OGH 8Ob539/91

OGH8Ob539/9131.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten

Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die

Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und

Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden

Partei Dr. Klaus Fischer, Rechtsanwalt in Dornbirn, als

Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma Herman S*****,

(AZ S 4/89 des Landesgerichtes Feldkirch), wider die beklagte Partei

St*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Dr.Gebhard Winkler -

Heinzle - und Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen S

99.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das

Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom

14. Februar 1991, GZ 2 R 351/90-12, womit infolge Berufung der

klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 19.

Oktober 1990, GZ 4 Cg 322/90-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschl. S 849,- Ust.) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der A***** der Firma Hermann S*****, in D*****, wurde am 20. Februar 1989 das Konkursverfahren eröffnet. Die nunmehr durch den klagenden Masseverwalter vertretene Gemeinschuldnerin hatte am 15. Februar 1989 mit der beklagten Stadtgemeinde einen Vertrag über von ihr durchzuführende Baumeisterarbeiten zwecks Errichtung einer Kanalisationsanlage geschlossen. Integrierender Bestandteil des Vertrages ist die ÖNorm A 2060; deren Punkt 2.19.1.2 berechtigt die beklagte Partei bei Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Vertragspartners vom Vertrag zurückzutreten. Am 20. März 1989 erklärte der Masseverwalter seine Bereitschaft zur Vertragserfüllung, die beklagte Partei teilte ihm jedoch mit Schreiben vom 5. April 1989 mit, daß sie im Sinne des vorgenannten Vertragspunktes vom Vertrag zurücktrete.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Masseverwalter die Verurteilung der beklagten Stadtgemeinde zur Zahlung eines Betrages von S 99.000,-- s.A. mit der Begründung, er habe seine Bereitschaft zur Vertragserfüllung durch die Gemeinschuldnerin erklärt und diese hätte bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Vertrages einen Gewinn in der Höhe des Klagebetrages erwirtschaften können. Die Berufung der beklagten Partei auf ein Rücktrittsrecht erfolge zu unrecht, da die diesbezügliche vertragliche Vereinbarung gemäß § 25a KO unwirksam sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil ihr vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht durch die Bestimmung des § 25a KO nicht aufgehoben werde, denn die Bestimmungen der § 21 ff KO enthielten lediglich Rechte des Masseverwalters und keine Beschränkungen hinsichtlich vertraglicher Vereinbarungen. Die Gemeinschuldnerin sei zudem auch nicht in der Lage gewesen, den Vertrag zu erfüllen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht erklärte die Revision mangels Auffindbarkeit einschlägiger Rechtssprechung für zulässig und führte in seiner Entscheidungsbegründung unter Hinweis auf die zutreffende erstgerichtliche rechtliche Beurteilung aus:

Nach dem klaren Wortlaut und Sinn der Bestimmung des § 25a KO würden von dieser nur jene vor Konkurseröffnung getroffenen Vereinbarungen erfaßt, durch die Rechte des Masseverwalters im Sinne der §§ 21 - 25 KO ausgeschlossen oder beschränkt werden, hier im Sinne des § 21 KO das Recht, wahlweise den Vertrag zu erfüllen und Erfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzustehen. Zwingendes Recht enthalte § 21 KO nur insoweit, als dieses Recht des Masseverwalters ausgeschlossen oder beschränkt würde. Durch die Vereinbarung der ÖNorm 2060 und seines Punktes 2.19.1.2 würde dieses Wahlrecht nicht berührt, denn damit würde lediglich auch der beklagten Partei das Recht eingeräumt, im Konkursfalle vom Vertrag zurückzutreten.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der klagende Masseverwalter Revision mit dem Antrage auf Aufhebung des angefochtenen Urteiles und Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht, in eventu. auf Abänderung im Sinne der Klagestattgebung.

Der geltendgemachte Revisionsgrund berufungsgerichtlicher Verfahrensmängel bezieht sich nach der eigenen Angabe des Revisionswerbers (S 5 der Revision in AS 91) ausschließlich auf angebliche erstgerichtliche Verfahrensmängel; diese wurden aber vom Berufungsgericht zutreffend aus rechtlichen Gründen als entbehrlich erachtet; der behauptete Revisionsgrund liegt daher nicht vor.

In der Rechtsrüge wird vorgebracht, ein mangelndes Rücktrittsrecht des Vertragspartners sei für den Gemeinschuldner im Interesse der Betriebsfortführung sehr wertvoll und diese Betriebsfortführungen seien auch eine besondere Intention des IRÄG 1982. Demgemäß sollte dieses Ziel auch durch die dem öffentlichen Recht angehörende Bestimmung des § 25a KO erreicht werden. Durch frühere vertragliche Regelungen, wonach es dem Werkbesteller gestattet wäre, im Falle einer Konkurseröffnung vom Vertrag zurückzutreten, würden solche Betriebsfortführungen durch den Masseverwalter geradezu verhindert. Dies sollte im Sinne auch der Meinung deutscher Kommentatoren (vgl. RdW 1986/363) nicht möglich sein, vielmehr sollte ein Rücktrittsrecht nur bestehen, wenn dem Auftraggeber ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könne.

Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden.

Der Oberste Gerichtshof hat in mehreren, wenngleich unveröffentlichten Entscheidungen übereinstimmend ausgesprochen, daß die Bestimmungen des § 21 KO bzw. des § 20a AO vertragsgemäße oder gesetzliche Rücktrittsrechte nicht hindern; vor allem gilt dies auch für Vereinbarungen, nach denen der andere Teil berechtigt ist, im Falle der Eröffnung des Konkurses oder des Ausgleichsverfahrens vom Vertrag zurückzutreten (6 Ob 9/66; 8 Ob 180,181/69; 8 Ob 234/72; 1 Ob 593/84; 8 Ob 651/86). Es ist kein Grund ersichtlich, warum im Rahmen der Vertragsfreiheit zwischen Vertragspartnern nicht auch ein solches, für den Partner des späteren Gemeinschuldners bedeutsames Zugeständnis - siehe hiezu die übereinstimmenden diesbezüglichen Rechtsansichten Wilhelms und des BGH samt den dazu angestellten Erwägungen in der vom Revisionswerber zitierten Literaturstelle - gemacht werden dürfe. Wegen des Interesses an einer möglichen Betriebsfortführung im Konkursfalle ist eine solche privatautonome Regelung jedenfalls nicht ausgeschlossen, eine positiv rechtliche Anordnung steht ihr entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht entgegen.

Der ungerechtfertigten Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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