OGH 7Ob626/92(7Ob627/92)

OGH7Ob626/92(7Ob627/92)10.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, den beklagten und widerbeklagten Parteien den mit S 4.783,68 (darin S 797,28 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger verkaufte am 29.9.1987 seine Eigentumswohnung in Wien 21, S*****gasse 46, top 15, samt Inventar den Beklagten um S 620.000,--. Die Beklagten hatten zuvor die 2 Jahre lang vom Kläger nicht bewohnte Wohnung im Beisein von Angestellten eines Maklerbüros am 14.9.1987 bei Tag besichtigt. Licht- und Gaszufuhr war zu diesem Zeitpunkt abgesperrt. Ansonsten waren auch bei der folgenden Besichtigung keine Mängel (mit freiem Auge) erkennbar. Bei der folgenden Besprechung am 29.9.1987 erklärte der Kläger auf die Frage des Erstbeklagten, ob die Heizung funktioniere, daß in der Wohnung alles in Ordnung sei, die Gasetagenheizung bedürfe nur eines Services. Die Beklagten erlegten vereinbarungsgemäß den Kaufpreis bei der Vertragserrichterin und Treuhänderin Rechtsanwältin Dr.Christa A. H*****, die ihn erst dann an den Kläger weiterzuleiten hatte, wenn ihr die Beklagten eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Übernahme der Wohnung zuzüglich der dazugehörigen Schlüssel übergeben. Im Kaufvertrag wurde auch vereinbart, daß die Käufer die Wohnung besichtigt haben und das sie sie übernehmen, wie sie liegt und steht, weiters das der Verkäufer keine Gewähr für einen bestimmten Zustand, ein bestimmtes Ausmaß, eine bestimmte Beschaffenheit oder ein bestimmtes Erträgnis des Kaufobjektes leistet, wohl aber daß dieses lastenfrei ist und das auf ihm keine Abgabenschulden lasten.

Bei Prüfung der Gasanlagen am 9.10.1987 stellte sich heraus, daß die Gasleitung undicht ist und das der Kessel der ca. 20 bis 30 Jahre alten Heizung ein irreparables Loch aufwies. Zur Behebung dieser Mängel mußten die Beklagten S 37.420,20 an Reparaturkosten bezahlen. Für die Abnehmerummeldung legten sie bei den Gaswerken S 187,50 aus, die Überprüfung des Heizkessels kostete S 936,--. Auch die mitverkaufte Gefrierkombination funktionierte nicht. Die Beklagten kauften sich eine neue um S 1.999,--. Im Schlafzimmer war der Fußboden teilweise verfault und mußte mit einem Gesamtaufwand von ca. 2.000 S erneuert werden.

Der Kläger behob das eingeschrieben übersendete Rügeschreiben Dris H***** vom 7.10.1987 nicht. Mit Schreiben vom 20.10.1987 bot ihm Dr.H***** namens der Beklagten an, entweder binnen 8 Tagen die Heizungsanlage instandzusetzen und einen neuen funktionsfähigen Tiefkühlschrank zur Verfügung stellen oder einen Nachlaß von S 55.000,-- auf den Kaufpreis zu gewähren. Der Kläger hielt seine im folgenden abgegebene Zusage, die Tiefkühltruhe zu ersetzen und den Heizkessel flicken zu lassen, nicht ein. Daraufhin untersagten die Beklagten Dr.H***** einen S 565.000,-- übersteigenden Kaufpreis dem Beklagten zu überweisen und trugen ihr auf, den Rest einzubehalten. Dr.H***** hinterlegte daraufhin zu 16 Nc 401/88 des Bezirksgerichtes Floridsdorf gemäß § 1425 ABGB ein Sparbuch des Bankhauses Schelhammer und Schattera mit einem Einlagestand von S 55.000,-- derart zugunsten der Streitteile, daß dieses nur über gemeinsamen Auftrag ausgefolgt werden dürfe.

Der Kläger begehrt letztlich von den Beklagten als Haupleistung die Ausstellung einer Bestätigung über die ordnunggemäße Übernahme der gegenständlichen Wohnung und für den Fall der Abweisung dieses Begehrens die Bezahlung von S 55.000,--. Für den Fall der Abweisung auch dieses Eventualbegehrens stellt er das weitere Eventualbegehren auf Zustimmung zur Ausfolgung des gerichtlich hinterlegten Sparbuches an ihn. Die Beklagten hätten auf jedwede Gewährleistung verzichtet. Inhalt der Bestätigung über die ordnungsgemäße Übernahme der Wohnung wäre nur die Einräumung des alleinigen und nuneingeschränkten Zutrittes zur Wohnung gewesen, keineswegs hätte damit ein mängelfreier Zustand bestätigt werden sollen. Den Beklagten stehe keinerlei Berechtigung zu, den Kaufpreisrest weiter zurückzuhalten.

Die Beklagten beantragten die Klagsabweisung und wendeten ein, daß entgegen der Zusage des Klägers die Gasinstallation, die Heizungsanlage, die Tiefkühltruhe und der Fußboden schwere Mängel aufgewiesen hätten. Trotz Verbesserungsversprechen sei keine Behebung der Mängel erfolgt. Es stehe den Beklagten ein S 55.000,-- übersteigender Rückforderunganspruch gegenüber dem Kläger zu. Die Beklagten begehrten in der Folge ihrerseits mit einer Widerklage den Kläger zur Bezahlung der von ihnen im einzelnen aufgewendeten Reperaturen in Höhe von S 43.394,60.

Das Erstgericht wies das Haupt- und die beiden Eventualbegehren des Kläger ab und verurteilte ihn in teilweiser Stattgebung der Widerklage zur Bezahlung von S 19.935,-- an beide Beklagten. Deren Mehrbegehren wies es ab. Es folgerte rechtlich, daß sich der Gewährleistungsausschluß nur auf sichtbare Mängel bezogen habe und darüber hinaus der Kläger den Beklagten zugesagt habe, daß alles in Ordnung sei. Die Beklagten hätten daher zurecht die zugesagte Bestätigung verweigert, die Zurückhaltung eines Kaufpreisrestes sei auch bei der mehrseitigen Treuhand ein geeignetes Mittel, dem Käuferrecht nach § 1052 ABGB Nachdruck zu verleihen. Das auf Zahlung von S 55.000,-- gerichtete Eventualbegehren sei wegen mangelnder Passivlegitimation der Beklagten abzuweisen gewesen. Die Beklagten müßten nicht der Aufolgung des hinterlegten Sparbuches zustimmen, weil dem Kläger davon nur ein Teilbetrag zustehe.

Das Berufungsgericht gab der allein vom Kläger erhobenen Berufung nur im Zinsen und Kostenpunkt Folge und bestätigte die Abweisung des Haupt- und des Eventualbegehren des Klägers und die teilweise Stattgebung des Widerklagebegehrens der Beklagten. Es erklärte die Revision für zulässig. Aufgrund der Erklärung des Klägers dürfe nicht allein vom Vertragstext ausgegangen werden. Die Beklagten hätten aufgrund der Zusagen der Klägers nur hinsichtlich sichtbarer Mängel auf Gewährleistung verzichtet. Darüber hinaus habe der Kläger seine Gewährleistungsverpflichtung hinsichtlich des Heizkessels und der Tiefkühltruhe anerkannt und damit auch zugestanden, daß die daran gerügten Mängel schon bei Vertragsabschluß vorlagen. Die Beklagten wären nur bei mängelfreier Übergabe der Wohnung zur Abgabe der begehrten Bestätigung verpflichtet gewesen. Die Mängel seien jetzt nun zwar behoben, der noch nicht rechtskräftige Zuspruch der Ersatzvornahmekosten habe aber noch zu keiner Zahlung durch den Kläger geführt. Solange dies nicht der Fall sei, könne von der Beklagten wieder die Abgabe der begehrten Bestätigung, noch deren Zustimmung zur Ausfolgung des in Form eines Sparbuches hinterlegten Kaufpreisrestes verlangt werden. Solange der Kläger die Wohnung nicht ordnungsgemäß übergeben, bzw zufolge notwendiger Mängelbehebung dem Beklagten den dafür erforderlichen Betrag nicht refundiert habe, habe er seiner aus dem Kaufvertrag übernommenen Verpflichtung nicht entsprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobene Revision ist unzulässig.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß sich der Gewährleistungsverzicht der Beklagten nur auf erkennbare Mängel bezogen hat, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vergleiche MGA, ABGB33, § 929/20 sowie Krejci in Rummel ABGB2, § 879, Rz 207 und Reischauer a.a.O. § 929 Rz 2), sodaß es hier zu keiner besonderen Ausführungen bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO). Zufolge des festgestellten Anerkenntnisses von Mängeln durch den Kläger kommt dem Gewährleistungsverzicht der Beklagten keine rechtliche Bedeutung mehr zu. Die Entscheidung 8 Ob 643/91 geht von einem ganz anders als hier vorliegenden Sachverhalt aus. Ebenso rechtfertigen auch die Erwägungen des Berufungsgerichtes nicht die Zulässigkeit der Revision. Der vorliegenden mehrseitigen Treuhand lagen Aufträge der beiden Treugeber an die Treunehmerin zugrunde, die durch die fehlende Erfüllungsbereitschaft des Klägers zu einer Interessenkollision zwischen den beiden Treugebern führte und der Treunehmerin die Erfüllung des Treuhandauftrages unmöglich machte. Die Beklagten haben zunächst mit dem Erlag des Kaufpreises bei der Treugeberin ihrer Verpflichtung aus dem Kaufvertrag entsprochen. Es stand ihnen jedoch zufolge der erst danach entdeckten mangelhaften Erfüllung durch den Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu (vergleiche MGA, ABGB33, § 1052/12 ff). Die Treunehmerin durfte den Kaufpreis erst dann an den Verkäufer weiterleiten, wenn die Beklagten ihr eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Übergabe der Wohnung zugesandt hatten. Der Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung kommt jedoch keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Da die Treunehmerin bevollmächtigte beider Streitteile war und aus diesem Grund nicht die Interessen des einen Teils gegen den anderen durchsetzen durfte, hat sie mit Recht den strittigen Betrag gerichtlich in Form eines Sparbuches hinterlegt (vgl EvBl 1980/162 mwN). Damit haben die Beklagten ihren sich aus der Erfüllungsverweigerung durch den Kläger entsprechend geminderten Käuferverpflichtungen entsprochen. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß die Zustimmung der Beklagten zur Ausfolgung des Sparbuches an den Kläger von der Bezahlung des von dem Beklagten für die Mängelbehebung aufgewendeten Betrages von S 19.335,-- abhängig ist. Auf die erstmals in der Revision erhobenen weiteren Eventualbegehren, auf Zug um Zugleistung, war im Revisionsverfahren nicht einzugehen.

Auch die Ausmittlung des Betrages von S 19.935,-- gemäß § 273 ZPO durch die Vorinstanzen ist frei vom Rechtsirrtum. Mit der Rechtsrüge ist nur überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist (3 Ob 512, 513/79). Dieser Überprüfung sind die für die Schadenshöhe maßgebenden Faktoren, zu denen die Tatsacheninstanzen Feststellungen treffen konnten, zugrunde zu legen. Nur in jenem Rahmen, in dem der Beweis der Höhe des Schadens nicht erbracht werden konnte, also nur mehr oder minder wahrscheinlich angenommen werden konnte, ist der Schaden nach Ermessen des Gerichtes festzusetzen. Die Entscheidung des Gerichtes darüber, ob es § 273 ZPO anwenden darf ist daher eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung. Wurde zu Recht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint ist dies nur mit Mängelrüge bekämpfbar. Soweit das Berufungsgericht die Anwendung des § 273 ZPO durch das Erstgericht billigte, ist eine nochmalige Überprüfung im Revisionsverfahren nicht möglich (9 Ob A 2/92 mwN). Der Revisionswerber ist darauf hinzuweisen, daß er keine diesen Ausführungen entsprechenden Mängelrüge in seiner Berufung gegen das erstgerichtliche Urteil erhoben hat (vgl AS217 f).

Die Kostenentscheidung gründen sich auf die § 41 und 50 ZPO.

Da der Revisionsgegner auf die Unzulässigkeit der Revision verwies, waren im Kosten für die Revisionsbeantwortung zuzuerkennen.

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