OGH 1Ob606/92

OGH1Ob606/9222.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef M*****, vertreten durch Dr.Eugen Radel und Dr.Willibald Stampf, Rechtsanwälte in Mattersburg, wider die beklagte Partei Elisabeth S*****, vertreten durch Dr.Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 30. Juli 1992, GZ 11 R 167/92-9, womit der Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Anerkenntnisurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5.Mai 1992, GZ 3 Cg 39/92-4, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 5.5.1992 anerkannte die Beklagte den Klagsanspruch, beantragte jedoch gleichzeitig, den vorbereitenden Schriftsatz des Klägers (ON 3) als unzulässig zurückzuweisen oder hiefür zumindest keine Kosten zuzusprechen.

Der Erstrichter verkündete darauf in Gegenwart beider Parteien auf Antrag des Klägers diesem Anerkenntnis gemäß ein Urteil einschließlich der dem Kläger zu ersetzenden Prozeßkosten von S 24.508,80. Die Parteien beantragten die Zustellung von Urteilsausfertigungen, die Beklagte überdies eine Begründung der mitverkündeten Kostenentscheidung in der Urteilsausfertigung.

Das Anerkenntnisurteil wurde der Beklagten in schriftlicher Ausfertigung am 25.6.1992 zugestellt; diese gab den gegen den Ausspruch über die Kosten erhobenen Kostenrekurs am 3.7.1992 zur Post.

Das Rekursgericht wies den Kostenrekurs zurück. Es führte aus, gemäß § 416 Abs.3 ZPO werde ein in Anwesenheit beider Parteien verkündetes Anerkenntnisurteil diesen gegenüber mit der Verkündung wirksam, sodaß bereits damit die Rechtsmittelfrist zu laufen beginne. Habe das Erstgericht gleichzeitig auch über den Kostenersatz ziffernmäßig entschieden, werde die Rechtsmittelfrist auch im Kostenpunkt bereits mit der Verkündung der Entscheidung in Gang gesetzt. § 416 Abs.3 ZPO sei gegenüber § 521 Abs.2 ZPO, nach dem die Rekursfrist erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung zu laufen beginnt, die speziellere Norm. Im vorliegenden Fall sei der Kostenrekurs zwar innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der begehrten Urteilsausfertigung, nicht aber auch innerhalb der gleichen Frist ab Verkündung dieses Urteils eingebracht worden.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Beklagten gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs ist unzulässig.

Vorab ist festzuhalten, daß die Beklagte ihr an das Gericht zweiter Instanz gerichtetes Rechtsmittel nicht bloß als Kostenrekurs bezeichnet, sondern damit auch nur die Festsetzung der Verfahrenskosten durch das Erstgericht bekämpft hat. Sie macht demgemäß auch im Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nicht etwa geltend, daß ihr Rekurs an die zweite Instanz nicht als Rechtsmittel über den Kostenpunkt zu beurteilen sei, sondern lediglich, daß die bei Kostenrekursen maßgebliche 14tägige Rekursfrist entgegen § 416 Abs.3 ZPO nicht von der Verkündung des Anerkenntnisurteils, sondern von der Zustellung dessen schriftlicher Ausfertigung an zu berechnen sei.

Gemäß § 528 Abs.2 Z 3 ZPO (idFd Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989) ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. In Jud. 13 (= SZ 6/132) sprach der Oberste Gerichtshof aus, von diesem Rechtsmittelausschluß - allerdings in der bis zum Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 maßgeblichen Fassung: "Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt sind unzulässig" (§ 528 Abs.1 idF vor bzw. § 528 Abs.1 Z 2 idF nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983) - seien nicht bloß Rekurse gegen zweitinstanzliche Entscheidungen betroffen, mit welchen über die Verpflichtung zum Kostenersatz bzw. die ziffernmäßige Festsetzung der Kosten abgesprochen wird (so schon das Jud. 4 = SZ 2/143), sondern unter Entscheidungen über den Kostenpunkt seien auch jene zweitinstanzlichen Aussprüche zu verstehen, mit welchen die Entscheidung über die Kosten abgelehnt oder für zulässig erklärt oder die Sache zur Entscheidung über die Kosten an das Erstgericht verwiesen wird (also auch alle rein formellen Entscheidungen über den Kostenpunkt). Zur Begründung dieser Auffassung wurde dort ausgeführt, es sei nicht einzusehen, warum der Oberste Gerichtshof im Kostenpunkt nur dann nicht zu befassen sei, wenn es um die Entscheidung über Grund und Höhe des Kostenersatzes gehe, wohl aber dann, wenn es sich um eine Entscheidung über die Zulässigkeit oder die Rechtzeitigkeit eines Rekurses oder um eine solche bloß kassatorischer Natur handle. In jedem Fall sei nämlich der Kostenpunkt mit der Entscheidung zweiter Instanz meritorisch erledigt: Im Falle der Unzulässigkeit bzw. Verspätung meritorisch schon nach der Entscheidung erster Instanz, die dann eben vom Rekursgericht für endgültig erklärt werde. Der Gesetzgeber habe im Kostenpunkt die zweite Instanz einfach als letzte entscheiden lassen wollen, einerlei, ob die Entscheidung materieller oder bloß formaler Natur ist. Lehne das Rekursgericht die Entscheidung aus formalen Gründen ab, weil es die Frage der Zulässigkeit oder Rechtzeitigkeit des Rechtmittels verneine und deshalb gar nicht in die Lage komme, eine meritorische Entscheidung zu treffen, so liege folgerichtig gleichfalls eine Entscheidung des Rekursgerichtes über den Kostenpunkt vor. In der Folge sah der Oberste Gerichtshof auch in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Stohanzl, ZPO14 [1990] § 528 E 43) rekursgerichtliche Beschlüsse, mit denen die Unzulässigkeit oder die Verspätung von Kostenrekursen ausgesprochen worden war, als nicht mehr weiter anfechtbar an.

Dem entgegen hat der Oberste Gerichtshof allerdings in einigen Entscheidungen (Arb. 8623; 8 Ob 196/75; 4 Ob 21/83 und RZ 1990/64) unter Berufung auf Fasching (in dessen Komm. IV, 461) die Auffassung vertreten, der Grundsatz, daß derjenige, der mit seinem Antrag zurückgewiesen wird, jedenfalls berechtigt sei, die Zurückweisung mit Rekurs zu bekämpfen und eine sachliche Erledigung seines Antrags anzustreben, gehe auch in Kostensachen der sonst dem Jud. 13 zufolge geltenden Regel vor, daß Formalentscheidungen über den Kostenpunkt unanfechtbar sind. Diese Auffassung steht mit dem Jud. 13 in offenem Widerspruch, weil dann für den Plenarbeschluß in Wahrheit kein Anwendungsbereich mehr bliebe. Es fällt übrigens auch auf, daß in diesen Entscheidungen, in denen diese vom Jud. 13 abweichende Auffassung im übrigen, abgesehen von der Berufung auf Fasching (aaO) und die genannten Entscheidungen, soweit sie vorangegangen waren, nicht weiter begründet wird, der Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß zwar für zulässig erklärt wurde, in der (sachlichen) Erledigung des Rechtsmittels aber doch wieder darauf hingewiesen wurde, daß auch formale zweitinstanzliche Entscheidungen im Kostenpunkt in dritter Instanz ausnahmslos nicht weiter anfechtbar seien.

Der erkennende Senat hält an der dem Jud. 13 und der daran anschließenden Rechtsprechung zugrundeliegenden Auffassung aus den im Plenarbeschluß festgehaltenen Erwägungen fest, daß ein Beschluß, mit dem das Gericht zweiter Instanz die Unzulässigkeit oder Verspätung eines Kostenrekurses ausspricht, nicht mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof bekämpft werden kann. An diesem Ergebnis ändert auch die Neufassung des § 528 ZPO durch Art. X Z 39 WGN 1989 insoweit, als nun nicht mehr von Rekursen gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, sondern von Revisionsrekursen die Rede ist, nichts; nach Lehre (Petrasch in ÖJZ 1989, 751; Fasching, LB2 Rz 2015/1; aA Kralik in JBl. 1991, 284) und Rechtsprechung (GesRZ 1991, 164 uva, zuletzt wieder 3 Ob 561/91) ist nämlich unter einem Revisionsrekurs im Sinne der Rechtsmittelausschlüsse des § 528 ZPO der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen einen Beschluß des Rekursgerichtes zu verstehen. Auch die von Fasching (in LB2 Rz 2019) vertretene Auffassung, Formalentscheidungen über die Zulässigkeit eines Rekurses müßten auch dann überprüfbar sein, wenn der mit dem Rekurs bekämpfte Beschluß eine Kostenentscheidung ist, weil die Frage, ob ein Beschluß eine "Entscheidung im Kostenpunkt" ist, nachprüfbar sein müsse, könnte im vorliegenden Fall gegen die hier vertretene Rechtsauffassung nicht ins Treffen geführt werden, weil die Beklagte im Rekurs an den Obersten Gerichtshof gar nicht bezweifelt, daß es sich um eine Entscheidung über den Kostenpunkt handelt.

Der Rekurs ist diesen Erwägungen zufolge entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes unzulässig und daher zurückzuweisen.

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