Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 6.789,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.131,60 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zwei Kaufleute, die in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes gemeinsam ein auf das Recycling von Computerbestandteilen spezialisiertes Unternehmen betrieben, in dem der Beklagte als Techniker tätig war, beabsichtigten die Gründung einer Gesellschaft mbH, wollten dabei eine 25 % übersteigende wirtschaftliche Beteiligung nich nach außen hin aufscheinen lassen und bedienten sich deshalb jeder einer weiteren für sie schon als Mitgründer der Gesellschaft nach außen handelnden Person; der eine Kaufmann setzte dazu seine Ehefrau ein, der andere den Beklagten.
Auf diese Weise übernahmen mit Gesellschaftsvertrag vom 27. November 1985 der eine Kaufmann sowie dessen Ehefrau als seine Treuhänderin und der andere Kaufmann sowie der Beklagte als dessen Treuhänder als Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 500.000 S zur Führung eines auf Datenverarbeitungsdienstleistungen und den Handel mit Datenverarbeitungsanlagen und ihren Ersatzteilen ausgerichteten Unternehmens gegründeten Gesellschaft mbH je eine Stammeinlage von 125.000 S und damit einen 25 %igen Geschäftsanteil, der teilbar und übertragbar sein sollte.
Das auf unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaftsverhältnis sollte zum Ende eines jeden - mit 30.Juni
endenden - Geschäftsjahres unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist kündbar sein. Den verbleibenden Gesellschaftern war ein Aufgriffsrecht zugesichert. Die beiden Kaufleute wurden gesellschaftsvertraglich zu einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführern bestellt.
Die vom Beklagten übernommene Stammeinlage von 125.000 S leistete dessen Treugeber aus seinen Mitteln.
Der Beklagte stellte seinem Treugeber am Tag der Errichtung des Gesellschaftsvertrages ein bis Jahresende 1995 bindendes Anbot zur Abtretung des 25 %igen Geschäftsanteiles um den "im Verrechnungsweg" zu berichtigenden Nominalbetrag der Stammeinlage.
Im Zusammenhang mit der Übernahme des von der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes betriebenen Unternehmens durch die Gesellschaft mbH sollte der Beklagte an dieser mit einem 10 %igen Geschäftsanteil beteiligt werden. Dazu sollte jeder der beiden Geschäftsführer-Gesellschafter dem Beklagten je einen 5 %igen und einvernehmlich mit 190.000 S bewerteten Geschäftsanteil abtreten. Die vom Beklagten geschuldeten Beträge von je 190.000 S sollten jeweils zur Hälfte bis Jahresende 1986 und im Restbetrag bis Jahresende 1987 bezahlt werden.
Einen hierüber aufgenommenen undatierten Aktenvermerk unterschrieben sowohl die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter als auch der Beklagte.
In Ausführung dieser Vereinbarung stellte einerseits der eine Gesellschafter dem Beklagten mit Notariatsakt vom 2.Juli 1986 das Anbot, von seinem 25 %igen Geschäftsanteil einen 5 %igen Anteil abzutreten; als Preis wurde dabei - entgegen dem Aktenvermerk - ein dem Nominale (von 25.000 S) entsprechendes Entgelt ausgewiesen, das "im Verrechnungsweg" zu berichtigen war.
Andererseits entließ der andere Geschäftsführer-Gesellschafter den Beklagten in Ansehung eines 5 %igen Geschäftsanteiles aus der Treuhandschaftsbindung. Urkundlich wurde dieser Vorgang derart vollzogen, daß der Beklagte von seinem Treugeber aus der Anbotsverpflichtung vom 27.November 1985 entlassen wurde und anstelle dessen mit Notariatsakt vom 22.Juli 1986 seinem Treugeber das bis Jahresende 1995 bindende Anbot zur Übernahme eines 20 %igen Geschäftsanteiles von seinem 25 %igen Geschäftsanteil zu dem im Verrechnungsweg zu begleichenden Nominalbetrag von 100.000 S stellte.
Für den zweiten Geschäftsführer-Gesellschafter und den Beklagten völlig unerwartet kündigte der Treugeber des Beklagten mit Schreiben vom 27.September 1986 das Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den Gesellschaftsvertrag auf.
Der andere Geschäftsführer-Gesellschafter erstellte zum 26. September 1986 eine Stichtagsbilanz. Aufgrund
dieser - gegenüber der zum 30.Juni 1986 erstellten wesentlich ungünstigeren - Bilanz stellten der zweite Geschäftsführer-Gesellschafter und der Beklagte den Kündigenden vor die Wahl, seine Beteiligung an der Gesellschaft um 130.000 S anzubieten oder die Liquidation der Gesellschaft in Kauf zu nehmen. Der Kündigende trat hierauf mit Notariatsakt vom 7. Oktober 1986 den registermäßig von ihm gehaltenen 25 %-Anteil um 130.000 S an die Gattin des Beklagten ab. Mit Notariatsakt vom selben Tag erließ er den Beklagten selbst - ohne Vereinbarung eines weiteren Entgelts - aus seiner Verpflichtung aus dem Anbot vom 22.Juli 1986 zur Übetragung eines 20 %igen Geschäftsanteiles. Über den 5 %igen Anteil des Kündigenden am ehemaligen Treugut und die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von 190.000 S wurde anläßlich des Ausscheidens des ehemaligen Treugebers des Beklagten aus der Gesellschaft nichts gesprochen.
Der Beklagte entließ den verbliebenen Geschäftsführer-Gesellschafter aus dessen Anbotsverpflichtung zur Übertragung eines 5 %igen Anteils.
Der seinerzeitige Treugeber des Beklagten trat der Klägerin, einer Gesellschaft mbH, deren Geschäftsführer der Zedent ist, sowohl den in der Klage behaupteten Anspruch auf Rückzahlung von 125.000 S als auch - im Zuge des Rechtsstreites - den aus der Vereinbarung über die Entlassung des Beklagten aus seiner Treuhandbindung in Ansehung eines 5 %igen Geschäftsanteiles fließenden Anspruch auf Zahlung von 190.000 S ab.
Die Klägerin begehrte als Zessionarin zunächst die Rückzahlung des als vorgeschossen bezeichneten Betrages der vom Beklagten übernommenen Stammeinlage von 125.000 S, ohne jede Behauptung über die vereinbarte oder sonst anzunehmende Rückzahlungsfälligkeit aufzustellen.
Gegenüber diesem klagsweise geltend gemachten Anspruch wendete der Beklagte ein, als Treuhänder des Zedenten keine Erstattungspflicht in Ansehung der von diesem auf die Treuhandbeteiligung geleisteten Einzahlung übernommen zu haben.
Nachdem der Zedent selbst über die Begründung eines Treuhandverhältnisses und über dessen Verminderung um einen 5 %igen Geschäftsanteil ausgesagt und seinen Anspruch aus der Freilassung des Beklagten aus seiner Anbotsverpflichtung in Ansehung eines 5 %igen Geschäftsanteiles von 190.000 S an die Klägerin abzutreten erklärt hatte, erklärte diese in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.November 1989, "das Klagebegehren auch auf diesen Anspruch zu stützen".
Diese Klagsänderung wurde entgegen den Einwendungen des Beklagten zugelassen.
Gegen den neu eingeführten Klagsanspruch machte der Beklagte geltend, die teilweise Freilassung aus der Anbotsbindung in Ansehung des treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteiles wäre auch in Ansehung der vereinbarten Gegenleistung (auf Zahlung von 190.000 S) notariatsaktpflichtig gewesen; mangels Ausweisung der Gegenleistung in Notariatsaktform habe auch keine Gegenleistungspflicht des Beklagten bestanden.
Der Prozeßstandpunkt der Klägerin wurde durch die Aussage ihres Geschäftsführers und Altgläubigers insofern klargestellt, daß die tatsächliche Treuhandansprache nicht geleugnet, aber - nach der Rechtsbelehrung durch den Klagevertreter - deren Rechtswirksamkeit mangels Einhaltung der Notariatsaktform bestritten werden sollte, woraus sich ein Kondiktionsanspruch ergäbe.
Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Klagebegehren zwar nicht aus dem in der Klage geltend gemachten Rechtsgrund, wohl aber aus dem Rechtsgrund der entgeltlichen Freilassung aus der Anbotsbindung in Ansehung eines 5 %igen Geschäftsanteiles unter Berücksichtigung der dabei getroffenen Fälligkeitsabrede statt.
Die Klägerin ließ dieses Urteil unangefochten.
Der Beklagte machte unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung unter anderem die Unschlüssigkeit der Klage geltend, weil die Klägerin zur Stützung ihrer mehreren - alternativ und nicht etwa eventualiter
erhobenen - Ansprüche einander ausschließende Tatsachen vorgebracht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil erster Instanz. Dazu sprach es aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht erachtete die Beweis- und Tatsachenfeststellungsrüge des Beklagten als nicht stichhältig, übernahm die erstrichterlichen Feststellungen als Entscheidungsgrundlage und wertete das Verhältnis des mit Klage geltend gemachten Begehrens zu jenem mit der zugelassenen Klagsänderung als das eines alternativen Eventualvorbringens, das entgegen dem Rechtsmittelstandpunkt des Beklagten der Schlüssigkeit der Klage keinen Abbruch tue. Im übrigen verneinte das Berufungsgericht, daß die (teilweise) Entlassung des Treuhänders aus seiner Treuhänderverpflichtung mangels eines in Notariatsaktform erklärten, auch die Gegenleistung ausweisenden Verpflichtungsgeschäftes formunwirksam wäre. Es nahm weder die Voraussetzungen für einen (schlüssigen) Verzicht auf die 190.000 S-Forderung noch einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Bewertung des 5 %igen Geschäftsanteiles mit 190.000 S durch das nachträgliche Ausscheiden des Zedenten aus der Gesellschaft als erfüllt an.
Der Beklagte ficht das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO mit einem auf Abweisung der Klagebegehren gerichteten Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Vorbringen des Revisionswerbers zur angeblichen Unschlüssigkeit der Klage enthält der Sache nach den Vorwurf, das Prozeßgericht hätte nach dem als insgesamt in sich widersprüchlich bezeichneten Vorbringen der Klägerin die von beiden Vorinstanzen als Entscheidungsgrundlage herangezogenen Feststellungen nicht treffen dürfen. Damit rügt der Beklagte einen Verfahrensvorgang als prozeßordnungswidrig, den über entsprechende Rüge schon das Berufungsgericht als unbedenklich befunden hat. Dies ist nach einem aus § 519 ZPO zu gewinnenden Größenschluß aus der Unanfechtbarkeit berufungsgerichtlicher Entscheidungen über die Nichtannahme eines mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoßes keiner weiteren Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterworfen.
Die Ausnahme vom Formgebot des Notariatsaktes für die Aufhebung einer gänzlichen oder teilweisen Treuhandbindung in Ansehung eines vom Treuhänder gehaltenen Geschäftsanteiles an einer GesmbH hat das Berufungsgericht auf eine Analogie zu der in der jüngeren Rechtsprechung anerkannten Formfreiheit für die Rückübertragung eines Gesellschaftsanteiles als Treugut vom Treuhänder an den Treugeber als den rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Träger des Treugutes begründet.
Obwohl es sich bei der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Gestaltung nicht darum handelt, die nach außen in Erscheinung getretene Rechtszuständigkeit auf den wahren wirtschaftlichen Träger (zurück-)fallen zu lassen, sondern gerade um den umgekehrten Fall einer echten wirtschaftlichen Transaktion, teilt der erkennende Senat im Ergebnis die Auffassung, daß die Aufhebung der Treuhandbindung in Ansehung eines vom Treuhänder gehaltenen GesmbH-Geschäftsanteiles nicht dem Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG unterliegt:
Es erfolgt kein evident zu haltender Vorgang zur Änderung gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse (Beurkundungsfunktion).
Der Rechtsakt ist nicht zwischen beliebigen Personen, sondern nur zwischen den bereits durch ein Treuhandverhältnis wirksam verbundenen Personen denkbar; auch eingeschränkt auf die wirtschaftliche Position des Treugebers liegt kein allgemeiner Fall einer rechtsgeschäftlichen Übertragung vor, die vom Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG getroffen werden sollte (Funktion der Unterbindung börsemäßigen Handels).
Soweit dem Formgebot überhaupt die Funktion zugedacht ist, unbedachte Rechtsgeschäftsabschlüsse zu verhindern, ist bei der Auflassung einer Treuhandbindung keinesfalls der Treuhänder vor unbedachtem Erwerb der mit dem von ihm gehaltenen Geschäftsanteil verbundenen wirtschaftlichen Wert gegen einen nicht gerechtfertigten Preis zu schützen, weil ihm doch als Gesellschafter alle einem solchen zukommenden Informationsmittel zur Verfügung standen. Aber auch der Treugeber erschiene in dieser Richtung nicht schützenswert, weil er sich durch die Eingehung der Treuhandschaft hinsichtlich des Treugutes weitestgehend der Redlichkeit des Treuhänders und dessen Informationen und Befolgung der Weisungen ausgeliefert hatte.
Für einen schlüssigen Verzicht auf das vereinbarte Entgelt für die Freilassung des Beklagten aus seiner Treuhänderbindung in Ansehung des 5 %igen Geschäftsanteiles im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Treugebers aus der Gesellschaft fehlt es an den Voraussetzungen des § 863 ABGB. Auch das prozessuale Verhalten der Klägerin und ihres Zedenten gestattet die Annahme eines schlüssigen Verzichtes nicht. Die teilweise Freilassung des Beklagten aus seiner Treuhänderverpflichtung war zur Zeit des Ausscheidens des Treugebers aus der Gesellschaft ein abschließend geregeltes Rechtsgeschäft, die dadurch erwachsene Zahlungsverpflichtung des Beklagten vereinbarungsgemäß noch nicht fällig. Mangels Erwähnung dieser Regelung aus Anlaß der Vereinbarungen über das Ausscheiden des Treuhänders durfte dieser davon ausgehen, daß die vertragliche Regelung über die 190.000 S-Verpflichtung unberührt bleiben werde.
Den Einwand des Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren als solchen auch der Sache nach nicht erhoben und ausgeführt. Sein diesbezügliches Rechtsmittelvorbringen ist eine unbeachtliche Neuerung. Daß der Treugeber des Beklagten im Zeitpunkt der teilweisen Aufhebung des Treuhandverhältnisses und der damit verbundenen Bewertung des freigelassenen Teiles des Geschäftsanteiles schon die Absicht gehegt hätte, seine - den good will des Gesellschaftsunternehmens maßgeblich beeinflussende - Gesellschafterstellung und Mitarbeit aufzugeben, wurde nicht einmal behauptet.
Aus diesen Erwägungen war der Revision des Beklagten ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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