OGH 10ObS174/92

OGH10ObS174/9230.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag.Georg Reichl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Stöcklmayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Rechtssache der klagenden Partei Eugenie B*****, vertreten durch Dr.Manfred Palkovits, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Hilflosenzuschusses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Februar 1992, GZ 32 Rs 10/92-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22.Mai 1991, GZ 19 Cgs 57/90-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies die auf einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß ab 9.1.1989 gerichtete Klage ab.

Nach den wesentlichen Feststellungen wohnt die am 23.9.1907 geborene Klägerin im 12. Wiener Gemeindebezirk in einer im 2. Stock gelegenen Zimmer-Küche-Vorzimmer-Wohnung, die mit Dusche, Nachtspeicherheizung, Gasherd und Kühlschrank ausgestattet ist. Mit dem seit der Antragstellung (9.1.1989) bestehenden, im Ersturteil näher festgestellten körperlichen und geistigen Zustand kann sie sich (allein) an- und auskleiden, die Körperpflege vornehmen, die Notdurft verrichten, die kleine Leibwäsche waschen, einfache Speisen zubereiten und einnehmen und kleine Verrichtungen (in der Wohnung), wie oberflächliches Aufräumen, Bettenrichten, Ofenwartung und dgl, vornehmen und ausgehen. Die Reinigung der großen Wäsche, die gründliche Wohnungsreinigung, das Heimtragen von Lebensmitteln in nennenswertem Ausmaß und das Herbeischaffen von Brennmaterial sind ihr nicht möglich. Diese Arbeiten können nach der Schätzung des Erstgerichtes von einer Hilfskraft einschließlich der Wegzeit im Jahresdurchschnitt in weniger als fünf Stunden pro Woche erledigt werden. Der Stundenlohn einer Bedienerin betrage im Wiener Raum gerichtsbekanntermaßen 70 S bis 80 S. Deshalb würden die Kosten der notwendigen Hilfsmaßnahmen im monatlichen Durchschnitt nicht einmal den Mindesthilflosenzuschuß erreichen.

In der Berufung rügte die Klägerin unter den benannten Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen bzw unvollständigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im wesentlichen die Unterlassung der Parteienvernehmung und einer genaueren Erhebung ihrer Lebensumstände und machte geltend, daß sie weitere mit der Führung eines Haushaltes verbundene Arbeiten nicht ausführen könne, daß die eingeholten Gutachten zu einer abschließenden Beurteilung ihrer Hilflosenbedürftigkeit nicht ausreichten und daß die Arbeitszeit der erforderlichen Hilfskraft und deren Kosten vor allem deshalb zu niedrig eingeschätzt worden seien, weil für drei zweistündige Einkäufe pro Woche sechs Stunden und für die gründliche Reinigung der Wohnung, das Wäschewaschen und Bügeln und allenfalls auch Nähen wenigstens weitere acht bis zehn Stunden pro Woche, insgesamt daher mindestens 15 Stunden eine Hilfskraft benötigt würde, deren Stundenlohn 100 S betrage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Es verneinte den behaupteten Verfahrensmangel und Feststellungsmängel und erachtete die erstgerichtliche Schätzung des Ausmaßes (Zahl der Arbeitsstunden) und der Kosten (Stundenlohn) der notwendigen Dienstleistungen für richtig.

Dagegen richtet sich die unbeantwortet gebliebene Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, (das angefochtene Urteil) im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das Berufungsgericht, daß der Klägerin kein Hilflosenzuschuß gebührt, weil die von ihr für die notwendigen Dienstleistungen üblicherweise aufzuwendenden Kosten nicht annähernd so hoch sind wie der begehrte Hilflosenzuschuß, ist richtig (§ 48 ASGG). Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, wonach das Erfordernis von Hilfe nur für die gründliche Reinigung der Wohung, die Besorgung der großen Wäsche und das Einkaufen der Lebensmittel und sonstigen Gegenstände des täglichen Bedarfes einen Pensionsbezieher nicht hilflos iS des § 105a Abs 1 ASVG macht (zB SSV-NF 2/12; 3/15, 32, 114; 4/12; 9.4.1991 10 Ob S 99/91; 9-7-1991 10 Ob S 187/91, 10 Ob S 191/91 und 196/91 ua).

Gegen den von den Vorinstanzen für die Tätigkeit einer erforderlichen Hilfskraft für notwendig erachteten Zeitaufwand bestehen keine Bedenken, zumal entgegen den Ausführungen in der Revision für das Herbeischaffen von Heizmaterial und das Einheizen keine Hilfskraft eingesetzt werden muß, weil die Klägerin über eine Nachtspeicherheizung verfügt.

Unter diesen Umständen ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zu billigen, daß der durchschnittliche monatliche Mehraufwand für eine Hilfskraft unter Zugrundelegung eines bei Bedachtnahme auf die seit 1989 geltenden Mindestlohntarife für stundenweise beschäftigte und nicht in den Haushalt aufgenommene Haushaltshilfen (vgl SSV-NF 5/41 und 44) durchaus realistischen (Brutto)Stundenlohnes von etwa 70 S bis 80 S, der allenfalls vom Bezieher zu versteuern ist, erheblich unter den seit 1989 gebührenden Mindesthilflosenzuschüssen, aber auch unter den seither geltenden, etwa gleichhohen Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ASVG lag. Er würde sich auch durch den vom Dienstgeber zu entrichtenden Beitrag für die Teilversicherung in der Unfallversicherung nicht wesentlich erhöhen (vgl SS-NF 5/44 ua).

Daher war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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