OGH 9ObA3/92

OGH9ObA3/9212.2.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Hermann Wachtberger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** P*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. J***** K*****, Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, ***** dieser vertreten durch ***** Rechtsanwälte*****, wider die beklagte Partei R*****-S*****, E***** M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt*****, wegen 53.524,62 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Oktober 1991, GZ 13 Ra 69/91-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 2. Mai 1991, GZ 12 Cga 1/91-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.348,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 724,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Rechtliche Beurteilung

Die hier maßgeblichen Teile des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs (im folgenden: KV) lauten:

"I. Geltungsbereich

.....

3. Persönlich

.....

Angestellte im Sinne dieses Kollektivvertrages sind alle Arbeitnehmer (auch Aushilfskräfte), auf welche das Angestelltengesetz (BGBl Nr. 292/1921) Anwendung findet.

.....

XIV. Gehaltsordnung

Die Gehaltsordnung ist im Anhang des Kollektivvertrages enthalten, der einen integrierenden Bestandteil dieses Kollektivvertrages bildet.

.....

Gehaltsordnung

A. Allgemeiner Teil

.....

6. Als Berufsjahre für die Einstufung in die Gehaltstafeln gelten nur die Jahre der praktischen Angestelltentätigkeit sowie die Jahre der Tätigkeit als selbständiger Kaufmann. Lehrzeit oder die die Lehrzeit gemäß F.II, j, ersetzenden drei Angestelltendienstjahre fallen nicht darunter. Die Zeiten der Wehrdienstleistung, Notdienstverpflichtung und Arbeitsdienst werden nur dann als Berufsjahre gewertet, wenn zur Zeit der Einberufung ein Angestellten- bzw Lehrverhältnis bestanden hat.

.....

9. Die im öffentlichen Dienst zurückgelegten Vordienstzeiten werden als Berufsjahre angerechnet, sofern die Tätigkeit im Handelsbetrieb inhaltlich der Tätigkeit im öffentlichen Dienst ähnlich ist oder ihr gleichkommt und die im öffentlichen Dienstverhältnis erworbenen Kenntnisse Verwendung finden.

....."

Legt man diesen KV gemäß §§ 6 und 7 ABGB nach seinem objektiven Inhalt aus, ist der Begriff "praktische Angestelltentätigkeit" entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht dahin zu verstehen, daß nur eine einschlägige, artverwandte, branchenspezifische Angestelltentätigkeit bei der Einstufung des Angestellten nach Berufsjahren zu berücksichtigen wäre, sondern vielmehr dahin, daß darauf abzustellen ist, ob tatsächlich Angestelltentätigkeiten im Sinne der §§ 1 bis 5 AngG ausgeübt wurden. Dafür spricht nicht nur die allgemeine Definition des Angestelltenbegriffes in Abschnitt I Punkt 3 KV, sondern auch die Bezugnahme auf ein Angestelltenverhältnis, das zur Zeit der Einberufung zur Wehrdienstleistung etc bestanden hat, in Abschnitt A.6 dritter Satz Gehaltsordnung. Ebenso spricht die Einbeziehung der Tätigkeit als selbständiger Kaufmann in Anbetracht des keineswegs auf Umsatzhändler eingeschränkten Kaufmannsbegriffes des § 1 HGB - selbst wenn man von den Kaufleuten nach § 2 HGB absieht - dafür, daß auch die Angestelltenzeiten nicht nur dann einzubeziehen sind, wenn es sich um einschlägige oder artverwandte Angestelltentätigkeiten handelte. Daraus, daß die Anrechnung von Tätigkeiten im öffentlichen Dienst ausdrücklich auf inhaltlich der Tätigkeit im Handelsbetrieb ähnliche oder gleichkommende Tätigkeiten beschränkt ist, läßt sich angesichts der grundsätzlichen Unterschiede zwischen Tätigkeit im öffentlichen Dienst und Angestelltentätigkeit im Sinne des Angestelltengesetzes für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts gewinnen, sondern spricht im Gegenteil die ausdrückliche Differenzierung im Rahmen der Aufzählung der für die Einstufung nach Berufsjahren heranzuziehenden Tätigkeiten dafür, daß bezüglich der zu Beginn dieser Aufzählung angeführten Angestelltentätigkeiten das Fehlen eines gleichartigen Hinweises auf einschlägige Tätigkeiten nicht unbeabsichtigt war. Wäre die Auffassung der beklagten Partei richtig, hätte es dieser ausdrücklichen Einschränkung nicht bedurft.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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