OGH 8Ob651/86

OGH8Ob651/8617.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** B*** AN DER MUR, R*** G*** MBH, Mittergasse 18, 8600 Bruck an der Mur, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik und Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Dr. A. K*** G*** MBH, Wimbergergasse 30, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 513.000,- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. Juni 1986, GZ 1 R 94/86-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. März 1986, GZ 14 Cg 35/86- 34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.106,82 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.200,- an Barauslagen und S 1.446,07 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte erteilte der H*** S***

G*** MBH (im folgenden S*** G*** genannt) im September und Oktober 1981 den Auftrag zur Durchführung von Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsinstallationsarbeiten beim Bauvorhaben "Hotel Panhans" am Semmering. Diese Aufträge sowie zwei weitere am 16.11.1981 und 17.11.1981 erteilten Zusatzaufträge wurden von der S*** G*** angenommen. Diesen Verträgen lagen die "Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Vergabe von Aufträgen" der Beklagten zugrunde, deren letzter Absatz lautet:

"Für den Fall der Ausgleichs- oder Konkurseröffnung ist der Auftraggeber berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und die Arbeiten an eine andere Firma zur Fertigstellung in Auftrag zu geben. Als Kostenersatz des durch den Rücktritt verursachten Schadens werden 20 % des Wertes der erbrachten Leistung laut Abrechnung einbehalten."

Infolge der am 3.2.1982 erfolgten Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über die S*** G*** trat die Beklagte von diesen Verträgen nach der genannten Bestimmung ihrer allgemeinen Vertragsbedingungen zurück, vergab die Arbeiten an ein anderes Installationsunternehmen und honorierte der S*** G*** (bzw. der Klägerin als deren Zessionarin) nur 80 % des Wertes der erbrachten und verrechneten Leistung; den Klagebetrag in der Höhe von 20 % dieses Wertes behielt die Beklagte ein. Im Zeitraum der Vertragsabschlüsse mit der Beklagten war die S*** G*** zahlungsunfähig; diese Zahlungsunfähigkeit war vom alleinigen Geschäftsführer der S*** G*** Maximilian S*** fahrlässig herbeigeführt worden.

Mit der am 13. Februar 1984 erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von S 513.000,- samt Anhang. Die S*** G*** habe ihr ihre Forderungen aus den ihr erteilten Aufträgen zur Durchführung der Installationsarbeiten beim Bauvorhaben Hotel Panhans zediert. Für die von der S*** G*** erbrachten Leistungen schuldete die Beklagte noch den eingeklagten Betrag.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens habe die S*** G*** die Arbeiten nicht beenden können; die Beklagte habe daher die Arbeiten einem anderen Installationsunternehmen zur Weiterführung übertragen müssen. Die von der S*** G*** gelegten Rechnungen seien überprüft und nach Reduktion mit S 2,290.956,60 festgestellt worden. Mit Buchungsanzeige vom 30.5.1983 sei der Anteil der S*** G*** "an den Allgemeinkosten sowie die Belastung mit den Regiearbeiten" des zur Weiterführung beauftragten Installationsunternehmen sowie "diesbezüglichen Lieferungen" eines anderen Unternehmens und "weiteren Aufwendungen zur Kenntnis gebracht worden". Durch diese Buchungsanzeige habe sich der Betrag von S 2,290.956,60 um S 115.948,39 auf S 2,175.008,21 reduziert, mit den von der Beklagten vorgenommenen Teilzahlungen von S 1,895.421,72

und S 279.586,49 erbracht habe, seien alle Forderungen beglichen worden.

Im Zuge des Verfahrens brachte die Klägerin noch ergänzend vor, die Beklagte habe ihr eine "Gesamtzusammenstellung" zur Schlußrechnung "Panhans-Hotel-Semmering" übermittelt und dabei einen Betrag von 20 % in der Höhe von S 513.515,72 in Abzug gebracht. Aus dieser Zusammenstellung habe die klagende Partei verschiedene Positionen für Eigenleistung, Regiearbeit, Lieferungen und anteilige allgemeine Kosten von insgesamt S 210.835,63 "anerkannt und als Abzug von der Schlußrechnung hingenommen". Die Beklagte sei nunmehr nicht berechtigt, über diese Mehrkosten hinaus weitere Positionen zur Gegenverrechnung zu bringen. Der Beklagten seien infolge der Ausführung der Arbeiten durch ein anderes Unternehmen keinerlei Nachteile entstanden. Sämtliche tatsächlich entstandenen Nachteile, die die Beklagte bescheinigt habe, seien von der Klägerin anerkannt und im Wege des Rechnungsabstriches berichtigt worden. Die Beklagte habe jedoch auch den Klagsbetrag von S 513.000,- zu Unrecht abgezogen. Diesen Abzug habe die Beklagte auf den letzten Absatz der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Vergabe von Aufträgen gestützt. Da ihr aber alle Schäden und Nachteile aus der Auftragserteilung an das Nachfolgeunternehmen ersetzt worden seien, könne die Beklagte nicht 20 % des Wertes der erbrachten Leistungen einbehalten.

Demgegenüber erwiderte die Beklagte, sie habe von dem der S*** G*** aufgrund erbrachter Leistungen zustehenden Betrag von insgesamt S 2,567.578,64 der genannten Vereinbarung entsprechend 20 %, somit S 513.515,72 in Abzug gebracht. Der der Beklagten durch die Insolvenz ihres Vertragspartners entstandene Mehraufwand betrage aber insgesamt S 1,163.453,-. Abgesehen davon, daß der vertragliche Anspruch auf Einbehaltung des nunmehrigen Klagebetrages verschuldensunabhängig sei, sei die Insolvenz von der S*** G*** verschuldet worden.

Schließlich wendete die Klägerin noch ein, daß die allenfalls tatsächlich zustande gekommene Vereinbarung eines bestimmten Prozentsatzes als Konventionalstrafe gegen die guten Sitten verstoße.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß die Vertragsklausel als Konventionalstrafvereinbarung anzusehen, gültig und keineswegs sittenwidrig sei, weil das Rücktrittsrecht der Beklagten im Insolvenzfall der S*** G*** sowie die Konventionalstrafvereinbarung sachlich gerechtfertigt seien, zumal der Beklagten dadurch kein unbegründeter Vermögensvorteil erwachsen und die Vertragsstrafe nicht übermäßig hoch sei. Im übrigen liege auf Seiten der S*** G*** ein auch der Klägerin anrechenbares Verschulden im Insolvenzfall zur Last, sodaß es eines Schadensnachweises gar nicht bedürfe, weil der Schadenersatz durch die Konventionalstrafvereinbarung pauschaliert worden sei. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Soweit es sich bei der Darstellung der Rechtsrüge überhaupt um Einwände der Klägerin handle, die sie auch im Verfahren erster Instanz substantiell vorgetragen habe, soweit die Berufung daher nicht gegen das Neuerungsverbot verstoße, sei sie aus folgenden Erwägungen unbegründet:

Die hier zentral interessierende Strafvereinbarung, die der Beklagten gegen die S*** G*** in deren Insolvenzfall das Rücktrittsrecht vom Vertrag und einen pauschalierten Kostenersatz des durch den Rücktritt verursachten Schadens in Höhe von 20 % des Werts der erbrachten Leistung gewähre, sei nicht als rechtsungültig im Sinne der in der Berufung genannten Bestimmungen der §§ 20 a bis 20 e AO bzw. 21 ff KO anzusehen, da sie vor Einleitung eines Insolvenzverfahrens zwischen Kaufleuten geschlossen worden sei und als Anknüpfungspunkt für ein Rücktrittsrecht der Beklagten und einen Konventionalstraffall die Tatsache der - mit oder ohne Verschulden der S*** G*** - erfolgenden Ausgleichs- oder Konkurseröffnung vorgesehen habe. Diese Vereinbarung sei von Kaufleuten im Rahmen ihres Gewerbebetriebes zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als - zumindest nach der Aktenlage - vor einem bevorstehenden Insolvenzverfahren der S*** G*** noch keine Rede gewesen sei. Der vorliegende Fall liege daher doch völlig anders als der in der Berufung zitierte, welcher der Entscheidung SZ 49/109 zugrundelag, in welchem nämlich die Eröffnung des Konkursverfahrens in einen schwebenden Langzeitvertrag mit langjähriger Kündigungsbeschränkung des Gemeinschuldners gefallen sei und die Konventionalstrafvereinbarung für den Fall zu beurteilen gewesen sei, daß der Masseverwalter namens der Gemeinschuldnerin von diesem Vertrag dennoch zurücktrat. Die in der Berufung vorgenommenen Ableitungen aus der genannten oberstgerichtlichen Entscheidung träfen daher auf den vorliegenden Fall nicht zu. Grundsätzlich sei auch dem Erstrichter darin beizupflichten, daß sich die zur Beurteilung anstehende Vertragsklausel als Vertragsstrafbestimmung gemäß § 1336 ABGB darstelle, weil zwar von der betroffenen S*** G*** kein bestimmter Geld- oder anderer Betrag habe entrichtet werden, sondern ihr nur als Entgelt ein (prozentuell von der berechtigten Rechnungssumme) bestimmter Geldbetrag nicht habe zukommen, nämlich habe einbehalten werden sollen. Wenn nun auch die Entscheidung SZ 26/2 (MGA ABGB 32 § 1336/47) in einem ähnlich gelagerten Fall nicht von einer Verpflichtung zur Zahlung einer Konventionalstrafe, sondern einem bedingten Preisnachlaß gesprochen habe, so komme nach Ansicht des Berufungsgerichtes in wirtschaftlicher Hinsicht ein solcher Nachlaß von dem berechtigten Rechnungsbetrag aus der Sicht des Nachlaßpflichtigen doch einer Ersatzverpflichtung im Sinne des § 1336 ABGB gleich. Diese Vereinbarung widerlaufe aber auch keineswegs den guten Sitten im Sinne des § 879 ABGB, zumal im Sinne der diesbezüglich zutreffenden ausführlichen Darlegungen der Beklagten in der Berufungsbeantwortung eine unverhältnismäßige Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe oder eine damit verbundene unzumutbare wirtschaftliche Einengung des davon Betroffenen aus der Sachlage nicht angenommen werden könne, ziehe man außerdem noch in Betracht, daß es sich hier um Kaufleute handle. Bei dieser - schon vom Erstgericht zutreffend angestellten - Rechtsbetrachtung sei es allerdings tatsächlich ohne rechtlichen Belang, ob und in welcher Höhe der Beklagten aus dem Insolvenzfall der S*** G*** und der dadurch erfolgten Vertragsauflösung tatsächlich ein Schaden entstanden sei, sodaß ein diesbezüglicher Feststellungsmangel nicht vorliege. Der Hinweis auf die Auslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB in der Berufung ließe überhaupt nicht, jedenfalls aber nicht scharf erkennen, welche der Auslegungsregeln hier zu dem Erfolg führen solle, daß nicht ein pauschalierter Schaden, sondern nur der tatsächlich verursachte Schaden ersetzt werden müßte. Durch die Festlegung mit 20 % des Werts der erbrachten Leistungen sei die Höhe der Konventionalstrafvereinbarung zwar gleitend, aber eben doch pauschal dadurch festgelegt, daß sie ein Fünftel des Werts der hier unstrittigen Leistungen der S*** G*** betrage. Die Berufung erweise sich daher als unberechtigt.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz gründet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gegründete und auch wegen "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig, aber nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß die Berechtigung des von der Beklagten erklärten Rücktrittes vom Vertrag mit Recht nicht strittig ist, weil die Bestimmungen des § 21 KO (idF vor und nach dem IRÄG) und des § 20 a AO die Ausübung eines vertragsmäßigen oder gesetzlichen Rücktrittsrechtes nicht hindern, was namentlich für den Fall gilt, daß der andere Teil vertraglich berechtigt ist, im Falle der Eröffnung des Konkurses oder des Ausgleichsverfahrens vom Vertrag zurückzutreten (vgl HS 5322,5394/32; 8 Ob 234/72;

1 Ob 593/84).

In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Revisionswerberin in erster Linie gegen die Qualifizierung der von den Vorinstanzen festgestellten, auf den "Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Vergabe von Aufträgen" basierenden Vereinbarung als Konventionalstrafe. Die Vereinbarung sei richtigerweise als "Preisminderung im Falle eines durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schadens" zu betrachten. Das Berufungsgericht hat seine Gründe für die Beurteilung der Vereinbarung als Konventionalstrafe deutlich dargelegt. Ausgehend von der Art des zwischen den Streitteilen bestehenden Vertragsverhältnisses und der Stellung der Beklagten als Generalunternehmer für ein größeres Bauvorhaben durfte das Berufungsgericht auch die wirtschaftliche Seite der Vertragsbeziehung nicht außer acht lassen. Von einer solchen wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus gesehen stellt sich aber das der Beklagten eingeräumte Recht, "als Kostenersatz des durch den (berechtigten) Rücktritt verursachten Schadens 20 % des Wertes der erbrachten Leistungen laut Abrechnung einzubehalten", doch eindeutig als Übereinkunft dahin dar, daß die S*** G*** für den Fall der - durch ihre Insolvenz und den darauf zulässigerweise gegründeten Rücktritt vom Vertrag bedingte - nicht gehörige Erfüllung des Vertrages anstatt des zu vergütenden Nachteiles einen (hier durch Festsetzung eines Prozentsatzes vom Wert der erbrachten Leistungen) bestimmten Geldbetrag entrichten solle. Daß die Entrichtung der vereinbarten Vergütung durch Einbehaltung eines Teiles des Werklohnes erfolgen sollte, steht der Qualifikation dieser Vereinbarung als Konventionalstrafe im Sinne des § 1336 ABGB nicht entgegen, weil in der Baubranche der Werklohn nicht schon bei Abschluß des Vertrages, sondern in Teilleistungen dem Fortschritt der Arbeiten entsprechend erbracht, der restliche Werklohn jedoch erst nach der Endabrechnung fällig wird. Es entspräche daher nicht der Realität, wollte man dem Vertragspartner des Werkunternehmers zumuten, vorerst den restlichen Werklohn zu bezahlen und ihn auf die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Werkunternehmers zur Einhaltung der Verpflichtung zur Bezahlung der Konventionalstrafe verweisen. Da die Vertragsstrafe den Zweck hat, Nachteile auszugleichen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung - und zwar für jede Art der Nichterfüllung (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1336) - entstehen können und die Vertragsstrafe damit ein pauschalierter Schadenersatz ist, der anstelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt (Koziol-Welser 7 I 191 samt Rechtsprechungsnachweis; SZ 56/75; JBl 1986, 246 ua), ist für die Verpflichtung zur Bezahlung der Konventionalstrafe - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - der Nachweis der Höhe des wirklich eingetretenen Schadens nicht erforderlich. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bedarf die Konventionalstrafe ja nicht einmal des Nachweises des Eintrittes eines Schadens überhaupt (vgl. Reischauer, aaO, Rz 1 zu § 1336; HS 1716/31; SZ 54/46 ua). In der Unterlassung der Vorinstanzen, den Umfang des tatsächlich eingetretenen Schadens zu klären, kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Schließlich vertritt die Revisionswerberin noch die Ansicht, die von den Vorinstanzen als Konventionalstrafe beurteilte Vereinbarung sei sittenwidrig, weil sie im Sinne der Entscheidung JBl 1950, 241 dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Vertragspartner widerspräche. Auch hier kann der Klägerin nicht gefolgt werden. Die in der in der Revision genannten Entscheidung als Grund für die Sittenwidrigkeit erkannte ungleiche vertragliche Behandlung der Geschäftspartner lag darin, daß der Verfall der Vertragsstrafe auch für den Fall einer zufälligen (unverschuldeten) Nichterfüllung von Vertragsbestimmungen vereinbart worden war, in einem solchen Fall aber beide Vertragsteile ungefähr gleich behandelt werden müßten. Eine solche Gleichbehandlung würde aber - wie der Oberste Gerichtshof weiter ausführte - fehlen, wenn der Lieferant bei unverschuldeter Unmöglichkeit auf Seiten des Bestellers nicht nur vom Vertrag zurücktreten, sondern auch die Vertragsstrafe behalten dürfte, während hingegen der Besteller zum Rücktritt nur bei Vorliegen eines schweren Verschuldens des Lieferanten berechtigt wäre. Eine solche Inkongruenz in den vertraglichen Rechten der S*** G*** als Werkunternehmer und der Beklagten als Besteller lag hier aber nicht vor, weil der Rücktritt des Bestellers den Eintritt der Insolvenz des Werkunternehmers zur Voraussetzung hat und die S*** G*** sich außerdem noch das Verschulden ihres Geschäftsführers am Eintritt ihrer Insolvenz anzurechnen lassen hat.

Wird aber das einem Vertragspartner eingeräumte Rücktrittsrecht - wie im vorliegenden Fall - von Umständen abhängig gemacht, die die Erfüllungsbereitschaft und -fähigkeit des anderen Geschäftspartners ernstlich gefährden, so kann von einer Ungleichgewichtslage, die - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzefalles (vgl. Krejci in Rummel, ABGB, Rz 240 zu § 879) - zur Sittenwidrigkeit der Konventionsstrafvereinbarung führen könnte, keine Rede sein. Aber auch in der mit einer Konventionalstrafe in der Höhe von 20 % der erbrachten Leistungen verbundenen "wirtschaftlichen Einengung" der S*** G*** ist im vorliegenden Fall keine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung zu erkennen, weil bei der für diese Beurteilung erforderlichen Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsteile nach der Art und dem Umfang des dem Vertrag zugrunde liegenden Geschäftes zwischen den mit dem durch den insolvenzbedingten Rücktritt der Beklagten vom Vertrag für diese als Generalunternehmer eines großen Bauvorhabens üblicherweise verbundenen Folgen und den durch die Konventionalstrafe beeinträchtigten Interessen des Werkunternehmers kein grobes Mißverhältnis erblickt werden kann (vgl. Koziol-Welser, aaO 134 samt Rechtsprechungsnachweis).

Unter dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens zeigt die Revisionswerberin keinen Verfahrensmangel auf, sie macht damit vielmehr einen der Rechtsrüge zuzuordnenden Feststellungsmangel geltend, der jedoch nicht gegeben ist. Die Klägerin wendet sich dabei gegen die Annahme der Vorinstanzen, ihrer Behauptung, der Beklagten sei aus dem Insolvenzfall der S*** G*** und der deswegen erfolgten Vertragsauflösung tatsächlich kein Schaden entstanden, käme keine rechtliche Relevanz zu. Die Klägerin habe im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie bereits Mehrkosten, die durch die Vertragsauflösung entstanden seien, in der Höhe von S 210.835,63

berücksichtigt, anerkannt und als Abzug von der Schlußrechnung der S*** G*** hingenommen hätte. Nach dem ABGB gebühre eine allenfalls rechtswirksame vereinbarte Konventionalstrafe anstatt des nach dem Schadenersatzrecht zu vergütenden Nachteiles. Wenn das Gericht tatsächlich zur Auffassung gelange, die Konventionalstrafe sei in der Höhe der Klagsforderung rechtswirksam vereinbart worden, so sei jedenfalls der tatsächlich entstandene, von der Klägerin mit S 210.835,63 berücksichtigte Schaden hievon in Abzug zu bringen, weil der Beklagten sicherlich nicht die Konventionalstrafe zuzüglich des tatsächlichen Schadens zustehe. Mit dieser Frage hätten sich die Vorinstanzen aber nicht auseinandergesetzt. Es werde daher die ausdrückliche Feststellung begehrt, daß die Klägerin bereits einen der beklagten Partei entstandenen Schaden in der Höhe von S 210.835,63 "ausdrücklich anerkannt und bezahlt bzw. berücksichtigt habe". Dem kann nicht gefolgt werden. Die Revisionswerberin übersieht dabei, daß sie im Verfahren erster Instanz bloß vorgebracht hat, sie habe aus der ihr von der Beklagten übermittelten "Gesamtzusammenstellung" zur Schlußrechnung, in der der Abzug von S 513.515,72 vorgenommen wurde, bestimmt angeführte "Positionen" im Betrag von S 210.835,63 "anerkannt und als Abzug hingenommen" (vgl. AS 10), und daraus den Schluß gezogen hat, die Beklagte sei nicht berechtigt, über die in der Gesamtzusammenstellung enthaltenen Mehrkosten hinaus weitere "Positionen zur Gegenverrechnung" zu bringen. Eine Behauptung dahin, daß sie den der Beklagten in diesem Ausmaß entstandenen Schaden in der Höhe von S 210.835,63 auch bezahlt habe, wurde von ihr nicht aufgestellt. Die Revisionswerberin geht daher bei ihrer Rüge, mit der sie das Vorliegen eines Feststellungsmangels darzustellen versucht, nicht von der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage aus. Da nach den für eine abschließende Beurteilung der Rechtssache nach den Prozeßbehauptungen beider Teile auch ausreichenden Feststellungen der Vorinstanzen nicht gesagt werden kann, daß die Klägerin eine auf den von der Beklagten vorgenommenen Abzug von S 513.515,72 anzurechnende Zahlung von S 210.835,63 vorgenommen hätte oder die von der Klägerin anerkannten (und als Abzug von der Schlußrechnung hingenommenen) Positionen in der Höhe von S 210.335,63 bereits in dem in der "Gesamtzusammenstellung" enthaltenen Gesamtrechnungsbetrag, von dem die Beklagte 20 % einbehalten hat, berücksichtigt worden wären, bleibt nur der Vorwurf offen, daß sich die Vorinstanzen mit der von der Klägerin von Anfang an aufgestellten Behauptung nicht auseinandergesetzt haben, die Beklagte habe keinesfalls einen S 210.835,63 übersteigenden Schaden erlitten. Auf die Frage der Schadenshöhe sind die Vorinstanzen aber - wie bereits erwähnt - mit Recht nicht eingegangen, weil die Verpflichtung zur Bezahlung einer Konventionalstrafe entsprechend ihrem primären Zweck, den Anspruch auf Ersatz des im Regelfall eintretenden Schadens zu pauschalieren, an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt; des von der Klägerin vermißten Nachweises bedurfte es daher nicht

Damit erweist sich aber die Revision als unberechtigt, weshalb ihr der Erfolg versagt werden mußte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte