OGH 5Ob50/82

OGH5Ob50/8230.11.1982

SZ 55/184

Normen

MRG §37
MRG §37

 

Spruch:

Der Vermieter kann vom Mieter die Zahlung der ausgelegten Erhaltungskosten nicht im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG begehren

OGH 30. November 1982, 5 Ob 50/82 (LG Feldkirch R 457/82; BG Bregenz 2 Nc 99/82)

Text

Christian W ist Eigentümer des Hauses Bregenz, S-Gasse 12, in welchem Alexander K Mieter einer Wohnung im Ausmaß von 91.50 m2 ist. Der Betriebskostenschlüssel für diese Wohnung beträgt 13.617%.

Am 23. 1. 1976 schlossen sie vor dem Bezirksgericht Bregenz in dem zu Msch 11/75 wegen § 7 MG anhängigen Verfahren nachstehenden Vergleich:

"Der Antragsgegner Alexander K verpflichtet sich, dem Antragsteller ab dem 1. Feber 1976 einen monatlichen Mietzins von 600 S zu bezahlen. Damit ist die seinerzeitige Vereinbarung vom 11. 1. 1963 um 300 S auf 600 S aufgestockt. Es ist also so, daß mit Bezahlung von 600 S sämtliche Betriebskosten in diesem Betrag enthalten sind und der Antragsgegner lediglich noch das anteilige Überwasser zu bezahlen hat. Diese Vereinbarung gilt auch für den Fall allfälliger gesetzlicher Änderungen des Mietengesetzes, weil auch für den Fall steigender oder gestiegener Betriebskosten diese im vorvereinbarten Mietzins inbegriffen sind."

Im Frühjahr 1982 wurden zum Haus des Christian W von der Stadtgemeinde B die Kanalisierungsarbeiten durchgeführt und die Anschlüsse vorgeschrieben. Christian W hatte hiedurch folgende Auslagen:

Vorschreibung der Stadt Bregenz ....................... 56 275,-

S Kanalarbeiten für das Haus Nr. 12 allein .............. 25

737,- S anteilige Kanalisierungsarbeiten der Bauunternehmer (60 %

von 38 574.45 S) ................................ 23 144.67 S ---

--------- 105 156.67 S

13.617% ............................................... 14 319.18

S zuzüglich 8 % Umsatzsteuer ............................ 1

145.53 S ------------ 15 464.71 S abzüglich Zahlung des Alexander K

in der Höhe von ..... ------------

verbleiben............................................. 7 721.36

S

In dem am 7. 6. 1982 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 1, in dem Christian W sich als Antragsteller und Alexander K als Antragsgegner bezeichnet, stellte Christian W - gestützt auf §§ 3 Abs. 2 Z 4 und 37 Abs. 1 Z 2 MRG - das als Antrag bezeichnete Begehren, Alexander K zur Zahlung dieses Betrages zu verhalten.

Alexander K beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung dieses Begehrens und wendete ein, über das Begehren des Christian W sei nicht nach § 37 Abs. 1 Z 2 MRG zu entscheiden; es entbehre außerdem der gesetzlichen Grundlage, weil die geltend gemachten Erhaltungskosten gemäß § 3 Abs. 3 MRG zunächst aus den Mietzinsreserven und dann aus den Hauptmietzinsen zu decken seien. Im übrigen habe er mit Christian W am 23. 1. 1976 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, aus dem klar hervorgehe, daß er ab dem 1. 2. 1976 einen monatlichen Pauschalmietzins von 600 S zu bezahlen habe, in welchem sämtliche Betriebskosten (mit Ausnahme der Kosten für das anteilige Überwasser) enthalten seien, und daß diese Vereinbarung auch für den Fall gesetzlicher Änderungen des Mietengesetzes gelte.

Christian W replizierte, daß aus dem Zeitraum vom 1. 1. 1975 bis zum 31. 12. 1981 keine Mietzinsreserven vorhanden seien und der monatliche Hauptmietzins der im Haus vermieteten Wohnungen rund 10 000 S betrage. Alexander K habe in den Jahren 1968 bis 1973 um 9738 S zu wenig an Hauptmietzins bezahlt. Von den auf ihn entfallenden anteiligen Kosten einer im Jahre 1974 durchgeführten Großreparatur am Haus seien noch 18 663 S offen. Der Vergleich vom 23. 1. 1976 habe sich nur auf die Betriebskosten, nicht aber auf die gegenständlichen Erhaltungskosten bezogen; überdies sei eine Vereinbarung, die eine künftige Änderung gesetzlicher Regelungen verhindern wolle, ungültig.

Das Erstgericht wies das Begehren des Christian W ab. Die gesetzlichen Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes böten keinerlei Grundlage für eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des vom Antragsteller begehrten Betrages. Bei den vom Antragsteller vorgenommenen Arbeiten handle es sich um Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs. 2 Z 4 MRG, für deren Kostendeckung das Mietrechtsgesetz in § 3 Abs. 3 eine genaue Regelung vorsehe. Bei dieser Sachlage brauche nicht erörtert werden, ob die Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen oder auf dem Rechtsweg zu erfolgen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Christian W nicht Folge und erklärte den Rekurs an den OGH gemäß § 37 Abs. 3 Z 18 MRG für zulässig.

Zu prüfen sei zunächst, ob diese Rechtssache im außerstreitigen oder im streitigen Verfahren zu erledigen sei. Gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 MRG sei im außerstreitigen Verfahren über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten (§§ 3, 4 und 6 MRG) zu entscheiden. Aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 3 MRG ergebe sich, daß nicht nur das Verfahren zur Durchsetzung der Erhaltungsarbeiten, sondern auch alle anderen im Zusammenhang mit Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten denkbaren Streitigkeiten ins Außerstreitverfahren gehörten. Über den vorliegenden Antrag sei daher im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden.

Die Arbeiten, deren anteiligen Ersatz der Antragsteller vom Antragsgegner begehre, seien Erhaltungsarbeiten iS des § 3 Abs. 2 Z 4 MRG. Wie bereits das Erstgericht ausgeführt habe, regle § 3 Abs. 3 MRG die Deckung solcher Erhaltungskosten. Zu prüfen sei daher, ob und allenfalls inwieweit der Antragsgegner im Rahmen der Bestimmung des § 3 Abs. 3 MRG zur anteiligen Tragung der vom Antragsteller geltend gemachten Erhaltungskosten herangezogen werden könne. Hiebei zeige sich, daß eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Bezahlung der vom Antragsteller geltend gemachten Kosten nicht gegeben sei. Auf Grund der klaren gesetzlichen Regelung habe das Erstgericht keine Veranlassung gehabt, sich mit der Frage, ob Mietzinsreserven vorhanden seien oder nicht, weiter auseinanderzusetzen, denn die gesetzliche Regelung des § 3 Abs. 3 Z 1 MRG sehe ja entsprechende Vorkehrungen auch für den Fall vor, als keine Mietzinsreserven vorhanden seien bzw. vorhandene Mietzinsreserven zur Deckung der Erhaltungskosten nicht ausreichten. Die Frage, in welcher Höhe der Antragsgegner dem Antragsteller Mietzins bezahle und ob dieser Mietzins, der seinerzeit im Vergleich vom 23. 1. 1976 zwischen den Parteien mit 600 S festgelegt worden sei, dem damaligen gesetzlichen Mietzins entsprochen habe oder nicht, könne auf die Frage, in welchem Ausmaß der Antragsgegner zur Tragung von Erhaltungskosten herangezogen werden könne, keinen Einfluß haben.

Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Revisionsrekurses des Antragstellers die Beschlüsse der Vorinstanzen und das diesen vorangegangene Verfahren ab der Anberaumung der mündlichen Verhandlung und der Verfügung der Zustellung des Schriftsatzes ON 1 als nichtig auf und verwies die Rechtssache mit dem Auftrag an das Erstgericht zurück, das gesetzliche (streitige) Verfahren über diesen Schriftsatz einzuleiten.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Ob ein Rechtsschutzantrag im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren abzuhandeln ist, muß nach dem Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen beurteilt werden (Fasching I 63; SZ 47/108;

SZ 48/3 uva.). Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig ins außerstreitige Verfahren verwiesen sind (§ 1 AußStrG), gehören auf den streitigen Rechtsweg (EvBl. 1982/61;

5 Ob 26/82).

Gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 MRG entscheidet über Anträge betreffend die Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten (§§ 3, 4 und 6 MRG) das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Mietshaus gelegen ist, nach den allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen mit den in § 37 Abs. 3 MRG aufgezählten Besonderheiten. In § 3 MRG werden die Erhaltungspflicht des Vermieters und die Frage, woraus die Kosten der Erhaltungsarbeiten zu decken sind, geregelt. Gegenstand des § 4 MRG sind die Pflicht des Vermieters zur Durchführung nützlicher Verbesserungen, die Pflicht des Mieters zur Duldung solcher Verbesserungen in seinem Mietobjekt und die Frage, woraus die Verbesserungsarbeiten zu decken sind. § 6 MRG normiert die Vorgangsweise für den Fall, daß der Vermieter durchzuführende Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten unterläßt.

Dieser im wesentlichen den bisher in Geltung gestandenen

Vorschriften der §§ 8, 24 Abs. 1 Z 2 MG entsprechenden Regelung

(vgl. Derbolav, MRG 108 Anm. 1 zu § 37) kann - entgegen der

Auffassung des Rekursgerichtes - weder eine ausdrückliche noch eine

unzweifelhaft schlüssige Verweisung der Entscheidung über das hier

von Christian W gestellte Begehren, Alexander K zur Bezahlung des

auf diesen entfallenden Anteils der von Christian W ausgelegten

Erhaltungskosten zu verpflichten, entnommen werden. Das wird durch

die Bestimmungen des § 37 Abs. 1 Z 13 und Abs. 4 MRG bestätigt,

wonach nur der Gegner des antragstellenden Mieters im

außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG zur Zahlung des diesem zustehenden Betrages bei sonstiger Exekution verhalten werden kann. Nach Meinung des OGH findet die Ansicht des Rekursgerichtes auch in den von diesem offenbar bezogenen Ausführungen von Würth - Zingher (MRG 14 Anm. 3 zu § 3) keine Stütze. Der Rechtsschutzantrag des Christian W läßt sich aber auch nach dem Wortlaut seines Entscheidungsbegehrens und den zu dessen Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen nicht etwa § 37 Abs. 1 Z 8, 9, 10 oder 13 MRG unterstellen; über ihn ist vielmehr im streitigen Verfahren zu entscheiden.

Dies hat zwar die Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens, nicht aber die Zurückweisung des Rechtsschutzantrages zur Folge. Der im außerstreitigen Verfahren "nach § 37 Abs. 1 Z 2 MRG" gestellte "Antrag" ON 1 entspricht allen Anforderungen, die von der ZPO an eine mittels Schriftsatzes eingebrachte Klage gestellt werden. Es liegt bloß eine falsche Bezeichnung des Verfahrens und der Verfahrensbeteiligten vor. Jedenfalls seit der Neufassung des § 84 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch das Konsumentenschutzgesetz kann aber kein Zweifel mehr daran bestehen, daß die unrichtige Bezeichnung eines Schriftsatzes als Antrag im außerstreitigen Verfahren statt als Klage iS des § 226 ZPO und der Parteien als Antragsteller statt als Kläger und als Antragsgegner statt als Beklagter unerheblich ist. Es ist daher nach Aufhebung des außerstreitigen Verfahrens als nichtig der Schriftsatz ON 1 nicht zurückzuweisen, sondern über ihn vom Erstgericht das gesetzmäßige streitige Verfahren einzuleiten (5 Ob 6/81; 5 Ob 28/82).

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