OGH 5Ob66/93

OGH5Ob66/9314.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger,Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gerda P*****, Oberrat, ***** Wien, E*****straße 48/2/1, vertreten durch Dr.Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin G***** Genossenschaft m.b.H., ***** Wien, U*****gasse 7, vertreten durch Dr.Alfred Peter Musil und Mag.Dr.Helga Musil, Rechtsanwälte in Wien, wegen§ 22 Abs 1 Z 4 WGG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 18.Februar 1993, GZ 48 R 12/93-19, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 15.Oktober 1992, GZ 2 sch 18/91-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung Nr.1 in dem der Antragsgegnerin gehörigen Haus E*****straße 48, Stiege 2, in Wien. Die Wohnung ist ca. 88 m2 groß, liegt im Erdgeschoß und ist bereits mit Bad und WC ausgestattet.

Vom Miet- bzw. Nutzungsvertrag mitumfaßt ist ein ca. 16 m2 großer Kellerraum, der sich unmittelbar unter der Wohnung befindet und wegen der Hanglage des Hauses zumindest teilweise (vielleicht sogar zur Gänze) über dem Bodenniveau liegt. Der Kellerraum verfügt auch über ein Fenster in der Sockelwand des Hauses, das jedoch nach den vorliegenden Lichtbildern und Plänen (Beilagen B und C; siehe auch den Einreichplan im Schlichtungsakt) in Größe, Situierung, Form und Ausstattung keinem Wohnungsfenster entspricht. Es ist aus Metall, kleinmaschig vergittert, nur 80 cm x 40 cm groß und in oder sogar über der Kopfhöhe eines erwachsenen Menschen angebracht.

Ohne die Zustimmung der Antragsgegnerin und eine Bewilligung der Baubehörde einzuholen, ließ die Antragsgegnerin die Geschoßdecke zwischen ihrer Wohnung und dem Kellerraum durchbrechen, führte eine Wendeltreppe in den Kellerraum und baute - mit einer Lüftungsöffnung durch die Sockelwand ins Freie - Abort und Dusche ein. Unter Berufung auf § 9 MRG (iVm § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG) hat sie jetzt - nach der Abweisung des Begehrens durch die Schlichtungsstelle - bei Gericht beantragt, die fehlende Zustimmung der Antragsgegnerin zu diesen Baumaßnahmen zu ersetzen. Sie meint, die "Zusammenlegung" ihrer Wohnung mit dem Kellerlokal sei eine Verbesserung, die allen Voraussetzungen des § 9 Abs 1 MRG, insbesondere auch der Übung des Verkehrs entspreche.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß die Veränderung nicht der Übung des Verkehrs entspreche und von der Antragsgegnerin schon aus diesem Grund nicht zu dulden sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Als verkehrsübliche, vom Vermieter zu duldende Veränderungen seien nämlich vor allem Maßnahmen zur Modernisierung und Assanierung von Altwohnungen anzusehen, wie sie vergleichsweise in § 9 Abs 2 MRG angeführt sind (MietSlg 37.264). Da die Wohnung der Antragstellerin schon mit Bad und WC ausgestattet war, könne der zusätzliche Einbau einer Dusche und eines WC diese Tatbestandsvorausetzung nicht erfüllen. Es gehe in Wahrheit auch nicht um die Schaffung zusätzlicher sanitärer Einrichtungen, sondern um die Umwidmung eines Kellerraums für Wohnzwecke und dessen Verbindung mit der Wohnung. Eine solche Maßnahme könne der Modernisierung und Assanierung einer Altwohnung nicht im Entferntesten gleichgehalten werden.

Unabhängig davon sei die Erweiterung des Mietobjektes bei gleichzeitiger Veränderung des Bestandes im Haus keinesfalls verkehrsüblich (MietSlg 39.260). Da Kellerräume in die Nutzflächenberechnung einzubeziehen sind, wenn sie sich ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke eignen, würde der Umbau der Antragstellerin zu einer Verschiebung des Betriebskostenschlüssels und zu einer Erweiterung ihres Mietobjektes führen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer Verbindung zwischen Kellerabteil und Wohnung iSd § 9 MRG.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs beharrt die Antragstellerin auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß die vorgenommene Veränderung an ihrem Mietobjekt der Übung des Verkehrs entspreche. Der "Kellerraum" habe nämlich schon immer zu ihrem Mietobjekt gehört und sei - aufgrund seiner Ausstattung und Lage - auch schon immer für Wohnzwecke geeignet gewesen. Daß er bisher nicht in die Nutzflächenberechnung (der Wohnung und des Hauses) einbezogen wurde, sei ein Fehler der Antragsgegnerin und könne nicht jetzt als Argument gegen den Umbau verwendet werden. Es spreche auch nicht gegen die Verkehrsüblichkeit, die zu einem Mietobjekt gehörigen Räume ohne Inanspruchnahme allgemeiner Verkehrsflächen des Hauses zu einer Nutzungseinheit zu verbinden oder zusätzlich zu den bereits vorhandenen sanitären Einrichtungen noch eine Dusche und ein WC einzubauen. Die Verweigerung der Zustimmung der Antragsgegnerin zu den gegenständlichen Veränderungen sei geradezu schikanös, weil sich der "Kellerraum" in Wahrheit gar nicht für Lagerzwecke udgl. eigne und auch bei anderen Nutzungsberechtigten Verletzungen des WGG (etwa bei jahrelangen Leerstehungen und Untervermietungen) ohne weiteres geduldet würden.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung des angefochtenen Beschlusses vor.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Argument der Antragstellerin, es sei durchaus verkehrsüblich, die bewohnbaren Räume eines einheitlichen Mietobjektes "zusammenzulegen", weil der Gesetzgeber diese Zusammengehörigkeit bereits in der Nutzflächenberechnung vorweggenommen habe, ist bereits im Ansatz verfehlt. Es wird dabei unterstellt, der fragliche Kellerraum sei seiner Ausstattung nach immer schon für Wohnzwecke geeignet gewesen, doch trifft das nicht zu. Maßgeblich dafür, ob Kellerräume in die Nutzfläche eines Mietobjektes (hier sogar in die Nutzfläche einer Wohnung) einzubeziehen sind, ist weder deren tatsächliche Verwendung noch die subjektive Absicht der Vertragsteile, sondern allein der objektive Ausstattungszustand (WoBl 1991, 63/51; WoBl 1991, 255/159; 5 Ob 1025/93; 5 Ob 36/93). Zu beachten sind dabei auch die einschlägigen Rechtsvorschriften (WoBl 1991/63/51), die - bezogen auf den konkreten Fall - die Bewohnbarkeit eines (Aufenthalts-)Raumes beispielsweise davon abhängig machen, daß er durch ein ausreichend großes Fenster mit Tageslicht erhellt wird (siehe dazu im Detail § 88 Abs 2 und 8 WrBauO).

Hier sprechen die dem Gericht vorliegenden Baupläne und Lichtbilder (die sogar von der Antragstellerin beigebracht wurden) eindeutig gegen die Annahme, der fragliche Kellerraum eigne sich für Wohnzwecke (und sei daher ein gleichsam natürlicher Bestandteil der verfahrensgegenständlichen Wohnung). Allein schon der Aufwand, der gemacht werden mußte, um den Raum - aus der Sicht der Antragstellerin - bewohnbar zu machen, zeigt die Unhaltbarkeit dieser Behauptung, da erst eine Heizmöglichkeit geschaffen werden mußte und der einzige Zugang über die Kellertreppe führte. Selbst in der jetzigen Ausbauphase fehlt es an einem Fenster, das die Mindestanforderungen zeitgemäßen Wohnkomforts erfüllt. Einen solchen Raum in den Verband einer modernen Wohnung einzubeziehen, ist - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - keineswegs verkehrsüblich. Bei einem (echten) Kellerraum in einem mehrgeschoßigen Wohnbau versteht es sich von selbst, daß er nach üblichen Maßstäben nicht direkt von der Wohnung aus erreichbar sein muß.

Unabhängig davon ist die Judikatur sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, Eingriffe in die Bausubstanz eines Hauses als verkehrsüblich hinzustellen (vgl MietSlg 39.260; MietSlg 41.213). Der Durchbruch einer Decke zwischen Keller- und Wohngeschoß eines Hauses zur Vergrößerung einer Wohnung ist dabei dem Durchbruch tragender Mauern (wie in den angeführten Entscheidungen) durchaus ähnlich. Um in einem solchen Fall die erste Tatbestandsvoraussetzung des § 9 Abs 1 Z 2 MRG als erfüllt anzusehen, müßten vom insoweit behauptungs- und beweispflichtigen Mieter konkrete Tatsachen dargelegt werden, die den Schluß auf die Verkehrsüblichkeit der Änderung zulassen, weil sie sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung nicht ergibt (5 Ob 1081/91). Der in diesem Zusammenhang angestellte Vergleich mit der gerichtsbekannten Häufigkeit von Dachbodenausbauten versagt schon deshalb, weil es hier in der Regel um die Neuschaffung und nicht um die Veränderung (Vergrößerung) bestehender Wohnungen geht und Kellerausbauten für Wohnzwecke eben nicht allgemein gebräuchlich sind.

Die Weigerung der Antragsgegnerin, den Umbau- und Umwidmungsmaßnahmen der Antragstellerin zuzustimmen, ist auch keineswegs als schikanös zu beurteilen. Dem Vermieter wurden durch § 9 MRG ohnehin weitgehende Duldungspflichten hinsichtlich der Veränderung des Mietgegenstandes durch den Mieter auferlegt. Die Abwehr darüber hinausgehender Eingriffe in sein Eigentumsrecht verstößt daher grundsätzlich nicht gegen das Schikaneverbot (vgl MietSlg 31.055; ImmZ 1987, 313; 3 Ob 539/87 ua; zuletzt RZ 1993,180/72). Um dennoch einem so schwerwiegenden Vorwurf gegen die Antragsgegnerin nachgehen zu können, hätte es konkreter Darlegungen der Antragstellerin bedurft.

Der Revisionsrekurswerberin gelingt es somit nicht, die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen zu widerlegen, für die nachträgliche Genehmigung der eigenmächtig vorgenommenen Umbauten im verfahrensgegenständlichen Mietobjekt fehle es bereits an der Verkehrsüblichkeit der gesetzten Maßnahmen. Auf weitere Tatbestandsvoraussetzungen der Duldungspflicht der Antragsgegnerin ist daher nicht mehr einzugehen.

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