OGH 6Ob589/93

OGH6Ob589/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****-AG,***** ***** vertreten durch Dr.Ludwig Pramer und Dr.Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei B***** GmbH, *************** Bundesrepublik Deutschland, wegen

280.806 s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 22. Juni 1993, GZ 4 R 75/93-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 11.März 1993, GZ 4 Cg 72/93p-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt als Haftpflichtversicherer der Ing.A.***** GesmbH & Co KG in T*****, welche ihrer Auftraggeberin Ludwig E***** KG aus dem Schadensereignis vom 3.3.1988 ersatzpflichtig geworden war, von der Beklagten mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland die Zahlung von S 280.806 s.A., da sie den in dieser Höhe entstandenen Schaden ersetzt habe. Ihre Versicherungsnehmerin habe im Auftrag der Ludwig E***** KG einen Brückenlaufkran errichtet und darin Bremsluftzylinder eingebaut, welche ihr von der Beklagten geliefert worden seien. In den Bremsluftzylindern seien aber Dichtungsringe eingebaut gewesen, die aufgequollen waren und damit die Funktion der Bremsen verhindert hätten. Weiters habe sich herausgestellt, daß die Dichtungsringe ursprünglich aus Perbonan bestanden hätten und ohne Bekanntgabe bzw Mitteilung an die Versicherungsnehmerin ab Jänner 1986 durch solche aus Polyurethan ersetzt worden seien. Von dieser Produktveränderung sei die Versicherungsnehmerin nicht rechtzeitig verständigt worden. Am 3.3.1988 habe beim Montieren eines ca 23 t schweren Maschinennteiles die Hubwerksbremse des Brückenlaufkranes versagt, wodurch der Maschinenteil unkontrolliert bei einer Senkbewegung auf die Unterkonstruktion des Großbearbeitungszentrums "Heavy Cut 4" aufgeschlagen sei und sich gewaltsam in einem in der Unterkonstruktion eingebauten Zylinderrollenlager zentriert habe. Hiedurch sei ein Schaden an der Lagerung des ca 23 t schweren Schwenktisches des Großbearbeitungszentrums der Ludwig E***** KG in Höhe von 280.806 S entstanden. Die Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichtes Linz gründe sich auf § 92 a JN.

Das Erstgericht wies im Rahmen der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung nach § 41 JN die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück, weil der Wahlgerichtsstand des § 92 a JN nur für deliktische Schadenersatzansprüche, nicht aber für solche aus Vertragsverletzungen anwendbar sei.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zwar gelte der Gerichtsstand der Schadenszufügung auch für Ersatzansprüche wegen Schäden aus einer Vertragsverletzung und die daraus abgeleitete Regreßforderung des Versicherers, er beziehe sich aber nur auf Schadenersatz aus der Tötung oder Körperverletzung einer oder mehrerer Personen, aus einer Freiheitsberaubung oder aus der Beschädigung einer körperlichen Sache; der Wahlgerichtsstand könne daher für Streitigkeiten über den Ersatz von reinen Vermögensschäden nicht in Anspruch genommen werden. Ein solcher Ersatzanspruch werde aber mit der vorliegenden Klage geltend gemacht, habe doch im Verhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten keine Sachbeschädigung stattgefunden. Vielmehr seien nach dem Klagevorbringen die von der Beklagten gelieferten körperlichen Sachen an sich mangelhaft gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Nach dem durch Art II Z 42 der ZVN 1983 BGBl Nr.135 eingefügten Wahlgerichtsstand des § 92 a JN können Streitigkeiten über den Ersatz des Schadens, der aus der Tötung oder Verletzung einer oder mehrerer Personen, aus einer Freiheitsberaubung oder aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden ist, auch bei dem Gericht angebracht werden, in dessen Sprengel das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Daß sich § 92 a JN nicht auf deliktische Schadenersatzansprüche beschränkt, sondern auch bei Ersatzansprüchen aus Vertragsverletzungen anzuwenden ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (SZ 63/105; 1 Ob 641/92); desgleichen, daß er auch für die aus Sachschäden durch Vertragsverletzung abgeleiteten Regreßforderungen des Versicherers als Legalzessionar gilt, macht dieser doch - soweit er dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt hat - die auf ihn übergegangenen Rechte und keine eigenen Rechte geltend (SZ 63/105). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 92 a JN auch auf Ersatzansprüche aus Vertragsverletzungen ist allerdings, daß der entstandene Schaden auf einem für diesen Gerichtsstand maßgebenden Tatbestand als Entstehungsursache beruht (SZ 63/105). Hievon kommt im vorliegenden Fall nur jener der Beschädigung einer körperlichen Sache in Betracht. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang entgegen der Meinung der Klägerin zutreffend erkannt, daß durch die behauptete positive Vertragsverletzung der Beklagten nicht eine körperliche Sache ihrer eigenen Vertragspartnerin (der Versicherungsnehmerin der Klägerin), sondern eine solche eines Dritten beschädigt worden ist. Diese Sachbeschädigung hat aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Kranbestellerin eine Ersatzpflicht der Ersteren ausgelöst, von welcher sie die Klägerin als Haftpflichtversicherer durch den Ersatz des Sachschadens befreit hat. Bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin ist daher kein Sachschaden entstanden, sondern ein reiner Vermögensschaden eingetreten, dessen Ersatz die Klägerin als Legalzessionarin begehrt. Der Gerichtsstand des Ortes der Schadenszufügung gemäß § 92 a JN soll aber keine Vertragsklagen erfassen, mit denen reine Vermögensschäden geltend gemacht werden (SZ 64/123). Letzteres trifft auch dann zu, wenn der Vermögensschaden - wie hier - durch die Beschädigung einer körperlichen Sache eines Dritten ausgelöst wurde, zu dem der Regreß nehmende Geschädigte seinerseits in einem Vertragsverhältnis stand. Dafür spricht nicht nur die Auslegung des § 92 a JN nach dem Wortsinn, sondern auch jene nach der Absicht des Gesetzgebers, welcher gerade die "übrigen Vertragsklagen, mit denen nur reine Vermögensschäden geltend gemacht werden", vom Anwendungsbereich dieses Gerichtsstandes ausnehmen wollte (vgl EB zur RV 669 BlgNR 15. GP, 39).

Dem Revisionsrekurs mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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