OGH 6Ob584/93

OGH6Ob584/9327.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Theodor A*****, ***** vertreten durch Dr.Bernd Berger und Dr.Franz Gerald Hitzenbichler, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Christl A*****, ***** wegen 500.000 S sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16. Juni 1993, GZ 2 R 121/93-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Mai 1993, GZ 9 Cg 156/93d-2, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger belangte die Beklagte, seine Ehegattin zu AZ 4 C 100/92 des Bezirksgerichtes Salzburg wegen Scheidung und begehrt im vorliegenden Verfahren von der Beklagten die Bezahlung von 500.000 S sA, im wesentlichen mit folgender Begründung:

Der Kläger sei mit der Beklagten bereits vor der Eheschließung am 27. September 1988 befreundet gewesen und habe mit ihr noch vor der Eheschließung eine Lebensgemeinschaft aufgenommen. Im Hinblick auf die künftige gemeinsame Wohnung und Versorgung bzw. Existenzsicherung des Klägers habe er der Beklagten noch vor der Eheschließung Zuwendungen von rund 750.000 S gemacht; diese finanziellen Mittel habe die Beklagte zur Verminderung ihres - im Zusammenhang mit dem Ankauf und dem Umbau ihres Hauses in Salzburg - entstandenen Schuldenstandes und im übrigen direkt für umfangreiche Baumaßnahmen auf dieser Liegenschaft verwendet (Neueindeckung des Daches, Einbau einer Zentralheizungsanlage, Errichtung einer Terrasse ua). Auch während aufrechter Ehe habe der Kläger weitere Zuwendungen an die Beklagte von zumindest 600.000 S erbracht. Aufgrund der Verhaltensweise der Beklagten sei dem Kläger ein weiteres Zusammenleben mit der Beklagten nicht mehr zumutbar. Die Ehe sei unheilbar zerrüttet und die Lebensgemeinschaft seit April 1992 aufgelöst. Die Beklagte habe dem Kläger auch die Rückkehr in das Haus untersagt und die Hälfte ihrer Liegenschaft an den Freund ihrer Tochter übereignet. Da der Rechtsgrund, die vom Kläger geleisteten Zuwendungen weiterhin behalten zu können, weggefallen sei, sei der Kläger zur Rückforderung, insbesondere gemäß § 1435 ABGB, berechtigt. Der Kläger begehre - vorbehaltlich der Klagsausdehnung - den Rückersatz eines Betrages von 500.000 S.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil die Eigenzuständigkeit der familienrechtlichen Abteilung des Bezirksgerichtes gegeben sei (§ 49 - erkennbar gemeint: § 49 a - Abs 1 Z 4 JN).

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zurückgewiesen werde, ließ den Revisionsrekurs zu und ging dabei von folgenden rechtlichen Erwägungen aus: Der eingeklagte Betrag bestehe sowohl in behaupteten Zuwendungen vor der Eheschließung als auch in solchen während aufrechter Ehe. Da eine Klagsausdehnung ausdrücklich vorbehalten worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß auch die behaupteten Zuwendungen während aufrechter Ehe Klagegrund seien. Da der Kläger in Ansehung des eingeklagten Betrages nicht einmal eventualiter eine Trennung der beiden Klagegründe vorgenommen habe, müßte für beide Klagegründe der Rechtsweg zulässig sein; sei er auch nur für einen der beiden Klagegründe unzulässig, dann ergreife das Prozeßhindernis mangels Substantiierung des pauschalen Klagebetrages die gesamte Klage.

Während eines anhängigen Scheidungsverfahrens sei für

vermögensrechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Ehegatten

betreffend alle Vermögenswerte, die in das außerstreitige

Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG einzubeziehen seien, der

Rechtsweg ausgeschlossen, weil nach der parallel zum außerstreitigen

Aufteilungsverfahren durch das EheRÄG BGBl 1978/280 eingeführten

Bestimmung des § 382 Z 8 lit c EO die einstweilige Regelung der

Benützung oder die einstweilige Sicherung ehelichen

Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit

einem Verfahren auf Scheidung ...... mittels einstweiliger Verfügung

erfolgen könne. Eine endgültige Regelung setze in beiden

Verfahrensarten die Rechtskraft der Scheidung ..... voraus. Vor

Rechtskraft der von einem Ehegatten angestrebten Scheidung könnten daher vermögensrechtliche Auseinandersetzungen über das sogenannte Aufteilungsvermögen nur im Sicherungsverfahren nach § 382 Z 8 lit c EO geführt werden; eine separate Einklagung sei unzulässig, weil ein darüber ergehendes Streiturteil der nach Grundsätzen der Billigkeit vorzunehmenden Entscheidung des Außerstreitrichters vorgreifen könnte und würde. Gegen diese aus teleologischer Gesetzesauslegung geschöpfte Rechtsansicht des Rekursgerichtes sprächen die Leitsätze der Entscheidungen JBl 1983, 652 (Oberster Gerichtshof), MietSlg. 33.577 (Oberlandesgericht Wien) und EFSlg 41.637 (Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien) nur scheinbar, weil in allen diesen drei Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen nicht zugleich ein Ehescheidungsverfahren anhängig gewesen sei. In der Begründung der Entscheidung JBl 1983, 652 sei der Oberste Gerichtshof sogar ausdrücklich davon ausgegangen, daß sich die Antragstellerin nicht scheiden lassen wolle. In der Entscheidung EFSlg 41.637 sei die Auffassung vertreten worden, es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, in bezug auf Vermögenswerte, denen die Qualifikation des § 81 EheG zukomme, während aufrechten Bestandes der Ehe jede gerichtliche Regulierungsmöglichkeit ausschließen zu wollen und damit die Ehegatten gleichsam zu zwingen, vorerst eine Ehescheidung zu erwirken. Dieser Argumentation könne durchaus beigepflichtet werden, wenn unter "aufrechtem Bestand der Ehe" ein Zustand ohne gerichtlich anhängiges Scheidungsverfahren verstanden werde. Sei aber ein Scheidungsverfahren anhängig, dann gebe es eben (nur) die gerichtliche Regulierungsmöglichkeit des § 382 Z 8 lit c EO. Die Ausnahmen des § 82 Abs 1 Z 1 EheG über nicht der Aufteilung unterliegende Sachen lägen nach dem Vorbringen nicht vor. Aus dem Klagebegehren sei zu folgern, daß die vom Kläger behaupteten Zuwendungen vor der Eheschließung in die nachmalige Ehewohnung geflossen seien, sodaß auch insoweit Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges vorliege, weil die Ehewohnung nach § 82 Abs 2 EheG auch dann in die Aufteilung einzubeziehen sei, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht habe. Bei Rechtskraft des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses werde sich der mit dem Rekurs verbundene Eventualantrag nach § 230 a ZPO erübrigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist zuläsisg (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO und § 528 Abs 1 ZPO) und gerechtfertigt.

a) Zur Entscheidungsbegründung der zweiten Instanz: Die Prüfung der Frage, welche Art des Verfahrens anzuwenden ist, hat nach dem Inhalt des von der Partei gestellten Entscheidungsbegehrens und darüber hinaus nach ihrem Sachvorbringen zu erfolgen (WoBl 1992/74; SZ 60/18; SZ 51/183 ua). Hier macht der Kläger einen zivilrechtlichen Kondiktionsanspruch geltend, der regelmäßig im streitigen Verfahren durchzusetzen ist und nur dann nicht auf den Rechtsweg gehört, wenn das zugrunde liegende Rechtsverhältnis - anders als hier - als ölffentlichrechtliches zu qualifizieren ist, weil ein Teil als Träger hoheitlicher Gewalt auftrat (JBl 1992, 596 mwN). Zivilrechtliche Ansprüche sind grundsätzlich im Prozeßweg geltend zu machen, im außerstreitigen Verfahren nur dann, wenn ein Gesetz dies ausdrücklich oder dort aus dem inneren Zusammenhang unzweifelhaft schlüssig bestimmt (§ 1 AußStrG; WoBl 1992/74; SZ 60/18, SZ 55/184 uva; Fasching Lehrbuch**2 Rz 112).

Der Kondiktionsanspruch des Klägers ist, soweit er behauptete Zuwendungen an die Beklagte vor seiner Eheschließung mit ihr betrifft, im streitigen Verfahren durchzusetzen. Davon ist erkennbar auch die zweite Instanz ausgegangen. Es bleibt zu prüfen, ob Rechtsnormen zumindest unzweifelhaft schlüssig einen (auch) in einem gewissen Zusammenhang mit der Ehewohnung stehenden, aus Leistungen nach der Eheschließung resultierenden Kondiktionsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen bei aufrechter Ehe, aber anhängigem Scheidungsverfahren ins Außerstreitverfahren oder ins Verfahren nach § 382 Z 8 c EO verweisen oder den Rechtsweg gänzlich ausschließen.

Davon kann entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes keine Rede

sein. Während aufrechter Ehe kann jeder Ehegatte gegen den anderen

schuldrechtliche Ansprüche, insbesondere auch Kondiktionsansprüche,

erheben. Die Entscheidung über einen Kondiktionsanspruch greift

entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes der Aufteilung nach §§ 81

ff EheG nicht vor. Sofern der ersiegte Vermögensbestandteil § 81 Abs

2 oder 3 EheG unterfällt, ist er in das nacheheliche

Aufteilungsverfahren miteinzubeziehen (SZ 55/70 = MietSlg. 34/17 =

EFSlg 41.157/1; EFSlg 46.134; Bernat in Schwimann, Rz 3 zu § 81

EheG). Voraussetzung für die Einleitung eines solchen Verfahrens ist

nach § 81 Abs 1 EheG die - rechtskräftige (SZ 60/116 = EvBl 1988/7 =

EFSlg 54.522; Pichler in Rummel**2, Rz 1 zu § 81 EheG) - Scheidung

....... der Ehe der beiden Ehegatten. Bis dahin ist die Ehe aufrecht.

Daß seine Ehe schon geschieden wäre, behauptet der Kläger nicht. Eine

Beschränkung der Verfügungsmacht der Ehegatten während des aufrechten

Bestandes der Ehe - mag auch ein Scheidungsverfahren, das Jahre

dauern und klagsabweisend enden kann, anhängig sein - ergibt sich aus

den erst nach Auflösung der Ehe zur Anwendung kommenden Vorschriften

der §§ 81 ff EheG nicht (EFSlg 54.987/7, 46.134; SZ 55/70 und die

bereits vom Rekursgericht zitierte Entscheidung JBl 1983, 653). Es

besteht auch keine Rechtsnorm, die den Außerstreitrichter dazu

berufen würde, bei aufrechter Ehe über einen Kondiktionsanspruch

eines Ehegatten gegen den anderen zu entscheiden oder während eines

anhängigen Scheidungsverfahrens den Rechtsweg für einen derartigen

Anspruch überhaupt verschließen würde. Gerade aus § 49 Abs 2 Z 2 c JN

("die anderen aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten .......

entspringenden Streitigkeiten") ergibt sich, daß der Gesetzgeber das gerichtliche Streitverfahren auch bei aus dem Eheverhältnis entspringenden Streitigkeiten nicht ausschließt und nicht darauf abstellt, ob allenfalls ein Scheidungsverfahren der Streitteile schon anhängig ist. Eheleuten muß es möglich sein, auch während aufrechter Ehe ihre Streitigkeiten über die Verwendung ehelicher Ersparnisse auszutragen. Auch eine Verletzung vermögensrechtlicher partnerschaftlicher Vereinbarungen kann nach herrschender Auffassung klagbare Erfüllungs- und Schadenersatzansprüche, gegebenenfalls aber auch Bereicherungsansprüche auslösen (SZ 60/34).

Nach § 382 Z 8 c EO kann die einstweilige Regelung der Benützung oder die einstweilige Sicherung ehemaligen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufteilung dieses Vermögens oder im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung ...... angeordnet werden. Ein solches Verfahren hat einen gänzlich anderen Regelungsinhalt als ein Kondiktionsanspruch. Daher ist bei aufrechter Ehe ungeachtet eines anhängigen Scheidungsverfahrens für einen Kondiktionsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen auch für während aufrechter Ehe getätigte Zuwendungen, die nach der Scheidung der Ehe der nachehelichen Aufteilung unterfallen würden, der ordentliche Rechtsweg zulässig. Das Rekursgericht durfte damit die Klage nicht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückweisen.

b) Zur Entscheidungsbegründung der ersten Instanz: Der Hinweis des

Erstgerichtes auf § 49 a Abs 1 Z 4 JN und die Entscheidung EvBl

1985/16 übersieht, daß § 49 a JN durch Art I Z 2 des

FamiliengerichtsG BGBl 1985/70 aufgehoben wurde und idF des Art II Z

19 der ZVN 1983 BGBl 1983/135 nur mehr in bis zum 31. Dezember 1986

gerichtsanhängig gewordenen Verfahren anzuwenden war. Die heutige

Fassung erhielt § 49 Abs 2 JN durch das EheRÄG BGBl 1978/280 und das

FamilienrechtsG BGBl 1985/70. Mit diesen Bestimmungen sollten eine

besondere familienrechtliche Zuständigkeit auf bezirksgerichtlicher

Ebene geschaffen, die Kompetenzzersplitterung für Verfahren mit

familienrechtlichem Bezug beseitigt und derartige Verfahren bei dem

jeweils in Frage kommenden örtlich zuständigen Bezirksgericht

konzentriert werden (EvBl 1992/193; SZ 64/148 = EvBl 1992/38 = RZ

1993/50 = ÖA 1992, 25). Nun wird durch § 49 Abs 2 Z 2 c JN iVm § 76 a

JN bestimmt, daß ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes

..... die anderen aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten ....

entspringenden Streitigkeiten vor die Bezirksgerichte gehören. Durch diese Regelung sollte nur die Übertragung der nach § 49 a JN aF in die Zuständigkeit der aufzulassenden familienrechtlichen Abteilungen bei bestimmten Bezirksgerichten gewiesenen Aufgaben in die Zuständigkeit der allgemeinen Bezirksgerichte bewirkt werden (JAB 528 BlgNR XVI. GP 2). Die Absicht einer inhaltlichen Änderung der wortgleich übernommenen Regelung ist auch den Materialien nicht zu entnehmen. Es besteht somit keine Veranlassung, von der einmütigen Auslegung, die § 49 a Abs 1 Z 4 JN erfahren hat, abzugehen (6 Ob 620/90 = EFSlg 66.861; Fasching, Lehrbuch**2 Rz 246; Rechberger-Simotta, ZPR**n Rz 72). Das "gegenseitige Verhältnis der Ehegatten" iS des § 49 Abs 2 Z 2 lit c (und des § 76 a) JN wird nicht durch die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen unter den konkreten Streitteilen, sondern durch die abstrakt normative Regelung der Rechtsbeziehungen von Ehegatten bestimmt (6 Ob 620/90). Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt muß das Eheverhältnis (mit-)bestimmend sein. Dies ist hier auch bei den behaupteten Zuwendungen des Klägers an die Beklagte während aufrechter Ehe nicht der Fall, weil der Klagsgrund nicht im Familienrecht wurzelt und auch nicht familienrechtlichen Charakter hat (vgl. RZ 1983/35); vielmehr kann eine solche Kondiktionsforderung auch zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind. Es besteht daher, einerlei, ob der Kläger das Klagebegehren alternativ auf Zuwendungen vor der Eheschließung oder während aufrechter Ehe oder aber kumulativ auf beide Rechtsgründe stützt, die Wertzuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes und nicht die (ausschließliche) Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes nach § 49 Abs 2 Z 2 c JN iVm § 76 a JN.

Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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