Spruch:
Der Mangel der Parteifähigkeit der Klägerin, einer nicht registrierten Genossenschaft, kann durch Berichtigung des Namens der Klägerin, der Genossenschaft, in die Namen der Personen, welche für die Genossenschaft gehandelt haben, unter gleichzeitiger Vorlage der Prozeßvollmachten saniert werden.
Entscheidung vom 8. Februar 1950, 1 Ob 72/50.
I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die auf Rückstellung der gelieferten Breitdruschmaschine gerichtete Klage wurde von der "Druschgenossenschaft W." eingebracht.
In der Klagebeantwortung beantragte die beklagte Partei, die Klage zurückzuweisen, da die klagende Genossenschaft im Genossenschaftsregister nicht eingetragen ist, weshalb ihr die Parteifähigkeit und Prozeßfähigkeit mangle.
Bei der ersten Streitverhandlung hat der klägerische Vertreter, da es zur Gründung der beabsichtigten Druschgenossenschaft nicht gekommen ist, den Namen der klagenden Partei dahin richtiggestellt, daß als Kläger die vier Besteller Alois J., Josef R., Johann H. und Franz B. auftreten, wobei unter Vorlage des Bestellscheines, in dem die Namen der vier Besteller enthalten sind, die Vollmacht der neuen Kläger eingelegt wurde.
Das Erstgericht hat die Klage zurückgewiesen und in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, daß eine derartige Richtigstellung des Namens der klagenden Partei unzulässig sei, da weder ein Formgebrechen vorliege noch eine zulässige Klagsänderung darin erblickt werden könne.
Infolge Rekurses der klagenden Partei hat das Rekursgericht dem Rekurs Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß dahin abgeändert, daß die Berichtigung der Klage zugelassen und der Antrag der beklagten Partei, das Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen, abgewiesen wurde.
Der gegen diesen Beschluß eingebrachte Revisionsrekurs blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:
Im gegenständlichen Falle haben, wie aus dem Bestellschein hervorgeht, Alois J., Josef R., Johann H. und Franz B. namens der Druschgenossenschaft W., die im Register nicht eingetragen und auch nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist, die Bestellung bei der beklagten Partei getätigt.
Die Anführung der "Druschgenossenschaft W." als klagende Partei im Sinne des § 75 ZPO. ist daher unrichtig, da ihr Parteifähigkeit nicht zukommt.
Das Gericht hatte daher gemäß §§ 6, 7 ZPO. diesen Mangel wahrzunehmen und auf seine Behebung zu dringen.
Wenn die Rechtsmittelwerberin vermeint, daß dieser Mangel unbehebbar ist, da ein Mangel der Parteifähigkeit nicht behoben werden kann, so kann dieser Rechtsansicht nicht gefolgt werden.
Es ist zwar richtig, daß nach der ZPO. nur der Mangel der Prozeßfähigkeit, nicht aber der der Parteifähigkeit genannt ist. Da aber die erstere die letztere zur Voraussetzung hat, die Prozeßfähigkeit daher mangelt, wenn die Parteifähigkeit fehlt, so ist es selbstverständlich, daß auch der Mangel der Parteifähigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Neumann zu §§ 6, 7 ZPO.).
Wenn nun bei der ersten mündlichen Streitverhandlung ohne Mitwirkung des Gerichtes der Name der klagenden Partei richtiggestellt wurde, daß unter Vorlage der entsprechenden Vollmachten die im Bestellschein angeführten Besteller als Kläger auftreten, so wurde diese Berichtigung der Klage vom Rekursgericht mit Recht zugelassen, da aus dem Bestellschein jedenfalls in einwandfreier Weise hervorgeht, welche physischen Personen unter Anführung eines unrichtigen Gesamtnamens den Kauf abgeschlossen haben.
Mit Recht hat das Rekursgericht darauf verwiesen, daß es zu den Grundsätzen der ZPO. gehört, mit den geringsten Mitteln den größtmöglichen Erfolg zu erzielen, soweit dies nicht mit anderen Grundsätzen der ZPO. im Widerspruch steht. Hiezu gehört aber auch, die Mängel, die behebbar sind, tatsächlich zu beheben, soweit sie nur formaler Art sind und die Verbesserungsmöglichkeit sich aus dem Vorbringen der Klage selbst schon ergibt (SZ. VI/311).
Wenn der Rechtsmittelwerber darauf verweist, daß diese Berichtigung als eine Klagsänderung gemäß § 235 ZPO. anzusehen ist, so ist darauf zu erwidern, daß es sich bei dieser Berichtigung nicht um eine eigentliche Klagsänderung handelt, weshalb auch der Fall nicht nach den Bestimmungen des § 235 ZPO. zu beurteilen ist (GlUNF. 6673).
Da sich die vorgenommene Berichtigung, auf die im übrigen auch das Gericht von Amts wegen hätte dringen müssen, somit nicht als Klagsänderung darstellt, war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)