OGH 1Ob629/92

OGH1Ob629/9215.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Otto S*****, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Agrar*****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterfertigung eines Kaufvertrages und Herbeiführung eines Vollversammlungsbeschlusses infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 2.September 1992, GZ 8 R 9/92-9, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14.April 1992, GZ 21 Cg 94/92-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz wendet, zurückgewiesen; im übrigen wird ihm mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, daß der angefochtene Beschluß wie folgt zu lauten hat:

"1. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, zur Sicherung des Anspruchs der klagenden und gefährdeten Partei auf Unterfertigung eines Kaufvertrags über das Grundstück ***** Wald als Gutsbestand der Liegenschaft EZ***** werde der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei verboten, die gesamte Liegenschaft bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits zu veräußern und zu belasten, und dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot im Grundbuch anzumerken, wird abgewiesen.

2. Zur Sicherung des in Punkt 1. umschriebenen Anspruchs der klagenden und gefährdeten Partei wird der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei verboten, das in Punkt 1. genannte Grundstück zu veräußern und zu belasten.

Das Bezirksgericht Völkermarkt hat das Belastungs- und Veräußerungsverbot in bezug auf das Grundstück ***** Wald der Liegenschaft EZ ***** anzumerken.

Diese einstweilige Verfügung bleibt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 21 Cg 94/92 des Landesgerichtes Klagenfurt aufrecht."

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit S 7.471,80 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 1.245,30 S Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Kläger brachte auch zu dem mit der Klage verbundenen Sicherungsantrag als gefährdete Partei (in der Folge kurz Kläger) vor, er habe vom Obmann der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge beklagte Partei), der dabei in deren Namen aufgetreten sei, mittels einer schriftlichen "Kaufabsprache" aus dem Gutsbestand einer ihr zugeschriebenen Liegenschaft ein bestimmtes Grundstück im Ausmaß von 16.577 m2 um den Kaufpreis von S

149.193 erworben. Die Vollversammlung der beklagten Partei habe jedoch mittlerweile den Beschluß gefaßt, dieses Grundstück an eines ihrer Mitglieder zu verkaufen. Er begehre deshalb die Verurteilung der beklagten Partei zur Unterfertigung eines - im Begehren vollständig formulierten - Kaufvertrages samt Aufsandungserklärung, wonach das ihm verkaufte Grundstück vom Gutsbestand der Liegenschaft der beklagten Partei lastenfrei abgeschrieben, für diese eine neue Einlage eröffnet und auf dieser das Eigentumsrecht für ihn einverleibt werde, und ferner deren Verurteilung zur Fassung des für die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages erforderlichen Vollversammlungsbeschlusses. Mit diesen Begehren verband er den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der beklagten Partei verboten werde, die genannte Liegenschaft und hilfsweise das verkaufte Grundstück "weder zu veräußern noch zu belasten" (richtig zu veräußern und zu belasten).

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß nach dem Hauptbegehren. Es nahm den vom Kläger behaupteten Erfüllungsanspruch und dessen Gefährdung durch den Vollversammlungsbeschluß der beklagten Partei, das in der Kaufabsprache genannte Grundstück an eines ihrer Mitglieder zu verkaufen, als bescheinigt an.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den erstinstanzlichen Beschluß dahin ab, daß es - ohne über den Hauptantrag abzusprechen - bloß dem hilfsweise gestellten Sicherungsantrag stattgab; es sprach ferner aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, im Gegensatz zur älteren, insoweit uneinheitlichen Rechtsprechung stehe § 13 GBG nach der jüngeren Judikatur der Beschränkung eines exekutiven Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf Teile eines Grundbuchskörpers, ja selbst auf Teile von Grundstücken nicht entgegen, sofern nur diese Teile - etwa durch bereits vorhandene Teilungspläne oder andere Unterlagen - ausreichend genau bezeichnet seien; auch die bücherliche Anmerkung einer solchen Verfügung sei danach zulässig. Die ältere Rechtsprechung, die zumindest die Anmerkung von Verpfändungs- und Belastungsverboten bei einzelnen Grundstücken eines mehrere Grundstücke umfassenden Grundbuchskörpers ablehne, sei offenbar überholt. Zu Recht weise die beklagte Partei in ihrem Rekurs auch darauf hin, daß der Vertragstext, dessen Unterfertigung der Kläger begehre, als Belastungen des Grundbuchskörpers nur zwei Dienstbarkeiten erkennen lasse. Es sei also nicht zu befürchten, daß das streitverfangene Grundstück durch die lastenfreie Abschreibung der übrigen Grundstücke mit übermäßiger Pfandbelastung übrig bleiben könnte. Der Grundsatz, daß sich die Sicherungsmaßnahmen nach § 382 EO immer im Rahmen des zu sichernden Anspruches halten müßten und über diesen nicht hinausgehen dürften, gebiete es daher, die Bewilligung des begehrten Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf das umstrittene Grundstück zu beschränken und die bücherliche Anmerkung des eingeschränkten Verbots anzuordnen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger dagegen erhobene Revisionsrekurs ist soweit unzulässig, als er mit diesem gesondert auch die zweitinstanzliche Kostenentscheidung bekämpft, weil Entscheidungen des Rekursgerichtes über den Kostenpunkt auch im Exekutions- und im Sicherungsverfahren ausnahmslos unanfechtbar sind (§§ 402 und 78 EO sowie 528 Abs. 2 Z 3 ZPO); im übrigen ist er nicht berechtigt.

Der Kläger strebt im Ergebnis die lastenfreie Abschreibung des von ihm kaufweise in Anspruch genommenen Grundstücks von der der beklagten Partei zugeschriebenen Liegenschaft (die Eröffnung einer neuen Einlage für diese und die Einverleibung seines Eigentumsrechtes auf dieser) an, begehrt jedoch mit seinem Hauptantrag im Sicherungsverfahren die Anordnung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes für den gesamten Grundbuchskörper. Zu Recht hat das Rekursgericht - dem es mangels Anfechtung der einstweiligen Verfügung auch in diesem Umfang verwehrt war, deren Rechtmäßigkeit zu prüfen - das Verbot auf das klageweise in Anspruch genommene Grundstück beschränkt:

Zwar ist der Grundbuchskörper gemäß § 3 GBG als Ganzes zu behandeln, doch läßt § 13 GBG selbst die Einverleibung des Pfandrechtes auf den Anteil von Miteigentümern zu; nach § 12 GBG muß der Inhalt und Umfang der einzutragenden Dienstbarkeit möglichst bestimmt angegeben werden, und soll die Servitut auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt werden, müssen diese genau bezeichnet werden. Es besteht daher kein Grund, die Anmerkung von Tatsachen, die rechtliche Folgen nach sich ziehen (§ 20 GBG), nur dann zuzulassen, wenn sich diese Anmerkung auf den ganzen Grundbuchskörper bezieht. In der jüngeren Rechtsprechung wurde deshalb das Bedürfnis nach sinngemäßer Anwendung des § 13 GBG, nach dem das Pfandrecht nicht auf einzelne Bestandteile des Grundbuchs eingetragen werden kann, auf die gemäß § 382 Z 6 EO verfügte Anmerkung des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots verneint, weil es nicht wie die Pfandrechtseinverleibung auf Dauer, sondern als vorübergehende und daher zeitlich begrenzte Vorkehrung gedacht sei (EvBl 1968/221; EvBl 1964/431; JBl 1957, 537). Mittels einstweiliger Verfügung könne daher auch nur die Veräußerung bzw Belastung eines ideellen Anteils der Liegenschaft bzw eines ideellen Teils des einem Miteigentümer zugeschriebenen Liegenschaftsanteils (SZ 55/101; MietSlg 33.755; EvBl 1964/43 ua; Heller-Berger-Stix 2746), aber auch einzelner von dem - wie hier - zu sichernden Übereignungsanspruch betroffener Grundstücke des aus mehreren Grundstücken bestehenden Grundbuchskörpers (EvBl 1968/221; 1 Ob 15/75 ua), ja sogar von Teilen von Grundstücken verboten werden, sofern diese nur durch bereits vorhandene Teilungspläne genau bezeichnet sind (RPflSlgE 1505). Daran ist festzuhalten, weil diese Lösung dem Ausgleich der gegensätzlichen Interessen der Beteiligten am ehesten gerecht wird, ohne daß ihr - wie vorher ausgeführt - zwingende grundbuchsrechtliche Grundsätze entgegenstünden. Der Kläger, der diese Lösung ohnedies zum Gegenstand seines hilfsweise gestellten Sicherungsantrags gemacht hat, bleibt ausreichend gesichert, ohne daß der beklagten Partei das Recht zur Verfügung über den restlichen Grundbuchskörper entzogen würde. Die Anmerkung des richterlichen Verbots nach § 384 Abs. 2 EO hindert nämlich - zum Unterschied zu dem durch die Einverleibung mit dinglicher Wirkung ausgestatteten Verbot gemäß § 364 c ABGB - spätere Eintragungen selbst dann nicht, wenn sie mit dem Verbot im Widerspruch stehen. Die Eintragungen werden in diesem Fall gemäß § 384 Abs. 3 EO wirksam, wenn der Anspruch der gefährdeten Partei aberkannt wird (NZ 1989, 338; EvBl 1958/205 ua; Heller-Berger-Stix 2750); da solche Eintragungen im vorliegenden Fall, soweit es um die nicht betroffenen Grundstücke des Grundbuchskörpers geht, mit dem Verbot nicht kollidieren, bliebe ihre Wirksamkeit bei Abschreibung des betroffenen Grundstücks in Entsprechung eines klagsstattgebenden Urteils unberührt. Überdies könnte der Eigentümer auch nicht daran gehindert werden, in einem solchen Fall gemäß § 3 LiegTeilG die Abschreibung jener Grundstücke zu erwirken, die vom Verbot nicht betroffen sind. Die davon abweichende Ansicht von Heller-Berger-Stix (2747), da es nicht möglich sei, körperliche Teile einer Liegenschaft zu verpfänden, habe die Beschränkung des (Belastungs- und Verpfändungs-)Verbots keine Bedeutung, sodaß es auf den ganzen Grundbuchskörper erstreckt werden müsse, trägt den vorher angestellten Erwägungen nicht Rechnung, weil der gefährdeten Partei die Durchsetzung ihres Übereignungsanspruchs auch bei nachträglicher Belastung der Liegenschaft seitens des Gegners gesichert bliebe. In diesem Zusammenhang kann auch auf die ausführlichen Erörterungen zu diesem Problem in EvBl 1964/431 verwiesen werden, auch wenn dort von der gefährdeten Partei nicht ein bestimmtes Grundstück, sondern eine Liegenschaftshälfte in Anspruch genommen wurde, weil die rechtlichen Wirkungen des Verbots gemäß § 382 Z 6 EO in beiden Fällen gleichgeartet sind.

Auf die kritischen Anmerkungen Hofmeisters zu den in NZ 1989, 338, und NZ 1991, 205, veröffentlichten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, mit welchen die Beschränkung des rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf einzelne von mehreren Grundstücken eines Grundbuchskörpers zugelassen wurde, in NZ 1989, 340 und 1991, 182, muß wegen der - schon weiter oben erörterten - unterschiedlichen Rechtsfolgen des rechtsgeschäftlichen und des sicherungsweise vom Richter angeordneten Verbots nicht weiter Stellung genommen werden.

Umstände, die es geböten, das Verbot dennoch auf den gesamten Grundbuchskörper zu erstrecken, weil dessen Sicherungszweck anders nicht erreichbar wäre, hat der Kläger bisher nicht behauptet: Der bloße Hinweis auf im Rechtsstreit erwachsenen Verfahrenskosten ist schon deshalb nicht stichhältig, weil die in Rede stehende Liegenschaft für diese - im übrigen noch gar nicht entstandenen - Kostenersatzansprüche nicht verpfändet ist.

Da die Erstreckung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf die ganze Liegenschaft zur Sicherung des klageweise geltend gemachten Übereignungsanspruches nicht erforderlich ist, hat das Gericht zweiter Instanz das Verbot zu Recht in Entsprechung des hilfsweise gestellten Sicherungsantrages auf das in Anspruch genommene Grundstück beschränkt.

Der zweitinstanzliche Beschluß war allerdings mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Hauptantrag abgewiesen wird (vgl DRvBl 1940/251 uva; Fasching, LB2 Rz 1133 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402 und 78 EO sowie auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte