter diesen Umständen mußte Dipl.Ing.H***** M***** als Mitglied des Vorstandes der M***** AG klar sein, daß er selbst - ungeachtet der Bezeichnung in der Klage - als Beklagte in Anspruch genommen werden sollte. Bei der Änderung der Bezeichnung der beklagten Partei auf "Dipl.Ing.H***** M*****" handelte es sich daher nicht um einen unzulässigen Parteiwechsel, sondern um eine zulässige Berichtigung der Parteibezeichnung auf das vom Kläger von Anfang an in Anspruch genommene Rechtssubjekt.

Ob die in der Klage genannte M***** AG die Einwendung der mangelnden passiven Klagslegitimation bereits im Einspruch gegen den Zahlungsbefehl oder bei einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung erhoben hat, ist nicht entscheidend; wie oben ausgeführt, ist eine Berichtigung der Parteibezeichnung in jeder Lage des Verfahrens zulässig. Für die Annahme, daß dem Kläger schon vor der Einbringung der Klage klar war, daß er nicht bei der von ihm in Anspruch genommenen Gesellschaft angestellt gewesen sei, bieten die vorliegenden Unterlagen keine Grundlage. Das Berufungsgericht läßt mit dieser Unterstellung die vom Erstgericht getroffene Feststellung außer Acht, daß dem Kläger über entsprechende Frage ausdrücklich die M***** AG als Dienstgeber genannt wurde. Im Hinblick auf die Verflechtung der Unternehmen - die Angestellten der M***** AG und des Dipl.Ing.H***** M***** waren in einem einheitlichen Büro tätig -, konnte auch bei Ausübung der Beschäftigung nicht klar zutage treten, wer Arbeitsvertragspartner des Klägers war.

Nach zulässiger Berichtigung der Bezeichnung auf das nach der Klage eindeutig gemeinte und daher von Anfang an in Anspruch genommene Rechtssubjekt Dipl.Ing.H***** M***** bestand jedenfalls kein Prozeßrechtsverhältnis mit der M***** AG, so daß der namens dieser Gesellschaft ergriffene Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes über die Berichtigung der Parteibezeichnung unzulässig war (9 Ob A 134/89 mwN).

Die über den unzulässigen Rekurs der - zufolge zulässiger Berichtigung der Parteibezeichnung - nicht am Verfahren beteiligten M***** AG ergangene Entscheidung des Rekursgerichtes war daher als nichtig aufzuheben und der Rekurs der M***** AG gegen den erstgerichtlichen Beschluß zurückzuweisen.

Die Rekursbeantwortung ist unzulässig. Abgesehen davon, daß die M***** AG nicht mehr Partei des Verfahrens ist und sich daher auch nicht am Rechtsmittelverfahren beteiligen kann, handelt es sich beim Revisionsrekurs des Klägers um keinen der in § 521 a ZPO aufgezählten Fälle. Nur in diesen Fällen ist aber eine Beteiligung des Rekursgegners am Rekursverfahren vorgesehen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses und des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 40, 41 und 50 ZPO; die Kosten des Revisionsrekurses waren der am Verfahren nicht mehr beteiligten M***** AG aufzuerlegen, weil sie diese Kosten durch ihren unzulässigen Rekurs verursacht hat.

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